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Archiv "Apothekenbetriebsordnung: Ausnahme vom Substitutionsverbot" (20.08.1993)

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POLITIK LEITARTIKEL

Apothekenbetriebsordnung

Aut idem, aut simile oder was darf's sein?

Der Entwurf der überarbeiteten Apothekenbetriebsordnung wird in einem Punkt von verschiedenen Seiten besonders heftig disku- tiert: In Anlehnung an die Stufe II der Festbetragsregelung (Zu- sammenfassung von pharmakologisch-therapeutisch vergleichba- ren Wirkstoffen) soll der Apotheker im Notdienst einen anderen

vergleichbaren Wirkstoff in vergleichbarer Darreichungsform und Dosierung abgeben dürfen, wenn das vom Arzt verordnete Fertig- arzneimittel nicht verfügbar ist. Diesen Vorschlag kommentiert im folgenden Dr. med. Günter Hopf, stellvertretender Geschäftsfüh- rer der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Köln.

E

s ist ein alter Streit mit unter- schiedlichen Nuancen: Schon

1988 beschlossen die Dele- gierten des 91. Deutschen Ärztetages eindeutig (als Reaktion auf den damaligen Entwurf des Ge- sundheits-Reformgesetzes), daß der Austausch eines verordneten Arznei- mittels nur nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen darf. Aus gutem Grund: Der Arzt haftet für alle Fol- gen, die sich aus seiner Verordnung ergeben. Er trägt die Verantwortung nicht nur für die Wirkung der Arz- neistoffe, sondern auch für die der Hiffs- oder Zusatzstoffe eines Fertig- präparates. Nur er kennt die beson- dere Situation des Patienten. Er muß

vorher informiert sein, daß ein Aus- tausch stattfinden soll und womit.

1992 hat der Präsident der Bun- desärztekammer, Dr. med. Karsten Vilmar, in einem Schreiben an den Bundesminister für Gesundheit zum Entwurf des Gesundheitsstrukturge- setzes diese Position der Ärzte er- neut bestätigt. In dem Gesetzentwurf ging es um eine „Erleichterung" der Praxis der Fertigarzneimittel-Substi- tution: Der Arzt sollte nicht mehr ausdrücklich eine Substitution durch ein Kreuz auf dem Rezeptformular erlauben, sondern umgekehrt durch sein Ankreuzen den Austausch ver- bieten — geschickt gemacht und die Situation des oft unter Zeitdruck ste-

henden Arztes in der Praxis gut er- kannt.

Darf, kann oder soll ein Apothe- ker einen Austausch vornehmen?

Selbstverständlich — aber nur „aut idem", das heißt, gegen den gleichen Wirkstoff, und nur, wenn der Arzt den Austausch auf dem Rezeptfor- mular ausdrücklich gestattet. Dabei kann er davon ausgehen, daß der Apotheker, entsprechend Paragraph 12 der bestehenden Apothekenbe- triebsordnung, nur Präparate von

„ordnungsgemäßer Qualität" abgibt.

Dies ist bei vielen Arzneistoffen in der heutigen Zeit unproblematisch, denn Generika sind in der Regel von ebenso guter Qualität wie das Präpa-

Apothekenbetriebsordnung:

Ausnahme vom Substitutionsverbot

Das Bundesgesundheitsministerium hat vor kurzem ei- nen Entwurf zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung vorgelegt. Daraus geht unter anderem hervor, daß das soge- nannte Substitutionsverbot (audi: aut simile-Verbot) in Ausnahmefällen gelockert werden soll.

Bisher war vorgeschrieben, daß abgegebene Arzneimittel den Verschreibungen entsprechen müssen. Laut einschlägi- gem Gesetzeskornmentar aus dem Govi-Verlag bedeutet dies: Abzugeben ist das Arzneimittel, „das der Verordner namentlich genannt hat". Als namentliche Nennung gilt die Verwendung des Warenzeichens oder die generische. Be- zeichnung zusammen mit dem Namen des pharmazeuti- schen Unternehmers. In diesen Fällen", so heißt es weiter,

„ist es dem Apotheker ausnahmslos nicht gestattet, ein ande- res Arzneimittel anzugeben."

