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Archiv "Leitsymptom: Cyanose" (16.10.1985)

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Leitsymptom: Cyanose

Max Bärschneider

Die Cyanose begleitet viele Krankheiten und Syndrome. Kardiale und pulmonale Genesen stehen im Vordergrund, doch gibt es weitere Ursa- chen bis zum lokalen oder physiologischen Vorkommen. Bei Intoxika- tionen ist die Cyanose vorübergehend. Zu den endokrinen Ursachen zählt das Cushing-Syndrom mit charakteristischen rotblauen Striae.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Die Cyanose ist ein wertvolles und vieldeutiges Symptom, auch ein empfindlicher Indikator für Ver- lauf und Therapie, wenn man In- tensität und Lokalisation beach- tet.

Die im Vordergrund stehenden kardialen und pulmonalen Gene- sen können wir unterscheiden durch Einatmen von reinem Sau- erstoff über eine Zeit von 5 bis 10 Minuten: bei pulmonaler Ursache schwindet die Blausucht.

Kardiale Ursachen

Diese sind weitaus am häufigsten.

Hierbei handelt es sich um eine allgemeine Verlangsamung des venösen Refluxes bzw. um Stau- ung (Rechtsinsuffizienz), von der vornehmlich die Lippen betroffen sind. Gleichzeitig findet man Öde- me, Dyspnoe, inspiratorischen Stridor, kupierte Stimme, Stauun- gen der Lungen (Herzfehlerzel- len), der Nieren (Albuminurie), der Leber (Urobilinogen vermehrt) und der Venen. Auch Nykturie und Oligurie mit hoher Konzentration gehören dazu.

Am ausgeprägtesten ist die Blau- färbung beim (relativ seltenen) Morbus coeruleus, der angebore- ne Vitien anzeigt. Hierzu zählen:

a) Ohne Kurzschlußverbindung zwischen großem und kleinem Kreislauf: Pulmonalstenose, Aor- tenisthmusstenose u. a.

b) Mit Links-rechts-Shunt:

Offener Ductus Botalli,

Vorhof- oder Kammer-Septumde- fekt,

Lutembacher-Syndrom = Vorhof- septumdefekt + Mitralstenose, Transposition der großen Arte- rien: nur lebensfähig bei zusätzli- chem Shunt.

c) Mit Rechts-links-Shunt (tief- blaues Kolorit):

Fallot'sche Tetralogie = Kombina- tion von Pulmonalstenose, hohem Ventrikelseptumdefekt, Hypertro- phie der rechten Kammer und Dextroposition der Aorta,

Eisenmenger-Komplex = Fallot ohne Stenose der A. pulmonalis, Atresie oder Stenose der Trikuspi- dalis,

Ebstein-Syndrom = Anomalie der Trikuspidalis, gewöhnlich mit Tri- kuspidalinsuffizienz und Vorhof- septumdefekt.

Bei Mitralfehlern, vorwiegend bei Stenosen, findet sich häufig gleichzeitig ein Subikterus. Dies trifft nicht selten auch für die Aor- teninsuffizienz zu. Bei der Endo- carditis lenta mischt sich die Cya- nose mit Anämie, woraus ein milchkaffeefarbenes Kolorit resul- tiert. Die Myocarditis acuta und die Myodegeneratio cordis ken- nen alle Schattierungen der Cya- nose, ebenso die Pericarditis ex- sudativa und adhaesiva, je nach Ausdehnung der Prozesse. Das gleiche gilt für die Pulmonalskle- rose (= Arteriosklerose der größe- ren Pulmonalisäste), für den sehr

seltenen M. Ayerza (= Arterioskle- rose der kleineren Pulmonalgefä- ße) und für die Endarteriitis oblite- rans im Bereich der Lungen.

Pulmonale Ursachen

Die zuletzt genannten drei Krank- heiten reichen bereits in die pul- monale Form der Cyanose hin- über. Hier sind, gewöhnlich mit deutlicher Dyspnoe einherge- hend, eine gestörte Sauerstoffdif- fusion und Hypoventilation zu- grundeliegend.

In Betracht kommen:

schwere Pneumonien (mit Rö- tung), Grippepneumonie, Miliartu- berkulose (mit Blässe), ausge- dehnte Lungentuberkulose, chronische Bronchitis und Bron- chiektasen,

Lungenembolie, Lungenödem, Tumoren und Lymphangitis carci- nomatosa der Lungen, Emphy- sem, Asthma bronchiale und Ka- pillarbronchitis,

Atelektase, Silikose, Pneumono- se, Pneumothorax, Pleuraerguß und -schwarte,

Trachea- und Larynxstenosen so- wie Fremdkörperaspiration, Lähmung der Atemmuskulatur bei infauster Poliomyelitis und Lan- dry'scher Paralyse,

Thoraxdeformitäten.

Beim Cor pulmonale führt die pul- monal bedingte Druckerhöhung im kleinen Kreislauf zur Überla- stung des rechten Herzens, das eher schlank als vergrößert ist, je- doch mit vorgewölbtem Pulmo- nalbogen; später kommt es dann zur Rechtshypertrophie, oft mit hebender Pulsation der rechten Kammer. Vor allem sind Zunge und Ohren cyanotisch, die Halsve- nen sind prall gefüllt, die Leber ist gestaut, teils hämorrhagisches Sputum.

Das akute Cor pulmonale entsteht durch Lungenembolie, Lungen- ödem, im Bronchialasthma-Anfall und bei plötzlichen Drucksenkun- gen im Pleuraraum, während für die chronische Form die anderen Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 42 vom 16. Oktober 1985 (69) 3085

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Cyanose

bereits aufgeführten Ursachen in Frage kommen, also Linksinsuffi- zienz, Mitralvitien, Emphysem- bronchitis usw.

