• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "In einem Landambulatorium in Brandenburg" (18.02.1983)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "In einem Landambulatorium in Brandenburg" (18.02.1983)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 7 vom 18. Februar 1983

Spektrum der Woche Aufsätze •Notizen

In einem Landambulatorium in Brandenburg

Eindrücke bei einer Studienreise in die DDR')

In der DDR sollen Landam- bulatorien die medizinische Grundversorgung möglichst weit in die Peripherie tragen und das System der Polikli- niken auch für die Landbe- wohner nutzbar machen.

Gemeindeschwestern und Fürsorgerinnen haben we- sentlich an der Pflege und Versorgung teil. Unter den jungen Allgemeinärzten der DDR gibt es offenbar einen Trend, aufs Land zu gehen, um dort eine umfassende Medizin im Sinne des Haus- oder Familienarztes zu be- treiben.

Alfons Labisch

Weit und breit brannte keine La- terne, als ich durch das stille Dorf zu dem Arzt ging, der mich für diesen Abend eingeladen hatte.

Wie schon so oft an diesem Tag fragte ich mich, was um alles in der Welt ich in dieser gottverlasse- nen Gegend an der Grenze der DDR zu Polen zu suchen hatte.

Nostalgie war es sicher nicht — ich hatte nicht geahnt, daß hier späte- stens 1950 die Zeit stehengeblie- ben zu sein schien. Mit dem Blick in die Vergangenheit war jedoch eine Frage vorgegeben: Wie war in der DDR das Gesundheitswesen auf dem platten Land organisiert, nachdem hier früher die ärztliche Versorgung weniger gut gewesen sein dürfte? Damit lag auch der Vergleich zur ambulanten medizi- nischen Versorgung in der Bun- desrepublik Deutschland auf der Hand.

Das Landambulatorium:

Aufbau und Funktionsweise Das besichtigte Landambulato- rium betreut 15 Gemeinden von 300 bis 800 Einwohnern, insge- samt rund 7500 Personen. Die größte Ausdehnung des zu betreu- enden Gebietes liegt bei 30 km. Im Ambulatorium selbst arbeiten zwei Allgemeinärzte; diese halten aber nicht nur im Ambulatorium, son- dern nach einem festen Plan ein- mal wöchentlich jeweils in drei an- deren Gemeinden Außensprech-

stunden ab. Der Arzt geht also in die Gemeinde — und das war bei den langen und schlechten We- gen, die ich kennenlernte, eine große Hilfe.

Jeder Arzt wird durch eine oder zwei Gemeindeschwestern unter- stützt. Die Gemeindeschwestern wohnen in ihrem Versorgungsge- biet und sind für sämtliche ambu- lanten pflegerischen Arbeiten zu- ständig. Meist kennen sie die fami- liären Verhältnisse ihrer Patienten sehr gut und sind damit gleichsam eine ständig erreichbare *Hilfe in medizinischen, aber auch in son- stigen Notlagen. Im Ambulatorium helfen den Ärzten drei Kranken- schwestern, die ihrerseits eben- falls Hausbesuche machen.

Zusätzlich zu diesen beiden Ärz- ten hält der leitende Arzt, der im wesentlichen durch seine Arbeit als Kreisarzt ausgelastet ist, an zwei halben Tagen Sprechstunden ab. Ferner gibt es einen Zahnarzt, der ebenfalls regelmäßig zwei Au- ßensprechstunden betreut. Wei- terhin kommt alle 14 Tage ein Gy- näkologe aus der Bezirksstadt. >

1) Den Beamten des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit in Bonn, des Europabüros der WHO in Kopenhagen und des Ministeriums für Gesundheitswe- sen und der Akademie für ärztliche Fortbil- dung der DDR in Berlin (Ost) sei ebenso gedankt wie den zahlreichen Kollegen in der DDR. Die freundliche Aufnahme und die offene Diskussion hinterließen einen blei- benden Eindruck.

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 7 vom 18. Februar 1983 71

(2)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Landambulatorien in der DDR

In einem weiter entfernten Dorf ist dem Ambulatorium eine Bereichs- arztpraxis angeschlossen, die ebenfalls mit einem Allgemeinarzt besetzt ist. Dieser hält wiederum in weiteren vier Dörfern Außen- sprechstunden ab. Ihm sind zwei Gemeindeschwestern zugeordnet, die in den Dörfern selbst ihren Dienst tun.

