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Archiv "Telematikinfrastruktur: Ärztliche Expertise wichtiger denn je" (09.06.2014)

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A 1066 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 23–24

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9. Juni 2014

TELEMATIKINFRASTRUKTUR

Ärztliche Expertise wichtiger denn je

Der Ärztetag spricht sich dafür aus, möglichst rasch sinnvolle medizinische

Anwendungen für die elektronische Gesundheitskarte einzuführen. Dem Vorstand der Bundesärztekammer stärkt er den Rücken für die Weiterarbeit in der gematik.

T

elematikdebatte beim Deut- schen Ärztetag 2014 – same procedure as every year? Nicht ganz, denn erstmals nach vielen Jahren und Ärztetagen haben die Delegierten nach intensiver Diskus- sion dem Vorstand der Bundesärz- tekammer (BÄK) den Rücken für die weitere Arbeit in der für den Aufbau der Telematikinfrastruktur (TI) verantwortlichen Betriebsge- sellschaft gematik gestärkt. Zu- gleich haben sie damit auch den zu- ständigen Fachgremien – dem Aus- schuss für Telematik und dem De- zernat Telemedizin und Telematik – Anerkennung für die bisher geleis-

tete Arbeit in einem überaus kom- plexen Gebiet gezollt.

Dies ist umso wichtiger, als die Vorbereitungen für die Online-Tests von ersten Anwendungen bereits laufen. Anfang 2015 sollen das Ver- sichertenstammdatenmanagement, die sichere Kommunikation zwi- schen Ärzten und der sichere Inter- netanschluss für Arztpraxen hin- sichtlich Praxistauglichkeit und Ak- zeptanz getestet werden. Jeweils mindestens 500 Ärzte und mehrere Krankenhäuser unterschiedlicher Versorgungsstufen nehmen in den beiden Testregionen Nordwest (Schles wig-Holstein, Nordrhein-

Westfalen, Rheinland-Pfalz) und Südost (Bayern, Sachsen) teil.

Vor der Aussprache im Rahmen des Tätigkeitsberichts der BÄK ging Dr. med. Franz-Joseph Bart- mann, Vorsitzender des Ausschus- ses Telematik, auf den Sach- standsbericht über die Zusammen- arbeit mit der gematik ein. Der Bericht des Vorstandes der Bun- desärztekammer resultiert aus ei- nem Ärztetagsbeschluss vom ver- gangenen Jahr. Er sollte den Dele- gierten des Ärz te tages 2014 in Düsseldorf eine sachgerechte Dis- kussion über die weitere Zusam- menarbeit der BÄK mit der gema- tik ermöglichen. Die Delegierten hatten den 48-seitigen Bericht, der Bartmann zufolge „mit einer Rei- he von Mythen“ aufräumt, zu ihrer Information bereits Ende April er- halten.

„Die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, die gemeinsame Selbst verwaltung von Ärzten, TOP VII: Telematikinfrastruktur

FAZIT

Es sollten möglichst rasch sinnvolle medizinische Anwendungen für die elektronische Gesundheitskarte eingeführt werden.

Die Anwendungen müssen sich in die Abläufe in Praxis und Klinik einfügen und dürfen nicht zu mehr Bürokratie führen.

Neue ärztliche Leistungen wie das Anlegen eines Notfalldatensatzes sind gesondert zu vergüten.

Der Ärztetag lehnt den Online-Versichertenstammdatenabgleich in den Arztpraxen ab.

Die Federführung bei der Arzneimitteltherapiesicherheit muss bei den Ärzten bleiben.

Franz-Joseph Bartmann: „Wir brauchen den ärztlichen Sach - verstand, um Tests

durchzu führen.“

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9. Juni 2014 A 1067 Zahn ärzten, Apothekern und Kran-

kenhäusern auf der einen Seite und den gesetzlichen Krankenkassen auf der anderen Seite mit dem Auf- bau einer Telematikinfrastruktur zu betrauen, war und ist richtig“, be- tonte Bartmann vorweg. Die Hete- rogenität der Interessen spiegele sich natürlich auch in der Gesell- schafterversammlung der gematik wider: „Während die Kostenträger primär das Ziel der TI in der Sen- kung von Kosten für ihr Verwal- tungshandeln sehen, erhoffen sich Ärztinnen und Ärzte eine bessere Verfügbarkeit behandlungsrelevan- ter Informationen ihrer Patienten.

Sie versprechen sich eine Plattform, auf der sie vertrauliche Patientenda- ten, zum Beispiel Arztbriefe oder digital erhobene Originalbefunde, elektronisch sicher versenden kön- nen.“

Vieles für die Ärzte erreicht Nach dem Sachstandsbericht hat die Arbeit in der gematik im Sinne der Ärzte und im Sinne eines ver- trauensvollen Arzt-Patient-Verhält- nisses positive Ergebnisse gebracht.

„Alle medizinischen Anwendungen sind für den Patienten freiwillig.

