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Archiv "Pharma als Partner im Gesundheitswesen: Erneute Diskussion über Kassenpharmazeutische Vereinigungen" (03.11.1995)

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THEMEN DER ZEIT DER KOMMENTAR

Pharma als Partner im

Volrad Deneke Gesundheitswesen

Erneute Diskussion über Mit der Veröffentlichung von zwei Gesetzentwürfen für die Errichtung einer Kassenpharmazeutischen Vereinigung und einer Pharmakammer aus der Feder der beiden Bochumer Professoren Friedrich E. Schnapp und Peter J. Tettinger erhält die Diskussion zu diesem Themenkreis

<assenpharmazeutische Vereinigungen neuen Auftrieb. Die erste gründliche Arbeit zu dieser The- matik war vor fünf Jahren im Deutschen Ärzte-Verlag er- schienen, die Erörterung versandete jedoch in der aktuellen Polemik zum Gesundheits-Reformgesetz von 1988 (GRG) und dem Gesundheitsstrukturgesetz von 1992 (GSG).

S

eit vielen Jahren wird die Frage erörtert, ob die Position der Arzneimittelindustrie im Ge- sundheitswesen der Bundesre- publik Deutschland durch die Errich- tung von Körperschaften öffentlichen Rechts, wie sie sich für die akademi- schen Heilberufe bewährt haben, ver- bessert werden könnte.

Inzwischen haben die widerstrei- tenden Interessen innerhalb der Phar- mazeutischen Industrie tiefgreifende organisatorische Folgen gehabt. Die Fortsetzung der Reformdiskussion er- folgt mit vielen Zungen; das Ende des Bundesgesundheitsamtes hat der Strukturdiskussion noch offene Fra- gen zukünftiger politischer Organisa- tionsformen hinzugefügt.

Die Konzepte der beiden Geset- zesvorschläge von Schnapp und Tet- tinger (Kasten) zeigen konkret, wie Selbstverwaltung in Form von Kör- perschaften öffentlichen Rechts mit Pflichtmitgliedschaft ausgestaltet werden könnte, um die Beziehungen zwischen gesetzlichen Krankenversi- cherungen, Vertragsärzten und an der Arzneimittelversorgung beteiligten Unternehmen zu regeln sowie ande- rerseits Mindestqualitätsanforderun- gen bei der Herstellung von Arznei- mitteln durch Errichtung einer Selbst- verwaltung mit Pflichtmitgliedschaft zu sichern.

Die Konzepte sind aufeinander abgestimmt, jedoch zugleich so in sich geschlossen entworfen und dargestellt, daß ihre Verwirklichung durch entspre- chende Gesetzgebung auch unabhän- gig voneinander vorgenommen werden könnte. Mit dieser einheitlichen und gemeinsamen Zielsetzung korrespon- diert die Interdependenz der gegen-

wärtigen rechtlichen und wirtschaftli- chen Situation und Dynamik des Arz- neimittelwesens, das in wichtigsten Funktionen sich als völlig unausgegli- chen und zu Innovationen aus eigener Kraft im Standort Deutschland als mehr und mehr unfähig erweist.

In nahezu allen Industrienatio- nen ist der weitaus überwiegende An- teil der Bevölkerung gesetzlich oder staatlich krankenversichert. Diese Krankenkassen haben daher für ihren Sektor ein Nachfragemonopol nach Krankenbehandlungs- bzw. nach Ge- sundheitsleistungen. Es ist insoweit ein weltweites Problem, Schutzme- chanismen gegen die mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschen- den Stellung durch die GKV zu er- richten. Dabei ist von ausschlagge- bender Bedeutung, daß entgegen früheren Rechtsgutachten der Eu- ropäische Gerichtshof in einem Urteil festgestellt hat, daß die französischen Krankenkassen keine den europäi- schen Kartellgesetzen unterliegende Unternehmen sind. Wer die Tenden- zen der Urteile des Europäischen Ge- richtshofes beobachtet, muß eine Ver- allgemeinerung ins Kalkül ziehen.

Regelmechanismus Eine Möglichkeit für einen Schutzmechanismus für pharmazeuti- sche Unternehmen und gleichzeitig für die Errichtung einer Partnerschaft zu den Vertragsärzten und zu den Krankenkassen wäre die Schaffung Kassenpharmazeutischer Vereinigun- gen. Hierzu präsentiert Friedrich E.

