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Archiv "Caritas Trägergesellschaft Trier: Anrüchige Beziehungen und veruntreute Gelder" (19.11.1999)

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ie Geschichte ist filmreif: Im Mittelpunkt steht der „Por- schefahrer und Lebemann“

Hans-Joachim Doerfert; weitere Hauptdarsteller sind der Trierer Bi- schof Dr. Hermann Jo-

sef Spital, Bundesver- kehrsminister Reinhard Klimmt, die Fußballver- eine Eintracht Trier, 1. FC Saarbrücken und Waldhof Mannheim so- wie die Ärztliche Ab- rechnungsstelle Trier. Zur Handlung: Dem filmrei- fen Bösewicht gelingt es mit Hilfe von Schmier- geldern, Beteiligungen und Scheinverträgen, sich ein weitreichendes Fir- men- und Beziehungsge- flecht aufzubauen. Er be- trügt die Caritas-Orga- nisation um einige Mil- lionen DM an Spenden- geldern. Jetzt sitzt er in Untersuchungshaft, und

infolge fortgesetzter staatsanwalt- schaftlicher Ermittlungen geraten im- mer mehr Personen ins Visier der Fahnder.

Doerfert hat sich im Laufe der Jahre ein Firmengeflecht aufgebaut, das selbst für Fachleute nur schwer zu durchschauen ist: Keimzelle des Ganzen ist die Caritas Trägergesell- schaft Trier (CTT), ein kirchlicher Verein, der 1987 aus der Deutschen Gesellschaft für Krankenpflege her- vorgegangen ist. Als Mitglied des Diözesan-Caritasverbandes Trier ver- folgt die CTT satzungsgemäß aus- schließlich gemeinnützige Zwecke.

Der Trierer Bischof Spital hatte sich zu Beginn seiner Amtszeit für die Gründung der CTT eingesetzt,

„weil seitens der Ordensgemeinschaf- ten mehr und mehr Krankenhäuser

aufgegeben werden mußten“, wie er bei einer Pressekonferenz des Bistums in Trier verdeutlichte. Unter der Ge- schäftsführung von Doerfert sanierte die CTT mehrere finanziell ange- schlagene Krankenhäuser und genoß einen guten Ruf. Derzeit gehören 42 Einrichtungen mit 9 000 Beschäftig- ten zu der Krankenhausgesellschaft, deren Jahresumsatz sich auf rund 850 Millionen DM beläuft. Neben Kran- kenhäusern und Kliniken sind auch einige Einrichtungen Teil der CTT, denen man die Gemeinnützigkeit nicht auf den ersten Blick ansieht, wie zum Beispiel die Weiterbildungs-Akade-

mie Weiskirchen oder die Gesellschaft für berufliche Bildung.

Eine zentrale Rolle in Doerferts Firmenkonstruktion spielte die Ärzt- liche Abrechnungsstelle Trier (ÄAT), gegen deren Geschäfts- führer, Ulrich Ziegel- mayer, ebenfalls ermit- telt wird. Die Einrich- tung zur Abrechnung der Arztrechnungen für Pri- vatpatienten ist über ih- re Aktienbeteiligung das Bindeglied zur Klinik Rose AG: Mit dieser Ge- sellschaft versuchte Doer- fert seit 1996, bundes- weit Geschäfte zu ma- chen. Dabei traten in der Regel die Bayerische Be- amten-Versicherung als Investor und die Klinik Rose AG als Mieter auf. Finanziell abgesi- chert wurden die Trans- aktionen mit Bürgschaf- ten und Mietgarantien zu Lasten der ÄAT. An wie vielen Fir- men Doerfert darüber hinaus direkt oder über Strohmänner beteiligt ist oder war, ist noch unklar.