In der geänderten Apothekenbetriebsordnung soll es zu- künftig eine Ausnahme geben: Der Apotheker dürfte wäh- rend der allgemeinen Ladenschlußzeiten, das heißt im Not- dienst, gegebenenfalls auch ein anderes zugelassenes Arz- neimittel als das verschriebene abgeben. Dieses müßte ein

„mit dem verschriebenen Arzneimittel nach Anwendungsge- biet identisches und nach Art und Menge der wirksamen Be-

standteile, der Darreichungsform und pharmazeutischen Qualität vergleichbares" Präparat sein. Möglich soll eine sol- che Abgabe sein, „wenn das verschriebene Arzneimittel nicht verfügbar ist, der Verschreibende nicht erreichbar ist und ein dringender Fall vorliegt, der die unverzügliche An- wendung des Arzneimittels erforderlich macht". Dann hätte der Apotheker den verschreibenden Arzt unverzüglich über den Austausch zu benachrichtigen.

Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat sich ve- hement gegen eine Lockerung des Substitutionsverbots aus- gesprochen. Der Entwurf verkenne, daß es sich bei der Ver- ordnung eines Wirkstoffs um das Endergebnis eines äußerst komplexen diagnostischen Vorgehens handele. Es verbiete sich aus medizinischen Gründen, daß der Apotheker ohne Kenntnis der individuellen Erfordernisse nach eigener nicht- ärztlicher Entscheidung einen anderen Wirkstoff abgibt. Dar- über hinaus sei es äußerst unwahrscheinlich, daß ein drin- gender Fall (unverzügliche Anwendung des Arzneimittels) vorliege und eben dieses Arzneimittel in der dienstbereiten Apotheke nicht verfügbar sei. Schließlich habe der Apothe- kenleiter nach der Betriebsordnung die zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevöl- kerung notwendigen Arzneimittel „in einer Menge vorrätig zu halten, die mindestens dem durchschnittlichen Bedarf ei- ner Woche entspricht". th

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 33, 20. August 1993 (11) A1-2155

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POLITIK

rat des Erstanbieters. Es gibt nur ganz wenige Arzneistoffe, deren pro- blematische Bioverfügbarkeit für die Praxis relevant ist und bei denen sich daher ein Austausch verbietet (zum Beispiel Theophyllin, Glibenclamid, Digitalis).

Ein Austausch „aut idem" sollte auch nur dann erfolgen, wenn es die besondere Situation des Patienten erlaubt. Wenn dieser zum Beispiel seit langem an „sein" Medikament gewöhnt ist, verbietet sich ein Aus- tausch allein aus Gründen der Com- pliance.

In allen anderen Fällen gilt:

Austausch nur nach vorheriger, di- rekter Rücksprache mit dem Arzt.

Wenn dies nicht möglich ist, muß der Apotheker nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch handeln: In dringenden, unaufschiebbaren Notfällen (zum Beispiel Abgabe eines rezeptpflichti- gen Asthmasprays bei drohendem Anfall) ist er zur Hilfeleistung ver- pflichtet. Eine umgehende Benach- richtigung des behandelnden Arztes ist aber dann selbstverständlich.

„Aut simile" — dieser Austausch darf dem Apotheker hingegen selbst in Notfällen nicht möglich sein. Die Diskussion bei der Festlegung der Gruppe II der Festbetragsregelung (vergleichbare Wirkstoffe) hat es ge- zeigt: Nur nach sorgfältigen Überle- gungen kompetenter Sachverständi- ger war es möglich, diese vom Ge- setzgeber mit einem Federstrich ge- forderte Gruppenbildung in die Tat umzusetzen. Eine ad hoc-Entschei- dung in der einzelnen Apotheke wird der komplexen Sachlage — beson- ders im konkreten Einzelfall — nicht gerecht.

Gratwanderung

So einfach ist das, und so einfach hat es in der Vergangenheit ohne ge- setzliche Regelung in den meisten Fällen auch funktioniert. Die Forde- rung nach einer Lockerung der beste- henden Regeln bringt Apotheker in den Geruch, sich finanzielle Vorteile zu verschaffen (verringerte Lagerhal- tung, Rabatte bei der Bestellung von Großmengen). Eine von Apothekern erstellte vergleichende Ubersicht über die pharmazeutische Qualität

LEITARTIKEL / KURZBERICHT

einzelner Handelspräparate — an- stelle von Vermutungen über praxis- relevante „mangelnde Bioäquiva- lenz" — würde Ärzten und Patienten eher und konkreter weiterhelfen.

