DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Tabelle 1: Klinische Symptome sowie biochemische und serologi- sche Befunde bei Patienten mit Früh- und Spätform einer PBC
Frühform Spätform klinische Befunde
Müdigkeit
Oberbauchbeschwerden Pruritus
Hepatomegalie Hyperpigmentation Xanthelasmen
biochemische und serologische Parameter Erhöhung von BSG
AP
gamma-GT Bilirubin Eosinophilie
Immungobulinerhöhung IgM IgA Nachweis von AMA (IFL)
(+) = in vielen Fällen nachweisbar; + = fast regelmäßig nachweisbar
Peter A. Berg und Reinhild Klein
Die primäre biliäre Zirrhose ist eine Erkrankung unbekannter Ätiologie, die mit einer Zerstörung der kleinen und mittleren Gallengänge einher- geht. Der natürliche Verlauf kann sehr unterschiedlich sein. In zirka 60 Prozent der Fälle ist er gutartig, bezogen auf eine Beobachtungszeit von bis zu 18 Jahren. Mit Hilfe der Bestimmung von antimitochondrialen Antikörper-Subtypen sind bereits in frühen Stadien Aussagen zur Pro- gnose möglich.
Klinik und Immunologie
der primären biliären Zirrhose
Versuch einer Synopsis
ie primäre biliäre Zirrho- se (PBC) ist eine Erkran- kung, die überwiegend Frauen im mittleren Le- bensalter betrifft und mit einer Zer- störung der kleinen und mittleren Gallengänge einhergeht. Typische biochemische, serologische und kli- nische Befunde bei Früh- und Spät- formen der PBC sind in Tabelle 1 dargestellt. Vor allem der Nachweis der PBC-spezifischen antimitochon- drialen Antikörper (AMA) Anti-M2 erlaubt heute in etwa 95 Prozent al- ler PBC-Fälle eine sichere Diagnose und die eindeutige Abgrenzung von anderen zu der Gruppe der „vanis- hing bile ducts disorders" gehören- den Erkrankungen (Tabelle 2).
Epidemiologische Studien in den letzten Jahren im Einzugsbe- reich der Medizinischen Klinik in Tübingen deuten darauf hin, daß die Inzidenz der PBC (Neuerkrankungs- rate) bei 18 Patienten pro 10 6 Ein- wohner liegt, die Prävalenz (Zahl der an PBC Erkrankten) bei 120 Patien- ten pro 10 6 Einwohner pro Jahr (Ab- bildung 1). Es gibt auch einige gut dokumentierte, wenn auch seltene Beobachtungen über das Auftreten der PBC bei Zwillingen, Geschwi- stern usw., und sogar bei Kontakt- personen (1).
Abteilung Innere Medizin II (Direktor:
Prof. Dr. med. Dr, h. c. Hans D. Waller) der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Klinik der primären biliären Zirrhose
Klinisch kann man zwischen ei- ner asymptomatischen, relativ gutar- tigen, und einer symptomatischen, progredienten Form unterscheiden (2). Bei der asymptomatischen Form wird die Diagnose oft erst im Rah- men einer aus anderen Gründen durchgeführten Routineuntersu- chung erkannt.
Bei der symptomatischen Form müssen — per definitionem — Sympto- me und klinische Befunde vorliegen,
die in Beziehung zur PBC stehen.
Dazu gehören ausgeprägte Müdig- keit, Pruritus, Oberbauchbeschwer- den, Xanthelasmen, Hyperpigmenta- tion oder Ikterus.
Die PBC kann sich erstmals auch wie eine akute cholestatisch verlaufende Lebererkrankung mani- festieren und hat dann Ähnlichkeit mit einer autoimmunen, chronisch aktiven Hepatitis. Für die Diagnose
der PBC ist wichtig, zu wissen, daß
sie sich auch unter den Symptomen einer Kollagenerkrankung erstmals manifestieren kann.
