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Archiv "Klinik medikamentöser Leberschäden" (08.04.1976)

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(1)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

In den letzten zwei Jahrzehnten ha- ben sich unsere Vorstellungen über die medikamentöse Beeinflus- sung der Leberfunktion beziehungs- weise über medikamentöse Leber- schädigung grundlegend geändert.

Dies ist vor allem folgenden Ent- wicklungen zuzuschreiben:

0

Es besteht die Möglichkeit durch biochemische und histologi- sche Untersuchungen die Art der Organschädigung wesentlich exak- ter zu definieren.

O Es wurde die sogenannte Enzym- induktion in der Leber beobachtet beziehungsweise erkannt, daß durch bestimmte exogen zugeführ- te Substanzen (auch Medikamente) oxydative Enzymketten in den Le- berzellen stimuliert werden können und somit Ab- und Umbauvorgänge im Stoffwechsel ganz wesentlich verändert werden.

0 Klassifizierung medikamentöser Leberschäden

Die große Zahl der Leberschä- digung hervorrufenden Medika- mente — Dölle (3) hat über 200 Mit- tel zusammengestellt — macht eine klinisch brauchbare Klassifi- zierung der toxischen Medikamen- tenwirkung auf die Leber erforder- lich. Martini (5) unterscheidet in ei- ner Zusammenstellung der Arznei- mittelschäden der Leber eine di- rekte toxische Wirkung mit be- stimmten morphologischen Verän- derungen in der Leber und Über-

emp.,..itchkeitsreaktionen, die do- sisunabhängig sind, wobei sich beide Gruppen teilweise über- schneiden.

Von morphologischer Seite (2) wird eine Einteilung vorgeschlagen, bei der man zwischen vorhersagbaren und nicht vorhersagbaren Leber- schädigungen durch Medikamente unterscheidet. Diese Einteilung be- sagt, daß bei bestimmten Medika- menten und vielen Toxinen Leber- schäden auftreten, die vorhersag- bar sind, das heißt, daß sie bei je- dem Patienten bei entsprechender Dosis auftreten. Diese Art von Le- berschädigung kann üblicherweise im Tierversuch im Labor reprodu- ziert werden. Viele andere Medika- mente wirken in bezug auf Leber- schädigung nicht vorhersagbar, das heißt, nur ein kleiner Teil der Patienten, die dieses Mittel einneh- men, erkranken.

O

Biochemische Mechanismen von Leberschäden

Welche Einteilung man auch im- mer für die verschiedenen Arten medikamentöser Leberschädigun- gen verwendet, bestimmte bioche- mische Mechanismen sind bei ein- zelnen Arten von Leberschäden schon teilweise aufgeklärt.

2.1 Leberzellverfettung (Steatose) Biochemisch liegt eine Anhäufung von Triglyzeriden in der Leberzelle vor. Aus peripheren Fettdepots

Durch exaktere Untersu- chungsmethoden und neue Einsichten in die komplexen biochemischen Mechanismen der Stoffwechselvorgänge in der Leber und der sogenann- ten Enzyminduktion ist das Verständnis für die Ursache verschiedener medikamentö- ser Leberschäden gewach- sen. Die Einteilung der Le- berschäden nach klinischen und morphologischen Ge- sichtspunkten, die biochemi- schen Grundlagen bestimm- ter Leberschäden und der Begriff der Enzyminduktion werden erläutert. Nach kur- zer Darstellung der Klinik und ihrer Leitsymptome wer- den die einzelnen bekannten durch anabole Steroide und Antikonzeptiva entstehenden Leberschäden geschildert;

besonders wird auf neopla- stische Veränderungen hin- gewiesen. Anschließend wer- den die Halothan-Hepatitis und die Lebertumorbildung bei Arbeitern in der Kunst- stoffindustrie (PVC) bespro- chen. Nur die enge Zusam- menarbeit zwischen Prak- kern und Spezialisten kann in Zukunft die Schäden durch bestimmte Arzneimittel ver- ringern.

oder aus der Diät gelangen die Fettsäuren in die Leber (Darstel- lung 1). Dort werden diese entwe- der oxydiert und dienen der Ener- giegewinnung, oder sie werden zu Triglyceriden umgewandelt. Diese werden an ein Protein gebunden, es bilden sich die Lipoproteine, die dann aus der Leberzelle sezerniert werden.