Rein rechnerisch gesehen kommt mithin auf 1875 Einwohner ein vollbeschäftigter Allgemeinarzt;

hierzu sind die Sprechstunden des Kreisarztes und des Gynäkologen hinzuzurechnen. Im Durchschnitt war in der DDR 1978 ein Allge- meinarzt für 2100 Einwohner zu- ständig, so daß die ärztliche Ver- sorgung dieses Gebietes über- durchschnittlich gut ist.

Eine Gemeindeschwester ist im Durchschnitt für 1500 Einwohner zuständig. In 12 der insgesamt 15 Gemeinden werden die ärztlichen Sprechstunden in der Gemeinde selbst angeboten. Vor dem Zwei- ten Weltkrieg hatte es in dieser Gegend lediglich in der entfernten Kreisstadt Ärzte gegeben.

Die Medikamente können die Pa- tienten sofort in der Apotheke ab- holen, die in das Landambulato- rium integriert ist. Falls erforder- lich, bringen die Krankenschwe- stern verordnete Medikamente bei Hausbesuchen zu den Kranken.

Die physiotherapeutische Abtei- lung des Ambulatoriums erfreut sich wegen der in der Landwirt- schaft häufigen Krankheiten des Bewegungsapparates besonderer Aufmerksamkeit.

Die Röntgeneinrichtung dient der ambulanten und vorstationären Diagnostik. Auch Aufnahmen der Nieren und des Harntraktes sind hier möglich. Im Labor werden Un- tersuchungen bis zum Test der Le- berwerte durchgeführt; bei weiter- führenden Fragestellungen wird das Untersuchungsmaterial durch einen Fahrdienst in die Kreis- oder Bezirksstadt gefahren — das Er- gebnis wird innerhalb von 24 Stunden durch Telex übermittelt.

Für den Stomatologen steht ein zahnärztliches Labor mit zwei Zahntechnikern bereit. Außerdem gibt es im Landambulatorium eine Fürsorgerin. Für die weiten Wege im Versorgungsgebiet steht schließlich ein Fahrdienst mit vier Kraftfahrzeugen zur Verfügung.

System

der Landambulatorien

Im Jahr 1980 gab es in der DDR 414 Landambulatorien. Zusätzlich gab es 1980 in der ländlichen Ver- sorgung 1645 staatliche Arztpra- xen und 971 staatliche Zahnarzt- praxen.

Die Aufgabe der Landambulato- rien ist dabei derjenigen der Poli- kliniken und Ambulatorien in den Städten vergleichbar, die eine um- fassende ärztliche Betreuung von der Prophylaxe über die Vorbeu- gung und Behandlung bis zur Nachsorge sicherstellen sollen.

In der medizinischen Versorgung auf dem Lande kommt der Ge- meindeschwester eine ganz be- sondere Bedeutung zu. Die Ge- meindeschwester ist eine mittlere medizinische Fachkraft, die von ihrer Gemeindeschwesternstation aus die Erste Hilfe bei Unfallver- letzten und Kranken sicherstellt und ärztlich angeordnete Behand- lungen durchführt. Die meist jün- geren Gemeindeschwestern sind besonders fortgebildete Kranken- schwestern, die oft in dem Dorf arbeiten, in dem sie geboren und aufgewachsen sind. Die Zahl der Gemeindeschwesternstationen ist von 2620 im Jahre 1950 auf 5279 im Jahr 1980 gestiegen. Dazu sind etwa 180 konfessionelle Stationen zu rechnen.

Bau und Einrichtung

Die Besichtigung zeigte, daß das Ambulatorium ganz im Sinne ei- nes lehrbuchmäßigen Funktions- schemas gebaut worden war; hier ist in den 50er Jahren ein speziel- ler Bautyp entwickelt worden, der

sich in der DDR offenbar vielfach wiederfinden läßt: In einem lang- gestreckten, ebenerdigen Gebäu- de gehen von einem Flur nach bei- den Seiten die Behandlungsräume ab, die Enden des Gebäudes wer- den von der Anmeldung und dem Warteraum auf der einen Seite und der Apotheke auf der anderen Seite gebildet. Hier nun war kürz- lich ein Anbau fertiggestellt wor- den, in dessen fast ebenerdigem und damit hellem Souterrain die Physiotherapie mit den entspre- chenden Räumen für Unterwas- sermassage, Gymnastik und Elek- trotherapie untergebracht war. Im Erdgeschoß hatte die Fürosrgerin ihr Zimmer, im oberen Halbge- schoß waren Apotheke, Verwal- tungszimmer und Pflichtassisten- tenwohnung. Der alte Bau wurde, nachdem eine Reihe von Funktio- nen ausgesiedelt worden war, um- gebaut. So sollte insbesondere die Anmeldung nach neuen Gesichts- punkten der Dokumentation um- gestaltet werden. Die Ausstattung mit medizinischem Gerät war sehr einfach, aber ausreichend

Stippvisite

in einer Bereichsarztpraxis Nachdem wir in dem örtlichen

„Feierabendheim"— das Gegen- stück zum „Seniorenheim" hier- zulande — ein einfaches Mittages- sen eingenommen hatten, fuhren wir über schmale, holprige Land- straßen zu der Bereichsarztpraxis, die dem Ambulatorium angeglie- dert war. Diese staatliche Arztpra- xis befand sich ebenfalls am Ran- de eines kleinen Dorfes.