Morphologie
und Inununhistochende
Vier Stadien werden bei der PBC unterschieden. In den Frühsta- dien ist eine exakte morphologische Diagnose oft nicht möglich. Im Vor- dergrund stehen portale lymphozytä- re Infiltrate, die nur die Diagnose ei- ner „portalen" beziehungsweise ei- ner „chronisch persistierenden He- patitis" erlauben. Stadium I ist ge- kennzeichnet durch eine fokale ent- zündliche Reaktion, die vorwiegend Gallengänge mit einem Durchmes- ser von 50 bis 10011,m betrifft (Abbil- dungen 2 a, b). Die Stärke der zellu- lären Infiltrate kann von Portalfeld zu Portalfeld verschieden sein. Sie bestehen vorwiegend aus Lymphozy- ten oder aus mononukleären Zellen und epitheloiden Gramilomen. Dar- über hinaus finden sich auch Eosino- phile und Granulozyten.
Tabelle 2: Erkrankungen, die zum Formenkreis der „vanish- ing bile duct disease" gehören primäre biliäre Zirrhose Sarkoidose
primäre sklerosierende Cholangitis
idiopathische erworbene Ductopenie
Leberabstoßung
graft-versus-host-Reaktion virale Cholangitis (Epstein- Barr- oder Zytomegalie-Virus) toxische (medikamentös indu- zierte) cholestatische Hepatitis sekundäre sklerosierende Cholangitis (Caroli-Syndrom) lymphomatöse Gallengangser- krankung (Histiozytose X) Mukoviszidose
Atresie der extrahepatischen und Verminderung der intra- hepatischen Gallengänge im Kindesalter
Abbildung 1: Inzi- denz (Neuerkran- kungsrate) und Prä- valenz (Anzahl er- krankter Personen) der PBC im Einzugs- bereich der Medizini- schen Klinik Tübin- gen seit 1977
Das Stadium II/III ist gekenn- zeichnet durch duktuläre Prolifera- tion und fortschreitende Zerstörung der Gallengänge. Im Stadium W steht die portale Fibrose beziehungs- weise der zirrhotische Umbau im Vordergrund. Piece-meal-Nekrosen können je nach Aktivität der PBC vor allem im Stadium I und II nach- weisbar sein und verleiten zur Fehl- diagnose einer chronisch aktiven He- patitis.
Die Zellinfiltrate bestehen vor- wiegend aus zytotoxischen T-Zellen.
Gleichzeitig konnte gezeigt werden, daß Gallengänge zu Beginn der Er- krankung verstärkt HLA-Klasse-II- Antigene an ihrer Oberfläche expri- mieren und später auch vermehrt HLA-Antigene der Klasse I (3). Die- se Beobachtungen sind von Interes- se, da man weiß, daß T-Zellen für die Induktion einer Immunantwort Antigene in Assoziation mit HLA- Antigenen der Klasse II erkennen müssen. Damit eine zytotoxische Re- aktion eintreten kann, muß dagegen das Antigen zusammen mit HLA-
Antigenen der Klasse I exprimiert werden.
Vorstellbar wäre also, daß das die PBC auslösende Agens zuerst an den Gallengangsepithelien expri- miert wird und dadurch die T-Zell- abhängige Immunantwort induziert, so daß anschließend die zytotoxische Reaktion ausgelöst werden kann. Ei- ne persistierende Infektion der mitt- leren Gallengänge könnte also für diese immunologische Reaktion ver- antwortlich sein, wobei als zusätz- licher Faktor eine Immunregula- tionsstörung postuliert werden muß, die mitverantwortlich ist für die ver- änderte Abwehrlage und die Ampli- fizierung autoimmuner Reaktionen.
Nachweis und Bedeutung antimitochondrialer Antikörper Der Immunfluoreszenztest an Kryostatschnitten gehört nach wie vor zu den gebräuchlichsten Metho- den zum Nachweis von antimito- chondrialen Antikörpern. Etwa 85 Prozent der PBC-Patienten sind mit dieser Methode positiv. Darüber
inzidenz (/106 Einwohner) 26 -
24 - 22 - 20 - 18 - 16 - 14 - 12 - 10 - 8 - 6 - 4 - 2 -
1977 '78 '79 '80 '81 '82 '83 '84 '85 '86 '87 '88 Jahr Prävalenz (/106 Einwohner)
120 - 110 - 100 -
90 - 80 - 70 - 60 - 50 - 40 - 30 20 - 10-
1977 '78 '79 '80 '81 '82 '83 '84 '85 '86 '87 '88 Jahr
A-3598 (64) Dt. Ärztebl. 86, Heft 47, 23. November 1989
hinaus lassen sich heute mit Hilfe von Komplementbindungsreaktion (KBR), ELISA und Westernblot un- ter Verwendung gereinigter Anti- genfraktionen vier verschiedene AMA-Subtypen erfassen (Tabelle 3).
