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Archiv "Was eigentlich ist Phytotherapie?" (19.02.1976)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Die Beratungen über das neue Arz- neimittelgesetz sind jetzt in eine entscheidende Phase getreten. Un- ter den strittigen Fragen nimmt diejenige über die Stellung der

„Naturheilmittel" einen bevorzug- ten Platz ein. Hier gehen die Wo- gen besonders hoch, nachdem man erkannt hat, daß sich hier Pro- bleme auftun, die weit über den en- geren medizinischen Bereich hin- ausreichen. Es handelt sich dabei einesteils um die homöopathischen Mittel, für die eine Regelung weit- gehend gefunden zu sein scheint, und andererseits um die Heilpflan- zen, bei denen man noch nach ei- ner solchen Regelung sucht.

Für diese pflanzlichen Heilmittel hat sich die Bezeichnung „Phyto- therapeutica" eingeführt, und sie taucht in den Auseinandersetzun- gen immer wieder auf. Noch in den letzten Ausschußberatungen wurde die Forderung aufgestellt, man müsse sich zunächst darüber einig werden, was man denn unter Phy- totherapeutica eigentlich zu verste- hen habe. Einig ist man sich darin, daß derartige pflanzliche Heilmittel im Publikum in hoher Gunst stehen und auch von den Ärzten vielfach verordnet werden, in der Praxis

noch mehr als in der Klinik, obwohl auch diese nicht ohne solche Prä- parate auskommt.

Wie in jeder Wissenschaft, kommt es zuerst auf die Definition an, da- mit man nicht ständig aneinander vorbeiredet: Was ist Phytothe- rapie? Die allzu laute Propaganda von manchen Seiten, vor allem der Naturheilkunde, hat dazu geführt, daß man homöopathische und phy- totherapeutische Mittel in einem Atem nennt, kaum noch voneinan- der unterscheidet und ganz ihrem eigenen Gebiet zurechnet. Auf der anderen Seite gibt es heute große und bekannte Lehrbücher der Pharmakologie, welche in genauso einseitiger Weise einen großen Teil, ja fast den größten der pflanz- lichen Arzneimittel aus ihren Be- trachtungen ausklammert. Beides ist unberechtigt, führt zu falschen Vorstellungen und Vorurteilen.

So sei denn hier die Definition ge- geben, die ich bereits in den ersten beiden Auflagen meines „Lehrbuch der Phytotherapie" (Hippokrates- Verlag, Stuttgart) herausgearbeitet und in der im Sommer 1974 er- schienenen 3. Auflage noch genau- er präzisiert habe:

Schriftliche Prüfung

trachtung zunächst so begrüßens- wert erscheinenden Objektivie- rungs- und Harmonisierungsinstru- mente — Gegenstandskataloge und Multiple-choice-Prüfung — sind die Möglichkeiten, sinnvolle Vorschläge auf dem Gebiet der Medizinerausbildung zu unterneh- men, völlig genommen worden.

Die Studenten haben sich ganz auf das ihnen allein wesentlich er- scheinende Ziel — Bestehen der Multiple-choice-Prüfung — einge- stellt und kein Interesse an Lehr- versuchen, wie Referaten, aktiver Mitwirkung in Seminaren, Lernen ohne Prüfungsdruck u. a., die nicht diesem Ziel dienen.

Dies sind negative Auswirkungen der AOÄ, die auf der Einführung falscher Ausbildungsprinzipien be- ruhen.

Aus diesen, möglicherweise noch mangelhaften Erfahrungen wäre aus der Sicht des ärztlichen Hochschullehrers auch der kleinste Schritt verfrüht, Probleme der ärzt- lichen Fortbildung nach Art der ärztlichen Grundausbildung anzu- gehen. Es würde dies unweigerlich zur Erstellung von Fortbildungska- talogen, computergerechten Kon- trollfragebögen und Punktwerten für den Grad der erreichten Fortbil- dung führen. Eine Verbesserung des Ausbildungsstandes wäre da- mit noch keineswegs garantiert, aber ein bisher in die freie Verant- wortlichkeit der Ärzteschaft fallen- der Sektor würde bürokratisiert.

