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Pflege rund um die Uhr

Wenn das Leben sich in Sekundenschnelle ändert

Prävention von Innenraumbelastungen

Experten nutzten Fachtagung des Rheinischen GUVV zum Austausch

Serie von A-Z: Mehrleistungen

1 · 2003 · 14. Jahrgang

K o m m u n a l e r

A r b e i t s s c h u t z

Magazin des Rheinischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes

Selbstpflege

für professionell Pflegende

(2)

Impressum

Herausgeber:Rheinischer Gemeindeunfallversicherungsverband, Heyestraße 99, 40625 Düsseldorf

Verantwortlich für den Inhalt:Marlis Bredehorst, Geschäftsführerin Redaktion:Thomas Picht

Gestaltung und Produktionsabwicklung:Bodendörfer & Kellow, Grafik-Design und Medienproduktion, info@bo-ke.de

Bildnachweis: Titelbild, S. 4, 5, 19, 20 Photodisc; S. 3, 9 Apply (2); S. 6 Michaelis (1):

S. 12, 13, 17, 21, 23, 25, 27 laif ; S. 14, 15 dpa; S. 8, 9 Grochtdores (2); S. 10-11 Picht (4); S. 12 (2), S. 28 Haas.

ISSN 0936-7594

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser!

Pflege ist ein Schwerpunktthema dieses Heftes. Und dies gleich in zweifacher Hinsicht. Diejenigen, die sich beruflich um die Pflege von Kranken, Alten und Behinderten kümmern – Krankenschwestern und Pfleger, sind enormen Belastungen ausgesetzt. Damit Sie in ihrem Berufsalltag des Öfteren mal an ihre eigene Gesundheit denken bietet der Rheinische GUVV jetzt ein Seminar für diesen Personenkreis an. Das Seminar bietet ihnen Hilfestellungen, um den beruflichen Belastungen besser gerüstet begegnen zu können (s. Seiten 4-6).

Ganz andere Belastungen und Fragen kommen auf die zu, die plötzlich einen nahen Angehörigen oder Lebenspartner pflegen müssen. Schließlich sind Wohnungen und Häuser nicht für diesen Zweck gebaut. Mit welchen Leistungen die gesetzliche Unfallversicherung hier den Angehörigen von Versicherten unter die Arme greift erfahren Sie ab Seite 7.

Orchestermusiker beneidet man im Allgemeinen darum, dass sie ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. An arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren denken in diesem Zusammenhang nur wenige. Dennoch gibt es erstaunlich viele physische und psychische Probleme für Geiger, Flötisten und Pianisten.

Welche verrät unser Beitrag ab Seite 15.

Wie sieht eine gute arbeitsmedizinische Betreuung durch den Betriebsarzt aus? Eine für Bürgermeister und Arbeitnehmer gleichermaßen interessante Frage. Die Bestandteile erläutert unser Artikel ab Seite 17.

Wir hoffen, wir haben für Sie wieder einige interessante Themen aufgegriffen und wünschen Ihnen eine unterhaltsame und informative Lektüre.

Ihre

Marlis Bredehorst 2 I n h a l t · Ko m m u n a l e r A r b e i t s s c h u t z · 1 /2 0 0 3

Inhalt

Kurz & Knapp

3

Titelthema

Selbstpflege für professionell Pflegende 4 - 6

Pflege rund um die Uhr

Wenn das Leben sich in

Sekundenschnelle ändert 7 - 9

Fachtagung

Prävention von Innenraumbelastungen 10 - 11

Von A-Z: Das Stichwort zur gesetzlichen Unfallversicherung

Mehrleistungen 12 - 13

Musizieren kann ihrer Gesundheit schaden

Die Belastung von Orchestermusikern

und -musikerinnen 14 - 16

Was macht eigentlich der Betriebsarzt?

Wie kann Qualität im Gesundheits-

und Arbeitsschutz gesichert werden? 17 - 19

Gesundheitsschutz am

Arbeitsplatz – auch für Frauen?

Anforderungen an eine frauengerechte Arbeitsgestaltung

– Fachgespräch im Landtag 20 - 22

Die neue Betriebs-

sicherheitsverordnung

23 - 27

(3)

0211/2808-220 oder 221

Kurz & Knapp

www.rguvv.de

Service/Seminarangebot

Ko m m u n a l e r A r b e i t s s c h u t z · 1 /2 0 0 3 · K u r z & K n a p p 3

Gemeinsame Servicestellen

Mit Einführung des Sozialgesetzbuches IX wurden alle Rehabilitationsträger verpflichtet in Landkreisen und kreisfreien Städten „gemeinsame Servicestellen“ einzurichten.

Der neue „Service“ soll Bürgern wohnortnah und über die Zuständigkeit einzelner Reha- bilitationsträger hinweg ein umfassendes Angebot der Beratung und Unterstützung bieten.

In 23 von 26 Landkreisen und kreisfreien Städten im Rheinland haben die gemeinsamen Servicestellen bereits ihre Arbeit aufgenommen.

