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Archiv "Medizinische Fachangestellte: Arbeitsbienen mit wenig Spielraum" (28.09.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 39⏐⏐28. September 2007 A2679

S T A T U S

M

edizinische Fachangestellte bilden das Rückgrat für eine gute ambulante medizinische Ver- sorgung. Deutlich wird dies vor al- lem dann, wenn eine Fachkraft lange ausfällt und der Arbeitsablauf stark gestört ist. Erschöpfung, Rückzug und Frustration beim Personal kön- nen ähnliche Folgen entwickeln.

Das ist dann ein schleichender Pro- zess über viele Monate. Für den Pra- xisinhaber geschieht das oft unbe- merkt. Für den Arzt lohnt sich daher ein Blick auf die aktuelle Situation der Angestellten und dahin, wie der eigene Stützapparat trotz Belastun- gen und schwieriger Rahmenbedin- gungen stark bleiben kann.

Die Praxisangestellten arbeiten unter schwierigen Bedingungen:

> Wenig Einfluss. Die Arzt- helferinnen selbst messen ihrer Ar- beit eine große Bedeutung zu. Sie stellen sich hohen Anforderungen im eigenen Berufsfeld, haben dabei aber gleichzeitig einen geringen Einfluss auf dessen Gestaltung. Das zeigt sich etwa in einem verküm- merten Vorschlagswesen oder darin, dass Teambesprechungen nur unre- gelmäßig oder gar nicht stattfinden.

Probleme oder Wünsche werden

nicht offen angesprochen (Abhän- gigkeitsgefühl, Angst um den Ar- beitsplatz, keine Alternativen für ei- nen Arbeitsplatzwechsel).

> Hohe Belastung. Medizini- sche Fachangestellte müssen viele Dinge gleichzeitig im Blick haben:

Permanentes „Multitasking“ in den Bereichen Patient, Arzt, Technik, Organisation verursacht oft Stress.

> Niedriges Gehalt. Zwischen Qualifikationsniveau (mittlerer Be- reich) und Einkommensniveau (un- terer Bereich) gibt es eine deutliche Differenz.

> Kürzung beim „zweiten Lohn“. Arzthelferinnen entschei- den sich für ihren Beruf nicht vor- rangig aus finanziellen Gründen, sondern suchen in ihrer Arbeit zu- sätzlich Anerkennung, Bestätigung, Teilhabe und Gemeinschaft. Die veränderten Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen schlagen al- lerdings auch auf diese Form der Entlohnung durch. Patienten müs- sen länger warten und mehr selber bezahlen. Deshalb sind sie häufiger unzufrieden als früher. Die Arbeits- belastung und die Verpflichtungen der Ärzte nehmen zu. Auf die Ange- stellten kommen neue Anforderun-

gen zu. Da bleibt auf beiden Seiten wenig Zeit, gute Leistungen ent- sprechend zu würdigen.

> Fehlender Rückhalt. In der gesellschaftlichen Diskussion um Arbeitsbedingungen kommt die Be- rufsgruppe der Medizinischen Fach- angestellten (mit Zahnarzt- und Tierarzthelferinnen sind dies im- merhin eine halbe Million Ange- stellte) kaum vor. Zum Beispiel sind Praxisangestellte in der Regel als Erste von Arbeitslosigkeit bedroht, wenn sinkende Umsätze zu Ratio- nalisierungsmaßnahmen zwingen.

>Offene Fragen. Unklare Orga- nisationsstrukturen und Kompetenz- zuweisungen sowie das Fehlen von qualifizierten Stellenbeschreibungen, Personalentwicklungsgesprächen und eindeutigen Arbeitsanweisun- gen führen oft zu Problemen und Be- lastungen im Arbeitsablauf.

Zu den Auswirkungen dieser Ar- beitsbedingungen sowohl auf die Angestellten als auch auf die Praxis als Unternehmen gibt es kaum empi- rischen Daten. Je nach persönlicher Situation der Angestellten und Struk- tur der Praxis dürften schwindende Motivation und Beteiligung, gerin- gere Arbeitsleistung und Effektivität, Aufschub eigener gesundheitlicher Belange mit Spätfolgen, Scheinge- fechte im Praxisalltag, Probleme im privaten Umfeld, Ausbrennen, Ar- beitsplatzwechsel und Krankheit mit langen Fehlzeiten häufige Folgen dieser Arbeitsbedingungen sein.

