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Archiv "Präventionsgesetz: Ein Baustein der Reform" (12.04.2002)

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rävention ist ein wesentlicher Be- standteil meiner Gesundheitspoli- tik“, betonte Bundesgesundheits- ministerin Ulla Schmidt (SPD) bei der Auftaktveranstaltung zum Weltgesund- heitstag 2002 am 5. April in Leipzig. Da- bei kündigte sie ein Präventionsgesetz, ein nationales Präventionsprogramm sowie einen aus Steuern und Abgaben finanzierten nationalen Präventions- fonds an – nach der Bundestagswahl.

„Die Prävention soll zur vierten und gleichberechtigten Säule im Gesund- heitswesen neben der kurativen Me- dizin, der Rehabilitation und

der Pflege werden“, erklärte Schmidt. In dem Präventions- gesetz sollen die bereits existie- renden Regelungen zur Prä- vention nicht nur zusammen- gefasst, sondern auch verbes- sert werden. Dazu müssten die für Gesundheit und Gesund- heitsvorsorge zuständigen Stel- len miteinander vernetzt wer- den. Mit dem Projekt „gesund- heitsziele.de“ habe sie bereits erste Schwerpunkte und Ziele ihrer Gesundheitspolitik ge- setzt. Durch Projekte zum Brustkrebsscreening und Dia-

betes mellitus sollen die Früherkennung und die Versorgungsqualität verbessert sowie Folgeerkrankungen vermieden werden.

Vorerst sind viele Pläne noch Ab- sichtserklärungen. Wenn sie Realität werden sollen, ist ein Umdenken erfor- derlich. „Seit Jahren kommt wenig bei der Prävention heraus“, bedauerte Bundesärztekammerpräsident Prof.

Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe in Leip- zig. Die Therapie stehe immer noch im Vordergrund. Bei der Bevölkerung herrsche der Eindruck vor, dass man fast alles reparieren könne. Deshalb un-

terstütze die Ärzteschaft die Bemühun- gen, einen Perspektivwechsel von der Krankheit zur Gesundheit herbeizu- führen und auch die Ärzte verstärkt in diesen Prozess einzubinden.

Derzeit engagierten sich die Ärzte oft unentgeltlich in der Prävention und seien größtenteils gar nicht in die Primärprävention integriert, kritisierte Rudolf Henke, Vorsitzender des Aus- schusses Gesundheitsförderung, Prä- vention und Rehabilitation der Bundes- ärztekammer: „Wenn man die Präventi- on stärken will, muss man sich jetzt

dafür entscheiden, mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.“ Zur- zeit würden nur vier Prozent der Ge- samtausgaben im Gesundheitswesen für die Prävention verwendet. Neben den Ausgaben für Präventionsprojekte müssten Anreize für die Bevölkerung geschaffen werden. „Die Menschen sollten durch die Aussicht auf eine höhere Lebensqualität und durch finan- zielle Anreize zu gesundheitsfördern- dem Verhalten motiviert werden“, schlägt Hoppe vor. Das Argument, Ko- sten einsparen zu können, sei dagegen weniger hilfreich.

In der Tat werden für eine effektive Präventionsarbeit und Gesundheitsför- derung zunächst Investitionen nötig sein. Kosteneinsparungen sind weder kurz- noch mittelfristig zu erwarten.

Trotzdem zeigt sich Bundesgesund- heitsministerin Schmidt auch in dieser Hinsicht optimistisch: „Die Menschen sollen so lange wie irgend möglich ge- sund leben können“, sagte sie. Dies er- höhe die Lebensqualität und spare Geld. Nach Angaben des Sachverstän- digenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen könne der Bei- tragssatz um einen Prozent- punkt sinken, wenn das Eintre- ten von chronischen Erkran- kungen um zwei Jahre hinaus- geschoben werden könnte.