Störungen dieses Ablaufes — in der Eiweißsynthese oder in der Sekretion führen zur Fettle- ber. Im Tierversuch hat man nun im einzelnen diese Störungen un- tersucht und fand folgende Schritte am Modell der Tetrachlorkohlen-

Klinik

medikamentöser Leberschäden

Herbert Schnack

Aus der ersten internen Abteilung des Wilhelminenhospitals, Wien

(Vorstand: Professor Dr. Herbert Schnack)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 15 vom 8. April 1976 1025

(2)

Leber

Diät Triglyzeride Fettsäuren

Lipide Albumin geb.

Fett

Fett- Depots Triglyzeride EW.

Synth.

Lipoprotein

Abbildung 1: Bildung von Lipoproteinen aus Fetten in der Leber Zur Fortbildung

Aktuelle Medizin

Medikamentöse Leberschäden

stoff- oder Ethioninintoxikation die zur Leberzellverfettung führen:

O Deaggregation von Polyriboso- men

0 Blockierung der Eiweißsynthese O daher Unmöglichkeit, ein Lipo-

protein zu bilden

@ Anhäufung von Triglyceriden in der Leberzelle.

2.2 Leberzellnekrose

Biochemische Mechanismen, die zum Tode einer Zelle führen, sind sehr vielfältig. Daher werden nur einige Arbeitshypothesen ange- führt. So wird eine mitochondriale Schädigung angenommen, die ei- nerseits durch eine direkte Wir- kung von zum Beispiel Tetrachlor- kohlenstoff oder andererseits durch einen Metaboliten auf die mitochondriale Membran hervorge- rufen werden kann. Intramitochon- driale Ansammlung von Kalium- ionen, aber auch die Peroxydation von Membranlipoiden und weitere Bildung freier Radikale werden dis- kutiert.

2.3 Die Enzyminduktion

Die Enzyminduktion ist ein neuer Gesichtspunkt in der Beurteilung der Toxizität und des Stoffwech- sels von Medikamenten. Durch Adaptierung und Stimulierung kann die Leistung oxydierender Sy-

steme und somit auch die Ge- schwindigkeit der chemischen Um- setzung in der Leberzelle ganz deutlich gesteigert werden. In der Leber werden körpereigene, aber auch körperfremde Substanzen durch Oxydation, Reduktion und auch Konjugation verändert. Für die Oxydation sind es die mikroso- malen Hydroxylasen im endoplas- matischen Retikulum lokalisiert, und hier vor allem das sogenannte Cy- tochrom-P450-System, das als pros- thetische Gruppe noch ein Häm besitzt.

Das mikrosomale hydroxylierende System besteht aus einem Cyto- chrom, nach seinem Absorptions- spektrum Cytochrom P450 genannt.

Hier reagieren Sauerstoff, Elektro- nen von NADPH') und Medikamente miteinander. Hydroxylgruppen, die durch dieses System in Medika- mentenmoleküle eingebaut wer- den, verändern diese im Sinne ei- ner gesteigerten Polarität, so daß diese zum Beispiel wasserlöslich werden um durch die Nieren aus- geschieden zu werden. Oder aber das Molekül wird komplett abge- baut durch weitere Oxydation und als CO2 ausgeschieden. Das Cyto- chrom-P45.-Enzymsystem ist, un- gleich den meisten anderen En- zymsystemen, welche hochspezi- fisch für ganz bestimmte Substrate sind, in der Lage auf eine Reihe differenter Substrate einzuwirken,

einschließlich Barbiturate, Pheno- thiazide, Fettsäuren und endogene Steroide. Viele Fragen sind aber noch ungeklärt.

Diese Leistungssteigerung oxydie- render Systeme kann durch Gabe von Barbituraten, aber auch einer ganzen Reihe anderer Substanzen und Versuchsbedingungen erzielt werden (Tabelle 1). So wurde im Tierversuch durch eiweißfreie Er- nährung eine fast dreißigfache Ver- minderung der LD50 2) von Te- trachlorkohlenstoff nachgewiesen (Tabelle 2).

Bei Chloroformgabe wird durch die eiweißfreie Diät die Lebertoxizität nicht beeinflußt, durch Enzymin- duktion die Empfindlichkeit hinge- gen noch erhöht. Ähnliche Resulta- te wurden bei Versuchen mit Dirne- thylnitrosamin und Aflotoxin erho- ben, bei denen die toxische und kanzerogene Wirkung durch Ei- weißmangel und entsprechende Verminderung mikrosomaler Hy- droxylation vermehrt wird.