Wenigstens die freien Berufe soll- ten ihre Autonomie bewahren und in wohlverstandenem Interesse al- ler Bürger jeden Versuch zum staatlichen Dirigismus abwehren.

Anschrift des Verfassers:

Professor

Dr. med. Michael Arnold Anatomisches Institut der Universität Tübingen Österbergstraße 3 7400 Tübingen

FORUM

Was eigentlich ist Phytotherapie?

Versuch einer definitorischen Hilfe

für die Arbeit am Arzneimittel-Gesetzentwurf

Rudolf Fritz Weiß

Für einige Arzneimittelgruppen sieht der Gesetzentwurf für das Arz- neimittelwesen, das zur Zeit im Bundestag beraten wird, besondere Regelungen bei dem Registrierungsverfahren vor. Dabei bereitet die Behandlung der pflanzlichen Heilmittel erhebliche Schwierigkeiten, was nicht zuletzt damit zusammenhängt, daß es überaus schwierig ist, hier Abgrenzungen zu finden. Der Autor, Verfasser eines ein- schlägigen Lehrbuches, macht Definitionsvorschläge.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 8 vom 19. Februar 1976 521

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Was ist Phytotherapie?

Phytotherapie oder Pflanzen- heilkunde ist die Wissenschaft, die sich mit der Anwendung pflanzli- cher Heilmittel beim kranken Men- schen beschäftigt.

Sie umfaßt demgemäß alles, von den stark wirksamen Arzneipflan- zen wie der Digitalis oder der Bel- ladonna bis zu den schwach wirk- samen wie der Kamille, der Pfeffer- minze und vielen anderen. Dabei ist zu betonen, daß die Bezeich- nung „schwach wirksam" bei der Kamille oder der Pfefferminze nicht bedeutet, daß sie mehr oder weni- ger unwirksam seien. Es will viel- mehr besagen, daß man von diesen Arzneipflanzen keine unmittelbaren intensiven Wirkungen erwarten kann wie etwa von einer Digitalis- oder Strophanthin-lnjektion. Wei- terhin will damit gesagt sein, daß diese „einfachen" Arzneipflanzen in der Regel keine wesentliche To- xizität aufweisen, so daß man sie schadlos auch für längere Zeit nehmen kann. Während die stark wirksamen Phytotherapeutica vor- zugsweise der Klinik, jedenfalls den schweren Krankheitszuständen vorbehalten sind, sind die einfa- cheren Phytotherapeutica die un- entbehrlichen Mittel der Praxis, so- wohl für leichtere Krankheitszu- stände als auch für manche chroni- sche Krankheit.

Derart ergibt sich eine Unterschei- dung zwischen den „milden" oder Mite-Phytotherapeutica einerseits und den stark wirksamen oder For- te-Phytotherapeutica andererseits.

Dazwischen freilich liegt das große Gebiet der Übergänge, also der vielen Arzneipflanzen, die eine Mit- telstellung einnehmen zwischen

„mild" und „stark" wie etwa die Li- quiritia, die Arnika oder die Khella, um nur einige wenige zu nennen.

Wohl aber ist damit eindeutig fest- gelegt, was die Bezeichnung Phy- totherapeutica im wissenschaftli- chen und exakten Sinne darstellt, damit man sich überhaupt zu- nächst verständigen kann.

Es geht den Phytotherapeutica hier nicht anders als den Chemothera- peutica. Auch bei diesen haben wir

das große Spektrum von den mil- den und weitgehend schadlosen Mitteln wie etwa Calcium carboni- cum oder sogar Aspirin bis zu den modernen Cytostatica. Und auch hier steht wieder die große Mehr- zahl der Arzneien in der Mitte. Das kann auch gar nicht anders sein, denn wie überall schwingt ja auch hier das Leben zwischen zwei Po- len. Die Gauss'sche Kurve zeigt dieses Verteilungsmuster in der be- kannten deutlichen Weise.