Auf die politischen Rahmenbedin- gungen hat der Arzt keinen Einfluss.

Richtig ist es aber auch, dass neben dieser Perspektive auch die der eige- nen Verantwortung als Führungskraft gibt und dass der Verweis auf die Ver- antwortung der Politik nicht immer entlasten kann. Es gibt durchaus ei- nige wichtige Handlungsmöglichkei- ten, die dem Praxisinhabers zur Ver- fügung stehen, klar in seinem Verant- wortungsbereich liegen und keiner politischen Einflussnahme bedürfen.

Diese Möglichkeiten und Strategien wirken in kurzer Zeit und können so zu einer Entschärfung der teilweise belastenden Arbeitssituation beitra- gen. Zudem stärkt der Praxisinhaber damit seine Mitarbeiter nachhaltig, sorgt für ihre Gesundheit, verbessert das Arbeitsklima und die Motivation.

MEDIZINISCHE FACHANGESTELLTE

Arbeitsbienen mit wenig Spielraum

Überlegungen zur Verantwortung von Ärzten für ihr Personal

Foto:Eberhard Hahne

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A2680 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 39⏐⏐28. September 2007

S T A T U S

Der Praxisalltag läuft reibungsloser, zielgerichteter, effektiver und für alle mit einer größeren Zufriedenheit.

1. Patienteninformation

Der Arzt sollte seine Patienten über die Situation seiner Angestellten in- formieren. Das weckt Verständnis und zeigt, dass der Arzt sich für die Belange seines Personals einsetzt.

Eine Möglichkeit ist ein Aushang im Wartezimmer: „Bitte haben Sie Verständnis für die Situation der Arzthelferinnen. Sie müssen meh- rere, oft nicht leichte Aufgaben gleichzeitig erfüllen: auf die Wün- sche und Fragen der Patienten ein- gehen, einen geordneten Sprech- stundenablauf organisieren und teil- weise komplizierte bürokratische Vorgänge abwickeln. Längere War- tezeiten sind von uns allen nicht ge- wollt. Sie ergeben sich häufig aus der Tatsache, dass unsere Arbeit nicht immer planbar ist.“

2. Gesundheitsvorsorge

In der Stellenbeschreibung oder im Qualitätsmanagement sollte klar ge- regelt werden, wie sich der Praxisin- haber den Schutz und die Förderung der Gesundheit aller Mitarbeiter vorstellt, welche Rahmenbedingun- gen dafür notwendig sind und wel- che Instrumente eingeführt werden sollen. Mögliche Maßnahmen:

>Die zielgerichtete Information der Mitarbeiter über eigenverant-

wortliche Gesundheitsförderung im Personalgespräch

>Die Festlegung von Maßnah- men und Konsequenzen bei dauer- haften gesundheitlichen Problemen oder Überlastung

>Das Benennen von externen Ansprechpartnern (vertrauliche Be- ratung) zu Fragen der Reduzierung der psychomentalen Belastung – auch im privaten Bereich

>Die Möglichkeit, Erschöpfungs- zustande und gesundheitliche Pro- bleme im Team anzusprechen

>Der Arzt bietet seine Hilfe auch dann an, wenn der Mitarbeiter we- gen privater Probleme den Kopf für die Arbeit nicht frei hat.

>Probleme, die die Arbeit schwe- rer machen als sie sein sollte, werden im Team angesprochen, Störfakto- ren werden eliminiert.

>Der Praxisinhaber geht mit gu- tem Beispiel voran und nimmt seine eigene Gesundheit ernst.

3. Teamarbeit

Die Patientenversorgung sollte als Teamleistung verstanden werden:

eine Zusammenarbeit der Professio- nen, die geprägt ist von einem ach- tungsvollen und sich gegenseitig akzeptierenden Miteinander. Mitar- beiter sind auch „Wundertüten“, die mit positiven Überraschungen auf- warten – wenn man sie lässt. Es werden nicht nur die Probleme und das noch zu Bewältigende benannt,

sondern der Arzt spricht auch Aner- kennung für das Geschaffte und Ge- leistete, für Ideen und Einsatz aus.

