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Archiv "Medizinprodukte: Achtung, Kontrolle" (05.09.2008)

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A1820 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 365. September 2008

P O L I T I K

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ngewohnten Besuch könnten demnächst Krankenhäuser so- wie Ärztinnen und Ärzte bekom- men, die in ihrer Praxis Medizinpro- dukte sterilisieren. Denn die Über- wachungsbehörden haben verstärkt Besuche bei Betreibern von Me- dizinprodukten angekündigt – auch kurzfristig. „Auf das Einhalten der Medizinprodukte-Betreiberverord- nung wird jetzt vermehrt geachtet“, berichtet Dr. med. Christian Jäkel, Fachanwalt für Medizinrecht in Berlin. Nach seiner Kenntnis sind bereits Bußgelder um 1 000 Euro wegen mangelhafter Aufbereitung und Verstoß gegen das Medizinpro- dukte-Recht verhängt worden. „Ich rate jedem, die Empfehlung des Robert-Koch-Instituts und des Bun- desinstituts für Arzneimittel zu den

Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinpro- dukten genau zu lesen und einzuhal- ten“, sagt Jäkel. Wichtig seien auch spezielle Empfehlungen, beispiels- weise für die Aufbereitung von En- doskopen.

Die angekündigten Kontrollen sind keine Schikane. Denn in der

Tat ist die Aufbereitung von Me- dizinprodukten für den erneuten Einsatz nicht risikolos. Der ökono- mische und ökologische Nutzen muss gegen das Infektionsrisiko und eine möglicherweise beeinträch-

tigte Funktion des Medizinpro- dukts abgewogen werden. Grund- sätzlich ist in Deutschland auch die Aufbereitung von Produkten er- laubt, die vom Hersteller eigent- lich als „Einmalprodukt“ gekenn- zeichnet wurden.

Um die Sicherheit und Gesund- heit der Patienten trotz Aufberei-

tung und Wiederverwendung sol- cher Produkte zu gewährleisten, wurde 2002 die Überwachung von Medizinprodukten durch die Behör- den ausgeweitet. Die Gemeinsame Empfehlung der Kommission für MEDIZINPRODUKTE

Achtung, Kontrolle

Der Erfahrungsbericht des Bundesgesundheitsministeriums benennt einige Defizite bei der Wiederaufbereitung von Medizinprodukten. Kleinere Änderungen der Bestimmungen sollen folgen.

Es ist wichtig, die Anforderungen an die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten genau zu lesen.

Foto:Superbild

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 365. September 2008 A1821

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Krankenhaushygiene und Infektions- prävention am Robert-Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) benennt die hygienischen Anforderungen bei der Aufberei- tung von Medizinprodukten. Die gesetzlichen Vorschriften gelten für alle Medizinprodukte, unabhängig davon, ob sie Mehrfach- oder Ein- malprodukte sind. Zudem müssen sie alle Betreiber beachten, egal ob sie Medizinprodukte im Krankenhaus oder in einer Arztpraxis aufbereiten.

Untersuchungen zufolge sind je- doch die Kenntnisse der Ärzte über die Bestimmungen unterschiedlich.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) benennt in seinem Bericht vom Frühjahr 2008 zu den „Er- fahrungen mit den geänderten Re- geln zur Aufbereitung von Medi- zinprodukten“ besonders Defizite im niedergelassenen Bereich. „Der Rechtsrahmen scheint jedoch aus- reichend zu sein. In einigen Berei- chen wird auch bereits eine Ver- besserung der Aufbereitungsquali- tät beschrieben“, erklärt Wilfried Reischl, Leiter des Referats „Medi- zinprodukte“ im Bundesgesundheits- ministerium. Einen Anlass dazu, grundsätzlich zu korrigieren, sieht das Ministerium deshalb nicht. Es

hält lediglich einige Anpassungen für erforderlich. So soll beispielswei- se die Einhaltung der RKI/BfArM- Empfehlung künftig rechtlich ver- bindlich vorgeschrieben werden.

Kritik äußert allerdings die Bun- desärztekammer (BÄK). Sie bemän- gelt Defizite aufseiten der Überwa- chungsbehörden. „In einigen Bun- desländern ergehen sich die Behör-

den in Formalismen“, erklärt Man- fred Brüggemann, BÄK. Anstatt die Qualität der Aufbereitung zu be- trachten, verlangten einige Kontrol- leure lediglich zusätzliche Qualifi- kationen und Kurse. „Wir haben in diesem Zusammenhang auf die um- fassende Ausbildung der Medizini- schen Fachangestellten verwiesen“, sagt Brüggemann. Ein Lied vom

„Kampf“ mit Überwachungsbehör- den kann auch der niedergelassene Chirurg Dr. med. Holger Hinze aus Heinsberg, Rheinland, singen. „Ich habe mich pragmatisch für eine mögliche Aufbereitungsmethode ent- schieden, dennoch pocht die Be- hörde nun auf eine andere“, berich-

tet er. Die für ihn zuständige Mitar- beiterin der Behörde sei Apotheke- rin und plötzlich auch für Arztpra- xen zuständig. „Einzelne Personen haben eben unterschiedliche An- sichten zur Validierung“, sagt Hin- ze. Aber die Auseinandersetzungen kosteten Zeit und Kraft.