Bei gleichzeitiger Anwendung dieser drei verschiedenen Methoden kann die Diagnose der PBC in 95 Prozent aller Fälle gestellt werden.
PBC-spezifische Antigen- systeme M2, M4, MS, M9:
Das M2-Antigen besteht aus fünf Antigendeterminanten mit ei- nem Molekulargewicht von 70 bis 75 kD ("a"), 56 kD ("b"), 51 kD ("c"), 45 kD ("d") und 36 kD ("e") (Abbil- dung 3) (1, 4). Die wichtigsten Deter- minanten konnten in der Zwischen- zeit als E2-Untereinheiten der drei
Abbildung 2 a): Histologischer Befund bei einer Patientin mit Frühform einer PBC. Zu sehen ist ein geschädigter Gallengang mit regressiv veränderten Gallengangsepithelien sowie drei zytotoxische (?) Lymphozyten mit Hofbildungen und engem Kontakt zu den Gallen·
gangsepithelien (j). Die Basalmembran ist nicht eindeutig darstellbar. Formalin, HE. b) Ty- pischer histologischer Befund bei einer Patientin mit PBC. Es findet sich eine scharf be- grenzte lymphozytäre Destruktion eines Gallenganges mit einer Makrophagemeaktion in der Nachbarschaft. Formalin, HE
alpha-Ketosäure-Dehydrogenase- Komplexe an der inneren Mitochon- drienmembran identifiziert werden (5, 6), die eine wichtige Rolle bei der oxidativen Decarboxylierung und im Citratzyklus spielen. Hierzu gehö- ren die Pyruvat-Dehydrogenase, die alpha-Ketoglutarat-Dehydrogenase und die Verzweigt-Ketten-alpha-Ke- tosäure-Dehydrogenase (5, 6).
Neben dem M2-Antigen konnte in den letzten Jahren ein zweites Antigen-/Antikörpersystem, M9/An- ti-M9, charakterisiert werden. Vor allem bei Patienten im Frühstadium, nicht selten auch in Abwesenheit von Anti-M2, lassen sich die Anti-M9- Antikörper nachweisen (1, 4). M9 besteht aus zwei Determinanten mit einem Molekulargewicht von 98 und 59 kD. Sie werden nur von PBC-Se-
ren erkannt, sind also diagnostisch spezifisch. Der Nachweis von M9- und M2-spezifischen Determinanten im Westernbiet ist heute die spezi- fischste Methode für die serologi- sche Diagnose der PBC. Die An- ti-M4 und Anti-M8 Antikörper kom- men nur in Assoziation mitAnti-M2 vor. Sie reagieren mit zwei verschie- denen Antigenen der äußeren Mito- chondrienmembran und können in
Abbildung 3: Dia- gnose der PBC im Westernblot unter Verwen- dung der M2- Fraktion. Darge- stellt sind die vier wichtigsten Deter- minanten des M2- Antigens, die mit einem Anti-M2- positiven Serum
- a (
75)- b (54) Tabelle 3: Diagnostisch relevante mitochondriale Antigen/Antikörper- erkannt werden - - .