Die Servicestellen befinden sich in den Räumlichkeiten der Leistungsträger und sind barrierefrei zu erreichen. Der Rheinische GUVV ist in Mönchengladbach und im Kreis Mettmann der Ansprechpartner für die Bevölkerung.

Meldung von Betriebsstätten

Der Rheinische GUVV bietet allen Mitgliedsunternehmen, die Betriebsstätten, Änderun- gen der Betriebsstätten und deren Mitarbeiterzahl zu melden. Sie erleichtern mit diesen Angaben die Unfallsachbearbeitung und unterstützen uns in der Prävention von Unfällen.

Fachtagung

Unter dem Leitthema „Aktuelles im Arbeits- und Gesundheitsschutz“ veranstaltete der Rheinische GUVV am 30. April eine Fachtagung in Köln. Rund 250 Sicherheitsfachkräfte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte und Personalräte beschäftigen sich mit Fragen zur Neuordnung des Gefahrstoffrechts, der Baustellenverordnung, der Betriebs- sicherheitsverordnung und zu Innenraumluftbelastungen. Die Gelegenheit zum fach- lichen Austausch wurde von den Teilnehmern gern und vielfach genutzt.

Internetauftritt

Neu aufgelegt ist das Druckschriftenverzeichnis 2003 des Rheinischen GUVV. Dieses kann im Internetauftritt des Verbandes unter der Adresse www.rguvv.de im Menüpunkt

„Service/Regelwerk“ eingesehen werden. Dort besteht die Möglichkeit, über ein Formular online Druckschriften zu bestellen. Wer über keinen Internet-Zugang verfügt, kann das Druckschriftenverzeichnis weiterhin kostenlos beim Verband unter der Rufnummer 0211/2808-220 oder 221 anfordern.

Auch unser Seminarangebot lässt sich online einsehen.Unter„Service/Seminarangebot“

kann die Seminarbroschüre gelesen werden und anschließend ist online eine Anmeldung zu den Seminaren möglich.

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für professionell Pflegende

„Manchmal ist es ja auch schon allein Blut oder irgendwelche Verbände oder so was, wo ich dann denke, was musst du dir eigentlich alles in diesem Job antun?“

(Breymann/Schahn, 1992, S. 51)

Selbstpflege

(5)

Ko m m u n a l e r A r b e i t s s c h u t z · 1 /2 0 0 3 · S e l b s t p f l e g e 5

Pflegekräfte sind bei der Ausübung ihres Berufes zahlreichen Belastungen ausge- setzt. Körperlich anstrengende Tätig- keiten, Infektionsgefahr, Schicht-, Nacht- und Wochenendarbeit, zunehmende Personal- und Zeitknappheit sowie die dauerhafte Konfrontation mit schwerst- kranken, sterbenden, aggressiven oder verwirrten Menschen bestimmen den Berufsalltag. Studien untersuchten diese Belastungen und geben Hinweise wie diese Belastungen verringert werden können.

Auch der Rheinische Gemeindeunfallver- sicherungsverband (GUVV) ist seit Jahren auf diesem Gebiet aktiv.

So werden in Zusammenarbeit mit nam- haften Referentinnen und Referenten Seminare zur Prävention von Rückenbe- schwerden für Beschäftigte aus der Alten-, Kranken- und Behindertenpflege angeboten. Ebenso besteht die Möglich- keit, sich zum Umgang mit Gewalt durch Patienten oder Bewohner schulen zu lassen. Die Seminare stoßen auf großes Interesse. Seit diesem Jahr ist das Semi- narangebot des Fachbereichs Gesund- heitsdienst um das Seminar „Selbst- pflege für professionell Pflegende“

erweitert. – Doch was steckt eigentlich genau dahinter?

Eigene Gesundheit

Wer andere Menschen pflegt oder be- treut, muss auch an die eigene Gesund- heit, an das eigene Wohlbefinden denken.

Dazu gehören selbstverständlich Kennt- nisse und Fähigkeiten zum rückengerech- ten Arbeiten, genauso wie die Kompe- tenz, sich kontrolliert gegen aggressive Patienten und Bewohner zu behaupten.

Pflegekräfte sind jedoch, wie bereits auf- gezeigt wurde, vielfältigen Belastungen ausgesetzt. So muss Pflege auch nachts, an Wochenenden, an Heiligabend und Silvester geleistet werden.

Die Einführung eines neuen Abrech- nungssytems für die Krankenhäuser, die so genannten DRG’s, wird zu einer weite- ren Leistungsverdichtung in den Kranken- häusern führen. Zu pflegen, bedeutet auch weiterhin, sich mit Sterben und Tod, Angst, Wut und Ekel auseinander setzen zu müssen. Einige dieser Belastungen

können mit organisatorischen (z. B.

Dienstplangestaltung) und technischen (z. B. Hebehilfen) Maßnahmen reduziert werden, andere jedoch nicht.

