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Archiv "Heilpraktikergesetz in Bewegung nach 50 Jahren" (18.02.1988)

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Heilpraktiker und Heilpraktiker-Schüler beim Unterricht (in Nürnberg)

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

KURZBERICHTE

Heilpraktikergesetz in

Bewegung nach 50 Jahren

Die Anzahl der Heilpraktiker in der Bundesrepublik nimmt stetig zu. Die Zulassungsvoraussetzungen beruhen noch auf einem Gesetz von 1939. Politiker aller Parteien drängen nun auf eine Änderung: die gesetzlichen Rege- lungen würden den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht. Wird das Gesetz geändert? Oder wird es den Beruf des Heilpraktikers in Zukunft nicht mehr geben?

F

rüher vertrauten sich Men- schen einem nichtapprobier- ten Heilbehandler häufig darum an, weil seine Lei- stungen wesentlich billiger waren als ein für Arme oft unerschwingliches Arzt-Honorar. Auch mit der Ein- führung der gesetzlichen Kranken- versicherung am 15. Juni des Jahres 1883 war dieser Mißstand zunächst nur für etwa zehn Prozent der Be- völkerung behoben. Zahlreiche nichtbestallte Heilkundige prakti- zierten weiterhin — in abgelegenen Winkeln, auf Marktplätzen oder im Umherziehen. Und Virchow hoffte vergeblich auf den erzieherischen Einfluß des wissenschaftlichen Fort- schritts.

Heute sind etwa 90 Prozent der Bevölkerung in das System der ge- setzlichen Krankenversicherung ein- gebunden. Doch hat sich die Zu- flucht zu Heilpraktikern gerade in jüngster Zeit noch erhöht.

Bereits zur Zeit des Nationalso- zialismus sahen Fachleute eine la- tente Gefahr für die Volksgesund- heit in der unsachgemäßen Heilbe- handlung durch Laien (— eine Be- fürchtung, die heute im Hinblick auf Krankheiten wie AIDS an Aktuali- tät wieder gewonnen hat).

Mit der einheitlichen Berufsbe- zeichnung „Heilpraktiker" für alle, die sich „Winkelärzte", „Heil- künstler" , „Naturheilbeflissene" ,

„Operateure" , „Elektriseure" ,

„Empiriker" und „Laienbehand- ler" nannten oder „Kurpfuscher" ,

„Quacksalber" und „Scharlatane`

wurden sowie mit der Verankerung dieses Berufes im

ten mit dem Inkrafttreten des Grund- gesetzes 1949 allerdings nach einer Entscheidung des Bundesverwal- tungsgerichts am 24. Januar 1957 revi- diert werden. Die Zahl der Heilprak- tiker ist mit 8370 (gegenüber 153 890 berufstätigen Ärzten) heute größer denn je.

Der Bundesgesundheitsrat stell- te dazu schon 1984 fest, daß durch die flächendeckende Versorgung mit approbierten Ärzten verschieden- ster Fachrichtungen, so auch der Na- turheilkunde nach der Weiterbil- dungsordnung, objektiv kein Bedarf an Heilpraktikern bestehen könne, räumte aber ein, daß ein subjektives Bedürfnis offensichtlich aber zunäh- me. Wieder eine Gefahr für die Volksgesundheit?

Einige Heilpraktiker haben ge- rade die Lücken der ungenügenden Qualifikationsanforderungen im Ge- setz von 1939 genutzt, ihren Beruf in Fern- und Kurzlehrgängen oder im Privatstudium bequem und auf unse- riöse Weise zu erlangen. Karl F. Lie- bau, Präsident des „Fachverbandes Deutscher Heilpraktiker e. V." und Sprecher der „Kooperation Deut- scher Heilpraktikerverbände e. V."

erneuerte kürzlich erst die Forde- rung nach einer strengeren, bundes- einheitlichen Überprüfungsregelung für die Zulassung zum Heilprakti- kerberuf, um diesem „Wildwuchs in der Heilkunde" entgegenzuwirken.

Dieser Vorschlag wurde auch von der SPD im Bundestag unterstützt.

