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Archiv "Die Fußamputation Kaiser Friedrichs III.: Das Reich auf einem Bein" (08.12.2000)

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eh dem Kaiser Fried- rich III., der den schmählichen Beina- men des Hinkenden bei aller Nachwelt erhalten wird, weil alles, was von seinen Taten in seinen letzten Lebensjahren aufgezeichnet werden mag, unter der Zierde dieses hässli- chen Titels geschehen wird“, soll Friedrich III. (1439 bis 1493) gesagt haben, während ihm der linke Fuß abgenom- men wurde. Und nachher:

„Nun ist dem Kaiser und dem Reich zugleich ein Fuß abge- sägt! Auf Kaiser Friedrichs Unversehrtheit gründete sich das Wohl des Reiches. Jetzt ist beiden die Hoffnung genom- men, und beide sind nun vom Ruhmesgipfel auf den Unter- körper gefallen.“ Dabei soll

der Mo-

narch das soeben abgetrennte Glied betrachtend in den Hän- den gehalten haben. Sorge be- reiteten dem Kaiser beson- ders die Auswirkungen auf das Reich, die die Fußam- putation mit sich brachte, jedenfalls soweit man ihm die von seinem Biografen Jo- seph Grünpeck überlieferten Äußerungen zuschreiben will.

Die schwere Operation des Kaisers war für die Zeitge- nossen ein Ereignis. Das zeigt sich schon darin, dass sie mehrfach in Wort und sogar einmal im Bild festgehalten worden ist (Abbildung). Be- sonders aufschlussreich we- gen seiner detaillierten Anga- ben ist der eigenhändige Krankheitsbericht, den einer der operierenden Wundärzte, Hans Suff (oder Seyff, Siff) von Göppingen, verfasst hat.

Demzufolge befielen den in Linz (Donau) weilenden Kaiser in der Fastenzeit 1493 Schmerzen im linken Bein.

Zunächst sei der Fuß allmäh- lich unempfindlich geworden und habe eine bleiche bis bläuliche Färbung angenom- men. Dann habe er begon- nen, von den Zehen auf- wärts abzusterben und sich schließlich bis zur Wadenmit- te schwarz zu färben. Als Ur- sache sah Hans Suff eine

„opilacio, daz ist eine ver- stoppung“, an. Damit meinte er gemäß der antiken Viersäf-

telehre, dass einem Lebens- geist der Zugang verwehrt ge- blieben war. Der Kaiser sei bereits alt gewesen, und es habe ihm daher an natürli- cher Wärme gemangelt. Aus heutiger Sicht deuten die ge- schilderten Symptome indes auf Altersbrand hin, verur- sacht durch Durchblutungs- störungen.

Operation als öffentliches Ereignis

Da sich Friedrichs Zustand in den folgenden Wochen mehr und mehr verschlechterte, entschloss man sich, das fau- lende Glied zu amputieren.

Hierfür bemühte sich Fried- richs Sohn, Maximilian I., die berühmtesten Ärzte seiner

Zeit herbeizuholen. Da die Operation der kaiserlichen Majestät als öffentliches Er- eignis betrachtet wurde, fand sie am 8. Juni 1493, einem Sonntag, in Anwesenheit des Hofes statt.

An Ärzten waren Hans Suff zufolge die zwei gelehr- ten Leibärzte Maximilians I.

und Friedrichs III. sowie fünf Wundärzte anwesend. Dem Text nach nahmen die Wund- ärzte den Eingriff vor, wäh- rend die zwei studierten Leibärzte das Geschehen nur beobachteten. Drei der Wund- ärzte hätten den Kaiser fest- gehalten und Hans Suff und ein weiterer Kollege ihm mit einer kleinen Säge Fuß und Bein oberhalb der Wade ab- geschnitten. Friedrich soll

keine großen Schmerzen empfunden und auch nicht viel Blut verloren haben. Der Beinstumpf wurde verbun- den und sei im Laufe der nächsten sechs bis zehn Wo- chen gut abgeheilt.

Folgt man der schriftlichen Schilderung des Operations- herganges, so spiegelt die un- terschiedliche Zuständigkeit der beiden beteiligten Ärzte- gruppen die Zweiteilung der mittelalterlichen Medizin wi- der. Einer eher theoretisch orientierten lîparzenîe oder physica, die an den Univer- sitäten gelehrt und gelernt wurde, stand die praxisbezo- gene wuntarzenîegegenüber, zu der als hantwirkungeauch die Chirurgie gehörte. Ihre Ursache hatte diese Zwei- gliedrigkeit im Einfluss von Theologie und Kirchenrecht auf die Heilkunde. Geistli- chen war es durch Konzilsbe- schlüsse und päpstliche Ver- ordnungen untersagt, den medizinischen Beruf prak- tisch und speziell die Chirur- gie auszuüben.

Tod des Kaisers durch Schlaganfall

Beiden Vorschriften durften sich Kleriker nicht widerset- zen, und deshalb wichen sie auf die theoretische Beschäfti- gung mit der inneren Medizin, der physica, aus. Dadurch wurde die praktische Heil- tätigkeit teilweise für Laien freigegeben.

Immerhin zehn Wochen hat der betagte Kaiser die schwere Operation überlebt.

Über die Ursache, die letzt- lich zu seinem Tod führte, gehen die überlieferten Be- richte auseinander. Hans Suff nennt mehrere Ursachen, die gemeinsam Friedrichs Tod bewirkt hätten: Die Schwä- chung durch die Amputation, sein hohes Alter und nicht zu- letzt sein traditionelles Fasten zu Maria Himmelfahrt. Ge- gen den ausdrücklichen Rat seiner Ärzte habe der Kaiser auch in diesem Jahr gefastet, wodurch er einen Schlagan- fall erlitt und am 19. August 1493 starb.

Dr. phil. Wolfgang Eric Wagner V A R I A

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 49½½½½8. Dezember 2000 AA3355

Die Fußamputation Kaiser Friedrichs III.

Das Reich auf einem Bein

Ein Beispiel spätmittelalterlicher Chirurgie

Grafische Sammlung Albertina Wien, Miniatur 22475 (circa 17,5 × 14,5 cm)

Geschichte

Foto: Wolfgang Eric Wagner

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