Ähnliche Erfahrungen haben auch weitere Verbände und Organisatio-

nen neben der BÄK gemacht. Ihr Fazit: Die behördliche Überwachung der Aufbereitungsprozesse muss verbessert werden. Nicht nur die personelle Ausstattung der Überwa- chungsbehörden sei unzureichend, sondern teilweise auch die fachliche Qualifikation der Mitarbeiter. „Die Ausbildungsinhalte des Überwa- chungspersonals differieren stark“, kritisiert Nikou Ghassemieh vom Deutschen Interessenverband zur Förderung der Qualität bei der Auf- bereitung von Medizinprodukten (DIAM).

Als eine „Sofortmaßnahme“ plant das BMG, „intensiven Kontakt“ zu den Überwachungsbehörden sowie

EINMALPRODUKTE: EU SIEHT RISIKO BEI WIEDERVERWENDUNG

Der Einsatz wiederaufbereiteter Medizinprodukte, die vom Hersteller nur für den einmaligen Gebrauch vorgesehen sind, ist nach Meinung zahlreicher europäischer Fachleute riskant. Dies ergab eine Umfrage der Europäischen Kom- mission bei Politikern, der Medizinprodukteindustrie, Wie- deraufbereitern sowie Ärzten, Kliniken und andere interes- sierte Kreise. Demnach glauben 41 Prozent der Befragten, dass die meisten Einmalprodukte (84 Prozent), wie Ballon- katheter, flexible Endoskope oder Instrumente zur minimal- invasiven Chirurgie, nicht ohne gesundheitliche Risiken für die Patienten wiederaufbereitet werden können.

Durch die Verwendung nicht einwandfrei wieder ge- brauchsfähig gemachter Produkte drohten Infektionen, er- neute Krankenhausaufenthalte und somit zusätzliche Kos- ten für das Gesundheitswesen, meint auch der Arzt Tho- mas Ulmer. Der CDU-Europaabgeordnete hatte für das Eu- ropäische Parlament maßgeblich an der im vergangenen Jahr verabschiedeten Neufassung der EU-Medizinprodukte- richtlinie mitgewirkt. Diese sieht unter anderem vor, dass die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten weiterhin na-

tional geregelt werden soll. Die Europäische Kommission wurde zudem aufgefordert, bis 2010 einen Bericht über die Situation der Wiederaufbereitung von Medizinprodukten in den einzelnen Ländern vorzulegen.

Nur in knapp der Hälfte der 27 EU-Staaten (46,5 Pro- zent) existiert eine rechtliche Grundlage für das Reproces- sing. Während jedoch in Deutschland zum Beispiel die Wie- deraufbereitung von Medizinprodukten grundsätzlich er- laubt ist, ist sie in Frankreich verboten. Petra Spielberg

Kostenfaktor:

Die Reprocessings- Industrie beziffert das Einsparpotenzi- al durch den Einsatz wiederaufbereiteter Produkte auf bis zu 50 Prozent.

Bei einigen Überwachungsbehörden zählen lediglich die Formalien, nicht das Ergebnis.

Foto:Reeve/SPL/Agentur Focus

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den Verbänden und Organisationen des Gesundheitswesens aufzuneh- men. „Die Bedeutung einer ord- nungsgemäßen Aufbereitung sowie die gesetzlichen und untergesetzli- chen Vorgaben müssen mehr in das Bewusstsein der Beteiligten gerückt werden“, erläutert Reischl. Nur so könne der Patientenschutz gewähr- leistet werden. Eine Studie, die de- taillierte Aussagen zur Qualität auf- bereiteter Medizinprodukte liefern soll, hat das Ministerium jetzt in Auftrag gegeben.

Rechtsverbindlich soll künftig auch die Zertifizierungspflicht für Laboratorien werden. Eine Zertifi- zierung des Qualitätsmanagement- systems für „Kritisch-C-Produkte“

kann bereits jetzt entsprechend der RKI/BfArM-Empfehlung nicht je- de Zertifizierungsstelle vornehmen.

Berechtigt dazu sind nur diejenigen, die eine Akkreditierung der Zentral- stelle der Länder für Gesundheits- schutz bei Arzneimitteln und Medi- zinprodukten (ZLG) vorweisen kön- nen. „Wir hoffen sehr auf eine baldi- ge gesetzlich verankerte Zertifizie- rungspflicht von Laboratorien, die Kritisch-C-Produkte aufbereiten“, sagt Dr. Undine Soltau von der ZLG. Eine solche gesetzliche Vorga- be sei zum Schutze der Patienten nicht länger entbehrlich.

„Die ordnungsgemäße Zertifi- zierung der Aufbereitungsunterneh-

men wird einen haftungsrechtlichen Meilenstein darstellen“, ist sich auch Jäkel sicher. Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser könn- ten hierdurch zum Schutz des Pati- enten sicherstellen, dass der externe Aufbereiter fachgerecht arbeite.

