A 84 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 3|
21. Januar 2011TRENDFORUM KLINIK 2011
Was lockt den Nachwuchs?
Die Krankenhäuser unternehmen mehr denn je, um als attraktiver Arbeitgeber für Ärzte wahrgenommen zu werden. Die fachliche Kompetenz des Chefarztes spielt jedoch weiterhin eine überragende Rolle bei der Akquise von Ärzten.
L
ahr ist ein 43 000-Einwohner- Städtchen am Rande des Schwarzwalds, nahe der französi- schen Grenze. Obwohl landschaft- lich schön gelegen, zählt es sicher nicht zu den bevorzugten Wohnge- genden junger Ärztinnen und Ärzte.Dennoch hat der Chefarzt der Kli- nik für Herz-, Thorax- und Gefäß- chirurgie des Mediclin-Herzzen- trums Lahr nach eigenem Bekun- den wenig Probleme, seine ärztli- chen Stellen zu besetzen. Prof. Dr.
med. Jürgen Ennker führt dies vor allem auf den ausgezeichneten Ruf seiner Klinik zurück. „Man muss eine Situation herbeiführen, in der die Mitarbeiter stolz auf ihre Klinik sind“, betont der Herzchirurg. Dies setze natürlich herausragende medi- zinischen Leistungen voraus. „Ge- nauso wichtig ist es
aber, diese hohe Qualität auch trans- parent zu machen.“
Seitdem er die Kli- nik 1994 eröffnete, veröffentlicht er da- her laufend wichti-
ge chirurgische Ergebnisse wie die Mortalitätsdaten. Für jeden einzel- nen Operateur führt er Leistungs- kurven, bei Auffälligkeiten werden die Ursachen analysiert. Ennker:
„Wer bei mir seinen Facharzt macht, weiß, dass er exzellent aus- gebildet, gefordert und gefördert wird.“ Viele seiner Schüler seien bundesweit inzwischen in renom- mierten Kliniken tätig. Das spreche sich unter den Ärzten herum.
Die knapp 80 Teilnehmer des Trendforums Klinik 2011, zu dem das Deutsche Ärzteblatt und die Managementberatung Kienbaum am 13. Januar Führungskräfte und Personalleiter von Krankenhäusern nach Düsseldorf geladen hatten, lauschten den Ausführungen des
selbstbewussten Klinikchefs aus Lahr mit gemischten Gefühlen. Ei- nerseits profitieren auch sie von der medizinischen Exzellenz einzelner Ärzte in ihren Krankenhäusern. An- dererseits haben sie als Verantwort- liche aber auch wenig Einfluss auf die von Ennker präferierte Form der Personalsuche: „Denn egal, wo Sie operieren, Herr Professor: Die Leu- te kommen doch so oder so zu Ihnen“, kommentierte Moderator Thomas Studer das Auftaktreferat.
„Der sozial und fachlich kompe- tente Chefarzt ist eine absolut not- wendige Bedingung zur erfolgrei- chen Akquise – aber keine hinrei- chende“, betonte Dr. Bernd Runde, Personalleiter der Niels-Stensen- Kliniken GmbH, die im Raum Os- nabrück sieben Krankenhäuser be-
treibt. Zwar entscheide sich kein neuer ärztlicher Mitarbeiter wegen des Geschäftsführers oder des Per- sonalleiters für die Aufnahme einer Tätigkeit in einem bestimmten Krankenhaus. Die von diesen Per- sonengruppen auf den Weg ge- brachten und mitgeprägten Arbeit- gebereigenschaften sowie das Per- sonalkonzept eines Krankenhauses seien jedoch nicht zu unterschätzen.
Auch die Niels-Stensen-Kliniken GmbH unternimmt viel, um als at- traktiver Arbeitgeber wahrgenom- men zu werden. Das beginne bereits im Medizinstudium, berichtete Run- de: Teilnehmer eines Stipendienpro- gramms unterstütze der katholische Träger mit monatlich 200 Euro. Im Gegenzug verpflichten sich die Stu-
dierenden, später mindestens drei Jahre in einem Krankenhaus des Verbundes tätig zu sein. Überschrei- tet die Weiterbildung zum Facharzt organisationsverschuldet den ver- einbarten Zeitraum, kann der Assis- tenzarzt Schadensersatz einklagen.
Ärztliche Führungskräfte werden speziell geschult – „auch dahinge- hend, die eigenen Grenzen zu fin- den und den Burn-out zu vermei- den“ (Runde). Als eine der ersten Krankenhausverbünde haben sich die Niels-Stensen-Kliniken zudem ihre Familienfreundlichkeit mit der Urkunde „Audit Beruf und Familie“
bestätigen lassen. Zu den Maßnah- men, die diese Auszeichnung recht- fertigen, zählen unter anderem Gleitzeitregelungen, Möglichkeiten familienbedingter Teilzeitarbeit und
Betreuungsangebote für Kinder von Beschäftigten. Schließlich bezahlt der Verbund seine Ärzte übertarif- lich, das heißt so wie in den kom- munalen Krankenhäusern.
Neben diesen inzwischen doch recht verbreiteten Personalgewin- nungsmaßnahmen haben die Niels- Stensen-Kliniken auch ein unge- wöhnliches Angebot im Repertoire:
Erfahrene Ärzte, die bereit sind als eine Art Springer auf Abruf in den sieben Krankenhäusern des Verbun- des tätig zu sein, können bis zu 25 Prozent zusätzlich verdienen. „Ho- norararzt kann jeder, wir bauen mit Ihnen eine eigene task force“, heißt es in der dazugehörigen Stellen - anzeige im Deutschen Ärzteblatt. ■
Jens Flintrop
„ Der sozial und fachlich kompetente Chefarzt ist eine
absolut notwendige Bedingung zur erfolgreichen Akquise – aber keine hinreichende. “
Bernd Runde, Personalleiter