können. Etwa 85 - c (51)
systeme bei der primären biliären Zirrhose Antikörpertypen Nachweismethoden
Anti-M2 ELISA, KBR, Westernbiet Anti-M9 ELISA, Westernbiet
Anti-M4 KBR, ELISA
Anti-M8 KBR, ELISA
Assoziation mit innerer/äußerer Mitochondrien-
membran
+I- -I+
- I+
- I+
Prozent aller PBC-Patienten reagieren mit Bande "a" bei 70 kD, 48 Prozent mit Bande "c" bei 51 kD
- d (43)
ELISA = enzyme linked immunosorbent assay; KBR = Komplementbindungsreaktion
M2
mittlerer Score nach den histologischen Stadien 4
3
2
1
2 4 6 8 10 12 14 16 Jahre
•
D (n = 18) Gruppe 2 (n = 32) OLT
e#
0- -0
C (n = 26)
B ( n = 28) Gruppe 1 (n = 44) A (n = 4)
Abbildung 4: Prognostische Aussagekraft der AMA-Profile im Vergleich zum natürlichen Verlauf der PBC. Dargestellt sind die zwei verschiedenen Verlaufsformen der PBC, die mit Hilfe der histologischen Stadien an 76 Patienten über einen Zeitraum von durchschnittlich 10 Jahren evaluiert wurden. Jedem histologischen Stadium I bis IV wurde ein Score 1 bis 4 zu- geteilt; der mittlere Score, bezogen auf alle Patienten, wurde alle zwei Jahre berechnet. Es zeigt sich, daß die AMA-Profile A/B mit dem gutartigen (Gruppe 1), die Profile C/D mit dem progressiven Verlauf (Gruppe 2) weitgehend übereinstimmen. Sechs Patienten waren wäh- rend der Beobachtungszeit gestorben, bei drei Patienten war eine Lebertransplantation (OLT) durchgeführt worden
ANA/S MA Anti-Aktin Anti-LP Anti-LKM Anti-ENA Anti-Zentromere Anti-Erythrozyten Anti-Schilddrüse Anti-Nebennierenrinde
autoimmune chronisch aktive Hepatitis
Kollagenerkrankungen systemische Sklerodermie hämolytische Anämie autoimmune Thyreoiditis (?) Mb. Addison
Anti-M2/
Anti-M9
Abbildung 5: Erkennung von Überlappungssyndromen zwischen PBC und anderen Autoim- munerkranlcungen durch den Nachweis diagnostisch relevanter Antikörper. ANA = Antikör- per gegen Kerne; SMA = Antikörper gegen glatte Muskulatur; LP = Leber-Pankreas-spezi- fisches Antigen; LKM = Leber-Nierenmilcrosomen; ENA = extrahierbares nukleäres Anti- gen
ELISA und KBR, nicht dagegen im Immunfluoreszenztest nachgewiesen werden. Vor allem Patienten mit einer aktiven Form der PBC sind Anti-M4 und/oder Anti-M8 positiv (1, 4).
Die Beobachtung, daß verschie- dene AMA-Subtypen bei unter- schiedlichen Verlaufsformen der PBC auftreten, führte zur Etablie- rung von AMA-Profilen (1, 4): Profil A: isolierter Nachweis von Anti-M9 im ELISA, Profil B: Anti-M9 und/
oder Anti-M2 positiv im ELISA, Profil C: Anti-M2, Anti-M4, An- ti-M8 positiv im ELISA, Profil D:
Anti-M2, Anti-M4 und/oder An- ti-M8 positiv in ELISA und KBR.
Retrospektive An2Tsen von PBC-Verläufen über 6 bis 18 Jahre be- stätigten die klinische Relevanz dieser serologischen Klassifizierung hin- sichtlich der Möglichkeit, bereits in frühen Stadien Aussagen zum natür- lichen Verlauf zu machen. Demnach muß man zwischen zwei Verlaufsfor- men unterscheiden, und zwar einer gutartigen (in etwa 60 Prozent) und ei- ner progredienten, die mit Hilfe der AMA-Profile (A/B versus C/D) be- reits in einem sehr frühen Stadium der PBC vorausgesagt werden können (Abbildung 4). Es ist hervorzuheben, daß sich diese AMA-Profile im Ver- lauf der Erkrankung nicht oder nur wenig ändern.
Patienten haben Antikörper gegen zwei spezifische Kernantigene. Es handelt sich erstens um Antikörper gegen Lamin, die im Immunfluores- zenztest an Kryostatschnitten mit Kernmembranen reagieren und im Westernblot gegen eine Antigende- terminante mit einem Molekularge- wicht von 200 kD gerichtet sind, und zweitens um Antikörper gegen „nu- clear dots" die im Immunfluores- zenztest an Zellkulturen (zum Bei- spiel Fibroblasten) erfaßt werden können (4).
Bei den restlichen 2,5 Prozent AMA- und ANA-negativen „PBC- Fällen" konnten wir bevorzugt Anti- körper gegen Keratin und Laminin im ELISA nachweisen. Diese Anti- körper kommen bei einer Reihe von infektiösen Prozessen vor. Es ist zu vermuten, daß es sich bei diesen An- ti-Laminin- und Anti-Keratin-positi- ven „PBC-Fällen" um andere Er- krankungen aus der Gruppe der „va- nishing bile duct diseases" handelt.