Nicht umsonst protestieren aber be- reits Vertreter der pharmazeutischen Industrie.

Der Arzt müßte sich im Fall ei- nes „aut simile"-Austauschs den Vor- wurf gefallen lassen, bei der Verord- nung von Medikamenten nicht die erforderliche Sorgfalt aufzubringen.

Er wandert dabei auf einem schma- len Grat: Was 1000 Mal gut geht, muß nicht zum 1001. Mal ebenfalls gut gehen. Wie oben erwähnt: Der

Das von der Bundesregierung verabschiedete Programm „Gesund- heitsforschung 2000" will die ziel- orientierte Forschung in den Jahren 1993 bis 1998 verstärken. Wesentlich neues Element des Programms sind interdisziplinäre Zentren für die kli- nische Forschung. In den zunächst sechs bis acht Zentren sollen innova- tive Organisationsformen der klini- schen Forschung, insbesondere auch für die Zusammenarbeit mit der Grundlagenforschung, erarbeitet und gefestigt werden, heißt es in ei- ner gemeinsamen Erklärung des Bundesgesundheits- und Bundesfor- schungsministeriums Vorrangig soll auch die Gesundheitssystemfor- schung vorangetrieben werden. Lo- kale und überregionale Forscherver- bünde sollen zur Klärung „gesund- heitspolitisch vorrangiger Fragen so- wie zur Vernetzung vorhandener Forschungszentren dienen".

Darüber hinaus werden die au- ßeruniversitären Kapazitäten, die der Bund institutionell fördert (das sind insbesondere Großforschungs- einrichtungen und Institute der Blau- en Liste), bei der Ermittlung von De- fiziten in der Gesundheitsforschung und bei der Formulierung entspre- chender Schwerpunkte für die Pro- jektförderung im Rahmen dieses Programmes berücksichtigt.

Arzt allein trägt die Verantwortung für seine Verordnung. Und er sollte sich ihrer bewußt sein. In der heuti- gen Zeit wird alles versucht, die Ver- antwortung für das eigene Tun zu

„verlagern", immer mehr zu regle- mentieren — um nicht persönlich zur Rechenschaft gezogen werden zu können. Die Ärzte sollten sich die- sem Trend entziehen.

Es war schon von einem gewis- sen Sinn und zeugte von Weitsicht des Staufenkaisers Friedrichs II.

(1212-1250), die Aufgaben des Arz- tes und die des Apothekers eindeutig zu trennen. Wir sollten es dabei be- lassen. Dr. med. Günter Hopf

Auch die Aufbauförderung in den neuen Bundesländern soll fort- geführt werden.

Kernthemen des „Gesundheits- forschungsprogramms 2000" sind wie bisher die Infektionskrankheiten ein- schließlich AIDS, Erkrankungen des Nervensystems und des Bewegungs- apparates, Allergien, Stoffwechsel- störungen, Herz-Kreislauf-Krankhei- ten und Krebs. Neue Schwerpunkte wurden zur klinischen Pharmakolo- gie, zur Suchtforschung und zu den unkonventionellen medizinischen Richtungen eröffnet.

Mittelfristig ist ein Schwerpunkt zu dem für Hirnverletzte wichtigen Thema „Neurotraumatologie und neuropsychologische Rehabilitation"

geplant. Ferner soll der bereits beste- hende Schwerpunkt „Infektions- krankheiten" überarbeitet werden.

Schwerpunkte der Public Health- Forschung werden in den Bereichen Epidemiologie, Gesundheitsbericht- erstattung und Gesundheitsökono- mie liegen.

Das Programm umfaßt im lau- fenden Haushaltsjahr rund 190 Mil- lionen DM an Projektmitteln aus dem Haushalt des Bundesfor- schungsministeriums Hinzu kommen im Jahr 1993 rund 350 Millionen DM für die sogenannte institutionelle Forschung. HC

„Gesundheitsforschung 2000": Schwerpunkte

A1-2156 (12) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 33, 20. August 1993

Referenzen

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