A3200 Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 4616. November 2007
B E K A N N T G A B E N D E R H E R A U S G E B E R
„Der Anspruch auf Früherkennung besteht nach der ersten In- anspruchnahme – soweit nicht in den folgenden Abschnitten oder Anlagen der Richtlinie Abweichendes bestimmt ist – jähr- lich. Er kann ab Beginn des jeweiligen Kalenderjahres wahr- genommen werden; dies gilt analog, wenn mehrjährige, nicht aber, wenn mehrmonatige Intervalle festgelegt sind.“
II. Die Änderungen der Richtlinien treten am Tag nach der Be- kanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft.
Siegburg, den 21. Juni 2007
Gemeinsamer Bundesausschuss Der Vorsitzende
Hess
B U N D E S Ä R Z T E K A M M E R
Mitteilungen
ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT
„Aus der UAW-Datenbank“
Leberschäden unter Flupirtin
Flupirtin (z. B. Katadolon®, Trancopal®Dolo) ist ein zentral wir- kendes, nicht opioides Analgetikum. Flupirtin bewirkt an seinem spinalen Angriffspunkt durch Aktivierung von Kaliumkanälen der Nervenzellen eine Hemmung der Weiterleitung von nozizep- tiven Impulsen. Es ist zugelassen zur Behandlung akuter und chronischer Schmerzen wie Muskelverspannungen, Spannungs- kopfschmerz, Tumorschmerzen, Dysmenorrhoe sowie Schmer- zen nach Operationen und Verletzungen (1, 2). Es ließ sich in kli- nischen Studien bislang nicht hinreichend belegen, dass sich aus den zusätzlichen muskelrelaxierenden Eigenschaften von Flupir- tin eine besondere Eignung bei Kreuzschmerzen ableitet (3). Seit Jahren nehmen die Verordnungen kontinuierlich zu, im Jahr 2006 wurden 17,1 Mio. DDD verordnet, entsprechend einer Steigerung von 39,9 % gegenüber dem Vorjahr (4).
Der AkdÄ wurde über eine 65-jährige Patientin berichtet (Fall- Nr. 143937), die über etwa drei Monate Flupirtin 100 mg/Tag we- gen chronischer Schmerzen eingenommen hatte. Die zusätzliche Medikation bestand aus Amitriptylin, Candesartan, Tramadol, Teufelskrallenextrakt und einem Vitamin-E-Präparat. Eine Routi- neuntersuchung zeigte stark erhöhte Leberwerte (GPT 7-facher, GOT 5-facher, gamma-GT 15-facher, AP 1,5-facher oberer Norm- wert, Bilirubin 1,3 mg/dl). Virale, autoimmune, metabolische und posthepatische Ursachen konnten ausgeschlossen werden. Histo- logisch zeigte sich eine aktive chronische Hepatitis mit deutlicher Fibrose. Obwohl die Leberwerte sechs Monate zuvor noch nor- mal gewesen waren, ist die Fibrose wahrscheinlich Ausdruck ei- nes bereits länger bestehenden, bislang unerkannten Leberscha- dens, auf den sich jetzt eine arzneimittelinduzierte Hepatitis auf- gesetzt hat. Nach Pausierung der Arzneimittel normalisierten sich die Leberwerte rasch. Eine versehentliche Reexposition mit Flu- pirtin durch Selbstmedikation führte zu einem erneuten Anstieg
der Leberwerte und legte so einen kausalen Zusammenhang des Leberschadens mit der Einnahme von Flupirtin nahe.
Im deutschen Spontanmeldesystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand: September 2007) sind 449 Ver- dachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen nach Gabe von Flupirtin erfasst. Entsprechend der standardisierten Abfrage (Stan- dardised MedDRA Query, SMQ) beziehen sich davon 151 Mel- dungen (33,6 %) auf Lebererkrankungen. Es wurden 70 Fälle von Hepatitis unter Flupirtin gemeldet. Siebenmal wird über Leber- versagen berichtet. Vier Todesfälle in der Folge von Lebererkran- kungen wurden im Zusammenhang mit Flupirtin gemeldet. Neben
„Ermüdung“ (72) und „Schwindelgefühl“ (47) sind „Erhöhung der Leberenzyme“ (49) und „Hepatitis“ die häufigsten Stichworte, die in UAW-Verdachtsberichten zu Flupirtin genannt werden. In der Fachinformation werden Transaminasenerhöhungen und arznei- mittelinduzierte Hepatitiden unter den „sehr seltenen“ (d. h. weni- ger als 1 in 10 000 Fällen) Nebenwirkungen aufgeführt. Die Er- gebnisse der Recherche in der UAW-Datenbank können ein Hin- weis dafür sein, dass die Inzidenz flupirtininduzierter Leberschä- den bislang möglicherweise unterschätzt wurde. Wie in der Fach- information aufgeführt, ist die Substanz bei Patienten mit vorbe- stehender Lebererkrankung oder Alkoholabusus kontraindiziert (1, 2). Bei längerer Anwendung sollten die Leberwerte regelmäßig kontrolliert werden. Treten bei Patienten unter Flupirtin Sympto- me auf, die Ausdruck einer Leberschädigung sein können (z. B. Ik- terus, Übelkeit, Juckreiz, dunkler Urin), muss das Arzneimittel ab- gesetzt und weitere Diagnostik eingeleitet werden.
Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlag- seite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.
LITERATUR
1. AWD.pharma GmbH: Fachinformation „Katadolon®“. Stand: Juni 2005.
2. AWD.pharma GmbH: Fachinformation „Trancopal®Dolo“. Stand: Januar 2007.
3. AkdÄ: Empfehlungen zur Therapie von Kreuzschmerzen. 3. Auflage. Arzneiverord- nung in der Praxis (Therapieempfehlungen), April 2007; Band 34, Sonderheft 2.
4. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2007. Heidelberg:
Springer Medizin Verlag, 2008.
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86. Klinische Fortbildung für hausärztlich tätige Allgemeinmediziner und Internisten
vom 26. November bis 1. Dezember 2007 in Berlin und
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