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Archiv "Medizinische Plakate: Wenig Platz für Zwischentöne" (24.08.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 34–35⏐⏐24. August 2009 A1675

M

edizinische Plakate waren von jeher ein Medium, das eine Didaktik der Marke Holzham- mer benutzt. Poster zur Gesund- heitsaufklärung und ganz besonders zur Warnung vor Infektionen und Seuchen sind ein Ausdruck einer im wahrsten Sinne des Wortes plakati- ven Indoktrination der Bevölke- rung, die einen guten Grund hatte.

Über weite Strecken des 20. Jahr- hunderts standen gegen einige der

„großen Seuchen“ nur unzureichende Therapien zur Verfügung, was die Bedeutung der Prävention noch un- terstrich. Antiinfektiologische Auf- klärungsplakate entwickelten sich in zahlreichen Ländern ab etwa 1920 zu einem festen Genre in der medizinischen Illustration – einer Kunstrichtung, die jetzt in den USA in der Ausstellung „An Iconography of Contagion“, die Ikonografie der Ansteckung, gewürdigt wird.

Manch eine Prävention kann so einfach sein. Nur eine Hand müsste sich der niesende Zeitgenosse von anno 1930 vor das Gesicht halten, um seine vielen kleinen Tröpfchen von der Menge im Hintergrund fern- zuhalten, die der Zeichner eines dä- nischen Posters als potenzielle Op- fer einer Epidemie darstellt. Die ganz große Seuche des frühen 20.

Jahrhunderts, die Grippepandemie von 1918/19 war damals noch le- bendige Erinnerung.

Es scheint, als sei die Lustseuche Syphilis das Ziel Nummer eins der Schöpfer medizinischer Poster ge- wesen. Es schien wichtig, mit den knappen sprachlichen Mitteln des Plakats und seinen immensen illus- trativen Möglichkeiten vor der Über- tragung von Geschlechtskrankheiten zu warnen; vor allem in den Jahren

des Zweiten Weltkrieges. Bei keiner anderen Krankheit wirken die Poster so anachronistisch wie bei den Pla- katen zur Vorbeugung von veneri- schen Leiden. Der Sturm der Ent- rüstung nähme Orkanstärke an, wür- de man heute bei einer Seuche die Rollen von Verursacher/Überträger und Opfer/Patient so schwarz-weiß zeichnen: Es sind ausschließlich Frauen, die als Verhängnis gezeich- net werden, als grell geschminkte Prostituierte oder als scheinbar bie- deres Mädchen mit weißer Bluse,

das hinter der Maske der Harmlosig- keit doch moralisch so verkommen und zutiefst spirochätenbelastet sein kann. Die Herren in Uniform, die sich die „Dienste“ der Vektorinnen kaufen – sie trifft kein Tadel.

Mit dem Aufkommen von Aids haben die Schöpfer von Aufklä- rungsplakaten meist sorgsam Schuld- zuweisungen zu vermeiden gesucht.

Das Plakat des luxemburgischen Gesundheitsministeriums beschränk- te sich 1990 auf das elektronen- mikroskopische Porträt HIV-infi- zierter T-Zellen und eines im Strom mitschwimmenden Kondoms:

Préservez-vous du SIDA (Schützen Sie sich vor Aids). Ein gutes Ge- sundheitsposter kommt eben ohne viele Worte aus. Und ohne einen Zeigefinger, der auf eine einzelne Gruppe der Gesellschaft zeigt.

Die Ausstellung „An Iconogra- phy of Contagion“ ist vom 28. Sep- tember 2009 bis 29. Januar 2010 im Global Health Odyssey Museum, Centers for Disease Control and Prevention, in Atlanta, USA, zu se- hen. Vom 15. Februar bis 1. Juni 2010 werden die Plakate in der Claude Moore Health Sciences Library, University of Virginia, in Atlanta ausgestellt. Informationen:

www.nationalacademies.org/arts I Ronald D. Gerste

MEDIZINISCHE PLAKATE

Wenig Platz für Zwischentöne

In den USA beschäftigt sich

eine Ausstellung mit der „Ikonografie der Ansteckung“.

Das Verhängnis ist weiblich. Jedenfalls auf Plakaten, die vor Geschlechtskrank- heiten warnen. Auf diesem Poster aus dem Jahr 1940 ist es eine grell geschmink- te Raucherin.

Ein gutes Gesund- heitsposter kommt ohne viele Worte aus, so wie dieses Plakat des luxemburgi- schen Gesundheits- ministeriums aus dem Jahr 1990.

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