Auch kann kein Arzt gezwungen werden, mit seinem Praxisverwal- tungssystem online zu gehen“, hob Bartmann hervor. Der Gesetzgeber habe den Vorschlag des Ärztetages aufgenommen und die „Stand- alone“-Lösung, einen vom Praxis- computer unabhängigen Internetzu- gang, in den § 291 Sozialgesetz- buch V aufgenommen. Zentrale Speichermedien würden vermie- den. „Kein Patient muss, wenn er medizinische Anwendungen nutzen will – also etwa Notfalldaten auf der elektronischen Gesundheitskar- te oder Daten für die Arzneimittel- therapiesicherheit –, diese Daten auf Servern in der TI abspeichern.

Dezentrale Speicher sind Kernbe- standteil der Telematik infra struk - tur.“ Ebenso sei die Beibehaltung des Papierrezepts erreicht worden, und es werde keine Pseudotests der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) geben.

Bartmann kritisierte es in diesem Zusammenhang als „zutiefst unkol- legial“, dass Ärzte, die an den Tests teilnehmen und sich damit auch po- tenziell Ärger und Aufwand in die Praxis holten, beschimpft würden.

„Vielmehr brauchen wir doch ärzt- lichen Sachverstand, um Tests durchzuführen – genau das haben wir doch immer gefordert!“

Notwendiges Engagement Aus Sicht von Bartmann ist das konstruktiv-kritische Engagement der Ärzte in der politischen Diskus- sion unbedingt erforderlich, zumal sich die Digitalisierung des Gesund- heitswesens vor dem Hintergrund von sozialen Netzwerken, Apps und Entwicklungen wie Big Data nicht auf die Gesundheitskarte oder die TI reduzieren lässt. „Der Vorstand der BÄK vertritt daher die Position, dass eine Weiterarbeit in der gema- tik notwendig und richtig ist“, be- tonte er. Dieser Argumentation folg- te das Ärzteparlament schließlich nach einer teilweise kontrovers ge- führten Diskussion, an der sich auch der Geschäftsführer der gematik, Prof. Dr. Arno Elmer, mit einem kurzen Gastbeitrag beteiligte (Kas- ten). Den von mehreren Delegierten aus unterschiedlichen Landesärzte- kammern eingebrachten Antrag VII-76, der unter anderem die wei- tere Mitarbeit in der gematik und im eGK-Projekt zumindest erschwert, wenn nicht verhindert hätte, lehnten sie hingegen ab und votierten mehr- heitlich für den Antrag aus dem BÄK-Vorstand.

Dieser setzt sich dafür ein, mög- lichst rasch medizinische Anwen- dungen in der Telema tik infra - struktur zu schaffen. „Dabei muss die Kernfunktion dieser Infrastruk- tur die Unterstützung der medizini- schen Versorgung sein“, stellt die Entschließung klar. Die geplante erste Anwendung, das Versicherten- stammdatenmanagement, bringe keinerlei Verbesserung für die Pa- tientenversorgung, sondern erst An- wendungen wie der elektronische Arztbrief und die Notfalldaten auf der eGK.

Die Etablierung und Nutzung ei- ner TI im Gesundheitswesen werde zudem nur dann die Investitionen Prof. Dr. Arno Elmer, Geschäftsführer der gematik,

nahm als geladener Gast des Ärztetages die Ge- legenheit wahr, auf einige kritische Äußerungen im Rahmen der Debatte in einem kurzen Rede- beitrag zu reagieren und einige „Mythen“ im Zusammenhang mit dem eGK-Projekt zu korri - gieren:

„Es gibt keinen zentralen Server, auch wenn das seit zehn Jahren erzählt wird“, stellte Elmer klar.

„Es ist ein reines Vernetzungsprojekt. Die Daten bleiben genau da, wo sie heute sind: beim Arzt, beim Zahnarzt, im Krankenhaus und so weiter. Es gibt auch keine zentrale Speicherung. Die gema- tik baut aber ein Netz auf. Wir wollen Technik, die es seit vielen Jahren in anderen Branchen gibt, auch im Gesundheitswesen nutzbar machen, und zwar auf dem höchsten Datensicherheits- und Datenschutzniveau, das es je gab.“ Das werde zudem vom Bundesamt für Sicherheit in der Infor- mationstechnik zertifiziert und vom Bundesdaten- schutzbeauftragten abgenommen.

Anders als in Österreich oder Frankreich seien dabei die Ärzte in Deutschland von Anfang an in das Projekt eingebunden und an den Entschei-

dungen mit 50 Prozent der Stimmen in der ge- matik beteiligt worden. „Es sind mittlerweile viele Punkte realisiert worden, die ,nur‘ von den Kas- sen wahrscheinlich so nicht realisiert worden wä- ren“, unterstrich Elmer.

Die Ärzteschaft sei auch in die Erprobung ein- gebunden. „Wir wollen Sie dabei haben, damit Sie fachlich, inhaltlich die Expertise, das Know- how der Ärzte einbringen“, warb Elmer um die Bereitschaft der Ärzte zur Zusammenarbeit. Das Ziel für dieses Projekt sei nicht der Versicherten- stammdatenabgleich, sondern moderne Technik, die dem Patienten und der Ärzteschaft helfe.