Es ist also falsch, zumindest grob einseitig, wenn man als Phyto- therapeutica gemeinhin nur die Mite-Phytotherapeutica meint. Die- se mangelnde Unterscheidung hat dann zu vielen Mißverständnissen geführt. Das ist jedoch keineswegs neu. Man denke nur an die alte

„Kaiserliche Verordnung" aus dem Jahre 1901. Diese bestimmt, daß die Abgabe einer Mischung von zwei oder mehreren Arzneipflanzen nur dem Apotheker vorbehalten sei, da nur er über die entspre- chende Kenntnis verfüge. So gab es auch schon damals eigenartige Folgerungen. Bekanntgeworden ist ein Prozeß, den ein Apotheker ge- gen eine andere Verkaufsstelle an- gestrengt hatte, bei der einfache Teegemische, also Mite-Phyto- therapeutica, abgegeben wurden.

Das Gericht entschied in wahrhaft salomonischer Weise, daß in der Tat dieser Verkäufer gegen das Gesetz verstoßen habe. Er würde aber der Bestimmung Genüge tun, wenn er beispielsweise bei der Ab- gabe einer Mischung aus Kamille und Pfefferminze in den unteren Teil der Papiertüte zunächst etwa 100 g Kamille einfülle, dann dar- über ein Stück Pergamentpapier lege und darauf die weiteren 100 g Pfefferminze tue. Der Kranke kön- ne sich das ja dann selbst mi- schen.

Weshalb war eine solche Entschei- dung notwendig? Die Antwort ist einfach und die gleiche, die auch heute noch gilt: Schon damals hat- te der Gesetzgeber keine juristi- sche Formulierung finden können, welche generell festlegt, welche pflanzlichen Arzneimittel unter die

Kaiserliche Verordnung fallen und welche nicht. Das ist uns heute, juristisch gesehen, genausowenig möglich wie früher. Der Entwurf für das neue Arzneimittelgesetz ent- hält deshalb das Wort Phytothera- peutica überhaupt nicht. Sie wer- den als Arzneimittel betrachtet wie alle anderen. Das hat dann aller- dings zu der Schwierigkeit geführt, an der sich gegenwärtig die Gemü- ter erhitzen, ob denn nun auch für alle diese Mite-Phytotherapeutica wie also etwa Kamille und Pfeffer- minze in einem Mischpräparat der gleiche umständliche Beweis der Unschädlichkeit und der Wirksam- keit erbracht werden müsse, wie es für alle Arzneimittel gefordert wird.

So war es nur logisch, daß der Bundesrat jetzt bei der Beratung des Gesetzentwurfes zunächst die Regierung aufgefordert hat, eine klare Begriffsbestimmung für phy- totherapeutische Fertigpräparate zu geben, wobei in der Hauptsache eben diejenigen aus solchen Mite- Phytotherapeutica gemeint sind.

Man wird, eben wegen dieser vie- len Übergänge, dieses Problem auch heute nicht zu lösen vermö- gen, da es sich um eine grundsätz- liche Frage handelt. Die Definitio- nen aber liegen bereits mit aller Deutlichkeit vor, und man muß sich eben dieser schwierigen Sachlage stets bewußt sein. Sie liegt in der Natur der Sache. Die Schwä- che des ganzen Gesetzentwurfes besteht ja vorwiegend darin, daß zwei ganz verschiedene Dinge gleichzeitig behandelt und mitein- ander vermischt werden: der Nach- weis der Unschädlichkeit auf der einen Seite ist mit den heutigen Mitteln der Wissenschaft eindeutig zu erbringen, und das gilt für pflanzliche Arzneimittel ebenso wie für alle anderen. Etwas grundsätz- lich Verschiedenes ist jedoch der Beweis für die Wirksamkeit, der auf einem ganz anderen Gebiet liegt.

Hier schon scheiden sich die Gei- ster. Die Pharmakologen sind der Meinung, es sei nur eine Frage der Zeit — und des Geldes! —, daß man auch für die pflanzli- chen Heilmittel den Wirkungsbe- weis erbringen könne. Skeptischer

522 Heft 8 vom 19. Februar 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Was ist Phytotherapie?

sind schon die Kliniker, die heute darum wissen, daß nicht einmal der doppelte Blindversuch absolut sicher ist und daß wir von einer Lö- sung des Placebo-Problems noch weit entfernt sind. Völlig ablehnend verhält sich der Großteil der Prakti- ker, denen es genügt, daß sie mit einem einfachen pflanzlichen Arz- neimittel Erfolge erzielen, und die sich nicht einreden lassen wollen, daß dies alles nur Placebo-Wirkun- gen seien.