Schnapp innerhalb der Gesamtkon- zeption den Entwurf eines elastischen

Regelmechanismus für das Zusam- menspiel von gesetzlichen Kranken- versicherungen, verordnender Ver- tragsärzteschaft und an der Arznei- mittelversorgung der gesetzlich versi- cherten Bevölkerung beteiligungswil- ligen Unternehmen der Arzneimittel- industrie bei Berücksichtigung der Distributionsaufgaben des Großhan- dels und der individuellen Versor- gungsaufgaben der Apotheken.

Wie die Regelung der Beziehun- gen zwischen Vertragsärzten und Kran- kenkassen die Ausübung des ärztlichen Berufes als eines Freien Berufes die ärztliche Versorgung im Interesse der Versicherten sicherstellen muß, so muß auch die Regelung der Beziehungen zwischen Krankenkassen, Vertragsärz- ten und Arzneimittelindustrie sicher- stellen, daß die Arzneimittelversor- gung der versicherten Patienten nicht nur ausreichend und wirtschaftlich ist, sondern auch dem sich weiterent- wickelnden Stand der Wissenschaft und wissenschaftlichen Fortschritt ent- spricht. Der Sicherstellungsauftrag um- faßt den humanitären Fortschritt, das heißt nichts anderes, als daß die Rege- lung der Beziehungen forschungs- und entwicklungsfreundlich sein muß, wenn sie nicht unter Verlust von huma- nen Werten hinter der allgemeinen so- zialen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung zurückbleiben soll.

In diesem Sinne entspricht es der Philosophie der von Schnapp und Tet- tinger vorgetragenen Konzepte, daß die an der Arzneimittelversorgung der gesetzlich versicherten Bevölke- rung beteiligten Arzneimittelunter- nehmen nicht Objekt der Beziehun- gen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten und budgetierten Ein- A-2968 (30) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 44, 3. November 1995

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Selbstverwaltung der pharmazeutischen Unternehmen

Der Vorschlag, das Recht der Lei- stungserbringer in ein „Bundesgesetz über die Einbindung der Arzneimittelin- dustrie in das Fünfte Buch Sozialgesetz- buch" aufzunehmen, besteht konkret aus Änderungsvorschlägen zu relevanten Pa- ragraphen der zuletzt 1993 geänderten Fassung des SGB V von 1988.

Beispiele:

Zu § 35 (Festbeträge für Arznei- und Verbandmittel); der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen und der Bun- desausschuß der pharmazeutischen Un- ternehmer und Krankenkassen bestimmen gemeinsam und einheitlich in den Richtli- nien nach § 92 Abs. 2 für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festge- setzt werden können, ... etc.

Dieser neue Bundesausschuß soll in

§ 91 (Bundesausschüsse) neben dem Bundesausschuß der Ärzte und Kran- kenkassen und dem Bundesausschuß der Zahnärzte und Krankenkassen definiert werden: Die Kassenpharmazeutische Bundesvereinigung, die Bundesverbän- de der Krankenkassen, die Bundes- knappschaft und die Verbände der Er- satzkassen bilden einen Bundesausschuß der pharmazeutischen Unternehmer und Krankenkassen . . . etc.

Sinngemäß wird jeweils dieser Bun- desausschuß der pharmazeutischen Un- ternehmer und Krankenkassen auch ein- gefügt in § 92 (Richtlinien der Bundes- ausschüsse), § 92a (Institut „Arzneimit- tel in der Krankenversicherung") sowie in eine Reihe nach § 130 einzufügender Paragraphen über die Errichtung Kas- senpharmazeutischer Vereinigungen der Länder als Körperschaften des öffentli- chen Rechts (welche ihrerseits die Kas- senpharmazeutische Bundesvereinigung bilden), über Aufsicht, Haushalts- und Rechnungswesen, Vermögen, Statisti- ken, Selbstverwaltungsorgane, Satzung.

Schließlich wäre auch § 131 (Gesamtver- träge über die Arzneimittelversorgung) neu zu fassen.

Der Entwurf eines „Bundesgesetzes über die Errichtung einer Pharmakam- mer" als Körperschaft des öffentlichen Rechts definiert in §§ 1 und 2 die Pflicht- mitgliedschaft der pharmazeutischen Unternehmer, in § 3 die Aufgaben der Pharmakammer, während §§ 4 bis 10 der Satzung, den Organen, Beiträgen, Ge- bühren und der Staatsaufsicht gewidmet sind.