In dem Haus hatte sich früher eine Gastwirtschaft mit einem Tanzsaal befunden. Nun war aus dem Tanz- saal eine allgemeinärztliche Praxis geworden, in der zusätzlich auch der Stomatologe ein vollständig ausgerüstetes Arbeitszimmer hat- te, um regelmäßig Sprechstunden abzuhalten. Das Gasthaus hatte man zu einem Wohnhaus umge- baut, in dem der Arzt mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebte.

72 Heft 7 vom 18. Februar 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

(3)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Landambulatorien in der DDR

Ein typisches Landambulatorium: Falkenhagen, Kreis Seelow, Bezirk Frankfurt/Oder (links) — Foto rechts: eine staatliche Arztpraxis in Altzeschdorf, Kreis Seelow, heute untergebracht in einem Haus, das früher eine Gastwirtschaft beherbergte (heute im

Tanzsaal: eine allgemeinärztliche Praxis) Fotos (2): Labisch

Wegen meines Besuches hatte man die Sprechstunden abgesagt

— das war nun genau das, was ich nicht gewollt hatte. Weder sollte der Dienst für die Patienten unter- brochen werden, noch wollte ich ausschließlich mit „Professionel- len" aus dem Gesundheitswesen sprechen. Auf meine Bitte hin fuhr daher der junge Bereichsarzt mit mir zu einer Gemeindeschwe- sternstation in einem entfernt ge- legenen Weiler, der noch stark von den Kämpfen gezeichnet war, die hier beim Übergang der russi- schen Armee über die Oder statt- gefunden hatten. Die Einwohner der Gemeinde hatten die Schwe- sternstation in Eigenleistung in ei- nem vormals stark beschädigten Haus errichtet. In den beiden Zim- mern des einen unteren Flügels hatten sie die Sprechzimmer für die Gemeindeschwester und den Bereichsarzt eingerichtet, der hier regelmäßig ordinierte; die Ge- meindeschwester bewohnte selbst das erste Stockwerk. Die Arbeits- zimmer waren mit den vorhande- nen Mitteln frisch hergerichtet, die Einrichtung war spartanisch: ein- fache Tische, Stühle und Schrän- ke, kaum medizinisches Gerät.

Hier traf ich die Fürsorgerin wie- der, die ich bereits während der ersten Besichtigung des Landam- bulatoriums kennengelernt hatte.

Sie hatte ihre Arbeit schon weitge-

hend abgeschlossen. Sie unter- suchte die Kinder und achtete dar- auf, daß der ausgefeilte Impfkalen- der in der Altersstufe vom Säug- ling bis zum dreijährigen Kind durchgeführt wurde. Außerdem beriet sie die Mütter, so etwa über das Stillen, Babynahrung, Kin- derkleidung, Kinderkrankheiten, Hausmittel usw. Der Kreisarzt und die übrigen Ärzte legen besonde- ren Wert auf die Arbeit der Fürsor- gerin. Die jungen Mütter hätten keine Großmütter mehr, die ihnen bei der Erziehung der Kinder hül- fen; die Größmütter seien selbst alle berufstätig. So müßten heute die Fürsorgerinnen die Großmüt- ter ersetzen und Rat und Hilfe in allen Lebenslagen erteilen.

Wenig befriedigende Arbeitsbedingungen

Ich hatte mich von Anfang an dar- über gewundert, wie jung die All- gemeinärzte, die ich auf dem Land traf, waren. Keiner schien über 40 Jahre alt zu sein. In der Bundesre- publik Deutschland waren dage- gen 1980 rund 50 Prozent der nie- dergelassenen Ärzte für Allge- meinmedizin über 59 Jahre alt und fast 75 Prozent 50 Jahre und älter.

Auch wenn ich entsprechende Zahlen aus der DDR nicht erhalten konnte, ergab sich folgendes Bild:

Es gibt in der DDR unter den Allge-

meinmedizinern offensichtlich ei- nen Trend, aufs Land zu gehen.