Interessanterweise war schon im Jahre 1915 bekannt, daß eiweißar- me und kohlehydratreiche Diät gegen Tetrachlorkohlenstoffvergif- tung schützt. Aus unbekannten Gründen fanden diese experimen- tellen Ergebnisse niemals Beach- tung. Diese Beobachtungen sind deshalb so wichtig, weil die weit- verbreitete Ansicht, daß Eiweiß- mangel die toxische Wirkung aller Substanzen auf die Leber verstärkt, offenbar falsch ist. Jedenfalls erge- ben sich aus diesen vielfältigen und komplexen Beeinflussungen des Lebermetabolismus neue Ge- sichtspunkte und möglicherweise auch bedeutende therapeutische Konsequenzen.

2.4 Genetisch bedingte Störungen der Leberfunktion

Erwähnt werden müssen hier noch die genetisch bedingten Stoffwech- selstörungen, bei denen Stoffe Le-

1) Nicotinamidadenindinucleotidphosphat- Dehydrogenase

2) Dosis letalis für 50 Prozent der Ver- suchstiere

1026 Heft 15 vom 8. April 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Tabelle 1: Medikamente mit Induktionswirkung auf mikro- somale Enzyme

Barbiturate Diphenylhydantoin Glutethimide Meprobamat Dichloralphenazon Methaqualon Antipyrin Phenylbutazone Tolbutamid Äthanol Nikotin Coffein Tabelle 2

Diät Be- LD50

hand- ml lung CCI4/

kg KG Standard-Diät

Standard-Diät

eiweißfrei eiweißfrei

6,4 Phe- 0,5 nobar-

bital

DDT 4,3 14,7

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Medikamentöse Leberschäden

bererkrankungen hervorrufen kön- nen, die für „Normalpersonen"

harmlos sind (zum Beispiel Ga- laktosämie, Neugeborenenikterus usw.). Aber auch genetisch beding- te Störungen von Arzneimittelwir- kungen spielen eine beträchtliche Rolle (z. B. Hämoglobin Zürich, Cholinesterasevarianten usw.).

0 Klinik der Leberschäden

3.1 Leitsymptome

Wegen der Vielfalt der möglichen Arzneimittelschädigungen ist es hier unmöglich, einen Gesamtüber- blick zu geben. Zunächst die klini- schen Leitsymptome (nach Martini [5]):

T

allergische Reaktion (Haut und Blut)

• Hepatomegalie mit/ohne Gelb- sucht

2

Hyperbilirubinämie — Ikterus

• Cholestase (mit/ohne 1, 2, 3) OO Hepatitis (mit/ohne 1, 2, 3, 4) 0 Hämorrhagische Diathese Diese Aussagen werden zusätzlich durch die Tatsache kompliziert, daß zum Beispiel ein Ikterus natür- lich auch ohne Leberschädigung durch Medikamente ausgelöst wer- den kann, wie etwa durch

• Hämolyse (Phenacetin, PAS, En- zymdefekt durch Erythrozyten)

> veränderte Albuminbindung (Sa- lizylate, SA, Gallenkontrastmittel)

> Konkurrenz am x- oder y-Prote- ein der Leberzelle (Rifamyzin) I> Enzymhemmung (zum Beispiel Novobiocin — Hemmung durch Glucuronyltransferase)

3.2 Anabolika

Bei weitem die häufigste Art einer Leberschädigung durch Medika- mente ist die Cholestase, die histo- logisch „rein", aber auch in Ver- bindung mit entzündlichen Verän- derungen und Leberzellschädigung zur Beobachtung kommen kann.

Neben einer Reihe von anderen Medikamenten (vor allem Chlorpro- mazin) sind die Anabolika zu nen-

nen. Bei vielen Medikamenten die- ser Klasse besteht eine dosisab- hängige Wirkung auf bestimmte morphologische Veränderungen.

So sind mehrere Anabolika in der Lage, die Gallesekretion der Le- berzelle zu verändern. Elektronen- optisch sind Veränderungen der Canaliculi (Dilatation, Verlust der Mikrovilli) nachweisbar. Einige Pa- tienten, die mit Norethandrolon und Methyltestosteron behandelt wurden, entwickelten eine Gelb- sucht von cholestatischem Typ.

Diese Art von Gelbsucht wird nur beim Menschen beobachtet.

