Ü
berall wird gefeilscht und gehandelt. Wer den normalen Preis zahlt, lebt hinterm Mond (Motto:„Ich bin doch nicht blöd!“).
Der rasante Erfolg von ebay ist nur ein Beispiel; selbst den schäbigsten Winterman- tel kann man dort noch zu Geld machen.
Doch am geldgeilsten ist die Regierung. Kein Tag ver- geht, in dem nicht eine neue Steuer- oder Abgabe-Idee die Runde macht. Wenn Sie abends mit ihrer Frau in die Oper gehen und die Nach- barstochter babysittet, dann sind Sie nach Regierungsplä- nen künftig dran, wenn Sie das Mädchen „steuer- und so- zialversicherungsfrei“ beschäf- tigen. Der Bekannte von ne- benan schneidet am Samstag Ihre Hecke? Dann sollten Sie
künftig 1 500 Euro Strafe zah- len, wenn Sie das nicht melden.
Überhaupt: Wussten Sie, dass geplant war, Ihnen bis zu 25 000 Euro Strafe abzuknöp- fen, wenn Sie illegal eine Haushaltshilfe arbeiten las- sen? Wenn der Postmann klin- gelt, heißt es jetzt aufpassen.
Denn der könnte ja im Staats- auftrag recherchieren, wer bei Ihnen so putzt oder baby- sittet? „Eichel marschiert in den sozialistischen Überwa- chungsstaat“, orakelte schon FDP-Chef Guido Westerwelle.
Was Eichel recht ist, kann Ulla Schmidt nur billig sein.
Sie hat in ihrem Ministerium das Betriebliche Vorschlags- wesen (BVW) eingerichtet – sagen Gerüchte. BVW-Vor- schläge zur Erkundung weite- rer Einnahmequellen würden hoch prämiert. Schon ist von
einer Apo-Gebühr die Rede:
Wer eine Apotheke betritt, soll ebenfalls Eintrittsgeld von zehn Euro blechen. Und wer in der Klinik nach seinem An- gehörigen schaut, dem werden künftig zehn Euro Besuchs- gebühr abgeknöpft. Abgeord- nete sollen aber nur die Hälfte zahlen. Gier ist geil!
Jetzt erst können Sie die Kanzler-Mahnung, man solle mehr konsumieren, um den Job seines Nachbarn zu sichern, richtig deuten. Er hat vor allem an die Beschäftigten in Praxis und Klinik gedacht – mehr Bürokratie sichert Ar- beitsplätze. Schon clever, die Regierung. . . Bernd Ellermann
G
erade lese ich eine Studie zum Dollar. Dort steht, der Euro habe gute Chancen auf ein Überschrei- ten des Allzeithochs, ein Greenback solle dann über 1,30 kosten. Fahrt nach oben weiter offen. Der Schreiber der Studie ist ein Anhänger der Chartanalyse und ein aus- gewiesener Fachmann.Die Avancen des Euro be- gründet der Schreiber mit Chartisten-Chinesisch,nach dem
„der Aaron-Trendfolgeindika- tor“ deswegen einen intakten Aufwärtstrend signalisiere, weil die „Aaron-up-Linie über die Aaron-down-Linie gestiegen ist und im oberen Extrembe- reich verläuft“. Alles klar?
Meines Erachtens ist das blühender Unsinn, verbrämt mit Experten-Kauderwelsch, und ich schreibe das nur des- wegen auf, weil viele (zu viele) Bankberater solchem Quatsch blind folgen.
Der Jubel über die Euro- Stärke ist für meinen Ge- schmack ziemlich unange- bracht. Anleger sind eher gut beraten, ihre Scheu vor dem Dollar abzulegen und kontra- zyklisch zu überlegen, sich in die US-Währung einzukau- fen. In Wirklichkeit handelt es sich bei der Euro-Stärke nicht um eine innere Brillanz der europäischen Valuta, sondern um eine Schwäche des ame- rikanischen Dollar. Wer die Probleme um Osterweiterung und politische Führungsschwä- che hierzulande näher an- schaut, wird dieser Beurtei- lung sicher gut folgen können.
Es gibt sicher genügend Ar- gumente, die sich gegen einen schwachen Dollar auftürmen
lassen. Haushaltsdefizit und ungezügelte Konsumfreude der Amerikaner in etwa. Doch die- se fallen als Kleinzeug in sich zusammen, wenn klar wird, dass die Dollarschwäche von den USA nicht nur einfach bloß akzeptiert wird, sondern vielmehr aktiv betrieben wird.
Notenbank-Chef Alan Green- span konnte es kaum klarer aus- drücken,er sei „über die Schwä- che des Dollar nicht sonderlich besorgt“,ließ er die Märkte wis- sen und legte damit die Lunte für weitere Euro-Kurssprünge nach oben. Wenn ein so kluger Mann sich derart äußert,ist Wis- sen und Wollen tatkräftig vereint.
Die Fakten: Europäer, die in Dollars oder US-Aktien inve- stiert sind, verloren (über die
Euro-Stärke) in den letzten 24 Monaten rund die Hälfte ihres Vermögens. Damit haben sich die Amerikaner von den Eu- ropäern indirekt ein Gutteil der im Irak angefallenen Ko- sten bereits zurückgeholt. Das ist in meinen Augen kein Zu- fall, sondern kühn-kühles Kal- kül. Den Gerhard Schröder wird dies nicht weiter interes- sieren, und dem George Bush wird das alles nichts mehr hel- fen, und genau deswegen ist es an der Zeit,Dollars zu kaufen.✮ S C H L U S S P U N K T
[44] Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 927. Februar 2004
Gier ist geil
Vorschläge zur Erkundung weiterer Einnahmequellen zum Dollar
Geprügelter Greenback
Börsebius
Leserservice:
Börsebius-Telefonberatung
„rund ums Geld“
Wie an jedem 1. Samstag des Mo- nats können Sie auch am 6. März 2004 in der Zeit von 9 bis 13 Uhr Börsebius (Diplom-Ökonom Rein- hold Rombach) anrufen. Wählen Sie bitte die 02 21/35 15 87. Die kostenlose Telefonberatung ist ein spezieller Service des Deut- schen Ärzteblattes für seine Leser.
Post Scriptum
Zeichnung:Oliver Weiss