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Archiv "„Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“: Invasion der Informationen" (28.09.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 39

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28. September 2012 A 1939

„SPEED – AUF DER SUCHE NACH DER VERLORENEN ZEIT“

Invasion der Informationen

Nachrichtenschwemme, Globalisierung, Burn-out. Unsere Gesellschaft rast mit Höchstgeschwindigkeit in die Zukunft. Ein junger Dokumentarfilmer macht sich auf die Suche nach der Notbremse.

D

ie Zukunft hat begonnen.

Und sie sieht nicht gut aus.

Zwar dringen keine Außerirdischen in unsere Heime, wie noch in den 1950er Jahren befürchtet wurde.

Dafür kommen die Informationen über uns. In Smartphones, Black- berrys und Laptops. Sie kommen, wenn man nicht aufpasst, Tag und Nacht. Und es ist nicht leicht, sich ihnen zu entziehen.

Die Folge ist eine Beschleuni- gung des Lebens, wie wir sie uns vor 50 Jahren – ja noch nicht ein- mal vor zehn Jahren – nicht hätten vorstellen können. Und die Folge ist auch: Die Zahl der betrieblichen Fehltage aufgrund eines Burn-out ist seit 2004 um circa 1 400 Prozent gestiegen. Stress und Erschöpfung sind für viele Menschen zu tägli- chen Begleitern geworden.

Einer dieser Menschen ist Flori- an Opitz. „Ich habe keine Zeit“, sagt er in seinem Dokumentarfilm

„Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ (Kinostart: 27.

September). „So sehr ich mich auch bemühe, ich habe immer viel zu wenig Zeit für das, was ich mir vornehme.“ Er weiß, dass er damit nicht alleine dasteht. Und so macht er sich auf die Suche, um zu ver- stehen, wohin die Zeit verschwun- den ist.

Auf seiner Reise spricht er mit Zeitforschern, mit Soziologen und mit Ärzten. Mit Smartphone-Jun- kies, Agenturjournalisten und Un- ternehmensberatern. Was er findet, steht dem Schreckensszenario einer Invasion feindlicher Außerirdischer kaum nach. Die Nachrichtenagen- tur Reuters liefert ihren Kunden aus der Finanzindustrie Nachrichten in Bruchteilen von Sekunden. Der Mensch kann diese Informations- fülle schon lange nicht mehr verar- beiten. So entscheiden bei 90 Pro- zent aller Finanztransaktionen heu- te Computer über Käufe und Ver- käufe.

Alex Rühle, Redakteur bei der

„Süddeutschen Zeitung“, hat sich selbst eine Radikalkur verpasst, nachdem er Gespräche mit Kolle- gen verlassen hat, um auf der Toilet- te heimlich nach neuen Meldungen auf seinem Blackberry zu schauen.

Ein halbes Jahr hat er sich zurück in die analoge Welt geflüchtet. Opitz traf ihn am letzten Tag seiner Kur.

Rühles Fazit: „Ich habe Angst da- vor, wieder ins Internet zu gehen.“

Opitz legt mit seinem großarti- gen Dokumentarfilm den Finger in eine offene Wunde unserer Gesell- schaft. Er stellt die richtigen Fragen und bemüht sich, Antworten zu fin- den, die nicht nur ihm, sondern uns

allen aus unserer Zeitnot helfen.

Sein Trip ins Herz der Beschleuni- gung ist dabei ebenso relevant wie unterhaltsam.

Die Antworten, die er findet, hei- ßen Berghütte in der Schweiz und Patagonien. Rückzug von der lau- ten Welt. Drei Generationen einer Schweizer Familie heuen und ma- chen Käse. Ein Millionär versucht, die Welt zu retten, indem er Bäume nahe des Südpols pflanzt.

„Das Ganze funktioniert nur,

weil wir alle mitmachen“

Opitz stellt in seinem Film zwar grundsätzliche Fragen, doch grund- sätzliche Antworten liefert er nicht.

Weil es sie nicht gibt. „Wir können nicht alle Käse machen“, sagt er selbst. Und wir können auch nicht alle nach Patagonien ziehen.

Aber wo liegt dann die Lösung?

Wie können wir uns unsere Zeit zu- rückholen? Eine Antwort gibt der Soziologe Prof. Dr. Hartmut Rosa:

„Alle tun so, als sei die ständige Be- schleunigung ein Naturgesetz. Aber das stimmt nicht. Das Ganze funk- tioniert nur, weil wir alle mitma- chen.“ Den Fortschritt verweigern?

Dazu passt ein anderes Zitat, leicht abgewandelt: Stell dir vor, es ist Zukunft, und keiner macht mit.

Falk Osterloh Haltet die Welt

an, ich will aus- steigen: Florian Opitz mit Smartphone.

Foto: Dreamer Joint Venture

K U L T U R

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