A 2430 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 48|
30. November 2012BÖRSEBIUS
Titanic II
D
ie Essenz vorweg: Vielen Schiffsfonds droht das Aus.Nachdem schon Tausende von An- legern mit offenen Immobilien- fonds ein Desaster erlebten, steht nun mit den Schiffsbeteiligungen ein ebenfalls sehr beliebtes Steuer- sparmodell auf der Kippe. Es kom- men offenbar Milliardenverluste auf die Zeichner zu.
So kann es gehen, wenn Gelder eine sogenannte Fehlallokation er- leiden, will heißen, da reingesteckt werden, wo eigentlich gar kein ech- ter Markt ist. Genau das ist mit den ehemals hochgelobten Schiffsbetei- ligungen passiert. Mit einem in der Welt einmaligen Geschäftsmodell wurde erst ein riesengroßes Ange- bot geschaffen, dem die Nachfra- ge in der Realität (einer schwäche- ren Konjunktur) nicht standhalten konnte. Die Geschichte dieses kapi- talen Irrtums begann bereits in den 60er Jahren, als eines der vermeint-
lich genialsten Steuersparmodelle, kurioserweise gefördert von der SPD, seinen Anfang nahm.
Zeitweise konnte sich ein An - leger bis zu 300 Prozent Verlust - zuweisung bei seiner persönlichen Einkommensteuer anrechnen las- sen. Die Folge war so krass wie klar. Zum Teil finanzierten deutsche Anleger den Bau von gut 50 Pro- zent aller Kähne, die auf den Welt- märkten herumschipperten. Das Problem war nur, dass die Progno- semodelle in den Prospekten sin- kende Frachtraten aufgrund schwä- cherer Konjunkturzyklen nicht oder nur unzureichend berücksichtigten.
Ein vermeintliches Erfolgsmodell nahm so seinen Lauf, wer wollte nicht trefflich Steuern sparen. Da half es auch gar nichts, dass ich seit Jahren und von Anfang an gegen Schiffsbeteiligungen angeschrieben habe. Was willst du auch gegen die menschliche Gier groß ausrichten?
Nun fällt das Schiffsmodell of- fenbar in sich zusammen, nunmehr
„gefördert“ von der Finanzmarkt- krise und – natürlich – einer sich abschwächenden Weltkonjunktur.
Zigtausende Schiffsfondsbeteiligte sitzen in einer fatalen Falle. Die Be- triebskosten der Pötte werden durch die gesunkenen Frachtraten nicht mehr gedeckt, Zins- und Tilgungs- leistungen liegen schon länger brach. Kein Wunder, dass immer mehr Anleger aufgefordert werden, Nachschüsse zu leisten.
Juristisch müssen Sie das in der Regel nicht, da sie normalerweise die Beteiligung als Kommanditist abgeschlossen haben, also demnach nur mit ihrer Einlage haften. Wird der Nachschuss aber nicht geleistet, drohen die Initiatoren in der Regel mit der Pleite und setzen somit den Anleger erst recht unter Druck. Er- schwerend kommt hinzu, dass der Insolvenzverwalter auch noch die bereits geleisteten Ausschüttungen zurückfordern kann. Also doch nachschießen? Der Anleger möge sich genau überlegen, ob er dem schlechten Geld weiter gutes Geld
hinterherwirft.