Laut BGW-DAK Gesundheitsreport 2001 – Altenpflege und dem Gutachten zur Arbeits- und Gesundheitssituation der Pflegekräfte in ambulanten Pflegediens- ten und Einrichtungen der stationären Altenhilfe von Dr. Andreas Zimber (2000) gewinnen psychische und psychosoma- tische Erkrankungen bei Pflegekräften an Bedeutung, nehmen stark zu.

Der BGW-DAK Krankenpflegereport 2000 kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Die überdurchschnittliche Bedeutung der psychischen und psychosomatischen Erkrankungen wird „... psychomentalen als auch organisationsbedingten psychi- schen Belastungen...“ zugeschrieben.

Hieraus folgt einerseits, dass die Arbeit- geber im Pflegebereich noch nicht ge- nügend organisatorische Möglichkeiten (z. B. Einführung teilautonomer Gruppen- arbeit, sozialverträgliche Arbeitszeitmo- delle u.a.) ergriffen haben, um die Belas- tungen ihrer Mitarbeiter zu mindern.

Hier dürfen die Unternehmer keinesfalls aus ihrer Pflicht gemäß Arbeitsschutz- gesetz (ArbSchG) §§ 3 bis 14 entlassen werden. Andererseits werden „psycho- mentale“ Belastungen (z. B. hoher Ver- antwortungsdruck, ständige Nähe zu Leid und Tod usw.) angeführt. Auch hier können Arbeitgeber Hilfen z. B. Super- vision, Intervision anbieten. Dies ge- schieht jedoch häufig aus vielerlei Gründen nicht.

Seminar

Selbsthilfe als Ergänzung der Leistungen der Arbeitgeber – nicht als Ersatz! An die- sem Punkt setzt das Seminar „Selbst- pflege für professionell Pflegende“an.

Gemeinsam mit den Teilnehmern sollen die beruflichen Belastungen erkannt und bekannt werden. Dabei gilt es herauszu- finden, welche Belastungen der Einzelne für sich reduzieren kann und was nur im Team geändert werden kann. Aufbauend darauf werden individuelle Strategien zum Umgang mit diesen Belastungen

„…Ich bin dann halt für eine Zigarette in die Küche hinaus und hab dann einfach nur geplärrt. Weißt, das war nicht so eine Traurigkeit – ich war einfach total fertig.

Und dann hat mir die eine Schwester gesagt – das musst du dir vorstellen, die war frisch diplomiert und um sicher zehn Jahre jünger als ich –, ja und die hat dann halt gesagt: „Du bist viel zu schwach und sensibel“. Und sie hat halt nachher Zantac geschluckt, weil sie Magenweh gehabt hat, und ich hab halt geheult. Und für mich ist das im Endeffekt dasselbe, ob ich jetzt heule oder Magenschmerzen kriege. Das heißt, der Druck geht irgendwohin, oder. Und dann ist mir ehrlich gesagt heulen lieber als Zantac schlucken.“ (Kathan 1997, S. 16)

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6 S e l b s t p f l e g e · Ko m m u n a l e r A r b e i t s s c h u t z · 1 /2 0 0 3

erarbeitet. Hierbei kann es nicht darum gehen, den Teilnehmern ein fertiges Schema vorzusetzen und zu sagen:

„Tu dies und das und dann wird alles gut!“. Vielmehr sollen im gegenseitigen Austausch bereits vorhandene Selbstpflegekompe- tenzen – das Wissen und die Fähigkeit, sich um sich selbst zu sorgen, um gesund und somit auch arbeitsfähig zu bleiben – gestärkt und ergänzt werden. Von Seiten der Seminarleitung werden lediglich unterstützende Impulse gesetzt. Hierzu zählen beispielsweise schnell durchzuführende Entspannungsübungen oder das Konzept der Selbstpflegeplanung nach Ruth Mamerow.

Die Pflegekräfte sollen somit in die Lage versetzt werden, indivi- duelle Möglichkeiten zu entdecken, den beruflichen Belastungen besser gerüstet entgegentreten zu können. Diese Hilfe zur Selbsthilfe darf notwendige Aktivitäten der Arbeitgeber zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz nicht ersetzen, son- dern soll sie ergänzen.

Als Referentin für dieses Seminar konnte die Diplom-Pflegewis- senschaftlerin (FH) und Supervisorin Dorothee Bartel gewonnen werden. In enger Zusammenarbeit mit ihr wurde die Konzeption dieses Seminars entwickelt. Der Rheinische GUVV geht mit die- sem Seminar zudem auf einen neuen Weg. Es geht diesmal nicht primär darum, Multiplikatoren für bestimmte Inhalte zu schulen, sondern die Beschäftigten direkt anzusprechen. Die Teilnehmer erwartet somit ein spannendes und nicht nur beruf- lich, sondern auch persönlich bereicherndes Seminar, das jedoch auch den Mut erfordert, sich auf sich selber einzulassen.