Polycythämien

Bekannt sind die bläulichen Tö- nungen bei der Polycythaemia rubra vera und bei den symptoma- tischen Polyglobulien, die meist auf innerem (Herz- oder Lungen- krankheiten) oder auf äußerem (Bergbewohner, Neugeborene) 02-Mangel beruhen.

Vergiftungen

Bei Intoxikationen ist die Cyanose zumeist vorübergehend. Am ge- fährlichsten sind Vergiftungen mit Blausäure und mit Kohlenmon- oxid (rosig-cyanotischer Teint und Muskelkrämpfe). Die Methämo- globinämie hat eine schokoladen- braune Blutfarbe; Vitamin-C-Ga- ben vermindern die Cyanose. Sie ist selten angeboren, meist be- dingt durch Sulfonamide, Anilin, früher Phenacetin, nitrose Gase, Nitrite und Nitrate. Der Sulfhä- moglobinämie, die durch bläulich- grünliche Blutfarbe gekennzeich- net ist, liegen enteral-hepatogene Störungen zugrunde, zum Bei- spiel langdauernde Sulfonamid- therapie bei Obstipation.

Endokrine Ursachen

Das Cushing-Syndrom geht mit ei- ner deutlichen Cyanose einher.

Charakteristisch sind die rotblau- en Striae und das gerötet-livide Vollmondgesicht sowie die Stammfettsucht und dünne Extre- mitäten. Daneben können Hypo- genitalismus, Hirsutismus, Hyper- tonie, Osteoporose, Polyglobulie, Hyperkalzämie und Diabetes vor- kommen.

Physiologisches Vorkommen Physiologisch ist die Cyanose bei Gesunden in Kälte; in diesem Zu-

sammenhang seien die Erfrierun- gen mit folgenden chronischen Gefäßschädigungen erwähnt. Cya- nose durch Gefäßdilatation kann konstitutionell bedingt sein, ist aber auch bei Arbeitern im Freien infolge von Witterungseinflüssen und bei Potatoren (blaue Säufer- nase) bekannt.

Lokale Cyanose

Diese ist zu beobachten bei peri- pheren Zirkulationsstörungen al- ler Art, wie

Varikosis, Thrombose, Arteriosklerose, Arterielle Embolie,

zum Beispiel bei Endocarditis, Endangiitis obliterans: betroffen sind fast nur Männer, meist im 3.

bis 5. Lebensjahrzehnt. Der Pro- zeß beginnt gewöhnlich asymme- trisch an den Beinen, dehnt sich dann aber auch auf die inneren Organe aus.

Akrocyanose: Cyanose und Kälte der Hände, vorwiegend bei lepto- somen, vegetativ labilen Jugendli- chen,

Morbus Raynaud: kommt fast nur bei Frauen vor, zumeist symmetri- scher Befall der Finger, die unter Schmerzen anfallsweise weiß bis blaurot und kalt werden.

Ausgeprägt ist die Cyanose bei Gefäßkompressionen infolge von Tumoren, Aszites, Leberzirrhose und Aneurysma. Bei Stauung der V. cava superior durch Mediasti- naltumoren, substernale Strumen, Perikardadhäsionen und Throm- bosen tritt eine bläuliche Trübung der Zungenunterfläche als Früh- symptom auf; weitere Symptome sind Dyspnoe, stark dilatierte Halsvenen sowie Blaufärbung und Ödeme an Kopf, Hals und Armen (Stokes-Kragen). Auch in gelähm- ten Extremitäten ist die Cyanose durch Kapillarstase bedingt. Bläu- liche Verfärbungen können sich schließlich bei schlecht sitzenden

Verbänden und bei falscher Lage- rung von Körperteilen entwickeln.

Livide Stauung am Anus lenkt den Verdacht auf eine Darminvagina- tion hin.

Literatur

Kleines Diagnostikon, 15. Auflage, Gustav Fi- scher Verlag Stuttgart.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Max Bärschneider Arzt für Innere Medizin Am Johannisberg 33 5483 Bad Neuenahr

FÜR SIE GELESEN

Ulcusrezidivprophylaxe:

Ranitidin überlegen

Die Food and Drug Administration (FDA) forderte vor der Zulassung von Ranitidin in den Vereinigten Staaten eine Langzeitstudie, in der Cimetidin und Ranitidin direkt miteinander verglichen werden sollten hinsichtlich einer Ulcusre- zidivprophylaxe bei Ulcus-duode- ni-Patienten. Zwei Studien wur- den daraufhin durchgeführt, eine in den USA und eine zweite in Großbritannien, Irland und Austra- lien, deren Ergebnisse unlängst publiziert wurden. Insgesamt er- hielten in der Multicenter-Studie, an der 51 Kliniken beteiligt waren, 484 Patienten entweder 150 Milli- gramm Ranitidin oder 400 Milli- gramm Cimetidin vor dem Schla- fengehen. Nach einjähriger Ein- nahme waren unter Ranitidin 23 Prozent, unter Cimetidin 37 Pro- zent der Ulcera rezidiviert (p = 0,004). Nach viermonatiger Dauer- medikation lagen die entspre- chenden Zahlen bei 8 Prozent ge- genüber 21 Prozent, nach 8 Mona- ten bei 14 Prozent gegenüber 34 Prozent. Im Gegensatz zur Akut- behandlung ist Ranitidin bei der Ulcusrezidivprophylaxe dem Ci- metidin überlegen.

Gough, K. R.; Korman, M. G.; Bardhan. K. D., et al.: Ranitidine and cimetidine in prevention of duodenal ulcer relapse. A double-blind, rando- mized, multicentre, comparative triel. Lancet II (1984) 659-662 — Royal United Hospital, Bath, England

3088 (72) Heft 42 vom 16. Oktober 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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