DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
AUSSPRACHE
Als niedergelassener Pädiater mit langjähriger Intensiv-Erfahrung bitte ich die Schriftleitung um um- gehende Berichtigung:
• Eine Racheninspektion ohne optimale Intubationsbereitschaft und Reanimationsbereitschaft stellt einen Kunstfehler wegen des möglichen reflektorischen Herzstillstandes dar.
Q Eine Intubation erfordert eine vorherige Atropingabe.
• Die Gabe von Sedativa mit der möglichen Folge einer Atemde- pression dürfte meistens kontra- indiziert sein.
• Falls Intubation oder Tracheo- tomie technisch nicht möglich, stellt das Spicken mit dicken Ka- nülen eine Ultima ratio dar.
• Für den Transport wichtig:
möglichst keine abrupten Kopfbe- wegungen wegen möglichem re- flektorischen Herzstillstand, der sogar schon durch eine i. m.-In- jektion ausgelöst worden ist.
Dr. med. Rolf E. Ullner Kinderarzt — Allergologie Kommerzienrat-Meindl-Straße 1 8250 Dorfen 1
Die zitierte Letalität bis 50 Prozent bei akuter Epiglottitis im Kindesal- ter ist zu hoch gegriffen. Berück- sichtigt man die neuere Literatur, dann findet man dort eine Letali- tät von etwa 10 Prozent.
Der eindringliche Appell der Auto- ren, eine frühzeitige Abklärung anzustreben, kann nur unterstützt
werden, da unbehandelt dieses Krankheitsbild innerhalb von we- nigen Stunden zum Tode führen kann. Allerdings bringt die früh- zeitige Kehlkopfspiegelung dia- gnostisch mehr als differential- diagnostische Erwägungen, wie sie in Tabelle 1 von den Autoren zusammengetragen worden sind.
Grundsätzlich sollte jede kind- liche Dyspnoe in einer engen Zu- sammenarbeit von Pädiater und Oto-Rhino-Laryngologe abgeklärt werden.
Eine Tracheotomie ist heute sel- ten erforderlich. Bei bedrohlicher Dyspnoe reicht in der Regel eine nasotrachale Intubation über 2 bis 3 Tage aus. Längere Intubations- zeiten sollten nach Möglichkeit wegen der unangenehmen Spät- folgen (Ringknorpel-Trachealste- nosen) unbedingt vermieden wer- den.
Privatdozent Dr. med.
Klaus Mees, Oberarzt der Universitäts-HNO-Klinik Klinikum Großhadern Marchioninistraße 15 8000 München 70
Besten Dank für den sehr guten Artikel, der in klarer und über- sichtlicher Form auf diese höchst gefährliche und tatsächlich wenig bekannte (weil seltene) Krankheit hinweist.
In einem Punkt möchten wir je- doch dringend warnen: Der erste Satz im Abschnitt: „Transport":
... „Bei jedem Verdacht auf akute Epiglottitis sollte bei gutem Zu- stand des Patienten versucht wer- den, die Diagnose durch Rachen- inspektion — bei Kindern ist die
hochrote, vergrößerte Epiglottis in der Regel zu sehen — zu si- chern ..." sollte in dieser Form nicht stehengelassen werden.
Selbst bei Kollegen, die mit päd- iatrischen Notfällen zu tun haben (was beim Leserkreis des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES nur eine kleine Gruppe ist), muß auch bei gutem Zustand des Patienten die Ergänzung gelten: „nur in Reani- mationsbereitschaft!" Wer einmal einen Vagusreflextod durch Spa- teldruck auf den Zungengrund miterlebt hat, nur um die Diagno- se zu sichern, wird zu extremer Vorsicht raten, selbst wenn der Patient noch rosig und voll orien- tiert ist.
Spätestens bei beginnendem Stri- dor und typischer Vorgeschichte sollte dringend von einer Rachen- inspektion abgeraten werden und das Kind unter allen Vorsichts- maßnahmen (d. h. Notarztwagen oder Transport mit Arztbeglei- tung) in eine Klinik gebracht wer- den, wo unter echten Reanima- tionsvoraussetzungen (Anwesen- heit eines Anästhesisten usw.) die Inspektion und evtl. anschließen- de Intubation durchgeführt wer- den kann.
Bitte veröffentlichen Sie unsere Stellungnahme, da dieses Krank- heitsbild von so extremer Wichtig- keit ist, daß jeder Arzt es kennen sollte bzw. die zu beachtenden Vorsichtsmaßregeln'). Jedes Jahr sterben mehrere Kinder oder wer- den apallisch, weil die genannten Voraussetzungen fehlen.
Dr. med. Rüdiger Wiß, Oberarzt Dr. med. Michael Schimmer, Kinderarzt
Kinder-Intensivstation Kinderklinik und -Poliklinik der Technischen Universität München
im Städtischen Krankenhaus München-Schwabing Kölner Platz 1
8000 München 40
1) Smalhout, B.; Hill-Vaughan, A. B.: Das dys- pnoische Kind, Karl Thomae GmbH (1980) 29
Akute Epiglottitis bei Kindern
Zu dem Beitrag von Privatdozent Dr. med. Uwe Töllner in Heft 49/1983
Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 14 vom 6. April 1984 (91) 1093