Die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP haben die Bundesre- gierung nun aufgefordert zu prüfen, ob § 7 des Heilpraktikergesetzes ei- ne ausreichende Ermächtigung für den Erlaß einer Überprüfungsord-

„Gesetz über die berufsmäßige Aus- übung der Heilkunde ohne Bestal- lung" vom 17. Februar 1939 ver- suchte man, die Gefahr zu bannen.

Denn was den Eindruck einer recht- lich-gesetzlichen Grundlage eines neuen Berufsstandes erweckte, soll- te als sogenanntes „Aussterbe-Ge- setz" die „allgemeine Kurierfrei- heit" in Deutschland aufheben:

Einerseits verbot das Gesetz Ein- richtung wie Aufrechterhaltung von

Heilpraktiker-Ausbildungsstätten, womit der Zugang zu diesem Beruf verstellt wurde. Zum anderen sorgte auch weder eine einheitliche Prü- fungsordnung noch eine Regelung der Ausbildungsinhalte für ein präzi- se definiertes Berufsbild. Obwohl 12 000 Zulassungsanträge vorlagen, konnten nach der Besitzstandsklau- sel fortan nur noch etwa 3200 nie- dergelassene Heilpraktiker ihrem Beruf nachgehen. Die Ausübung der Medizin sollte in Zukunft nur approbierten Ärzten vorbehalten sein. Die im Heilpraktiker-Gesetz enthaltenen Einschränkungen muß-

Dt. Ärztebi. 85, Heft 7, 18. Februar 1988 (23) A-351

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nung enthält. Der Deutsche Bundes- tag hat die Bundesländer allerdings schon jetzt angehalten, eine einheit- liche Überprüfung anzustreben. Die Grünen halten eine offizielle Inte- gration des Heilpraktikerberufs als festen Bestandteil unseres Gesund- heitswesens für unbedingt erforder- lich, zumal derzeit etwa 5 Millionen Menschen jährlich Rat beim Heil- praktiker suchen. Ihr Entwurf einer Überprüfungsordnung liegt dem Bundestag bereits vor.

Doch seien die Grünen mit die- ser Forderung „weit übers Ziel hin- ausgeschossen", meinen Sprecher der FDP. Denn wegen der detailliert vorgegebenen Inhalte und dem Ver- fahren der Überprüfung müsse man von einer Art „staatlicher Prüfungs- ordnung" sprechen, was auch be- deute, daß die Therapie-Form fest- gelegt sei. Mit dem Hinweis auf den Wert der „Erfahrungsheilkunde"

lehnen gerade die praktizierenden Heilpraktiker diesen Vorschlag, so wie auch eine übermäßige staatliche Reglementierung ihrer „Überprü- fung beim Gesundheitsamt" mit ei- ner Resolution auf dem Deutschen Heilpraktikertag 1986 ab.

BÄK: Diesen Beruf ganz abschaffen

Auch die Bundesärztekammer warnt vor dem Entwurf einer Prü- fungsordnung, die den Eindruck ei- ner „kleinen Approbation" er- weckt. Es könne nicht sinnvoll sein, den Heilpraktikerberuf durch kon- kreten Inhalt aufzuwerten und einen Berufsstand zu schaffen, dem ohne entsprechende Qualifikation dassel- be Tätigkeitsfeld eröffnet wird wie dem Arzt. Zur Wahrung hochwerti- ger medizinischer Betreuung fordert die Bundesärztekammer die Bun- desregierung daher auf, den Beruf des Heilpraktikers ganz abzuschaf- fen.

Objektiv besteht also kein Be- darf. Ob das subjektive Bedürfnis des Patienten aber vielleicht von der Ärzteschaft noch stärker berücksich- tigt werden sollte, bevor sie den Be- ruf des Heilpraktikers aussterben lassen will? Ursula Friedrichs

Großbritannien plant ein Gesetz

zur Embryoforschung

Mit der Veröffentlichung eines Weißbuches hat die britische Regie- rung die ersten Schritte zur Vorbe- reitung eines umfassenden Gesetzes über In-vitro-Fertilisation und Em- bryoforschung unternommen. Zehn Jahre nach der Geburt des ersten

„Reagenzglas-Babys" in Oldham (inzwischen sind in Großbritannien mehr als tausend Kinder nach In-vi- tro-Fertilisation geboren worden) könnte Großbritannien damit einer der ersten Staaten der Welt sein, der ein derartiges Gesetz in Kraft setzt.