Beiden Entwürfen sind ausführliche Gesetzesbegründungen angefügt. roe THEMEN DER ZEIT

griffen des Staates oder entsprechend gesetzlich verpflichteter Selbstverwal- tung nur eines Teiles der beteiligten und betroffenen Partner bleiben dür- fen, sondern als handelnde Subjekte und als aktive Partner an der Rege- lung der Beziehungen beteiligt wer- den müssen. Die Rolle des Staates hat sich dabei auf die Innehaltung von Gesetz und Satzung zu beschränken, was allerdings zur Voraussetzung hat, daß der Staat nicht durch fehlerhafte Gesetze Fehlfunktionen in die Regel- mechanismen der partnerschaftlichen Beziehungen selbständiger Selbstver- waltungen einbaut und dann natürlich immer wieder selbst korrigierend un- mittelbar einzugreifen genötigt ist.

Das heißt beispielsweise konkret auch: Die Beziehungen zwischen Kran- kenkassen, Vertragsärzten und phar- mazeutischen Unternehmen müssen gesetzlich so geregelt werden, daß For- schung und Entwicklung für die ärztli- che und für die Arzneimittelversor- gung institutionell fortschrittliche Im- pulse erhalten und nicht Stillstand oder gar Rückschritt programmiert werden.

Dabei bleibt zu beachten, daß diese Im-

DER KOMMENTAR

pulse nicht nur Herstellern bestimmter Fachrichtungen oder bestimmter Un- ternehmensgrößen vorbehalten blei- ben, sondern mittelständische Breiten- wirkung entfalten können.

Daß Qualitätsstandards unerläß- lich sind, ist selbstverständlich. Hier verknüpft sich die Schwerpunktthe- matik „Kassenpharmazeutische Ver- einigungen" mit der Schwerpunktthe- matik „Pharmakammern", die eine im

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ie vorläufigen Ergebnisse von drei epidemiologischen Studi- en (eine im Auftrag der WHO) haben das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veranlaßt, den Stufenplan II für Deso- gestrel- und Gestoden-haltige Kontra- zeptiva einzuleiten (siehe Rubrik

deutschen Gesundheitswesen typi- sche Form der Selbstverwaltung, die bisher für die nichtindustrielle Arz- neimittelherstellung in den Offizinen der Apotheken seit Jahrhunderten selbstverständlich war und ist, auch auf die industrielle Arzneimittelher- stellung anwendet.

Die in dieser Beziehung vorgeleg- te Arbeit von Peter J. Tettinger weist insoweit den Weg für einen generatio- nenalten Nachholbedarf an Selbstver- waltung, wo spätestens bei der abrup- ten Auflösung des Bundesgesundheits- amtes die Problematik der unmittelba- ren Staatsaufsicht schlaglichtartig ins Blickfeld geraten ist. Es ist dringend zu hoffen, daß die politische Diskussion die wissenschaftlich fundierten Vor- schläge aufgreift. Sie kann für ei- ne rechtsstaatliche wirklichkeitsnahe Ordnung und Weiterentwicklung des Arzneiwesens auch weltweit gedankli- che Pionierdienste leisten, wenn For- schung und Entwicklung gerade in Deutschland wieder eine internationa- le Führungsrolle mit einigermaßen Aussicht auf Erfolg anstreben sollen.

(Selbstverwaltung der Pharma- zeutischen Unternehmen — Gesetz- entwürfe für die Errichtung einer Kassenpharmazeutischen Vereini- gung und einer Pharmakammer von Friedrich E. Schnapp und Peter J. Tet- tinger, herausgegeben von J. F. Vol- rad Deneke, ECV — Editio Caritor Verlag, 61 Seiten, kart., 24 DM)

Anschrift des Verfassers:

Prof. J. F. Volrad Deneke Godesberger Allee 54 53177 Bonn

„Akut" in diesem Heft). Entsprechen- de Präparate, die in Deutschland von 30 bis 40 Prozent aller Anwenderinnen der Antibabypille eingenommen wer- den, sollen das thromboembolische Ri- siko deutlich erhöhen. Hierbei handelt es sich um Kontrazeptiva der dritten Generation. Nach den Ergebnissen

WHO-Studie

zu oralen Kontrazeptiva weist Mängel auf

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 44, 3. November 1995 (31) A-2969

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