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Archiv "Besinnung auf ärztliche Werte: Moral ist wichtiger als Mammon" (07.01.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 1–2

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7. Januar 2010 A 7 BESINNUNG AUF ÄRZTLICHE WERTE

Moral ist wichtiger als Mammon

Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe sieht Chancen für einen neuen, konstruktiven Dialog mit der Politik. Der Präsident der Bundesärztekammer appelliert an seine Kolleginnen und Kollegen, diesen Prozess nach besten Kräften zu unterstützen.

D

as Gesundheitswesen ist in den letzten Jahren oft mit Be- griffen wie Über-, Unter- und Fehl- versorgung, Pfusch, Verschwendung, Geldgier und Korruption verbunden worden. Insbesondere die Ärztinnen und Ärzte standen häufig im Fokus politisch initiierter Kritik. Mit der neuen Regierung haben wir nun die Chance, wieder einen konstruktiven Dialog mit den politisch Verantwort- lichen zu führen und das Augenmerk wieder auf die eigentlichen Proble- me zu lenken – die großen Heraus- forderungen der Versorgung ange- sichts des medizinischen Fortschritts und des demografischen Wandels.

Wir müssen aber auch das Uns - rige dazu beitragen, dass die sich aufbauende neue Vertrauenskultur nicht durch Fehlverhalten einzelner Kollegen wieder infrage gestellt wird. Das ist nicht einfach, denn in den letzten zwei Jahrzehnten sind viele rechtliche Grauzonen entstan- den. Die Reforminflation der ge- setzlichen Krankenversicherung seit 1992 hat die gesundheitspolitische Landschaft teils gerodet, teils umge- pflügt und zum Teil auch verwüstet.

Nicht überall haben sich neue, ge- ordnete Strukturen entwickelt.

Ruinöser Preiswettbewerb Viele Strukturen sind mittlerweile zentralistisch ausgerichtet, sei es in der Finanzierung oder in der direk- ten Patientenversorgung. Die Fi- nanzausstattung des Systems hat der Staat durch die Errichtung des Ge- sundheitsfonds weitgehend selbst in die Hand genommen, bei der Kran- kenversorgung hat der Staat die bis- herige Therapiefreiheit von Patient und Arzt durch diverse Rechtsver- ordnungen eingeschränkt. Die Da- seinsvorsorge des Staates ist den Kassen, vor allem aber den soge- nannten Leistungserbringern im fes-

ten Rahmen eines ruinösen Preis- wettbewerbs überlassen worden. In- folgedessen bedrohen Kommerziali- sierung und Renditedenken die Frei- beruflichkeit und das ärztliche Ethos. Begrifflichkeiten und Metho- den von Industrie und Dienstleis- tungsbereich finden immer häufiger Eingang in Denken und Handeln bei den im Gesundheitswesen Tätigen.

Wir werden konfrontiert mit früher von der Börse bekannten Dontge- schäften und Werbung aller Art.

Aber sollen wir Ärztinnen und Ärzte uns wirklich in diese Missent- wicklung hineinziehen lassen? Auch wenn vielfältige Verführungen von den Geschäftemachern im Gesund- heitswesen vorgetragen werden, so dürfen wir doch unser ärztliches Ethos nicht verraten. Patienten sind keine Kunden und Ärzte keine Händler der Ware „Gesundheit“. Wir wollen keinen Geschäftsgegenstand

„Krankheit“ wie einige DMP- und DRG-Ideologen. Jede mit dem We- sen des Arztberufs nicht vereinbare Handlung und Entwicklung schadet,

ja ruiniert die Vertrauenswürdigkeit unseres gesamten Berufsstands.

Aber auch in der Berufsausübung selbst gibt es Versuchungen. Ich se- he diese insbesondere bei individu- ellen Gesundheitsleistungen. Auf dem 109. Deutschen Ärztetag haben wir deshalb „Zehn Gebote“ als Ori- entierungsmaßstäbe für ärztlich ver- antwortbares Handeln entwickelt.

Denn die Kranken müssen sich si- cher sein können, dass wir Ärztinnen und Ärzte auf ihre individuelle Be- dürftigkeit eingehen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass es pri- mär um ein Zusatzgeschäft und nicht um sinnvolle Zusatzleistungen geht.

Heilen und helfen

Wir genießen noch immer ein hohes Sozialprestige. Die Fallhöhe ist dementsprechend groß. Für uns muss deshalb immer erst die Moral kommen und nicht der schnöde Mammon. Halten wir uns an unsere ärztlichen Grundtugenden: Primum nil nocere, fachliche Kompetenz, menschliche Zuwendung und Ver- schwiegenheit. Unsere Berufung ist das Heilen und Helfen. Deshalb darf die individuelle Bedürftigkeit des Pa- tienten niemals durch eine Indikation aus Gewinnstreben ersetzt werden.

Diese Werte haben unsere ärztli- chen Vorfahren tradiert. Wir müs- sen sie unbeschadet den kommen- den Generationen von Ärztinnen und Ärzten weitergeben können. Jeder einzelne von uns ist aufgerufen, die- se Grundsätze ärztlicher Berufsaus- übung zur ethischen Richtschnur seines täglichen Handelns zu ma- chen. In den Ärztekammern wie in der Bundesärztekammer werden wir uns in Zukunft noch intensiver be- mühen, Ihnen auf diesem schwieri- gen Weg helfend zu dienen. ■ Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe Präsident der Bundesärztekammer Die Bedürftigkeit

des Patienten müsse ärztliches Handeln bestimmen, nicht das Rendite- denken, mahnt Jörg- Dietrich Hoppe.

Foto: dpa

P O L I T I K

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