Auffällige

Bargeldzahlungen

„Seit 1994 bis heute wurden diverse auffällige Bargeldzahlungen und Geldüberweisungen überwiegend an natürliche Personen getätigt“, heißt es lapidar im Zwischenbericht, den die Wirtschaftsprüfungsgesell- schaft KPMG zu den Vorfällen vor- A-2956 (24) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 46, 19. November 1999

P O L I T I K DIE REPORTAGE

Caritas Trägergesellschaft Trier

Anrüchige Beziehungen und veruntreute Gelder

Gegen den ehemaligen Chef der Caritas Trägergesellschaft Trier, Hans-Joachim Doerfert, läuft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue in Millionenhöhe – eine Affäre, die Kreise bis in den medizinischen Bereich hinein zieht.

D

Auf dem Weg zum Haftrichter: Hans-Joachim Doerfert, ehemaliger geschäftsführender Vorstand der Caritas Trägergesellschaft Trier, steigt in einen Polizeiwagen.

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legte. Die Bargeldzahlungen seien oft- mals ohne schriftliche Verträge oder nachvollziehbare Gegenleistungen er- folgt. Vom Bistum Trier Ende August damit beauftragt, versucht die KPMG, die rechtlichen und wirtschaftlichen Verflechtungen der CTT aufzuzeigen, und macht Vorschläge für eine Neu- strukturierung. Noch nicht bekannt ist derzeit, wer die „auffälligen Bargeld- zahlungen“ aus den Kassen der Cari- tas erhalten hat. Zwar nennt der Be- richt dem Vernehmen nach Namen, das Bistum will diese aber noch nicht veröffentlichen: „Es könnten auch se- riöse Geldempfänger dabeisein, die wir nicht denunzieren möchten“, gab sich Hans Casel, Sprecher des Trierer Bischofs, reserviert. Die Nennung der Namen wolle man lieber der Staatsan- waltschaft überlassen, wenn diese ihre Ermittlungen abgeschlossen habe.

Der KPMG-Zwischenbericht li- stet Finanztransaktionen von der CTT zur ÄAT in Höhe von 34 Millionen DM auf. Davon flossen offenbar nur etwa 15 Millionen in ein Projekt für betreutes Wohnen in Trier. Rund 3,5 Millionen DM sind an den früheren Geschäftsführer Doerfert, den Fuß- ballverein Eintracht Trier (dessen Vor- sitzender Doerfert war) und an weite- re beteiligte Personen weitergeleitet worden. 15,5 Millionen DM erhielt die Klinik Rose AG, die davon zwölf Millionen DM in ein Trierer Großki- no, das Cinemax, investierte. Mit Blick auf die vertraglichen Verflech- tungen innerhalb der CTT-Gruppe re- cherchierten die KPMG-Experten ein Konglomerat aus Krediten, Bürg- schaften und Patronatserklärungen der CTT und ihrer Töchter. „Die rechtlichen Verpflichtungen, die unter dem Management Doerferts einge- gangen wurden, könnten unter Um- ständen mit sehr hohen finanziellen Folgen für die CTT (und damit für das Bistum Trier) verbunden sein“, be- fürchtet Dirk Wummel, Finanzchef des Trierer Bistums. Um eine Gefähr- dung der Gemeinnützigkeit zu ver- meiden, empfehlen die Wirtschaftsbe- rater, unverzüglich eine Entflechtung und Umstrukturierung der CTT vor- zunehmen.

Die Liste der Vorwürfe gegen Doerfert ist ebenso lang wie die der angeblich am Finanzskandal beteilig- ten Personen: So werden auch dem