Der Sachverständigenrat empfiehlt bereits in seinem Gutachten vom März 2001 aus ökonomischen Gründen eine konsequente Präventionspoli- tik. Auch die Arbeitsgruppe

„Prävention“ des „Runden Ti- sches im Gesundheitswesen“, den Schmidt zu Beginn ihrer Amtszeit ins Leben gerufen hatte, bezeichnete im Januar dieses Jahres die Stärkung der Prävention als notwendige Zukunftsin- vestition, um das Gesundheitswesen zu optimieren. In ihrem Zwischenbericht fordert die Arbeitsgruppe erweiterte fi- nanzielle und personelle Ressourcen für die Prävention, qualitätsgesicherte Lei- stungen sowie mehr Kooperation, Ver- netzung und Transparenz der beteilig- ten Behörden, Verbände und Institutio- nen. Die Präventionsbegriffe der Ge- setzlichen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung, die Vorschrif- ten zur Prävention im Bereich der ge- setzlichen Unfallversicherung am Ar- beitsplatz und in öffentlichen Einrich- P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 15½½½½12. April 2002 AA989

Präventionsgesetz

Ein Baustein der Reform

Bundesgesundheitsministerin Schmidt will nach den Wahlen das Gesundheitswesen reformieren.

Die Prävention soll gestärkt werden.

Bei der Eröffnung des Weltgesundheitstages in Leipzig stellte Ulla Schmidt zunächst ihre Pläne zur Stärkung der Prävention vor. Foto:

Thomas Schulze

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tungen sowie das Recht der Rentenver- sicherung und das Bundessozialhilfege- setz müssten harmonisiert werden. „Da- zu brauchen wir eine zentrale Steue- rungsorganisation“ erläuterte Prof. Dr.

Peter Scriba, Mitglied im Sachverständi- genrat. Prävention sei nicht nur eine Aufgabe der Krankenkassen und der Ärzte. Sie müsse vielmehr als eine allge- meine nationale Aufgabe betrachtet werden, sagte Scriba. Die Präventions- arbeit soll durch Steuern oder Abgaben finanziert werden, beispielsweise auf Alkohol oder Tabak.

Gesundheit, Lebensfreude, Bewe- gung und Fitness bis ins hohe Lebensal- ter – die von der Weltgesundheitsorga- nisation für den diesjährigen Weltge- sundheitstag gewählten Themen sind bestens für den Wahlkampf geeignet.

So verwundert es nicht, dass die Stär- kung der Prävention gerade jetzt – knapp ein halbes Jahr vor der Bundes- tagswahl – sowohl von der SPD als auch von der CDU/CSU besonders hervor- gehoben wird. So forderte im Januar der CDU-Politiker Ulf Fink auf der Veranstaltung „Prävention im deut- schen Gesundheitswesen“ in Berlin, die unterschiedlichen Ansätze der Präven- tion in einem übergreifenden Präventi- onsgesetz zu bündeln und neu zu gestal- ten. Die Kommission Humane Dienste der CDU ließ ein Gutachten zur Prävention erstellen. Der Gutachter:

Prof. Dr. med. Friedrich Wilhelm Schwartz, Vorsitzender des Sachver- ständigenrates für die Konzertierte Ak- tion im Gesundheitswesen undBerater von Ulla Schmidt zu Fragen der Prä- vention.

Schmidt erwartet eine Stärkung der Prävention auch durch die Disease-Man- agement-Programme und den elektro- nischen Patientenpass. Ferner soll die Prävention in der Ausbildung von Ärz- ten und Pflegekräften einen höheren Stellenwert bekommen. Für den Wahl- kampf werden solche Forderungen frei- lich nicht ausreichen. Am 11. April will Schmidt in Berlin die Eckpunkte ihrer Gesundheitsreform 2003 vorstellen – sofern sie bis dahin wieder fit ist. Denn als sie in Leipzig mit gutem Beispiel voranging und die Fitnessgeräte aus- probierte, verletzte sie sich an der Wir- belsäule. Ein Krankenwagen musste vorfahren. Dr. med. Eva A. Richter