Britische Ärzte und Wissen- schaftler fürchten allerdings, daß ein Verbot jeglicher Embryonenfor- schung die Folge sein könnte. Abge- sehen von der In-vitro-Fertilisation und Embryonenforschung soll das Gesetz auch Dinge regeln wie die Samenspende, Leihmutterschaft, Lagerung und Verbleib von Em- bryonen und Gameten und den Sta- tus von Kindern, die nach einer Ver- pflanzung von Gameten oder Em- bryo geboren werden.

Die Regierung von Premiermi- nisterin Thatcher hat zu den meisten dieser Bereiche recht klare Vorstel- lungen; zur wichtigen Frage der Em- bryonenforschung hat sie sich aller- dings noch nicht für ein Verbot oder eine Genehmigung entschieden.

Sondern die Regierung will diese Frage völlig dem Parlament überlas- sen.

Die Befürworter der Embryo- nenforschung haben Sorgen, daß die Abgeordneten sich von Befürchtun- gen in der Öffentlichkeit leiten las- sen, es könnten nunmehr mit Hilfe der Gentechnologie Menschen künstlich hergestellt, geklont oder in ihren Eigenschaften verändert wer- den. Eine der großen Boulevardzei- tungen versah einen Bericht über die Gesetzesvorschläge der Regierung mit einem Bild aus dem Film

„Frankenstein". Ärzte und Wissen- schaftler geben dagegen zu beden- ken, daß ein Verbot der Forschung

an Embryonen den Kampf gegen an- geborene Behinderungen, genetisch bedingte Krankheiten und Un- fruchtbarkeit behindern könnte.

Zur Zeit wird die britische For- schung an Embryonen kontrolliert von einem Gremium, das Ärzte und Wissenschaftler selbst auf freiwilli- ger Basis errichtet haben. Der Leiter der Abteilung für In-vitro-Fertilisa- tion am Hammersmith Hospital in London, Professor Robert Winston

— gleichzeitig Vorsitzender der wis- senschaftlichen Vereinigung „Pro- gress" , welche die Embryonenfor- schung unterstützt —, äußerte, daß Abgeordnete die Bedeutung dieser Forschung nicht richtig einschätzen:

„Wir können jetzt bestimmte gene- tische Krankheiten bereits im Em- bryostadium diagnostizieren, so daß Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr nötig sind und gesunde Kinder zur Welt kommen können", erklär- te Professor Winston. „Das ist ein großer Fortschritt. Aber seine Be- deutung ist schwierig zu verstehen für Leute, die vor einem Mißbrauch Angst haben. Wir fürchten, daß Ab- geordnete diese beträchtlichen Fort- schritte im Kampf gegen genetisch bedingte Krankheiten und Un- fruchtbarkeit ignorieren und daß sie statt dessen nur emotional rea- gieren; hinzu kommt der Einfluß der Abtreibungsgegner, die bereits da- bei sind, die Parlamentarier zu ei- nem bestimmten Abstimmungsver- halten zu bringen."

Sollte das Parlament Embryo- nenforschung zulassen, dann wird es dafür, wie die Regierung bereits an- gekündigt hat, eng gezogene Gren- zen geben. Die Forschung würde dann kontrolliert werden von einem auf gesetzlicher Grundlage zu er- richtenden unabhängigen Gremium von Ärzten, Wissenschaftlern und Laien, das die Aktivitäten von Klini- ken für In-vitro-Fertilisation und künstliche Befruchtung überwachen soll. Embryonenforschung dürfte nur innerhalb der ersten vierzehn Tage durchgeführt werden und nur zum Zwecke der Verbesserung dia- gnostischer oder therapeutischer Verfahren oder für die Regulierung der Fruchtbarkeit. Jede Verände- rung der genetischen Struktur eines Embryos soll verboten sein. Ebenso A-352 (24) Dt. Ärztebl. 85, Heft 7, 18. Februar 1988

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