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Archiv "Richtlinie Schutzimpfungen: Einschränkung für Fachärzte" (07.09.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 36⏐⏐7. September 2007 A2379

P O L I T I K

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assen Sie sich noch vor einer zu erwartenden Grippewelle, möglichst im Herbst, impfen! Be- reits zwei Wochen nach der Imp- fung besteht 100-prozentiger Schutz gegen die häufigsten Grippeviren.

So kann in 60 bis 70 Prozent aller Fälle eine Infektion verhindert wer- den.“ Mit diesen Worten rät die Bar- mer Ersatzkasse ihren Versicherten, sich demnächst impfen zu lassen.

Burkhard Bratzke hingegen muss impfende Ärzte bremsen. „Wir sind dabei, Ärzten die Impfgenehmigung zu entziehen“, berichtet das Vor- standsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin. Die KV will die betreffenden Ärzte errei- chen, bevor sie Grippeimpfstoff be- stellen, den sie im Herbst nicht mehr verwenden können und aus der ei- genen Tasche bezahlen müssen.

Denn manche Fachärzte dürfen in Zukunft möglicherweise nicht mehr in dem Umfang impfen, wie sie es bisher getan haben. Dies könnte die Folge der neuen Richt- linie Schutzimpfung des Gemein- samen Bundesausschusses (G-BA) sein, die das Bundesgesundheitsmi- nisterium (BMG) jetzt nach zwei-

monatiger Prüfdauer mit lediglich kleinen Auflagen akzeptiert hat. Sie soll nach der Überarbeitung im G-BA rückwirkend zum 1. Juli in Kraft treten.

Durch das GKV-Wettbewerbs- stärkungsgesetz sind Schutzimpfun- gen seit April Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

Voraussetzung ist allerdings eine Empfehlung der jeweiligen Imp- fung durch die Ständige Impfkom- mission (STIKO). Zuvor waren Schutzimpfungen freiwillige Sat- zungsleistungen der Kassen. Auf Basis der STIKO-Empfehlungen hatte der G-BA am 21. Juni erstmals Einzelheiten zur Leistungspflicht der Krankenkassen bei Schutzimp- fungen festgelegt. Zu den empfohle- nen Impfungen gehört die gegen Gebärmutterhalskrebs bei Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren.

Die Kassenärztlichen Vereini- gungen (KVen) Berlin und Thürin- gen sowie der Berufsverband der Deutschen Dermatologen machen jedoch Bedenken gegen die neue Richtlinie geltend. KV-Vorstand Bratzke hatte vor einem „weitrei- chenden Impfverbot für Fachärzte“

als Folge gewarnt. Stein des An- stoßes war § 10 der Richtlinie, in dem es zur Qualifikation der imp- fenden Ärzte heißt: „Schutzimpfun- gen können nur Ärzte im Rahmen ihrer berufsrechtlichen Zuständig- keit durchführen, welche über eine entsprechende Qualifikation gemäß der Weiterbildungsordnung zur Er- bringung von Impfleistungen verfü- gen.“ Die Umsetzung dieser Vorga- be werde den Kreis impfberechtig- ter Fachärzte stark einschränken, warnte Bratzke.

„Rückschlag für die Bemühungen der Ärzte“

Aufgrund des geltenden Berufs- rechts dürfen derzeit Ärzte der All- gemeinmedizin, praktische Ärzte, Internisten und Pädiater impfen, darüber hinaus in eingeschränktem Umfang bestimmte Facharztgrup- pen. In vielen KVen ist es jedoch nach Angaben von Bratzke üblich, dass Ärzte über die Grenzen ihres Fachgebiets hinaus impfen. Die Be- rechtigung dazu erwerben sie vie- lerorts in einem Impfkurs, den die Landesärztekammern anbieten.

Würde dieses Vorgehen wieder eingeschränkt, wäre dies „ein Rück- schlag für die Bemühungen der Ärzteschaft, Impflücken zu schlie- ßen“, hatte Bratzke gegenüber dem BMG zu bedenken gegeben. So könnten beispielsweise beim Kin- derarzt begonnene Impfungen nicht vervollständigt werden, weil Ju- gendliche häufig nicht mehr zum Kinderarzt gingen. Ihr Hautarzt oder Gynäkologe dürfte aber künf- tig wohl nur noch eingeschränkt impfen.

Offenbar lassen sich viele Pati- enten zudem vom Nutzen einer Impfung überzeugen, wenn sie so- wieso beim Arzt sind, vereinbaren aber ungern einen eigenen Termin

RICHTLINIE SCHUTZIMPFUNGEN

Einschränkung für Fachärzte

Wer darf impfen? Über diese Frage wird nach den neuen Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses derzeit diskutiert. Sie verändern berufsrechtliche Regeln nicht – wohl aber die geübte Praxis.

Foto:dpa

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A2380 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 36⏐⏐7. September 2007

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dafür. So hätten in Berlin allein die Gynäkologen im vergangenen Jahr rund 12 000 Grippeschutzimpfun- gen vorgenommen, sagt Bratzke.

Für Grippeschutzimpfungen be- kommen Ärzte in Berlin rund fünf Euro, und zwar extrabudgetär.

Die Bundesärztekammer betont, dass der rechtliche Status durch die neue Richtlinie nicht verändert wird. Allenfalls bestehe wegen der Formulierung in der Richtlinie Klar- stellungsbedarf: „Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, es be- dürfe einer zusätzlichen Weiterbil- dung.“ Auch das BMG hat eine eindeutigere Formulierung von § 10 vom Gemeinsamen Bundesaus- schuss gefordert. So sollten Ausnah- meregelungen für Not- und Bereit- schaftsdienste oder Epidemien vor- gesehen werden.

