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Archiv "e-card: Österreich auf der Datenautobahn" (20.01.2006)

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at die Patientin ihr grünes Kärt- chen ins Lesegerät gesteckt, erhält Dr. med. Günther Wawrowsky, In- ternist in Purkersdorf (Niederöster- reich), innerhalb von höchstens fünf Se- kunden eine Rückmeldung über ihren aktuellen Versichertenstatus und kann diese Daten direkt in sein Praxissystem übernehmen. Die rasche Online-An- spruchsprüfung der Leistungsberechti- gung ist die erste Applikation der e-card, die den Papier-Krankenschein in Öster- reich ablöst (www.chipkarte.at). Die Umsetzung dieser im Vergleich zum deutschen Telematikkonzept vergleichs- weise schlanken Lösung ist beein- druckend: In nur sechs Monaten – von Ende Mai bis Ende November 2005 – hat das Land 8,2 Millionen Versicherten die neue Gesundheitskarte zugestellt, rund

10 700 Arztpraxen mit der notwendi- gen Infrastruktur ausgestattet und flä- chendeckend eine Breitbandvernetzung (ADSL) im Gesundheitswesen realisiert (Kasten). Damit steht eine ausbaufähige elektronische Plattform für zahlreiche weitere geplante E-Health-Dienste, wie das elektronische Rezept und die elek- tronische Überweisung, zur Verfügung.

Durch die zusätzliche Einsatzmöglich- keit der e-card als Bürgerkarte erhält Österreich darüber hinaus weltweit eine Vorreiterrolle bei der Einführung von E- Government-Anwendungen.

Bis zu 426 000 Transaktionen täglich werden inzwischen über das Gesund- heitsnetz verwaltet. „Mit der e-card ist es uns gelungen, ein international bewun- dertes Vorzeigeprojekt zu schaffen, das allen Partnern mehr Service bietet und gleichzeitig ein wichtiger Meilenstein für E-Health und E-Government in Öster- reich ist“, sagte die österreichische Ge- sundheitsministerin Maria Rauch-Kallat zum Abschluss des Karten-Rollouts in Wien. Die erfolgreiche Einführung des Systems sei vor allem auf die gute Zu- sammenarbeit zwischen dem Hauptver- band der Österreichischen Sozialversi- cherungsträger als Auftraggeber des Projektes und dem Projektkonsortium (unter anderem Siemens Österreich, Te- lekom Austria und IBM sowie Giesecke

& Devrient als Kartenlieferant) zurück- zuführen, so die Ministerin. 42 Millionen Papierkrankenscheine jährlich müssen nicht mehr länger ausgestellt und archi- viert werden. Der Verwaltungsaufwand in Arztpraxen und Sozialversicherungen sinkt dadurch erheblich. Nach Berech- nungen des Rechnungshofs sollen sich die Investitionen von 116 Millionen Eu- ro bereits in weniger als drei Jahren P O L I T I K

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A88 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 3⏐⏐20. Januar 2006

e-card

Österreich auf der Datenautobahn

Während in Deutschland die Testphase der Gesundheitskarte gerade erst begonnen hat, gehört die Sozialversicherungs- Chipkarte in Österreich bereits zum Alltag.

Über das e-card-System erfolgt die An- spruchsprüfung des Versicherten.

Foto:Siemens Österreich

Steuerzuschüsse“, meint der frühere Re- gierungsberater und jetzige SPD-Bun- destagsabgeordnete, Prof. Dr. med. Karl Lauterbach. Mittelfristig werde man sich mit der Finanzierbarkeit schwer tun.

Vor einer Gesundheitsversorgung nach Kassenlage des Finanzministers warnt denn auch der Präsident der Bun- desärztekammer, Prof. Dr. med. Jörg- Dietrich Hoppe. Richtig sei aber, die Gesundheitsausgaben wie in den Nie- derlanden von den Arbeitskosten zu trennen. Allzu große Hoffnungen, dass sich die Lage der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland mit einer Finanzreform der GKV verbessert, hegt Hoppe je- doch nicht. Schon jetzt zeichne sich ab, dass die Vergütung der niedergelasse- nen Ärzte sowohl in der GKV wie in der privaten Krankenversicherung wei- ter absinken werde.

