A954 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 20⏐⏐15. Mai 2009 Die Affäre am Berliner Universitäts-
klinikum Charité um die Entwick- lung eines pflanzlichen Arzneimit- tels gegen erektile Dysfunktion wird für die Verantwortlichen offenbar ein juristisches Nachspiel haben.
Bereits vor einem Monat hatte sich die Klinikleitung von einem Mitar- beiter des Instituts für Transfusions- medizin distanziert. Der Doktorand hatte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am 15. März über erfolgreiche Tests mit dem Potenzmittel berichtet und auf eine mögliche Vermarktung im Jahr 2010 verwiesen.
Sein Präparat mit dem Namen
„Plantagrar“ habe in klinischen Tests gute Ergebnisse gezeigt, sagte der Wissenschaftler. Er habe das Mittel an 25 männlichen Probanden getestet. Das Präparat enthält ver- schiedene Pflanzenextrakte, unter anderem Tribulus terrestris (Erd- Burzeldorn) und Lepidium peruvia- num (Maca-Pflanze) sowie das Zuckerrohrwachsextrakt Policosa- nol und die Aminosäure L-Arginin in hoher Dosis.
Zwei Tage nach der dpa-Meldung distanzierte sich die Charité-Lei-
tung von ihrem Mitarbeiter. Dieser sei nicht berechtigt gewesen, im Na- men der Klinik Erklärungen abzu- geben. Am 19. März wurden interne Untersuchungen aufgenommen.
Aber auch außerhalb der Klinik interessierten sich inzwischen Be- hörden für die klinische Studie mit
„Plantagrar“. Gegenüber dem Deut- schen Ärzteblatt bestätigte der Spre- cher der Berliner Staatsanwalt- schaft, Michael Grunwald, dass seine Dienststelle mit der „zuständigen Ordnungsbehörde“ in Verbindung stehe. Die zuständigen Behörden sind
die Arzneimittelüberwachung und die Ethikkommission beim Berliner Landesamt für Gesundheit und So- ziales. Deren Leiter, Christian von Dewitz, bestätigte die Prüfung des Falls, lehnte weitere Stellungnah- men aber mit Verweis auf das laufen- de Verfahren ab. Nach Presseberich- ten hat inzwischen auch das Bun- desinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Prüfung des Falls an sich gezogen.
Es besteht der Verdacht, dass die klinische Studie entgegen der Vor- schriften im Gesetz über den Ver- kehr mit Arzneimitteln (AMG) nicht hinreichend geprüft worden war. Der einzige rechtliche Ausweg – die Klassifizierung des Potenz- mittels als Nahrungsergänzungs- mittel – ist von Experten bereits verworfen worden. „Sobald in einer Studie eine Wirkung nachgewiesen werden kann, handelt es sich ganz klar um ein Arzneimittel“, sagte Prof. Dr. med. Sabine Kliesch, Sprecherin der Deutschen Gesell- schaft für Urologie.
Der Fall wurde mittlerweile der Staatsanwaltschaft übergeben. HN
Österreichische Ärzte können ihre Patienten jetzt elektronisch krank- melden. Der Arzt aktiviert dazu den in der E-Card integrierten Chip über
eine Onlinemaske und leitet die Krankmeldung an den Sozialversi- cherungsträger des Patienten weiter, meldet die Nachrichtenagentur Pres- setext. Bisher wurden in Österreich An- und Abmeldungen des Kran- kenstands in Papierform ausgestellt.
Vom neuen System verspricht sich der Verband der Sozialversiche- rungsträger (www.hauptverband.at) jährlich eine Kosteneinsparung von vier Millionen Euro.
Basis für die Umstellung ist ein geschlossenes Intranet zwischen Ver- tragsärzten und Versicherungsträ- gern. Die elektronische Krankmel- dung beschleunigt und vereinfacht mehrere bürokratische Prozesse.
Darüber hinaus ersetzt ein einheitli- ches Onlineformular die bisher unter- schiedlichen Antragsformen der ein- zelnen Sozialversicherungen.
Der Patient erhält zwar weiterhin eine Bestätigung, die zur Vorlage beim Arbeitgeber geeignet ist. Den- noch können die Arbeitgeber den Krankenstand ihrer Mitarbeiter jetzt auch per Internet abfragen, sofern sie
beim jeweiligen Versicherungsträger über das Dienstgeber-Informations- system DG-Net registriert sind. Die erteilten Auskünfte beschränken sich auf die Information über Beginn und Ende der Krankmeldung. Diagnosen und Gründe für den Krankenstand können, sofern es sich nicht um Fol- gen eines Arbeitsunfalls handelt, nicht abgerufen werden. Für die elektronische Krankmeldung müs- sen die Ärzte eine kostenfreie Pra- xissoftware installieren. Bislang ist die Anwendung für die Arztpraxen allerdings noch nicht verpflichtend.
Der Umfang der E-Card-Funktionen soll schrittweise vergrößert werden.
So sollen derzeit die Krankenhäu- ser in das E-Card-System integriert werden, um elektronische Ein- und Überweisungen zu möglichen. KBr E-CARD
Krankmeldung in Österreich per Chipkarte
Die E-Card ist in Österreich bereits flächendeckend im Einsatz.
Der „Fall Plant- agrar“ wurde mittlerweile der Staatsanwaltschaft übergeben.
A K T U E L L
„BIOLOGISCHE“ POTENZPILLE
Juristisches Nachspiel?
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