Die Gründe hierfür liegen teils in der Organisation des Gesund- heitswesens in städtischen Regio- nen, teils im Anspruchsverhalten der Patienten.

In den großen Polikliniken der Städte muß der Allgemeinarzt oft- mals die Funktion des „Aufnahme- arztes" übernehmen. Die übrigen Fachärzte betreiben eine Speziali- sierung und Subspezialisierung, die teilweise schon grotesk ist. So behandelt der für Magen- und Darmkrankheiten weitergebildete Internist schließlich nur noch Pa- tienten mit eben diesen Krankhei- ten, Patienten mit Lungenkrank- heiten beispielsweise schon nicht mehr. Dies hat für den typischen Alterspatienten, der mehrere Er- krankungen gleichzeitig hat, die Folge, daß er für fast jede dieser Erkrankungen einen eigenen Arzt aufsuchen muß. Für den Allge- meinarzt in der Poliklinik kann das zur Folge haben, daß er schließ- lich nur noch als „Dispatcher" ar- beitet. Er verteilt die Patienten le- diglich auf die nachgeordneten Fachärzte und behandelt selbst, wenn es hoch kommt, nur noch Bagatellfälle.

Arbeitet der Allgemeinarzt in einer Großstadt in einer staatlichen Arztpraxis — von der Arbeitssitua- Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 7 vom 18. Februar 1983 75

(4)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Landambulatorien in der DDR

tion vergleichbar unserem nieder- gelassenen Arzt — muß er damit rechnen, daß die Patienten wegen des guten Angebotes rasch um ei- ne Überweisung zum Facharzt bit- ten oder aber, was sehr häufig vor- kommt, (bei der streng beachteten freien Arztwahl) von sich aus be- reits bei Bagatellerkrankungen ei- nen Facharzt in der nächsten Poli- klinik aufsuchen.

Damit ist weder die Arbeit in der Poliklinik noch in der staatlichen Arztpraxis in der Großstadt für ei- nen engagierten Allgemeinarzt auf die Dauer attraktiv. Aus diesem Grunde gehen gerade die Allge- meinärzte, die an einer umfassen- den medizinischen Betreuung im Sinne des Haus- oder Familienarz- tes interessiert sind, ganz bewußt aufs Land, weil hier diese Medizin möglich, ja sogar erforderlich ist.

Dies ist hier sowohl von der Struk- tur der medizinischen Versorgung als auch von der Integration des Arztes in sein soziales Umfeld ge- geben. Zieht man weiterhin den Verlust an Komfort und kulturellen.

Möglichkeiten in Betracht, können die geringen finanziellen Sonder- zuweisungen und andere Vergün- stigungen, die der Landarzt in der DDR erhält, kaum ein Grund sein, diesen Schritt zu tun.

Allgemeinärztliche Sprechstunde Am letzten Tag meines Aufenthal- tes im Landambulatorium nahm ich an einer allgemeinärztlichen Sprechstunde teil. Die Patienten meldeten sich bei der Kranken- schwester an. Diese überprüfte das „Versicherungsbuch", das je- der Bürger der DDR als Behand- lungsausweis hat, legte die Kran- kenakte zurecht und bereitete Routinearbeiten vor. Der Patient kam dann wohlvorbereitet in das Sprechzimmer; gleichzeitig wurde die Krankenakte, die mit ihren vie- len Dokumenten die gesammelte Krankengeschichte darstellt, in das Sprechzimmer gereicht.

Das Spektrum der Beschwerden spielte sich, mehr oder weniger er-

wartet, auf das gleiche ein, das in der Allgemeinpraxis in einer länd- lichen Gegend der Bundesrepu- blik geläufig sein dürfte: Be- schwerden des Stütz- und Bewe- gungsapparates, grippale Infekte, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Krampfadern, ferner viele Be- schwerden, hinter denen psychi- sche oder familiäre Konflikte greif- bar waren, usw.: das „tägliche Brot" des Allgemeinarztes also.

Es fehlte nicht die Frau, die krank geschrieben werden wollte, weil sie offensichtlich am Arbeitsplatz überlastet war. Sie arbeitete an der „Kartoffelklapper", an der Saatkartoffeln mechanisch sor- tiert wurden — dabei war die neue Maschine zwar schneller, aber er- heblich lauter als die alte und wir- belte viel mehr Staub auf. „Wir überwachen das zwar ständig", sagte der Ambulanzarzt, „der Ge- räuschpegel liegt zwischen 80 und 85 dB; da können wir wenig ma- chen."

