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Nuklearmeclizinische Nierenfunktionsdiagnostik — aktueller Stand
Die szintigraphische Nierendia- nostik hat in den letzten zehn Jah- ren einen starken Wandel erfahren.
Dieser ist zum einen zurückzuführen auf die Einführung neuer Radio- pharmazeutika mit kurzen physikali- schen Halbwertszeiten und die weit- gehende Ablösung der früheren Scanner und Sonden durch die Gam- makamera, zum anderen aber auf ei- nen vollständigen Wechsel von struk- turbezogenen zu überwiegend funk- tionsbezogenen Fragestellungen. So hat die statische Nierenszintigraphie mit der weiten Verbreitung von So- nographie und Computertomogra- phie ihre Bedeutung zur Klärung anatomischer Verhältnisse fast voll- ständig eingebüßt. Nur noch wenige Spezialfragestellungen (Bestimmung der seitengetrennten Funktionsan- teile bei Nierendystopien, Identifika- tion ektopen Nierengewebes, Nach- weis kleiner Parenchymnarben) sind als Indikationen für die statische Nierenszintigraphie, die heute mit 99m-Technetium-DMSA durchge- führt wird, erhalten geblieben.
Dagegen hat die dynamische Nierenfunktionsszintigraphie einen immensen Aufschwung erlebt. Sie liefert nach einer einzigen Radio- nuklidapplikation qualitative und vor allem zuverlässige quantitative Aus- sagen über Lage, Größe und Form der Nieren, Nierenperfusion, renale Gesamtfunktion (Clearance des je- weiligen Radiopharmazeutikums), seitengetrennte Funktionsanteile der Nieren, gegebenenfalls getrennte Funktionsanteile umschriebener Nierenabschnitte (zum Beispiel vor Tumoroperationen oder bei Doppel- nieren), Nachweis umschriebener Parenchymdefekte, Nachweis seg- mentaler Nierenfunktionsstörungen, Erfassung glomerulärer und tubulä- rer Funktionsstörungen, seitenge- trennte quantitative Erfassung der Harnabflußsituation.
Durch Einwirkung eines ACE- Hemmers während der Untersu- chung lassen sich behandlungswürdi- ge Nierenarterienstenosen zuverläs- sig nachweisen oder ausschließen.
Die in der Harnblase nach 30 Minu-
ten angesammelte Aktivität kann für eine zusätzliche Refluxprüfung ohne zusätzliche Radionuklidgabe genutzt werden. Somit ergibt sich eine ganze Palette funktionsbezogener Indika- tionen aus den Bereichen der Ne- phrologie (auch zur Funktionsbeur- teilung von Transplantatnieren), Hy- pertoniediagnostik, Urologie, Pädia- trie und Onkologie, die durch kein anderes nicht-invasives Verfahren vergleichbar präzise beantwortet werden können.
Als Radiopharmazeutika wer- den hierbei heute die Substanzen 99m-Technetium-MAG3 und 123- Jod-Hippuran bevorzugt, die die
Zur Feststellung, ob eine inten- sivierte Insulin-Behandlung mit ei- ner erhöhten Häufigkeit hypoglyk- ämischer Episoden zu einer kogniti- ven Verschlechterung führt, vergli- chen die Autoren in einer prospekti- ven, randomisierten Studie die inten- sivierte konventionelle Behandlung mit der Standard-Therapie.
96 Patienten mit Insulin-abhän- gigem Diabetes, hoher Blutglukose- Konzentration und einer nicht proli- ferierenden Retinopathie in einer Poliklinik für Insulin-abhängige Pa- tienten wurden randomisiert entwe- der einer intensivierten konventio- nellen Behandlung (n = 44) oder ei- ner Standard-Behandlung (n = 52) zugeteilt.
Ausgewertet wurden die Kon- zentrationen des glykosylierten Hä- maglobins (HbAi) (metabolische Kontrolle), Anzahl der hypoglykämi- schen Perioden, über die die Patien- ten bei jedem Besuch berichteten, und die Ergebnisse der computerun- terstützten neuropsychologischen Tests zu Beginn der Studie und nach fünf Jahren.
Die mittleren HbArKonzentra- tionen während der Studie betrugen 7,2 Prozent (SE 0,1 Prozent) mit in- tensivierter konventioneller Thera-
Vorteile einer hohen szintigraphi- schen Abbildungsqualität und einer geringen Strahlenbelastung für Pa- tient und Umwelt miteinander ver- binden. Das früher eingesetzte 131-Jod-Hippuran sollte, insbesonde- re aufgrund seiner ungünstigen physi- kalischen Eigenschaften (Beta-Strah- lungs-Komponente und lange physi- kalische Halbwertszeit), in der nukle- armedizinischen Routinediagnostik keine Anwendung mehr finden. hhn
Hahn, K. und R. Piepenburg: Nuklearme- dizinische Nierenfunktionsdiagnostik — ak- tueller Stand. Der Nuklearmediziner 14 (1991): 197-206
Prof. Dr. K. Hahn und Dr. R. Piepenburg, Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Klinikum der Joharmes Gutenberg-Univer- sität Mainz, Langenbeckstraße 1, W-6500 Mainz
pie und 8,7 Prozent (0,1 Prozent) mit der Standard-Behandlung (p <
0,001). Während der fünf Jahre ent- wickelten 34 Patienten (77 Prozent) mit intensivierter Behandlung und 29 der anderen Patienten (56 Pro- zent) zumindest eine ernsthafte Hy- poglykämie (p < 0,05).
Die intensivierte konventionel- le Behandlungs-Gruppe hatte im Durchschnitt 1,1 Phasen einer ernst- haften Hypoklykämie pro Patient im Jahr verglichen mit 0,4 bei den Stan- dard-Behandlungs-Gruppe. Die Er- gebnisse der neuropsychologischen Tests fielen nach fünf Jahren in bei- den Gruppen ähnlich aus.
Die Autoren kommen zu der Schlußfolgerung, daß eine intensi- vierte konventionelle Insulin-Be- handlung zu einer niedrigeren Blut- Glukose-Konzentration und höherer Häufigkeit von hypoglykämischen Phasen führt, doch die Patienten kei- ne Zeichen für eine kognitive Ver- schlechterung entwickelten. lng
Reichard, P. et al.: Intensified conventio- nal insulin treatment and neuropsychologi- cal impairment, British Medical Journal 303 (1991) 1439 — 1442.
Dr. P. Reichard, Department of Internal Medicine II, Södersjukhuset, S-11883 Stockholm, Schweden
Intensivierte konventionelle Insulin-Behandlung und neuropsychologische Folgen
Ai-3902 (72) Dt. Ärztebl. 89, Heft 46, 13. November 1992