Lichtmikroskopisch findet man Cholestase mit geringen entzündli- chen und/oder degenerativen Ver- änderungen.

3.3 Antikonzeptiva

Antikonzeptiva — die bekanntlich aus synthetischen Progestagenen

und Dstrogenen bestehen und zu den C-17 alkylierten Steroiden ge- hören — können ebenfalls eine Gelbsucht vom cholestatischen Typ hervorrufen. Unter dieser Me- dikation wird aus Chile und Skan- dinavien eine Häufung von Ikterus- fällen (ein Fall auf 4000) berichtet, während in Mitteleuropa Ikterus in einem Fall auf 10 000 Personen auf- tritt. Nach den derzeitigen An- schauungen betrifft dieser Ikterus jene Frauen, die am Ende der Schwangerschaft unter starkem Juckreiz ikterisch werden — soge- nannter Schwangerschaftsikterus.

Ein Budd-Chiari-Syndrom durch Thrombosierung der Venae hepati- cae wird ebenfalls beschrieben.

Kürzlich ist über auffallende und ungewöhnliche Dilatation peripor- taler Leberinusoide berichtet wor- den, die den mehr fokalen Verän- derungen der Peliosis hepatis, bei der Blutzysten oder ektatische Blutgefäße gefunden werden, ähn- lich, aber nicht mit ihnen identisch sind. Peliosis hepatis entsteht unter anderem auch nach Be- handlung mit verschiedenen Ana- bolika. Orale Antikonzeptiva be- dingen Veränderungen der Leber- zellfeinstruktur, die nur elektronen- optisch nachweisbar sind. Das glatte endoplasmatische Retikulum ist stark vermehrt, es finden sich Riesenmitochondrien und dort auch parakristalline Einschlüsse.

Da diese mitochondrialen Verän- derungen auch während einer Schwangerschaft gefunden wer- den, bedeuten sie noch keines- wegs pathologische Befunde.

3.4 Neoplasie bei Steroidbehandlung

Zu diesen zahlreichen Wirkungen der anabolen und antikonzeptiven Steroide auf die Leber kommt in jüngster Zeit auch die Neoplasie hinzu. Als erste beschrieben Bern- stein et al. (1) 1971 die Entwicklung einer Peliosis hepatis und gut diffe- renzierter Leberzelltumoren bei einem Patienten mit Fanco- ni-Syndrom, der durch lange Zeit mit Oxymethalon behandelt worden war. 1972 wurde über vier weitere

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 15 vom 8. April 1976 1027

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Tabelle 3: Art und Häufigkeit der bei PVC-Arbeitern erge- benen Befunde

20 PVC-Arbeiter Befunde, Symptom

Häufig- keit patho-

log.

Fall- zahl erhöhte BSP-Reten-

tion 19

Thrombozytopenie 16 Lap. Leber- und Milz- veränderungen 14 Splenomegalie 7 Hepatomegalie 7 Ösophagus- und

Fundusvarizen 3 Zur Fortbildung

Aktuelle Medizin

Medikamentöse Leberschäden

Patienten berichtet, die wegen aplastischer Anämie lange Zeit mit androgenen Anabolika behandelt wurden und bei denen sich Leber- tumoren entwickelten, die histolo- gisch primären Leberkarzinomen ähnelten. Bei einem dieser Patien- ten wurden Metastasen nachgewie- sen. 1975 sind drei weitere Fälle mitgeteilt worden. Aber auch unter Medikation oraler Antikonzeptiva wurde die Entwicklung von Leber- zelladenomen beobachtet. Obwohl bei allen diesen insgesamt neun Patienten die Tumoren der Leber histologisch als gutartig angese- hen wurden, waren Hämatoperito- neum, Ruptur der Leberkapsel oder Blutung in den Tumor klinisch bedrohliche Komplikationen. Ein Teil dieser Tumoren zeigte Verän- derungen im Sinne einer Peliosis;

dies unterstützt die These, daß die Bildung dieser Tumoren durch Ste- roide bedingt oder gefördert wird.

Genaue Beobachtungen müssen diese Zusammenhänge abklären und es wäre gut, wenn zumindest die langfristige Gabe von anabolen Steroiden genau überlegt würde.