Unerwünschte Effekte

In seinem Brief verweist BMG-Ab- teilungsleiter Franz Knieps auf ein Urteil des Niedersächsischen Ober- verwaltungsgerichts vom 8. Juli 2004. Darin werden die Beschrän- kungen für Ärztinnen und Ärzte durch ihre Fachgebiete thematisiert.

Das Gericht befand damals, dass ein Facharzt für Haut- und Ge- schlechtskrankheiten nicht berechtigt sei, Schutzimpfungen vorzunehmen.

Denn nach den Kammergesetzen für Heilberufe dürften Fachärzte nur in ihrem Gebiet tätig sein. Als unzuläs- sig wurde auch ein Beschluss der Landesärztekammer Niedersachsen gewertet. Er sah vor, dass Ärzte un- abhängig von ihrer Gebietsweiter- bildung impfen können, wenn sie sich in einem zehnstündigen Kurs fortgebildet haben.

Bratzke hält diese Regelung nach wie vor für sinnvoll. Eng begrenzte Impfgenehmigungen führen seiner Auffassung nach in der Praxis zu unerwünschten Effekten. Ein Bei- spiel: Bratzke darf als Dermatologe gegen Tetanus impfen. Stellt er fest, dass einem Patienten dieser Schutz fehlt, wäre es sinnvoll, eine Kombi- nationsimpfung zusammen mit einer Diphtherieimpfung anzubieten – so wird es auch in der Richtlinie empfohlen. Doch gegen Diphtherie impfen darf er nicht. I Sabine Rieser

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umindest was ihre Verbrei- tung angeht, kann von einer Erfolgsgeschichte gesprochen wer- den. Rund 3 500 Verträge zur inte- grierten Versorgung mit einem Ver- gütungsvolumen von 611 Millionen Euro wurden nach Angaben der Bundesregierung seit Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsge- setzes 2004 geschlossen. Doch viele Verträge folgen dem Prinzip „quick and dirty“, weil es den Partnern vor allem um den schnellen Vertragsab- schluss und um die Anschubfinanzie- rung geht. Ein medizinischer Mehr- wert für die Patienten ist dabei oft nicht zu erkennen.

Es liegt nahe, dass solche Verträ- ge vor allem dann geschlossen wer- den, wenn die Unterzeichner nicht direkt mit den Patienten zu tun ha- ben. Demgegenüber zeigen zahlrei- che Integrationskonzepte, die von Ärzten initiiert oder zumindest in enger Abstimmung mit ihnen auf den Weg gebracht wurden, dass es auch anders geht. Dr. med. Andreas Hagenow, Geschäftsführer des Ärz- tenetzes Südbrandenburg (ANSB), weist darauf hin, dass Ärzte von gut gemachten Verträgen nicht nur fi- nanziell profitierten. Solche Zusam- menschlüsse könnten die Kommu- nikation mit den Kollegen verbes- sern und die einzelnen Vertragspart- ner über den eigenen Tellerrand hin- ausblicken lassen.

Erst die Strukturen, dann die Verträge

Zu den bekanntesten Modellregio- nen für eine sektorenübergreifen- de Vollversorgung zählt das Kin- zigtal im Schwarzwald. Die Versi- cherten können sich in das von Ärzten und der AOK Baden-Würt- temberg initiierte Modell einschrei- ben und erhalten dann eine Rund-

umversorgung. Der gewählte Arzt nimmt dabei die Rolle des Koordi- nators für den Behandlungsprozess ein. In der Region Amberg/Sulz- bach-Rosenberg haben sich mehr als 80 niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Klini- ken zu dem „Unternehmen Gesund- heit“ zusammengeschlossen. Ers- ter Vertragspartner ist die AOK Bayern, die das Projekt auch finan- ziell fördert.

Ohne Unterstützung müssen da- gegen die Brandenburger Ärzte aus- kommen. Bereits vor zwei Jahren taten sich die mehr als 50 Haus- und Fachärzte zusammen, um die Ver- sorgung der ländlichen Region zu verbessern. In Verhandlungen mit den Kassen tritt das Ärztenetz erst jetzt. „Wir haben die erste Zeit ge- nutzt, um funktionierende Struktu- ren aufzubauen“, erklärt Hagenow das ungewöhnliche Vorgehen.

Fernziel „Managed Care“

So sei das Herzstück dieser Ver- sorgungsform ein vom ANSB ent- wickeltes Konzept zur Qualitätssi- cherung. Dabei seien aus aktuellen wissenschaftlichen Leitlinien kon- krete Behandlungspfade für die Pa- tienten entwickelt worden. Zudem würden im Rahmen der laufenden Verhandlungen mit den Kranken- kassen Modelle zur Versorgung chronisch kranker Patienten gestal- tet. Doch Hagenow hat noch mehr vor: „Unser Ziel ist es, uns zu ei- nem klassischen Managed-Care- Unternehmen zu entwickeln.“ Für den Kardiologen steht außer Frage, dass diese Versorgungsform künftig einen festen Platz im deutschen Ge- sundheitswesen einnehmen werde.

Doch, räumt er ein, bis dahin sei es noch ein weiter Weg. I Samir Rabbata

INTEGRATIONSVERSORGUNG

Verträge können neue Perspektiven bieten

Haus- und Fachärzte wollen die Versorgung im ländlichen

Raum verbessern. Ein Beispiel aus Brandenburg

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