Es fehlte auch nicht die alte Frau, die im strengen Sinne gar nicht krank war, über den Tod ihres Mannes aber einfach nicht hinwegkam. Sollte man ihr weiter- hin Tranquilizer verschreiben?

Der Arzt kannte die Verhältnisse sehr gut und erkundigte sich mit Namen, wer von den Verwandten, Bekannten und Nachbarn sich um die Frau kümmert. Schließlich fehlte auch jener Hypertoniker nicht, der seine Tabletten aufge- braucht hatte, dann lange nicht mehr erschienen war und sich jetzt wunderte, daß die gleichen Beschwerden wieder aufgetreten waren und der hohe Blutdruck er- neut erneut ernsthafte Folgen be- fürchten ließ.

Weder bei den weiterführenden Untersuchungen noch bei den Arzneien schien es irgendwelche Einschränkungen zu geben. Ich hatte vielmehr den Eindruck, daß — etwa bei den Erkältungen — genau- so viele und genauso unsinnige symptomatische Mittelchen ver- schrieben werden, wie das auch hierzulande öfter beklagt wird.

Meist wird ziemlich rasch und lan- ge krank geschrieben (vgl. Alfons Labisch in: Soziale Sicherheit, Heft 10/1982). Ähnlich war sicher auch, daß viele Patienten bereits mit der fertigen Diagnose ins Sprechzimmer kamen und damit gleich ganz bestimmte Wünsche nach Medikamenten, Krankschrei- bung oder anderen Leistungen verbanden.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Dr. phil.

Alfons Labisch, M. A.

Gesamthochschule Kassel Fachbereich 4

Heinrich-Plett-Straße 40 3500 Kassel

Sieben Tage

nach der Entbindung

Die weitere Senkung der Säug- lingssterblichkeit stand im Mittel- punkt einer Beratung des „Kolle- giums des Ministeriums für Ge- sundheitswesen". Dabei berichte- ten die Bezirksärzte von Potsdam und Cottbus über eine in ihren Be- reichen durchgeführte „Kontrol- le" der Arbeiter- und Bauern-ln- spektion, bei der einige Mängel bereits beseitigt werden konnten, aber noch längerfristig zu lösende Aufgaben festgestellt wurden. Im Bezirk Cottbus besteht zum Bei- spiel eine ungleichmäßige Vertei- lung zwischen den einzelnen Krei- sen bei der Besetzung mit Fach- ärzten für Gynäkologie und Ge- burtshilfe.

Im Hinblick auf die neue Regelung in der Bundesrepublik, nach der die Krankenkasse normalerweise nur noch für einen Entbindungs- aufenthalt von sechs Tagen auf- kommt, ist interessant, daß in der DDR jetzt eine klinische Verweil- dauer nach der Entbindung von sieben Tagen angestrebt werden soll. Noch nicht überall gesichert sei der erste Hausbesuch durch eine Fürsorgerin innerhalb der er- sten sieben Tage nach der Entlas- sung aus der Klinik. gb 78 Heft 7 vom 18. Februar 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wer gegen das möglicherweise sittenwidrige Ausnutzen von Zwangs- lagen etwas Substanzielles gegen- halten will, also hier wirklich für Abhilfe schaffen möchte, für den gilt nach

der Anorak, die Fäustlinge, die Handschuhe, anziehen, die Hose, dick, die Daunenjacke.. die Hose, das Hemd, umbinden, aufsetzen, die Haube, die Socken,

profitieren Auszubildende und Unternehmen gleicher- maßen: Studienabbrecher haben das Abi und Vorwissen in der Tasche, das sie gewinnbringend für ihr Ausbildungs-

Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin in Zu- sammenarbeit mit dem Be- rufsverband Deutscher In- ternisten: Rationelle Dia- gnostik und Therapie in der Inneren Medizin.. Ein

Es mag ja sein, dass es nur ei- nige wenige Täter sind – aber man könnte genauso gut zynisch argumentieren, dass es darum ja auch nicht so schlimm ist, dass man sie

Eine Infektion mit Corona-Vi- ren äußert sich durch grippe- ähnliche Symptome wie Fie- ber, Schnupfen, Atemprobleme, Abgeschlagenheit, Halskratzen, Husten, Kopf- und

Bis zum Jahr 2015 müssen sich rund 450 Ärzte in Niedersachsen niederlassen, damit eine Unterversor- gung in bestimmten Regionen des Bun- deslandes verhindert wird.. Unterver-

Man hat es aber auch mit Ärzten zu tun, die auf ihre Rezeptur bestehen, mit dem Hinweis, dass sie diese Zubereitung schon seit Jahren verordnen und dass sie bisher immer geholfen