Man sieht hier deutlich die große Kluft zwischen Wissenschaft und Praxis einerseits, genauer gesagt zwischen dem Tierexperiment bis hin zum Experiment am Menschen im Sinne der klinischen Pharmako- logie, und dem großen Gebiet der Empirie, das sich zwar wissen- schaftlich objektiv weitgehend, aber doch nie völlig fassen läßt.

Auch hier wird man wahrscheinlich nicht darum herumkommen, einen vernünftigen Mittelweg zu gehen.

Die Frage ist nur, ob er sich in ei- nem Gesetz festlegen läßt. Man hat daher versucht, mit allgemeinen Begriffen auszukommen, die ihrem Wesen nach dann aber recht ver- schieden ausgelegt werden kön- nen. Hier besteht die Schwierigkeit darin, daß möglicherweise der Bü- rokratie ein zu großer Einfluß ein- geräumt wird. Sie muß letztlich, vielleicht mit Ausführungsbestim- mungen, die Entscheidung treffen und die Verantwortung tragen. Das aber geht sicherlich über ihre Kompetenz und ihre Möglichkeiten hinaus. Die Auslegung könnte, je nach der entsprechenden Persön- lichkeit, die letztlich die Entschei- dung zu treffen hat, sehr verschie- den ausfallen, großzügig oder eng.

Dann wird der Streit erneut anhe- ben. Ein Ausweg wäre vielleicht, eine eigene Sachverständigenkom- mission eigens für dieses Gebiet zu schaffen, wie sie bisher schon für die übrigen Präparate besteht.

Diese ist jedoch vorwiegend mit Pharmakologen und einigen Klini- kern besetzt und dürfte daher für die Frage der pflanzlichen Heilmit- tel nicht in vollem Maße kompetent sein, wenigstens nicht für das gro-

ße Gebiet der Mite-Phytopharmaca.

Die Lösung dieser Aufgabe steht uns also noch bevor.

Was hier gemeint ist, sei noch einmal an zwei Beispielen nä- her ausgeführt. Bei Magenerkran- kungen haben wir als Mite-Phyto- therapeuticum an erster Stelle die Kamille und die Pfefferminze. Sie genügen für viele Magenbeschwer- den, hauptsächlich für solche, die in das große und praktisch wichtige Gebiet der funktionellen Gastropa- thie hineingehören, das wir auch als Reizmagen oder Dyspepsie be- zeichnen. Sie stehen gleichsam auf der linken Seite einer Skala, die von den Mite- bis zu den Forte- Phytotherapeutica reicht. Auf der rechten Seite, als Mittel für stärke- re Beschwerden, vorzugsweise als effektives Spasmolytikum für Ma- gen und Darm, steht die Belladon- na (Tollkirsche, Atropa Belladon- na). Sie enthält eine ganze Reihe von Alkaloiden, von denen das wichtigste das Atropin ist. Da es sich dabei um eine einheitliche, genau definierbare Substanz han- delt, wird es als ein Phytopharma- kon bezeichnet.

Dagegen enthalten die beiden ge- nannten Mite-Phytotherapeutica Kamille und Pfefferminze kein ein- heitliches derartiges Phytopharma- kon, sondern bestehen aus einem umfassenden Wirkstoffkomplex, wobei die einzelnen Komponenten ineinandergreifen und erst in ihrer Gemeinsamkeit den therapeuti- schen Effekt hervorbringen. Man könnte daher von einem Biophar- makon sprechen. Der Zwischen- raum zwischen diesen beiden Ex- tremen wird ausgefüllt durch eine große Zahl von Phytotherapeutica mit allen Übergängen von einer Mite- bis zu einer Forte-Wirkung.