Demographie berücksichtigen

Ebenfalls unwahrscheinlich seien Bei- tragssatzsenkungen innerhalb der GKV, meint der Vorstandsvorsitzende der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung, Dr.

med. Andreas Köhler. Man könne froh sein,wenn die Beitragssätze gehalten wür- den. Voraussetzung dafür sei aber, dass keine Schuldenberge mehr angehäuft und die Lasten nicht auf nachfolgende Genera- tionen verteilt werden. „Die demographi- sche Entwicklung ist eine Tatsache.“ Auch deshalb brauche man unterschiedliche Tarife, die das Alter und das Krankheits- risiko der Versicherten berücksichtigten.

Zusätzlich seien Alterungsrückstellungen innerhalb einer Generation nötig. Das wäre ein langfristiges Sanierungskonzept.

So weit in die Zukunft wollen die Ko- alitionspolitiker denn doch nicht schau- en. Stattdessen richten sich ihre Blicke gespannt in Richtung Westen. Denn vielleicht ist bis zur Verabschiedung der Gesundheitsreform in Deutschland ab- zusehen, ob der Systemwechsel in den Niederlanden erfolgreich verläuft.

Bis dahin steht der niederländische Gesundheitsminister Hoogervorst un- ter enormem Druck. „Sollte in den Nie- derlanden Chaos entstehen, dann hat nicht nur das Land ein Problem, nein, dann habe ganz sicher auch ich eins“, sagte er. Gleiches könnte bald auch für Ulla Schmidt gelten. Samir Rabbata

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durch Einsparungen von 40 bis 50 Mil- lionen Euro jährlich amortisieren.

„Ganz besonders freut uns die große Akzeptanz bei der Bevölkerung“, beton- te Dr. Erich Laminger, Vorstandsvorsit- zender des Hauptverbandes. Nach einer vom Hauptverband in Auftrag gegebe- nen Begleitstudie befürworten 86 Pro- zent der Bevölkerung die Einführung der Chipkarte, 79 Prozent halten sie für bes- ser als den alten Krankenschein (www.

hauptverband.at). „Auch die Stimmung bei den Ärzten ist als gut zu bezeichnen“, meinte Laminger. So halten 45 Prozent der befragten Ärzte das e-card-System für besser als den Papier-Krankenschein – 35 Prozent allerdings für eher schlech- ter. Laminger ist jedoch überzeugt, dass mit dem Normalbetrieb des Systems die Zustimmung bei den Ärzten noch stei- gen werde, denn nach der Umfrage ste- hen die Ärzte dem System nach der Ein- führung positiver gegenüber als vorher.

Tücken der Umsetzung

Auch wenn das österreichische Karten- projekt vom Umfang her kleiner und auch technisch und organisatorisch weni- ger komplex ist als das deutsche Vorha- ben, kann der Blick auf das Nachbar- land, was die Tücken der Umset- zung betrifft, lehrreich sein. So tei- len längst nicht alle Ärzte die Auffas- sung, dass der organisatorische und logistische Kraftakt „so gut wie pan- nenfrei“ verlaufen sei (Laminger), denn regional verliefen Installation und Betrieb des Systems – vor allem in der Anfangsphase – nicht immer reibungslos.

Jürgen Schwaiger, der in der Landes- ärztekammer Wien die e-card-Hotline betreut, macht dafür vor allem die man- gelhafte Planung und Durchführung des Projekts, die durch den politisch moti- vierten Zeitdruck entstanden sei, verant- wortlich. Zu den wesentlichen Fehler- quellen zählt er Schwierigkeiten bei der Koordination der Techniker und Provi- der, Systemabstürze nach der Erstinstal- lation und das „Kompetenzkarussell“ – die wechselseitige Schuldzuweisung zwi- schen Arztsoftwareanbietern und Provi- dern bei Systemfehlern, die sich nicht durch die vom Hauptverband eingerich- tete Hotline beheben ließen. „Der Sup- port muss besser gelöst werden“, meint