früheren saarländischen Ministerprä- sidenten und jetzigen Bundesver- kehrsminister Reinhard Klimmt (SPD) illegale Machenschaften mit Doerfert nachgesagt. Als früherer Prä- sident des Fußballvereins 1. FC Saar- brücken soll Klimmt einen „sportme- dizinischen Beratervertrag“ mit dem CTT-Manager abgeschlossen haben, der über 600 000 DM in die Kasse des Fußballvereins spülte. Allerdings fin- det sich offenbar kein Krankenhaus, in dem sich jemand daran erinnert, daß Mitglieder des Vereins beratend tätig gewesen sind. Nun prüfen die Ermitt- ler, ob sich die Gegenleistung für die Spenden an den 1. FC in einer „politi- schen Bevorzugung“ von Doerferts Gesellschaft ausgedrückt hat. Der Vorwurf: Klimmts Regierung soll 1998 zwei CTT-Kliniken beim Abbau von Betten verschont haben. Der Minister weist jeden Verdacht der Bestechlich- keit entschieden zurück.

Zuletzt besuchten die Ermittler den Präsidenten des Fußball-Zweitli- gisten SV Waldhof Mannheim, Wil- fried Gaul. Dessen Baubetreuungsfir- ma soll ein 1994 von der Diözese

Speyer für sechs Millionen DM erwor- benes Grundstück zwei Jahre später für 13 Millionen DM an die CTT wei- terverkauft haben. Die Staatsanwalt- schaft hegt den Verdacht, daß aus der Differenzsumme erhebliche Beträge in Doerferts Tasche geflossen sind.

Zu den Opfern der dubiosen Geschäfte Doerferts sollen übrigens auch Krankenkassen gehören. An- geblich setzte der Manager in Tausen- den von Fällen eine Erhöhung von Pflegesätzen in den von der CTT be- triebenen Einrichtungen durch, was er mit höheren Arzneikosten begrün- dete. Dies soll zu Mehreinnahmen von 13 Millionen DM geführt haben.

Seelsorger und kein Betriebswirt

Dem Trierer Bischof Spital hat der Finanzskandal in seinem Bistum stark zugesetzt: „Es ist dies die schmerzlichste Pressekonferenz, die ich in meinem Leben gehalten habe“, sagte er vor den Journalisten, deren Fragen nach Rechtsaufsicht, Verant- wortung und Kontrollmechanismen, die diesen Skandal hätten verhindern können, er sich stellen mußte. „Es war sehr bitter für mich, erfahren zu müs- sen, in welchem Ausmaß Herr Doer- fert mein Vertrauen mißbraucht hat“, sagte der 73jährige. Er habe zwar die formelle Rechtsaufsicht über die CTT gehabt, diese aber nicht persönlich wahrnehmen können. „Ich bin schließ- lich Seelsorger und nicht Betriebs- wirt.“ Der Bischof ist jedoch fest ent- schlossen, alle unsauberen Machen- schaften von Doerfert und seinen Mit- helfern aufzudecken. Einen Verkauf oder eine sonstige Übertragung der CTT an ein anderes Krankenhausun- ternehmen schließt Spital aus.

Für die nächsten fünf Jahre sol- len Dirk Wummel, bislang Finanzchef des Trierer Bistums, und Peter Schuh, der bisherige Justitiar, an der Spitze der CTT stehen. Schuh übernimmt das Amt des Vorstandsvorsitzenden, Wummel das des geschäftsführenden Vorstands. Gesucht wird noch eine dritte, mit dem Krankenhausbereich vertraute Führungskraft. Spital unter- strich, daß er das Grundkonzept der CTT nach wie vor für richtig hält. Da- her gelte es nun, die CTT nicht nur – wie es im übrigen auch dem Wunsch der Mitarbeitervertretung, der Ärzte und Direktoren der CTT-Einrichtun- gen entspricht – als solche fortzu- führen, sondern auch wieder für ein hohes Ansehen der CTT in der Öf- fentlichkeit zu sorgen. Jens Flintrop A-2958

P O L I T I K

(26) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 46, 19. November 1999 DIE REPORTAGE

Reinhard Klimmt präsentiert das Trikot des 1. FC Saar- brücken. Der Bundesverkehrsminister soll in dubiose Geschäfte des Vereins verwickelt sein. Fotos: dpa

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