Martin Schieron

Aufsichtsperson i.V. beim Rheinischen GUVV

Literatur

Breymann,R./Schahn,K.(1992): Psychische Belastungen in der stationären Krankenpflege,Hannover;

BGW-DAK Gesundheitsreport 2001 – Altenpflege,Hamburg;

BGW-DAK Krankenpflegereport 2000,Hamburg;

Kathan,B. (1997): Ansteckung als Metapher für Verschmutzungsängste,in: Pflege – Die wissenschaftliche Zeitschrift für Pflegeberufe,01/97, S. 10-17;

Mamerow, R. (2002): Selbstpflege – Die Kunst, im Beruf gesund und zufrieden zu sein,München-Jena;

Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes NRW (2000): Beschäftigungswirksame und sozialverträgliche Arbeitszeitmodelle im Krankenhaus Band 1 und Band 2, Düsseldorf;

Zimber, A. Dr. (2000): Die Situation der Pflegeberufe in Deutschland – Gutachten zur Arbeits- und Gesundheits- situation der Pflegekräfte in ambulanten Pflegediensten und Einrichtungen der stationären Altenhilfe,Heidelberg

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Pflege rund um die Uhr

Die gesetzliche Unfallversicherung lässt Angehörige nicht allein

Wenn das Leben sich in Sekundenschnelle ändert

Richard K.* ist Architekt in einem Mitgliedsunternehmen des Rheinischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes, feiert mit seinen Kolleginnen und Kollegen den Jahresabschluss. Nachdem er sich verabschiedet, nimmt er den gewohnten Weg zur S-Bahn- Station. Doch den Zug erreicht er nicht.

Er stürzt die Treppe zur S-Bahn hinunter und zieht sich schwere Verletzungen zu. Der von Passanten herbeigerufene Notarzt führt sofort eine Reanimation durch. Im Koma liegend, intubiert und beatmet und mit der Diagnose eines schweren Schädelhirn- traumas mit Schädigung des Hirns infolge eines Herzstillstandes wird Richard K. in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Bergmannsheil in Bochum eingeliefert. Richard K. schwebt in Lebensgefahr.

* Name von der Redaktion geändert.

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Mit Beatmung und künstlicher Ernährung halten die Ärzte K.

am Leben. Auf Ansprache oder Reize reagiert er nicht. Intensiv arbeiten Ärzte und Pflegepersonal mit K. Diese frühe Phase der Rehabilitation umfasst ärztliche Behandlung, Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie und neuropsychologisches Training.

„Erfolge“ zeigen sich langsam, K. wird „wacher“. Durch den intensivmedizinsichen Einsatz kann sein Leben gerettet werden.

Da Richard K. sich auf dem Heimweg von seiner Arbeit befand ist er unfallversichert. Er und seine Frau Siegrid stehen also nicht völlig allein in dieser schwierigen Situation da. Die gesetzliche Unfallversicherung hilft mit ihren Leistungen.

Neue Lebenssituation

Noch in der Klinik wird K., der sich weiterhin im Koma befindet, von einem Reha-Berater des Rheinischen Gemeindeunfallver- sicherungsverbandes (GUVV) besucht, um mit seiner Frau und der behandelnden Ärztin die weitere medizinische Rehabilitation zu besprechen. Anschließend erklärt er seiner Frau, welche Leistungen ihr der Verband anbieten kann.

Noch bevor nach fast einjähriger stationärer Behandlung in ver- schiedenen Rehabilitationskliniken die Entlassung K´s ansteht, trifft sich der Reha-Berater des Rheinischen GUVV im Oktober des folgenden Jahres mit K´s Frau. Siegrid K. möchte ihren Mann zu Hause pflegen, ein Heim kommt für sie nicht in Frage.

Folglich ist der Pflegeaufwand und die häusliche Situation abzu- klären. Auf einen derartigen Fall ist Siegrid nicht eingerichtet. Die Wohnung muss umgebaut werden. Der Reha-Berater sichert ihr Rat und die Übernahme der Kosten zu.

Mit dem beratenden Architekten des Verbandes findet ein Be- sichtigungstermin statt. Durch Einbau einer Glaswand wird von dem vorhandenen Wohnzimmer ein Pflegezimmer abgetrennt.

Diese Lösung ermöglicht Siegrid ständigen Sichtkontakt zu Richard. Die notwendigen Sanitäreinrichtungen werden ebenfalls installiert. Die vorhandene Stufe vor der Haustüre wird durch eine rampenähnliche Aufpflasterung ersetzt, um barrierefrei die Wohnung mit einem Rollstuhl zu erreichen. Ein überdachter Sitzplatz im Freien mit Blick auf den häuslichen Garten wird vor dem Pflegezimmer eingerichtet. Durch den behindertengerech- ten Umbau von Haus und Garten durch den Rheinischen GUVV kann Richard problemlos im Rollstuhl innerhalb des Grund- stückes bewegt werden.

Gleichzeitig nimmt der Rheinische GUVV Kontakt mit verschie- denen Sanitätshäusern wegen der notwendigen Hilfsmittelver- sorgung auf. Ein Sanitätshaus wird beauftragt, einmal im Monat die Hilfsmittel zur Sicherstellung der Ernährung und Pflege (Absaugkatheter, Urinalversorgung, künstliche Ernährung etc.) zu liefern.