3.5 Halothan Hepatitis

In der Pathogenese noch keines- wegs eindeutig geklärt ist der so- genannte Halothan-Ikterus. Dieser tritt immer erst nach zwei oder mehreren Halothan-Narkosen auf und ist leicht mit einer Vi- rus-Hepatitis zu verwechseln, da anamnestisch häufig Bluttransfu- sionen angegeben werden; es läßt sich selbstverständlich kein Au- stralia-Antigen nachweisen. Der Übergang in eine akute Leber- atrophie kommt bei dem Halo- than-Ikterus in etwa 20 Prozent der Fälle vor. Für ein allergisches Ge- schehen spricht, daß solche Pa- tienten ikterisch werden, die inner- halb von sechs Monaten einer zweiten oder dritten Exposition von Halothan ausgesetzt waren. Als Hinweis auf eine Gefährdung können Fieberschübe, Hautjucken und ein leichter Ikterus nach der ersten Halothan-Narkose angese- hen werden. Die zweite Exposition führt dann innerhalb weniger Tage

zum Ikterus. Wird Halothan bei ei- nem Patienten während sechs Mo- naten mehrmals verwendet, beträgt die Häufigkeit eines Ikterus eins zu 1000.

Morphologisch können durch le- berbioptische Untersuchungen ge- wisse Charakteristika bei der Halo- than-Hepatitis gefunden werden, die zumindest hinweisend auf das Vorliegen einer solchen Störung sein können.

Bedeutungsvoll sind diese Beob- achtungen auch für den Anästhesi- sten, da doch die Möglichkeit der Entwicklung einer chronischen Le- berschädigung besteht.

3.6 Neoplasien bei PVC-Arbeitern

Als letzte, hier zu besprechende, sehr aktuelle Form einer berufsbe- dingten Leberschädigung sei das Auftreten von Angiosarkomen in der Leber von Arbeitern darge- stellt, die lange Zeit in der PVC-produzierenden Industrie ge- arbeitet haben. Entscheidend für die toxische Wirkung scheint je- doch das Vinylchlorid zu sein, das Ausgangsprodukt für den Kunst- stoff PVC.

Marsteller et al. (4) haben bei 20 PVC-Arbeitern chronisch toxische Leberschädigungen bis zur Ent- wicklung einer portalen Hyperten- sion gefunden. Tabelle 3 zeigt die Häufigkeit der erhobenen Befunde.

Aus dieser Arbeitsgruppe wurde ein Jahr später über zwei Patienten berichtet, die elf beziehungsweise zwölf Jahre in der PVC-Industrie gearbeitet hatten und bei denen inoperable Angiosarkome der Le- ber diagnostiziert wurden. Ähnliche Kasuistik findet sich auch in der an- glo-amerikanischen Literatur, und es dürften bis jetzt über 20 Fälle mit Angiosarkomen der Leber beschrie- ben worden sein. Auch in diesen Arbeiten wird hervorgehoben, daß das fertige PVC-Polymer nicht die kanzerogene Substanz darstellt.

Abschließend sei festgehalten, daß gerade bei der Beurteilung einer medikamentösen Leberschädigung die Zusammenarbeit zwischen ent- sprechenden Spezialisten und dem aufmerksam beobachtenden prakti- zierenden Arzt die Grundlage dar- gestellt, Zusammenhänge aufzu- decken. Wir Ärzte selbst werden darüber bestimmen, ob in Zukunft der Nutzen von Arzneimitteln ver- größert und ihre Schädlichkeit ver- mindert werden kann. Sicherlich werden auch neue biochemische Befunde wesentlich dazu beitra- gen, die Komplexität der bekann- ten Veränderungen aufzuklären.

Literatur

(1) Bernstein, M. S., Hunter, R. L., Rach- nin, S.: New Engl. J. med. 284 (1971) 1135 — (2) Bianchi, L., Scheuer, P. J.

(Hrsg.) Lancet 1 (1974) 854 — (3) Dölle, W., in L. Demling (Hrsg.) Klinische Gastroen- terologie, Bd. 11, Thieme 1973, S. 646 — (4) Marsteller, H. J., Lelbach, W. K., Müller, R., Jühne, S., Lange C. E., Rohner, H. G., Veltmann, G. Dtsch. med. Wschr. 98 (1973) 2311 — (5) Martini, G. A., in W. Siede (Hrsg.) Aktuelle Hepatologie, K. Demeter,,-

1974, S. 21

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. H. Schnack Wilhelminenspital

der Stadt Wien

1. medizinische Abteilung Montlearstraße 34 A-1171 Wien

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Referenzen

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