P O L I T I K

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A990 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 15½½½½12. April 2002

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s verwundert nicht, dass die Bun- desregierung im Wahljahr von er- betener und unerbetener Seite Ratschläge und Vorlagen erhält, wie die für das Jahr 2003 avisierte Gesundheits- strukturreform Konturen gewinnen soll. Aktuelles Beispiel sind die „Eck- punkte einer neuen Gesundheitspoli- tik“, den ein „Gesprächskreis Arbeit und Soziales“ der SPD-nahen Fried- rich-Ebert-Stiftung ausarbeitete, unter Zuhilfenahme von 24 Experten aus Wissenschaft und Verbänden.

Falls die Empfehlungen tatsächlich in das SPD-Wahlprogramm eingehen sollten, könnte dadurch ein Richtungs- wandel in der sozialdemokratischen Ge- sundheitspolitik bewirkt werden. Prinzi- piell werden sämtliche Strukturen, Insti- tutionen, Leistungsträger und Instru- mente des Gesundheitswesens infrage gestellt und als ineffizient und überteu- ert abqualifiziert. Unter Rückgriff auf längst widerlegte Thesen von interna- tionalen Vergleichsstudien und Äuße- rungen des Sachverständigenrates zur Unter-, Über- und Fehlversorgung wird eine Neuverteilung der Aufgaben in der Krankenversicherung als Mittel zur Er- höhung des gesundheitlichen Verbrau- cherschutzes, der Qualitätssicherung und zum Abbau von Strukturdefiziten propagiert. Die Zukunftsprobleme kön- ne die Gesundheitspolitik nur dann be- wältigen, wenn Aufgaben und Arbeits- weisen aller am Gesundheitswesen Be- teiligten neu definiert werden.

Gegliedertes System soll gekippt werden

Einige wenige internationale Parame- ter (beispielsweise zur Lebenserwar- tung und zur Sterblichkeit bei Volks- krankheiten) werden willkürlich als ausschließliche Kriterien herangezo-

gen, um dem deutschen Gesundheits- sicherungswesen „einen der drei schlechtesten Plätze“ im internationa- len Vergleich zuzuweisen. Der dritte Weg zwischen einem verstaatlichten, nationalen Gesundheitsdienst und ei- nem konsequent privatwirtschaftlich organisierten Gesundheitssicherungs- system würde verlassen, wenn den Eckpunkten gefolgt und den Kranken- kassen noch mehr Macht, Definitions- und Vertragsrechte zugestanden wür- den. Das gegliederte, weitgehend aus- tarierte System würde ohne Grund über Bord geworfen, wenn der Sicher- stellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen auf die Krankenkassen übertragen würde, die diesen nicht wollen und überhaupt nicht ausfüllen können.

Versicherte werden zu Randfiguren

Das Papier degradiert die Versicherten zu kostendimensionierten, standardi- sierbaren Randfiguren. Überhaupt nicht die Rede ist von der Eigenverant- wortung der Patienten und dem vorran- gigen Subsidiaritätsprinzip. Es ist be- zeichnend, dass die Verfasser Anleihen aus dem längst abgewirtschafteten Na- tionalen Gesundheitsdienst Großbri- tanniens empfehlen, zum Beispiel die Einrichtung eines staatlichen Instituts für Qualität, eines staatlichen Instituts zur Herausgabe von Positivlisten und zur zentralen Weiterentwicklung des GKV-Leistungskatalogs.

Freiberuflichkeit, berufliche Unab- hängigkeit und Selbstständigkeit wer- den total ausgeblendet. Das fügt sich in das Credo: „Gesundheit und Gesund- heitspolitik sind . . . nicht allein Privat- sache, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe.“ Dr. rer.pol. Harald Clade

Sozialdemokraten

Zu anderen Ufern

Eine SPD-nahe Arbeitsgruppe will

den Krankenkassen zu mehr Macht verhelfen.

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