Um den Pflegeaufwand festzustellen, erfolgt im Dezember des folgenden Jahres ein Gespräch zwischen dem Leiter eines ambu- 8 P f l e g e · Ko m m u n a l e r A r b e i t s s c h u t z · 1 /2 0 0 3

lanten Pflegedienstes, Siegrid K., dem Reha-Berater und der Reha-Sachbearbeiterin. Es wird ein Pflegezeitplan unter Berück- sichtigung der notwendigen Freizeit von Siegrid K. und der erforderlichen Grund- und Behandlungspflege erarbeitet. Die Kosten für den Einsatz des ambulanten Pflegedienstes und die Hilfsmittelversorgung werden vom Rheinischen GUVV getragen.

Nachdem das notwendige Pflegebett mit Antidekubitusmatratze, Duschbett, Patientenlifter und weitere notwendige Hilfsmittel durch den Verband angeschafft sind, kann Richard K. in einem wachkoma-ähnlichen Zustand mit aufgehobener Kommunika- tion, spastischen Störungen, Schluck- und Blasenentleerungs- störungen nach Hause entlassen werden.

Der Hoffnung von Siegrid, ihren Mann zum Weihnachtsfest zu Hause zu haben, geht, auch durch die intensive Unterstützung des Verbandes, in Erfüllung.

Pflege zu Hause

Hier erfolgt seither eine Rundum-Betreuung durch Siegrid, die durch den ambulanten Pflegedienst viermal am Tag bei der Grundpflege und bei erforderlichen Transferleistungen aus dem Bett unterstützt wird. Da Richard komplett auf Hilfe angewiesen ist und auch eine Absaugung des Schleims wegen der Schluck- Um einem zu starken Muskelabbau vorzubeugen erhielt der Versicherte einen Bewegungstrainer durch den Verband.

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störung weiterhin notwendig ist, stellt der Pflegedienst zusätz- lich eine Nachtwache mit regelmäßigem Positionswechsel zur Vermeidung von Druckgeschwüren sowie einem regelmäßigem Absaugen. Eine orale Nahrungsaufnahme ist für Richard nicht möglich, so dass die Ernährung über eine Nahrungssonde, zum Teil als künstliche Ernährung, zum Teil als von Siegrid selbst gekochte Nahrung erfolgt.

Richard erhält viermal pro Woche Physiotherapie und zweimal pro Woche Sprachtherapie. Ziel der Sprachtherapie ist das Erlernen eines Sprachcodes, über den K. sich durch seine Mimik verständlich machen kann sowie die Reduzierung der Schluck- störungen.

Darüber hinaus wird durch den Verband zweimal wöchentlich Ergotherapie und dreimal wöchentlich Musiktherapie gewährt mit dem Ziel, einen wacheren Zustand zu erreichen und verloren gegangene Funktionen anzuregen und wieder zu beleben. Per- sönliche und telefonische Kontakte zu den Therapeuten finden regelmäßig statt, um den Verlauf der Therapien zu überwachen.

Weitere Hilfsmittel, wie ein Bewegungstrainer, mit dem Richard täglich 30 Minuten trainiert und ein Stehbett, werden vom Rheinischen GUVV bewilligt und dienen zur Kreislaufstabilisie- rung, zum Muskelaufbau, zur Thromboseprophylaxe und Gehirn- aktivierung. Durch diese Therapien besserte sich Richard´s Wachheitszustand zunehmend.

Die vom Verband veranlasste Begutachtung zur Feststellung der Renten- und Pflegeleistungen werden im April desselben Jahres zu Hause durchgeführt, um eine Ansteckung mit multiresisten- ten Keimen im Krankenhaus zu verhindern.

Nachdem das Verletztengeld eingestellt ist, wird die Renten- und Pflegegeldleistung laufend gewährt. Richard K. erhält außerdem einen Zuschuss zu seiner Kleidung, das sogenannte Kleider- mehrverschleißgeld, da aufgrund der Verletzungsfolgen ein ver- mehrter Verschleiß an Wäsche und Kleidung besteht.

Wegen Änderungen in der Pflegesituation und unzureichender Abwicklung durch den Pflegedienst erfolgt im Oktober desselben Jahres ein erneuter Besuch. Es wird eingehend die tatsächliche Pflegesituation festgestellt und anschließend mit dem Pflege- dienst der Pflegeeinsatz neu koordiniert und auch im Sinne von Siegrid K. gelöst.

Um kleinste Verständigungsversuche des Kranken zu erkennen, schafft der Rheinische GUVV eine elektronische Kommunika- tionshilfe an, mit deren Hilfe Richard sich durch leichten Finger- druck bemerkbar machen kann.