„Über eine gute, konstruktive, kritische Zusam- menarbeit würde ich mich freuen.“

AUFRÄUMEN MIT MYTHEN

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9. Juni 2014 rechtfertigen, wenn die Anwendun-

gen nicht zu mehr Bürokratie führ- ten, neue ärztliche Leistungen wie das Anlegen eines Notfalldatensat- zes gesondert vergütet würden und die ärztliche Schweigepflicht ge- wahrt bleibe. Auch müssten beste- hende Vernetzungsaktivitäten der ärztlichen Selbstverwaltung wie das sichere Netz der Kassenärztli- chen Vereinigungen in der Hoheit der entsprechenden Organisationen verbleiben. Eine Telema tik infra - struktur, die auf Zwang oder gesetz- lichen Druck setze, werde weder bei Ärzten noch bei Patienten Er- folg haben, heißt es weiter in dem Entschließungsantrag.

Keine zusätzliche Bürokratie In einem weiteren Beschluss lehn- ten die Delegierten die Übertragung des Online-Versichertenstammda- tenmanagements als Verwaltungs- aufgabe der Krankenkassen auf die Ärzteschaft ab. „Dies bedeutet ei- nen zusätzlichen Bürokratieanstieg, der unsere Arbeit behindert“, erläu- terte Dr. med. Susanne Blessing, Baden-Württemberg, ihren Antrag

VII-73, den sie gemeinsam mit mehreren Delegierten aus anderen Landesärztekammern eingebracht hatte. Der geplante Versicherten- stammdatenabgleich sei ein rein ad- ministrativer Vorgang, der mit der originär ärztlichen Tätigkeit in den Arztpraxen nichts zu tun habe.

Ähnlich ist die Position der Ärz- te zur Validierung von Verwal- tungsdaten durch Identitätsprüfun- gen bei der eGK. „Es gibt ärztliche Bereiche, in denen es notwendig ist, eine Identitätsprüfung zu machen, egal, ob es um Papierdokumente oder elektronische Dokumente geht. Wir müssen sie da machen, wo es ärztlich notwendig ist, aber nicht dort, wo wir Krankenkassen- arbeit verrichten“, meinte Dr. med.

Christiane Groß, M. A., Delegierte der Ärztekammer Nordrhein. In dem unter anderem von ihr einge- brachten Entschließungsantrag, der mit großer Mehrheit angenommen wurde, heißt es: „Voraussetzung für eine berufsrechtlich korrekte ärztli- che Dokumentation mit Bezug auf die eGK ist, dass Personendaten einschließlich der Fotos auf den

eGK von den Krankenkassen mit Bezug auf ein amtliches Ausweis- dokument validiert sind.“ Dies sei eine originäre Aufgabe der Kran- kenkassen und dürfe nicht in die Praxen überführt werden.

Für die Unterstützung des An- trags VII-74 zur Arzneimittelthera- piesicherheit als genuin ärztliche Aufgabe warb Dr. med. Svante Geh- ring, Schleswig-Holstein. „Der Me- dikationsprozess ist nicht zu redu- zieren auf eine Tätigkeit beim Apo- theker, der einen Interaktionscheck macht“, meinte Gehring. Der Medi- kationsprozess beginne mit der Ver- ordnung. Der Arzt entscheide an- hand zahlreicher klinischer Fakto- ren, welches Medikament ein Pa- tient nehme. Die Arzneimittelthera- piesicherheit müsse federführend von den Ärzten und nicht von den Apothekern verfolgt werden, for- derte Gehring. Dem schloss sich das Ärzteparlament an und lehnte zu- dem die „von der gematik geplanten Zusatztests für die Einführung einer zentralen Online-Medikationsdatei und die Speicherung von Patienten- diagnosen“ ab.

Analyse der IT-Sicherheit In einer weiteren Entschließung forderte der Ärztetag die Bundes- ärztekammer auf, die Sicherheit der Datenspeicherung und Kommuni- kation in der Medizin zu untersu- chen. Vor allem sollen dabei die Sicherheit von Krankenhausinforma- tionssystemen und Praxissoftware, der Datenaustausch mit der Kassen- ärztlichen Vereinigung und die zwi- schenärztliche Kommunikation be- urteilt werden.

Die Delegierten forderten zudem den Gesetzgeber, die Kostenträger und die ärztliche Selbstverwaltung auf, die Potenziale der Telemedizin konsequent zu erschließen. Dabei gelte es, Telemedizin als sinnvolle Ergänzung zur herkömmlichen Be- handlung, nicht aber als deren Er- satz zu betrachten. Die gemeinsame Selbstverwaltung müsse zudem ih- rer Verpflichtung nachkommen, endlich eine Vergütungssystematik

einzuführen.

Heike E. Krüger-Brand

@

Sachstandsbericht der BÄK:

www.aerzteblatt.de/141066 Susanne Blessing,

Svante Gehring und Christiane Groß (unten): Inten- sive, teilweise kontro - verse Diskussionen kennzeichneten die Aussprache zur Telematik im Gesund - heitswesen.

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