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Archiv "Jiri Kolar in Heilbronn" (06.03.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

FEUILLETON

Zahnprothetik eine große Rolle spielten, verkaufte.

Für heutige Verhältnisse unfaß- bar sind die Einkommensver- hältnisse: als außerordentlicher Professor arbeitet er zunächst unentgeltlich, später bekommt er ein kleines Gehalt. Die wirt- schaftliche Notlage hindert ihn jedoch nicht, seine berufliche Qualifikation unentgeltlich in den Dienst des von ihm mitbe- gründeten Leipziger Turnver- eins zu stellen. Er unterrichtet die Turnlehrer und hält populär- medizinische Vorträge. Als Ernst Keil ihn 1853 bittet, für seine neugegründete Familienzeit- schrift populärmedizinische Ar- tikel zu schreiben, willigt Bock mit Freuden ein.

In den ersten Jahrzehnten ihres Erscheinens ist es die gebildete Oberschicht des Bürgertums, welche die „Gartenlaube" liest und schätzt, eine Tatsache, die über der späteren Kitschform des Blattes oft in Vergessenheit gerät. Neben der sachlichen Un- terrichtung der Leser in Anato- mie und Physiologie verfolgt Bock von Anbeginn erzieheri- sche Ziele. Er legt seinem Tem- perament keinerlei Zügel an und nimmt auch keineswegs ein Blatt vor den Mund. So geht er bereits in seinem ersten Artikel mit allem schonungslos ins Ge- richt, was seiner Meinung nach der Volksgesundheit im Wege steht. Er wettert gegen das man- gelnde Gesundheitsbewußtsein seiner Mitbürger, gegen die fehlende körperliche Ertüchti- gung an den Schulen, gegen die

„Receptensucht" bei Ärzten und Patienten, gegen die „Kalt- wasserheilanstalten" und gegen die in der Zeit so beliebte Ho- möopathie, die er ein „Gewebe von Täuschungen, Unwissenheit und Unwahrheiten" schimpft.

1854 erscheint Bocks „Buch vom gesunden und kranken Menschen", das bis zu seinem Tode nicht weniger als zehn Auf-

lagen erfährt. 1865 entsteht der

„Volksgesundheitslehrer", 1868 das weitverbreitete Schulbuch

„Bau, Leben und Pflege des menschlichen Körpers". Ob- wohl vieles von dem, was Ernst Bock vor 130 Jahren schrieb, in- zwischen als überholt oder un- richtig gilt, kann man nicht um- hin, diesem Pionier der medizi- nischen Volksaufklärung hier und da verwundert Beifall zu zollen.

Etwa da, wo er gesundheitsme- dizinische Bedenken gegen Be- lastungen am Arbeitsplatz äu- ßert und eine Aufklärung der Ar- beiter über die Schadstoffbela- stung der Atemluft am Arbeits- platz fordert. Auch dort, wo er auf die Schädlichkeit des Dauer- konsums von Laxantien hinweist und gegen Darmträgheit „pas- sende Nahrung, reichliches Wassertrinken und zweckmäßi- ge Bewegungen" verordnet, oder auch da, wo er die sportli- che Betätigung beider Ge- schlechter jeden Alters propa- giert und den Müttern „vernünf- tige" Ratschläge zur Kinderheil- kunde und Kindeserziehung gibt.

Von ungezählten Leserbriefen überschüttet, muß Bock sich oft die „Zumutung", wie er es un- umwunden nennt, verbieten, brieflich ärztlichen Rat zu ertei- len. „Meine tiefste Verachtung aber hiermit den Ärzten", läßt er seine Leser wissen, „welche Kranken, ohne sie je gesehen zu haben, brieflich ärztlichen Rath ertheilen."

Viele seiner Kollegen hatten in dieser Hinsicht offenbar weni- ger Skrupel, und so kommt es 1880 auf dem Ärztetag in Eisen- ach zum offiziellen Verbot sol- cher Praktiken. Bock hat diese Entscheidung allerdings nicht mehr erlebt. Wegen eines Herz- und Lungenleidens war er 1873 von Leipzig nach Wiesbaden ge- zogen, wo er am 19. Februar 1874 starb.

Dr. Anne-Susanne Rischke

Für den Terminkalender

Carlo Alfano und Giulio Turcato in München — Im Museum Villa Stuck in München, Prinzregen- tenstraße 60, werden bis zum 10.

März die Werke der italieni- schen Künstler Carlo Alfano und Giulio Turcato ausgestellt. Zu beiden Ausstellungen ist ein umfangreicher Katalog erschie- nen. VS

Kolaf in Heilbronn — Der Kunstverein Heilbronn zeigt vom 3. bis zum 31. März in der Kunsthalle in der Harmonie zu Ehren des in Paris lebenden tschechischen Künstlers Jifi Ko- läf 67 Collagen, die um die Zeit des „Prager Frühlings" entstan- den sind. Diese Arbeiten, die, neben der hohen künstlerischen Qualität, von großer politischer Brisanz sind, wurden von Koläf unter dem Titel „Tagebuch 1968" zu einer Werkgruppe zu- sammengefaßt. KH Wilhelm Steinhausen in Mann- heim — Die Städtische Kunsthal- le Mannheim, Moltkestraße 9, zeigt bis zum 8. April Arbeiten des Künstlers Wilhelm Steinhau- sen (1846-1924). Die Ausstel- lung stellt den Zeitgenossen Ludwig Thomas als Porträt- zeichner vor. Bekannter war Steinhausen seinen Zeitgenos- sen als Schöpfer religiöser Wand- und Tafelbilder. KM Camille Claudel und Auguste Rodin in Bern — Vom 16. März bis zum 19. Mai 1985 zeigt das Kunstmuseum Bern Werke der beiden großen französischen Bildhauer Camille Claude!

(1864-1943) und Auguste Rodin (1840-1917). Camille Claudel war Schülerin, Mitarbeiterin, Modell, Geliebte und Muse von Rodin. Diese Ausstellung ist die erste in der geplanten Reihe

„Künstlerehepaare — Künstler- freunde", in der das Museum Künstler vorstellen wird, die pri- vat und künstlerisch miteinan- der verbunden waren. SK Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 10 vom 6. März 1985 (93) 675

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