Siegrids Wunsch

„Mein größter Wunsch ist, dass Richard noch mal wach wird und wir ein gemeinsames aktives Leben führen können. Dank der Unterstützung, die mir von allen Seiten, insbesondere auch durch den Rheinischen GUVV zuteil wird, habe ich die Kraft, alles für Richard zu tun, damit sich sein Zustand noch weiter bessert und er eines Tages wach wird.“

Inzwischen ist Richard K. gut versorgt und betreut zu Hause untergebracht. Im Rollstuhl sitzend sind Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung möglich.

Der behandelnde Hausarzt äußert hinsichtlich Richard´s Ent- wicklung, dass er sich seit Entlassung in die häusliche Umge- bung in einem „ausgezeichneten“ Zustand befindet. Wachheit und Pflegezustand haben sich erheblich verbessert, die körper- lichen Funktionen nehmen zu.

Dennoch wird der Ablauf der Therapien und der Heilverlauf kontinuierlich überwacht, da der Gesundheitszustand eines Wachkomapatienten (Apallikers) immer als instabil anzusehen ist und Infektionen sehr leicht auftreten können. Regelmäßige telefonische und persönliche Kontakte zu Siegrid K., zu den Therapeuten und Ärzten sowie anderer beteiligter Stellen bleiben auch in Zukunft erforderlich.

Karina Marek

Innendienstleitung Rehabilitation beim Rheinischen GUVV

Thomas Picht

Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Rheinischen GUVV Im Rahmen des Wohnungsumbaus wurde für Richard K. auch ein Terassenplatz eingerichtet.

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Experten nutzten Fachtagung des Rheinischen GUVV zum Austausch

Prävention von

Innenraumluftbelastungen

Tagungsort war das Bildungszentrum für die Entsorgungs- und Wasserwirtschaft (BEW) in Duisburg.

Dipl.-Chem. Reinhard Oppl sprach über Qualitätskriterien und Gütekennzeichnung von Baustoffen.

Uta Köhler, Aufsichtsperson vom Rheinischen GUVV, organisierte die Fachtagung und moderierte den Tagungsablauf.

Dr. Heinz-Dieter Neumann vom GUVV Westfalen-Lippe berichtete über seine Erfahrungen zu arbeitsbe- dingten Erkrankungen durch Innenraumbelastungen.

Immer wieder erreichen den Rheinischen GUVV Klagen von Versicherten über

Übelkeit, Kopfschmerzen oder gereizte Schleimhäute. Verantwortlich werden

vermutete Schadstoffe in der Raumluft ihrer Büros gemacht. Durch Ermittlungen

und Messungen konnten jetzt in mehreren Fällen lang beklagte Belastungen

aufgedeckt werden, deren Ursachen aus unterschiedlichen Gründen bisher nicht

gefunden wurden.

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Ko m m u n a l e r A r b e i t s s c h u t z · 1 /2 0 0 3 · Fa c h t a g u n g 1 1

Den Mitgliedsunternehmen konnten so- wohl für die akute als auch für eine lang- fristige Problemlösung wirksame Maß- nahmen empfohlen werden. In einem Fall handelt es sich um die klassischen Belas- tungen mit ausgasenden Baumaterialien, die durch einen massiven Wasserschaden verursacht wurden, in anderen Fällen wurden mangelhafte Bauausführungen anhand einer Schimmelpilzproblematik aufgedeckt.

Um über das Thema „Prävention von Innenraumbelastungen“ breiter aufzuklä- ren und neueste Erkenntnisse der Prävention den im Arbeitsschutz Tätigen näher zu bringen, nahm die Idee einer Fachtagung mehr und mehr Gestalt an.

Anfang Dezember letzten Jahres war es dann soweit. Unter dem Leitthema

„Prävention von Innenraumluftbelas- tungen“ veranstaltete der Rheinische GUVV im Tagungszentrum des BEW in Duisburg eine stark besuchte Fachta- gung. Sie richtete sich an Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Mitarbeiter und Leiter von Hochbauämtern und Betriebsärzten.

Die Themen der Tagung wurden anhand der häufigsten Probleme und Anfragen ausgewählt. Dies sind Ermittlung der Ursachen von Innenraumbelastungen, präventive Bauplanung und Bauausfüh- rung in Abstimmung geltender Energie- sparvorschriften, Vermeidung von Schimmelpilzbelastungen, Gütekenn- zeichnung von Baumaterialien und die Empfehlungen des Rheinischen GUVV für das Management bei der Bauaus- führung und den Hinweisen zum Erst- bezug renovierter oder neu errichteter Räumlichkeiten.

Die Teilnehmer der Tagung äußerten sich positiv über den Verlauf und die inhalt- liche Gestaltung und nutzten intensiv die Möglichkeiten sich auszutauschen.

Für die Vorträge konnten Fachleute aus verschiedenen Bereichen gewonnen werden.

Albert Baurmann sprach in seinem Einführungsvortrag gezielt die problema- tischen Aspekte des Themas Innenraum- belastungen an.

