Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 45|
7. November 2014 A 1923E
in Ende der fast schon endlos scheinenden ge- scheiterten Anläufe zu einem Präventionsgesetz ist in Sicht. Bereits im September 2004 hatten Bund und Länder erstmals gemeinsame Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung vorgestellt. Zehn Jahre später liegt jetzt im Bundesgesundheitsministerium erneut ein Referentenentwurf des Gesetzes zur Stärkung der Ge- sundheitsförderung und der Prävention (PrävG) vor.Die Chancen, dass es in Zeiten einer Großen Koalition mit der Umsetzung bis 2016 klappt, stehen gut.
„Gesundheit ist das Ergebnis des komplexen Zu- sammenspiels der Biologie des Einzelnen und der Umwelt, in der er lebt und sich mit einem kulturell ge- prägten Lebensstil einrichtet.“ Das war in der letzten Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes in einem Beitrag zu lesen, der sich mit dem Verhältnis von Medizin und Public Health befasste. Dass Medizin mehr sein muss als ein Reparaturbetrieb, mag mancher für eine Bin- senweisheit halten. Sie hat sich bisher aber noch nicht dementsprechend in gesetzlichen Regelungen zur Ge- sundheitsversorgung niedergeschlagen. Insofern kann man es nur begrüßen, wenn die Krankenkassen nun- mehr ab 2016 verpflichtet werden sollen, jährlich pro Versichertem sieben Euro für gesundheitsfördernde und primärpräventive Maßnahmen zur Verfügung zu stellen.
Deren gezielter Einsatz soll dazu beitragen, dass le- bensstilbedingte Krankheiten gar nicht erst entstehen und die Menschen gesund älter werden. In der Summe kommen so jährlich mehr als 500 Millionen Euro zu- sammen. Davon sollen je rund 140 Millionen Euro in betriebliche Vorsorgeprojekte und in sogenannte Le- benswelten (Kindertagesstätten, Schulen et cetera) flie- ßen. Der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklä- rung wird eine zentrale Steuerungsfunktion bei der Umsetzung zugewiesen, wofür sie von den Kranken- kassen 35 Millionen Euro erhält.
Ärztinnen und Ärzte kommen in dem Gesetzentwurf auch vor. Ihnen wird eine wichtige Rolle im präventi-
ven Geschehen zugewiesen. Sie seien von jeher beson- ders geeignet, heißt es dort, neben der Behandlung von Krankheiten auch eine primärpräventive Beratung und Begleitung ihrer Patienten zu leisten und diese zu ei- nem Abbau gesundheitsschädigender Verhaltensweisen und zur Inanspruchnahme von primärpräventiven An- geboten zu motivieren. Neu ist, dass sie Präventions- empfehlungen in Form einer ärztlichen Bescheinigung ausstellen sollen; für die Krankenkassen soll dies eine wichtige Grundlage für die Entscheidung über die Ge- währung von primärpräventiven Leistungen zur indivi- duellen Verhaltensprävention sein – eine verbindliche Regelung ist das nicht.
Dafür erhalten die Ärzte kein zusätzliches Honorar – ihnen entstehe als vertraglichen Leistungserbringern kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand, heißt es lapidar im Gesetzentwurf. Schon jetzt seien die Ärzte nach den Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinien des Gemeinsa- men Bundesausschuss dazu verpflichtet, einen Versi- cherten gegebenenfalls auf Gesundheitsförderungsan- gebote der Krankenkassen hinzuweisen. Motivation sieht anders aus. Auf die sollten die Ärzte bei der Prä- vention aber nicht warten, sondern verstärkt bei ihren Patienten auf ein gesundheitsförderndes Verhalten drängen.
PRÄVENTIONSGESETZ
Neuer Anlauf mit Aussicht auf Erfolg
Thomas Gerst
Thomas Gerst Politischer Redakteur