4. Fortbildung

Fort- und Weiterbildungen der Mit- arbeiter gilt es zu fördern und zu fordern. Dabei sollten die neuen Kompetenzen sowohl der Praxis zu- gute kommen können als auch Aufstiegschancen im gesamten Ge- sundheitswesen ermöglichen. Das erhöht die Arbeitsmotivation der Mitarbeiter, flexibilisiert sie und lockert Abhängigkeitsvorstellungen und damit verbundene Ängste.

5. Führen

Gesunde und motivierte Mitarbeiter sind eine Führungsaufgabe. Mitarbei- ter „funktionieren“ nicht einfach nur.

Ein motiviertes Team benötigt auch den steten Prozess der Auseinander- setzung, Veränderung und Anpas- sung. Diesen Prozess am Laufen zu halten, ist Aufgabe des Chefs. Wichtig ist es auch, Transparenz zu schaffen:

Werden Entscheidungen verstanden, sind sie leichter annehmbar.

6. Qualitätsmanagement (QM)

Die verschiedenen QM-Systeme bie- ten gute Anhaltspunkte für eine Ent- lastung und Stärkung der Praxismit- arbeiter, etwa regelmäßige, struktu- rierte Mitarbeitergespräche, Stellen- beschreibungen und Regelung der Verantwortlichkeiten, regelmäßige Teambesprechungen, Vorschlagswe- sen, positive Rückmeldungen, För- derung der Gesundheit am Arbeits- platz, regelmäßige Feststellung des Weiter- und Fortbildungsbedarfs, Leitbild der Praxis als „Kompass“ in der Arbeit oder auch die Förderung von zielgerichteter Kooperation.

Mit diesen Optionen hat der Arzt die Gesundheit seiner Mitarbeiter gut im Blick. Sinnvollerweise sollte er mit kleinen Schritten anfangen. Zunächst ist zu reflektieren, was in der Praxis bereits gut läuft. Dazu bieten sich Ge- spräche mit den Mitarbeitern an. Dar- auf aufbauend sollte der Arzt genau prüfen, was für seine Praxis und seinen Versorgungsauftrag von Nutzen ist.

Erst dann stehen Veränderungen und Neuerungen auf dem Programm. I Torsten Klatt E-Mail: loesungenfinden@freenet.de

RECHTSREPORT

Keine Umsatzsteuer bei Laborleistungen

Ein Labor, das medizinische Analysen im Auftrag von Ärzten vornimmt, muss keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Zwar ist das Labor im entschie- denen Fall keine natürliche, sondern eine juristi- sche Person des privaten Rechts, der Gesellschaf- ter ist aber ein Arzt für Laboratoriumsmedizin. Da- mit kann eine Umsatzsteuerbefreiung gewährt werden. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden.

Er hatte diese Frage zuvor dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, da es im Wesentlichen um eine Auslegung der 6. Richtlinie des Rates vom 12. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvor- schriften der Mitgliedstaaten über Umsatzsteuer 77/388/EWG geht. Der Europäische Gerichtshof befand, dass es in der Frage der Umsatzsteuer-

befreiung nicht von der Rechtsform abhängen könne, im Rahmen derer der Steuerpflichtige sei- ne Tätigkeit ausübe. Es reiche im vorgelegten Fall aus, dass der alleinige Gesellschafter der GmbH die erforderliche Qualifikation als Arzt aufweise.

Eine Umsatzsteuerbefreiung kann demnach auch dann gewährt werden, wenn die Leistungen der ärztlichen Heilbehandlung nicht unmittelbar gegenüber Patienten erbracht werden müssen.

Es reicht vielmehr aus, dass diese gegenüber den Ärzten erbracht werden, die die Analysen angeordnet haben. Laboruntersuchungen für La- borgemeinschaften sind Teil der ärztlichen Heil- behandlung und damit auch dann als ärztliche Tätigkeit einzustufen, wenn sie nur mittelbar dem Patienten zugute kommen. (Urteil vom 15. März 2007, Az.: V R 55/03) RA Barbara Berner

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