Dr. Heinz-Dieter Neumann vom GUVV Westfalen-Lippe berichtete von seinen Erfahrungen bei der Ermittlung von Innenraumbelastungen und stellte die

Handlungshilfe für Chemische Unter- suchungsämter und Fachleute auf dem Gebiet der Innenraumbelastungen vor, die in Zusammenarbeit mit dem Haupt- verband der Berufsgenossenschaften und seiner Mitarbeit entwickelt wurde.

Das Thema Gütekennzeichnung von Baumaterialien wurde von Dipl.-Chem.

Reinhard Oppl übernommen. Er ist als Mitglied der Kommission zur Erarbeitung von Qualitätskriterien und -prüfungen an der Erarbeitung der Kennzeichnungen beteiligt und von der Kommission emp- fohlen.

Die Baugestaltung und -ausführung von Dämmung und Dampfsperren präsentier- te Dipl.-Ing. Oliver Schwinn als Sach- verständiger für Dämmung. Er kam auf Empfehlung des Bundes Deutscher Baufachleute (BDB).

Durch die Tagung leitete die Organisa- torin Dipl.-Chem. Uta Köhler vom Rheinischen GUVV. Sie hielt auch das Schlussreferat zu den Empfehlungen des Verbandes.

Ermittlung von

Innenraumbelastungen

Durch Ermittlungen und Messungen wur- den nicht nur die Ursachen lang beklag- ter Belastungen aufgedeckt.

Neben den Beratungstätigkeiten vor Ort ist eine Vorgehensweise für die Ermittlung für die Kommunen vor Ort entwickelt und erprobt worden. In dieser Empfehlung wird das Management als auch exemplarisch einige Ursachen und die geeigneten Maßnahmen beschrieben.

Zielgruppe sind vorrangig die Fachkräfte für Arbeitssicherheit, die als Moderatoren die Ermittlungen begleiten sollen. Die Vorgehensweise ist als Handlungs- anleitung in Form einer CD-ROM beim Rheinischen GUVV erhältlich. Darüber hinaus wird die Handlungsanleitung um eine Maßnahmenpalette für die Prävention von Innenraumbelastungen erweitert.

Um eine kontinuierliche Informations- weitergabe an die Kommunen zu ge- währleisten, werden künftig verstärkt

Fachartikel zu dem Thema veröffentlicht als auch betriebsübergreifend ein zwei- tägiges Seminar zu dem jungen noch wenig erforschten Gebiet der Innenraum- belastungen angeboten.

Uta Köhler

Aufsichtsperson beim Rheinischen GUVV

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Das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung kennt zwei Leistungsgruppen, nämlich

> Regelleistungen und

> Mehrleistungen.

Zu der erstgenannten Gruppe zählen insbesondere die Leistun- gen der medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation sowie die Geldleistungen (Verletzten- und Übergangsgeld, Rente an Versicherte und Hinterbliebene). Diese Leistungen stehen nach einem Versicherungsfall allen Versicherten bzw. ihren Angehörigen zu.

Darüber hinaus können die UV-Träger in ihren Satzungen für bestimmte im Gesetz näher umschriebene Personengruppen sog. Mehrleistungen vorsehen. Hierbei geht es um Personen, die im Interesse von Leben und Gesundheit anderer bzw. im Interesse des Gemeinwohls tätig werden und dabei durch Unfall oder Krankheit zu Schaden kommen. Das altruistische Handeln soll hier gewissermaßen durch zusätzliche Leistungen honoriert werden. Dies kommt auch durch die mit dem SGB VII erfolgte gesetzgeberische Klarstellung zum Ausdruck, durch die die UV- Träger ermächtigt werden, in ihrem satzungsmäßigen Mehrleis- tungsrecht die Art der versicherten Tätigkeit, insbesondere ihre Gefährlichkeit, sowie Art und Schwere des Gesundheitsschaden zu berücksichtigen. Bei dem Personenkreis, für den in der Satzung Mehrleistungen vorgesehen werden können, geht es insbesondere um

> ehrenamtlich Tätige im Gesundheitsdienst oder in der Wohlfahrtspflege,

> ehrenamtlich Tätige für öffentlich-rechtliche Institutionen (z. B. Gemeinderats-Mitglieder, Elternbeiräte),

> Personen, die zur Unterstützung einer öffentlichen Diensthandlung oder als Zeugen herangezogen werden

> ehrenamtlich Tätige in Hilfeleistungsorganisationen (z. B. Johanniter, Malteser, ASB oder im Zivilschutz),

> Personen, die bei Unglücksfällen oder Not spontan Hilfe leisten und um

> Blut- und Gewebespender.

Von A bis Z …

Das aktuelle Stichwort zur

> Mehr

(13)

Der Rheinische GUVV sieht – wie die überwiegende Zahl der anderen UV-Träger der öffentlichen Hand – in seiner Satzung Mehrleistungen für die genannten Personengruppen vor. Dabei geht es im einzelnen um zusätzliche laufende Geldleistungen

> bei Heilbehandlung und Berufshilfe,

> zur Rente an Versicherte und

> zur Hinterbliebenenrente

sowie um zusätzliche einmalige Geldleistungen für Schwerver- letzte und im Todesfall.

