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Archiv "Gesundheitswesen: Qualität gibt es nicht zum Nulltarif" (24.12.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 51–52⏐⏐24. Dezember 2007 A3521

P O L I T I K

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt will den Pflegebegriff ausweiten. Bei den Vor- schlägen eines von ihr beauftragten Exper- tengremiums zur Weiterentwicklung des Be- griffs der Pflegebedürftigkeit müsse auch die Frage einer besseren Berücksichtigung von Betreuung und Zuwendung geprüft werden.

Dieser Forderung ist zuzustimmen. Die Kon- sequenzen jedoch werden nicht diskutiert.

Betreuung und Zuwendung erfordern Zeit, und Zeit muss bezahlt werden. Das Problem stellt sich im gesamten Gesundheitswesen.

Wenn die Forderung nach mehr Qualität nicht nur Deklarationscharakter haben soll, müssen Taten folgen.

Qualität in Gesundheit und Pflege ist zum Schlagwort geworden. Von Krankenkassen ist zu hören, dass kein Preiswettbewerb ange-

strebt wird, sondern ein Wettbewerb um Qua- lität. Implizit wird damit anerkannt, dass Qua- lität nicht zum Nulltarif zu haben ist. Auf der fachlichen Ebene ist Qualität ein immanenter Bestandteil ärztlichen und pflegerischen Han- delns, mit immer neuen und immer intensi- veren Möglichkeiten. So wurde erst kürzlich die Forderung erhoben, in Deutschland eine Datenbank für Endoprothesen wie Hüft- und Kniegelenkprothesen einzurichten. Dies be- deutet, dass jede Endoprothese registriert und zum Beispiel in ihrer Haltbarkeit und Komplikationsrate verfolgt werden kann. Das wird bereits erfolgreich in allen skandinavi- schen Ländern praktiziert. Die Ergebnisse sind eindeutig: weniger Komplikationen, bes- sere Haltbarkeit und ein positives Kosten- Nutzen-Verhältnis. Letztlich können auch Kosten gespart werden. Aber die Einrichtung eines solchen Registers erfordert zunächst Investitionen. Und wer zahlt?

Der Vorwurf, Deutschland sei in der Qua- lität der Gesundheitsversorgung im internatio- nalen Vergleich eher Mittelmaß, wenn nicht darunter, wird in jüngster Zeit seltener erho- ben. Unser Institut hat 2005 in Band 104 sei- ner Schriftenreihe „Leistungskatalog des Ge- sundheitswesens im internationalen Vergleich.

Eine Analyse von 14 Ländern“ nachgewiesen, dass Deutschland im Vergleich über ein hoch effizientes Gesundheitswesen verfügt, und dies insbesondere in der Relation des weltweit umfangreichsten Leistungskatalogs zu den eingesetzten Mitteln. Deutschland hat auch ei- ne qualitativ hochwertige Versorgung. Die Rangfolge der Weltgesundheitsorganisation mit einem mittelmäßigen Platz für Deutsch- land wurde mehrfach widerlegt. Deutschland hat außerdem die weltweit kürzesten Warte- zeiten beim Zugang zur medizinischen Versor- gung, ein wesentliches Qualitätsmerkmal ei- nes Gesundheitssystems. Dies dürfte in der freiberuflichen Ausgestaltung der ambulanten ärztlichen Versorgung begründet sein. Veröf- fentlichungen der OECD, des Forschungs- und Beratungsinstituts Health Consumer Power-

house, des Commonwealth Fund und des Be- rufsverbands der Frauenärzte in Zusammen- arbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe belegen eben- falls, dass die Gesundheitsversorgung in Deutschland im internationalen Vergleich eine Spitzenstellung einnimmt.

Es ist schon bemerkenswert, dass Staats- sekretär Dr. Klaus Theo Schröder aus dem Bundesgesundheitsministerium auf dem Par- lamentarischen Abend der Bundesärztekam- mer und der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung am 23. Oktober 2007 in Berlin betonte, dass der jüngste EU-Vergleich eine Spitzenpo- sition Deutschlands in der medizinischen Ver- sorgung belege. Allerdings wird bei derartigen Hinweisen nicht selten vergessen zu erwäh- nen, dass diese Qualität ihre Wurzeln in einem staatsfernen und sich selbst verwaltenden Ge- sundheitswesen hat, in Strukturen, die durch die jüngste Gesetzgebung mehr und mehr der Vergangenheit angehören.

In Deutschland gibt es zahlreiche Maßnah- men zur Qualitätssicherung. Alle Ärzte- und Zahnärztekammern sowie alle Kassenärztli- chen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen setzen einen erheblichen Teil ihres Etats für Qualität, Qualitätssicherung und Qualitätskon-

trolle ein. Jede Fortbildungsmaßnahme dient dem medizinischen Fortschritt, aber auch der Qualität der Versorgung. Krankenhäuser führen Qualitätskontrollen durch und veröffentlichen Qualitätsberichte. Qualitätszirkel niedergelas- sener Ärzte dienen der Verbesserung der Ver- sorgung. Die Bundesgeschäftsstelle Qualitäts- sicherung hat im Oktober ihren Qualitätsreport 2006 vorgelegt, in dem über Verbesserungen und Defizite der Behandlung in deutschen Krankenhäusern berichtet wird.

Es ist unbestritten, dass Qualität viele Vor- teile bietet. Qualität erhöht die Sicherheit von Arzt und Patient, vermeidet Komplikationen und Todesfälle, erhöht die Lebensqualität und verlängert das Leben. Vorsicht ist jedoch mit der Behauptung geboten, Qualität spare Geld.

Zunächst erfordert Qualität Investitionen in

Aus-, Weiter- und Fortbildung. Innovative Arz- neimittel können Qualität verbessern. Moderne Medizintechnik ist in der Regel sicherer und hochwertiger als ältere. Dabei ist unbestritten, dass Qualität auch Kosten sparen kann. Eine Gesamtrechnung jedoch fehlt, ist wohl auch nicht zu leisten. Die Aufrechnung von Kosten auf der einen und von Einsparungen auf der anderen Seite dürfte auch darum schwierig sein, weil ein Ziel von Qualität die Lebensver- längerung ist, und jedes Jahr an Leben erfor- dert ein Mehr an medizinischer Versorgung.

Qualität ist Zweck und Ziel an sich. Der Slogan

„Qualität spart Geld“ führt nicht weiter.

Die Forderung nach größtmöglicher Qua- lität in der Gesundheitsversorgung ist berech- tigt. Der Patient hat Anspruch auf eine siche- re, auf eine qualitativ hochwertige Versor- gung. Die Erfüllung der Forderung nach Qua- lität setzt aber voraus, dass diejenigen, die Qualität erbringen sollen und wollen, auch in die Lage versetzt werden, dies zu tun. Dies erfordert Investitionen in Personal, in Ausstat- tung und in Sachmittel. Übermüdetes Perso- nal ist weniger leistungsfähig als ausgeruhtes Personal. Für Zuwendung muss Zeit zur Ver- fügung stehen. Qualität erfordert Investitionen und damit Geld. Qualität kostet. I

KOMMENTAR

Prof. Dr. med. Fritz Beske, Fritz Beske Institut für Gesundheits-System-Forschung, Kiel

GESUNDHEITSWESEN

Qualität gibt es nicht zum Nulltarif

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