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er für das Versicherungs- recht zuständige IV. Zivil- senat des Bundesgerichts- hofs (BGH) in Karlsruhe hat mehrere Klauseln in den Allge- meinen Bedingungen der Le- bensversicherungsunternehmen für unwirksam erklärt, weil sie für den Versicherungsnehmer„nicht hinreichend durchschau- bar“ seien. Die Klauseln betref- fen die Kündigung, die Beitrags- freistellung (Umwandlung in ei- ne beitragsfreie Versicherung) und die Abschlusskosten von Ka- pital bildenden Lebensversiche- rungen (Az.: IV ZR 121/00). In den betreffenden Passagen heißt
es unter anderem, bei Umwand- lung und Kündigung werde die Versicherungssumme und der Rückkaufswert „nach den aner- kannten Regeln der Versiche- rungsmathematik“ berechnet.
Nach Angaben des Bundes der Versicherten (BdV), Hamburg, betrifft das Urteil zehn bis 15 Millionen Lebensversicherun- gen oder private Rentenverträ- ge, die seit 1995 abgeschlossen wurden. In den Verfahren, die der BdV angestrengt hatte, ging es um die Bedingungen der Al- lianz-Lebensversicherungs-AG und der Nürnberger Lebensver- sicherung AG.
Der BGH bemängelte, dass der Versicherungsnehmer den Kündigungsklauseln nicht aus- reichend die wirtschaftlichen Nachteile entnehmen könne, die er bei einer Kündigung des Versicherungsvertrages oder ei- ner Beitragsfreistellung in Kauf nehmen müsse. Zwar hätte der Versicherungsnehmer einer ihm zur Verfügung gestellten Tabel- le „mit Schwierigkeiten“ ent- nehmen können, dass er bei ei- ner Kündigung in den ersten beiden Jahren nichts ausgezahlt bekomme – „seine Beiträge al- so im vollem Umfang verloren sind“ –, dieses genüge aber nicht den Anforderungen, die an die Klarheit Allgemeiner Versiche- rungsbedingungen zu stellen seien. Gleiches gelte für die Klausel des Vertrages, die die Abschlusskosten, zum Beispiel auch für etwaige Provision des Agenten, regele.
In einem Punkt teilte das Ge- richt die Auffassung des BdV jedoch nicht: Bei den Bestim- mungen zur Beteiligung der Versicherten an den Überschüs-
sen der Gesellschaft genügt nach Auffassung des BGH der Hinweis, dass der Ertrag – zum Beispiel wegen steigender Ko- sten oder geringerer Sterbera- te – unterschiedlich hoch ausfal- len könne. Weitere Erklärungen müsse die Versicherung nicht geben. Der BGH verwies dar- auf, dass einem „durchschnitt- lichen Versicherungsnehmer“
die vom Gesetz vorgegebenen Bilanzierungsregeln einschließ- lich der in ihnen liegenden Spielräume nicht verdeutlicht werden könnten.
BdV-Geschäftsführer Hans- Dieter Meyer hält die Klauseln zur Überschussbeteiligung nach wie vor für nicht rechtens. Die Verbraucher könnten nicht er- kennen, dass die Unternehmen den Umfang der Überschussbe- teiligungen einseitig bestim- men und dezimieren könnten:
durch Kostenverschwendung, Vermögensverschiebungen und die Bildung stiller Reserven.
Der BdV hat deshalb angekün- digt, eine Revision beim BGH
zu beantragen. JF
Bundesgerichtshof
Versicherungsklauseln unwirksam
Die Lebensversicherungen müssen ihre Verträge verständlicher formulieren.
Versicherungen