Assoziation der PBC mit einer autoimmunen chronisch aktiven He- patitis (CAH) oder einer Kollagener- krankung (Uberlappungsyndrome):
In etwa 13 Prozent bis 15 Pro-
Das ANIA-negative
„PBC-Syndrom"
Die Häufigkeit der AMA-nega- tiven, das heißt der Anti-M2/An- ti-M9 negativen PBC liegt bei ca.
fünf Prozent (4). 2,5 Prozent dieser
A-3602 (68) Dt. Ärztebl. 86, Heft 47, 23. November 1989
SEITE FEHLT
Behandlungs- Ergebnisse dauer
Dosis Medikament
2 Jahre 13-15 mg/kg
Ursodesoxy- cholsäure
Abfall der Leberwerte;
klinische Besserung; ge- ringe Nebenwirkungen Tabelle 4: Therapiestudien bei der PBC
Cyclosporin A 10 mg/kg 8 Wochen Abfall der Leberwerte;
starke Nebenwirkungen Chlorambucil 0,5-4 g/d 2-6 Jahre Abfall der Leberwerte;
starke Nebenwirkungen keine signifikante Än- derung von Überlebens- zeit, Leberfunktions- werten, Histologie signifikante Erhöhung der Überlebenszeit;
häufig Nebenwirkungen Azathioprin 1 mg/kg
1 mg/kg
18 Monate (Durch- schnitt) 6-12 Jahre
Abfall der Leberwerte;
keine Änderung des hi- stologischen Stadiums Abfall der Leberwerte;
keine Änderung der Überlebenszeit; geringe Nebenwirkungen Colchizin 1,2 mg/d
1 mg/d 18 Monate 2 Jahre zent aller Anti-M2/Anti-M9-positi-
ven PBC-Patienten findet sich dar- über hinaus eine Gruppe von Auto- antikörpern, die nur bei der autoim- munen chronischen aggressiven He- patitis (CAH) vorkommt (Abbildung 5) (1, 4). Auch histologisch waren so- wohl die Kriterien einer CAH als auch der PBC zu beobachten, das heißt bei diesen Patienten lagen zwei verschiedene Automimmunerkran- kungen der Leber gleichzeitig vor (Abbildung 6).
Die PBC kann auch mit einer Kollagenerkrankung assoziiert sein.
Die Bestimmung relevanter und für die Diagnose einer Kollagenerkran- kung spezifischer Antikörper gegen Kerne insbesondere von präzipitie- renden Antikörpern gegen Thymus- und Milzextrakt sowie von Anti-Zen- tromeren-Antikörpern im Immun- fluoreszenztest an Zellkulturen er- leichtert die Erkennung solcher Krankheitsbilder (Abbildung 5). Wir haben diese Konstellation bei etwa drei Prozent aller PBC-Patienten be-
Abbildung 6: Histolo- gischer Befund bei einer Patientin, bei der serologisch ein Uberlappungssyn- drom PBC/autoimmu- ne CAH vorlag.
Chronische entzünd- liche Veränderungen, die sich sowohl mit einer primären bili- ären Zirrhose (PBC) als auch einer chro- nisch aggressiven Hepatitis (CAH) ver- einbaren lassen, sind.
nachweisbar. Forma- lin, HE
obachtet. Eine Übersicht über die wichtigsten organspezifischen und organunspezifischen Antikörper, die bei einer Anti-M2-positiven PBC be- obachtet wurden, gibt Abbildung 5.
Darauf hinzuweisen ist, daß Seren von Patienten mit diesen verschiedenen Überlappungssyndromen im Immun- fluoreszenztest an Kryostatschnitten fast immer AMA-negativ sind.
Therapie der PBC
Ein einheitliches Therapie-Kon- zept für die PBC liegt bisher nicht vor. Die einzelnen Therapiestudien sind in Tabelle 4 zusammengefaßt.
Zur Zeit wird die Therapie mit Urso- desoxycholsäure besonders favori- siert, und die bisherigen Beobach- tungen weisen auf eine Besserung klinischer und morphologischer Be- funde hin. In fortgeschrittenen Sta- dien bietet sich heute die Möglich- keit der Lebertransplantation an.
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Anschrift der Verfassen
Prof. Dr. med. Peter A. Berg Dr. med. Reinhild Klein Medizinische Klinik
Abteilung Innere Medizin II
der Universität Tübingen Otfried-Müller-Straße 7400 Tübingen 1
Dt. Ärztebl. 86, Heft 47, 23. November 1989 (71) A-3605