Schwaiger. Dennoch: „Das System ist in Ordnung – wenn es funktioniert.“

Dies bestätigt auch Dr. med. Milan Kornfeind, praktizierender Arzt für All- gemeinmedizin aus Trausdorf im Burgen- land. Er hat als einer der ersten die e-card in seiner Praxis getestet und inzwischen ein Jahr Erfahrungen mit der Telematik- plattform gesammelt. „In den ersten Mo- naten nach Einführung des Systems ent- steht für die Arztpraxen zwar mehr Ar- beitsaufwand, doch nach der Einarbei- tungsphase verschafft die Lösung bei der Administration eine Erleichterung“, lau- tet sein Fazit. Auch die Zuverlässigkeit des Systems hat sich inzwischen verbes- sert: „Abgesehen von einigen kleineren, durch Stromschwankungen bedingten Ausfällen, während derer das System aber im Offline-Betrieb weiter genutzt werden konnte, und einem mehrstündi- gen Totalausfall des Netzes arbeitet das System weitgehend stabil.“ Beim Off- line-Betrieb werden die Versichertenda- ten über die Gina-Box in der Arztpraxis lokal zwischengespeichert, bis sie wieder an das zentrale Rechenzentrum übermit- telt werden können.

Für den Internisten Wawrowsky, der vor der e-card-Einführung bereits über eine gute EDV-Ausstattung verfügte, war die Installation zwar relativ pro- blemlos, dafür finanziell aufwendig, weil er für die Integration des e-card-Systems in die Praxissoftware aufkommen muss- te. Der „Knackpunkt“ ist für ihn jetzt die Abrechnung mit dem neuen System. Ge- spannt wartet er auf die erste Quartals- endabrechnung, denn „dann muss sich zeigen, ob der Offline-Betrieb bei Netz- ausfällen auch korrekt funktioniert hat“.

Die nächsten Ausbaustufen des Sy- stems werden bereits vorbereitet: 2006 sollen die Krankenhäuser und 2007 die Apotheker an das Netz angeschlossen werden. Im Probebetrieb sind bereits die Administration der Vorsorgeuntersu- chungen und die landesspezifische elek- tronische Bewilligung von verschrei- bungspflichtigen Medikamenten durch die Krankenversicherungen. Als weitere Anwendungen sollen die elektronische Überweisung und die Notfalldaten des Versicherten folgen. Ziel ist letztlich die

„Elga“, die „elektronische lebenslange Gesundheitsakte“, in der die medizini- schen Daten des Patienten zentral gespei- chert werden sollen. Heike E. Krüger-Brand P O L I T I K

e-card: Kombination aus Gesundheits- und Bürgerkarte

Auf der e-card werden ausschließlich admi- nistrative Daten, wie Name, Geburtsdatum, Versicherungsnummer und Versicherungs- träger, gespeichert. Die Mikroprozessorchip- karte trägt kein Foto des Versicherten. Sie enthält auch keine medizinischen Daten, sondern dient lediglich als Schlüssel zum Gesundheitssystem. Auf ihrer Rückseite be- findet sich (wie bei der deutschen Gesund- heitskarte) die Europäische Krankenver- sicherungskarte. Zusätzlich ist die e-card – anders als die deutsche Lösung – auch für die Verwendung als Bürgerkarte vorberei- tet, sodass die Signatur- und Verschlüsse- lungsfunktionen der Chipkarte nach dem kostenfreien Erwerb eines Zertifikates auch als persönlicher elektronischer Ausweis ge- nutzt werden können, um zum Beispiel

Behördengänge online zu erledigen und elektronische Unterschriften zu leisten.

Die Vertragsärzte erhalten eine Ordinati- ons-Chipkarte, mit der sie sich über ein ge- schlossenes Netz (GIN – Gesundheits-Infor- mations-Netz) beim zentralen e-card-Re- chenzentrum anmelden. Für den Zugang zum Gesundheitsnetz ist in der Arztpraxis nicht unbedingt ein Computer erforderlich – als technische Minimalvoraussetzung werden die Gesundheitsinformations- netzadapterbox (Gina-Box), ein Lesegerät und ein Router benötigt. Diese Grundaus- stattung hat der Hauptverband finanziert;

der Arzt musste für die Integration der e-card in bestehende Praxissoftware sowie für etwaige Umbaumaßnahmen aufkom- men und trägt außerdem die Wartungs- und Leitungskosten.

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 3⏐⏐20. Januar 2006 AA89

Foto:

SVC, Wien

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