Diskutiert wird im BMG derzeit auch der Vorschlag einiger Exper- ten, eine Negativliste von Einmal- produkten aufzustellen, die sich nicht für eine Aufbereitung und Wiederverwendung eignen. Ein ge- nerelles Verbot der Aufbereitung von Einmalprodukten (zum Beispiel.

Cutter, Ablationskatheter, Urether- katheter, Laserfasern) halten jedoch sowohl das BMG und als auch der DIAM nicht für angebracht. „Wir denken stattdessen über einen Ge- nehmigungsvorbehalt für die Auf- bereitung von besonders kritischen Einmalprodukten und zusätzliche Kennzeichnungsvorschriften nach“, erklärt Reischl. Innerhalb der Eu- ropäischen Union sind die Experten dagegen zum Teil anderer Ansicht (siehe Kasten „Einmalprodukte“).

Auch in der deutschen Literatur ist die Aufbereitung von Einmalpro- dukten nicht unumstritten. „Das Si- cherheitskonzept des Medizinpro- dukterechts verlangt kein Verbot“, bestätigt Jäkel. Wesentlich sei es stattdessen, eine hohe Qualität der Aufbereitung zu sichern. I Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

AUFBEREITUNG VON KRITISCH-C-PRODUKTEN

Das Bundesgesundheitsministerium will den recht- lichen Rahmen für die Aufbereitung von Medizin- produkten nicht grundsätzlich ändern, hält jedoch Klarstellungen für geboten. So soll beispielsweise mit der nächsten Novelle des Medizinproduktege- setzes (ein Entwurf soll noch im September vorge- legt werden) verbindlich vorgeschrieben werden, dass derjenige, der Medizinprodukte der Risikoein- stufung „Kritisch C“ und damit auch bestimmte Einmalprodukte aufbereitet, über ein zertifiziertes Qualitätsmanagement-System verfügen muss.

Die Gemeinsame Empfehlung von RKI und BfArM teilt die Medizinprodukte in die Risikogrup- pen „unkritisch“, „semikritisch“ und „kritisch“ ein.

Als „kritisch“ gelten Produkte, die die Haut oder Schleimhaut durchdringen und dabei in Kontakt mit Blut, inneren Geweben oder Organen kom- men, sowie Produkte zur Anwendung von Blut

oder sterilen Arzneimitteln. Sie werden nochmals in die Unterklassen A ( beispielsweise Wundha- ken), B (zum Beispiel Trokare) und C (beispiels- weise Herzkatheter) eingeteilt.

Die Aufbereitung von Medizinprodukten der höchsten Risikoklasse (Kritisch C) – ganz gleich, ob Einmal- oder Mehrfachprodukt – ist an keiner Stelle des MPG und der MPBetreibV direkt oder indirekt verboten. Die Bundesregierung geht viel- mehr davon aus, dass eine sichere Aufbereitung mit validierten Verfahren möglich ist. Dazu sind allerdings fundierte Kenntnisse des Produkts (Ma- terialbeschaffenheit, technischer Aufbau) sowie des Aufbereitungsverfahrens nötig. Nur so lassen sich die Übertragung von Pathogenen, Kreuzin- fektionen oder eine eingeschränkte Funktionalität des Medizinprodukts durch die Reinigung und

Sterilisation vermeiden. ER

CHECKLISTE

>Rechtsvorschriften:

1. Medizinproduktegesetz (MPG)

§ 3 Nr. 14 MPG

2. Medizinprodukte-Betreiber- verordnung (MPBetreibV) 3. Gemeinsame Empfehlung von

RKI und BfArM

4. DIN EN ISO 13485: 2003 + AC:2007

>Welche Produkte werden aufbereitet? Keimarm oder steril anzuwendende Medizinprodukte

>Wer bereitet auf? Betreiber (Krankenhaus, Arztpraxis), exter- ne Aufbereiter (Dienstleister)

> Betreiberhaftung:Fehlerhafte Aufbereitung/fehlerhafte Aus- wahl ungeeigneter Aufbereiter (ordnungsgemäßes Zertifikat bei Kritisch-C-Produkten überprüfen) Cave: Zertifizierung Aufbereiter von Kritisch-C-Produkten

>Akkreditierung:Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinpro- dukten (ZLG)

>Wer wird akkreditiert?

Zertifizierungsstellen (Stand vom 1. 5. 2008) DEKRA Certification GmbH Stuttgart,

LGA InterCert Zertifizierungsge- sellschaft mbH Nürnberg, Medcert Zertifizierungs- und Prüfungsgesellschaft für die Medizin GmbH Hamburg, TÜV Rheinland Product Safety GmbH Köln

>Überwachung:

Landesbehörden gehen zuneh- mend gegen Mängel vor, zunächst mit Auflagen, dann auch mit Buß- geldern, im Extremfall Verbotsver- fügungen bis hin zur Stilllegung von Anlagen/Geräten.

RA Dr. med. Christian Jäkel

Foto:vario images

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