Als Beispiel sei das Süßholz, Gly- cyrrhiza glabra, genannt, das auch der Ausgangspunkt für das Carben- oxolon-Natrium ist, als Fertigprä- parat unter dem Namen Biogastro- ne® zur Behandlung des Magenge- schwürs bekannt. Es hat keine So- fortwirkung, sondern muß längere Zeit kurmäßig genommen werden, wobei nach neuen Erkenntnissen

die Wirkung insbesondere auf ei- ner Beeinflussung des Magen- schleimes in Richtung der Wieder- herstellung seiner Schutzwirkung gegen die peptische Selbstverdau- ung des Magens beruht. Obgleich der Lakritzensaft, wie er ja auch in der altbekannten Mixtura solvens enthalten ist, weitgehend als un- schädlich gilt, haben sich doch bei seiner speziellen Anwendung ge- gen das Magengeschwür beach- tenswerte Nebenwirkungen heraus- gestellt, die auch für Biogastrone®

beschrieben werden. Es kann zu einer Gedunsenheit des Gesichtes mit dem Bild eines Cushing-Syn- droms, zu Ödemen und Blutdruck- steigerung kommen. So ist die Mit- telstellung dieses Phytotherapeuti- cums gut charakterisiert.

Ähnlich liegen die Verhältnisse bei den Kardiaka. Auf der einen Seite der Mite-Phytotherapeutica steht in erster Linie der Weißdorn (Cratae- gus), auf der anderen Seite als Forte-Phytotherapeuticum die Digi- talis. Aus ihr wird als Phytophar- makon das Digitoxin isoliert, auch wieder als nur einer, wenn auch als der wirksamste Anteil einer ganzen Reihe von Herzglykosiden.

Andererseits ist es beim Weißdorn trotz vieler Bemühungen nicht ge- lungen, eine einheitliche wirksame Substanz festzustellen, sondern es handelt sich dabei ähnlich wie bei der Kamille um einen Komplex von Wirkstoffen, die sich gegenseitig ergänzen, also um ein Biopharma- kon („Naturheilmittel").

Wenn man sich ein solches Sche- ma, das natürlich nur eine Orien- tierung sein kann, vor Augen führt, erkennt man die Sonderstellung der pflanzlichen Heilmittel, also des Gesamtgebietes der Phyto- therapeutica. Ihr eigentliches We- sen besteht darin, daß sie als le- bendige Substanzen vielfache Wechselbeziehungen und Übergän- ge zeigen, so daß eine einheitliche Definition erschwert wird oder ganz unmöglich ist. Man wird sich damit begnügen müssen, eine schematische Übersicht zu schaf- fen, die aber doch notwendig ist, damit man nicht aneinander vor-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 8 vom 19. Februar 1976 523

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen Was ist Phytotherapie?

beiredet und vor allem nicht das ganze große Gebiet trennt und da- durch Unterschiede aufbaut, die nun einmal in der Natur mit ihrer großen Vielfalt der Erscheinungen nicht haltbar sind.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Rudolf Fritz Weiß Facharzt für innere Krankheiten Vogelherd 1, 7971 Aitrach

Redaktionelle Bemerkungen zu dem vorstehenden Beitrag Herr Dr. Weiß vertritt mit Recht den Standpunkt, daß nicht alle Phyto- therapeutica harmlos und unbe- denklich sind. Gerade das Beispiel des Lakritzensaftes (Succus Liqui- ritiae) zeigt, wie gefährlich auch ein früher für harmlos gehaltenes Mittel werden kann. Andererseits ist zu erwarten, daß für Phytothera- peutica, deren Unbedenklichkeit bekannt ist (zum Beispiel pflanzli- che Hausmittel) nicht ein Wirksam- keitsnachweis geführt werden muß.

Der Ansicht von Dr. Weiß ist nicht zuzustimmen, daß die Pharmakolo- gen der Meinung wären, „es sei nur eine Frage der Zeit und des Geldes, daß man auch für die pflanzlichen Heilmittel den Wir- kungsbeweis erbringen könne".

Diese Pharmakologen würde ich gern kennenlernen.

Professor Dr. Gustav Kuschinsky Pharmakologisches Institut Obere Zahlbacher Straße 67 6500 Mainz

Briefe an die Redaktion

EINKOMMEN

Auch ein Einkommensvergleich (jedoch anders als die, die derzeit in der Pres- se in Mode sind):

Trost

War es nicht (kürzlich) ... tröstlich zu lesen, daß ein bekannter Schau- spieler Schmuck für drei Millionen DM gekauft habe? Damit ist doch wohl erwiesen, daß endlich auch

anderen Berufsgruppen der Ein- bruch in die höheren Einkommen gelungen ist und wir Ärzte nicht mehr so ganz alleine stehen. Eini- ge von uns hat er offenbar sogar überrundet — so einen Medizinal- direktor, der nach 40 Dienstjahren monatlich ein Promille der obigen Summe zu verleben hat, oder die Witwe eines Orthopäden, die von ihrer Ärzteversorgung 1000 DM mo- natlich bekommt. Nichts gegen die Verdienste großer Mimen. Die Schaubühne ist eine moralische Anstalt. Aber auch die Gesundheit hat ihr Prädikat. Sie gilt als das höchste Gut. Nur darf sie nichts ko- sten. Merkwürdigerweise habe ich noch niemand gehört, der sich über die Preise von Autos, Pelz- mänteln oder Brillanten aufgeregt hätte.

Professor Dr. med. R. Kraemer Nervenarzt

Bebelstraße 24

6500 Mainz-Bretzenheim

IMPFSCHUTZ

Zu dem Artikel von Prof. Dr. Dr. h. c.

Richard Haas: „Impfschutz im Dienste der Prävention" (DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT, Heft 45/1975):

Einige Krankenkassen zahlen Zu den Anregungen bezüglich Übernahme der Impfkosten durch die gesetzlichen Krankenversiche- rungen kann ich Ihnen mitteilen, daß die AOK Bodenseekreis auf diesem Gebiet bereits vorbildliche Pionierarbeit geleistet hat: Masern

— lebend —, Röteln-, DT-, DPT, Tri-, Quatro- und Quintovirelon- impfstoff kann auf Kassenrezept verordnet und die Impfung auf Krankenschein mit Ziffer 29 ver- rechnet werden. Auch zahlreiche hiesige Betriebskrankenkassen er- lauben ein adäquates Vorgehen.

Einige Ersatzkassen — leider je- doch nicht alle — erstatten die Ko- sten für die Impfstoffe auf Antrag zurück.

Dr. med. Peter Graner Kinderarzt

Münsterstraße 37 7770 Überlingen

AUS DER RECHTSPRAXIS

Herausgabe von Original- Röntgen-

aufnahmen an den

Patienten

Vor nicht allzu langer Zeit erregte ein Urteil des Amtsgerichts Lud- wigsburg (Urteil vom 12. 6. 74, Az.

4 C 131/74, NJW 74/1431 f.) nicht unerhebliches Aufsehen. Darin hat- te das Gericht entgegen der Rechtsprechung des Bundesge- richtshofes (Urteil vom 6. 11. 62, Az.

VI ZR 29/62, NJW 63/389 f.) den Herausgabeanspruch eines Privat- patienten bezüglich Original-Rönt- genaufnahmen gegenüber einem Zahnarzt bejaht. Mit dem gleichen, gegen einen Facharzt für Orthopä- die gerichteten Begehren eines so- zialversicherten Patienten hatte sich das Amtsgericht Passau in seiner Entscheidung vom 22. 4. 75 (Az. C 8/75) auseinanderzusetzen.

Die eingehend begründete Ent- scheidung, die lediglich unterstüt- zend auf die Verhältnisse der Kas- senpatienten abstellt, hat gleicher- maßen für Privatversicherte Gel- tung.

Das Gericht lehnte einen Heraus- gabeanspruch des Patienten und damit eine dahingehende Heraus- gabeverpflichtung des Arztes ab.

Aus den Gründen:

„Der Kläger kann vom Beklagten nicht verlangen, daß dieser ihm die in seiner ärztlichen Praxis angefer- tigten Röntgenbilder übereignet.

Dies und nicht die bloße leihweise Überlassung ist mit dem Herausga- beanspruch gewollt.

524 Heft 8 vom 19. Februar 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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