Die Mehrleistungen bei Heilbehandlung und Berufsförderung werden gewährt, solange der Versicherte unfallbedingt arbeits- unfähig ist oder Übergangsgeld nach § 49 SGB VII erhält.

Gezahlt wird ein etwaiger Differenzbetrag zwischen Verletzten- geld und entgangenen Nettoeinkünften. Daneben werden die Beitragsanteile zur Sozialversicherung übernommen, die Ver- sicherte aus dem Verletztengeld zu entrichten haben. Bei Ver- sicherten, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, wird als kalendertägliches Nettoeinkommen mindestens ein Betrag von 63,47 Euro zugrunde gelegt (450. Teil der im Zeit- punkt der Arbeitsunfähigkeit maßgebenden Bezugsgröße).

Vollrenten an Versicherte (bei 100% MdE) werden um das zwei- fache des aktuellen Pflegegeld-Mindestbetrages aufgestockt, derzeit also monatlich um 548,00 Euro. Bei Teilrenten wird die Regelleistung um den dem Grad der Erwerbsminderung ent- sprechenden Prozentsatz dieses Betrages erhöht, bei einer MdE von 30% also beispielsweise um 175,20 Euro (gerundet). Zum Vergleich: Die bloße Regelleistung (Rente) würde bei einem Ver- sicherten mit einem maßgeblichen Jahresarbeitsverdienst (JAV) von beispielsweise 30.000,00 Euro monatlich 1.666,67 Euro betragen, wenn er erwerbsunfähig ist, bzw. 500,00 Euro, wenn er zu 30% in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Die Mehr- leistung zur Rente ist also anders als die Regelleistung selbst grundsätzlich nicht von den persönlichen Einkommensverhält- nissen abhängig. Anknüpfungspunkt für die Mehrleistung ist ja gerade nicht der berufliche Status, sondern die Betätigung im allgemeinen Interesse. Allerdings schreibt die Satzung für Ver- sichertenrente und Mehrleistung eine Obergrenze vor, die bei 85% des Höchstjahresarbeitsverdienstes liegt; bei 78.540,00 Euro wären dies monatlich 5.563,25 Euro.

Auch die Mehrleistungen zu den Renten an Hinterbliebene nach einem tödlichen Versicherungsfall orientieren sich an dem Pflege- geld-Mindestbetrag. Je nach Höhe der Regelleistung werden hier

Ko m m u n a l e r A r b e i t s s c h u t z · 1 /2 0 0 3 · S t i c h w o r t - S e r i e 1 3

gesetzlichen Unfallversicherung

derzeit zwischen 175,20 Euro und 350,40 Euro monatlich als Mehrleistung zu der jeweiligen Hinterbliebenenrente gezahlt.

Die Obergrenze für Regel- und Mehrleistungen beträgt 80% des Höchstjahresarbeitsverdienstes (bei einem Jahreseinkommen von 78.540,00 Euro also monatlich 5.236,00 Euro).

Die zusätzlichen Einmalleistungen für Schwerverletzte und im Todesfall sind in der Satzung wegen des auf Dauer angelegten Engagements nur für ehrenamtlich Tätige in Hilfeleistungs- organisationen und im Zivilschutz vorgesehen. Hier wird an den Versicherten der unfallbedingt nicht mehr erwerbstätig ist, zusätzlich zu den vorgenannten Mehrleistungen eine einmalige Entschädigung von 30.000,00 Euro gezahlt. Stirbt der Ver- sicherte infolge des Versicherungsfalles, erhalten seine Ange- hörigen als Einmalzahlung einen Betrag von 15.000,00 Euro.

Wichtig ist noch der Hinweis, dass die Mehrleistungen auf ein kommensabhängige Geldleistungen (insbes. Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung) nicht angerechnet werden.

Auch dies unterstreicht ihren besonderen Ausgleichszweck.

Michael von Farkas

Leiter des Geschäftsbereichs Rehabilitation und Entschädigung beim Bayerischen GUVV

rleistungen

Ehrenamtliche helfen in vielen Städten und Gemeinden bei der Essensausgabe an Obdachlose und Bedürftige.

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Musizieren

Die Belastung von Orchestermusikern und -musikerinnen

kann Ihrer Gesundheit schaden

Wird von Quälerei und Belastungen im Zusammenhang mit Musik gesprochen, denken viele viel-

leicht an massige Lautsprecherboxen oder an zeitgenössische, moderne Musik, unendlich lange

Konzerte in engen und unbequemen Sitzreihen oder an die musikalischen Versuche der lieben

Kleinen. Wahrscheinlich hat auch schon fast jeder einmal die Erfahrung gemacht, dass Musik nicht

nur psychisch nerven kann, sondern sich ab einer gewissen Lautstärke selbst im Nachhinein unange-

nehm auf das Hörvermögen auswirkt. Wie sieht es aber bei denjenigen aus, die beruflich in einem

Orchester musizieren? Kann diese Arbeit eine Belastung sein oder sogar die Gesundheit schädigen?

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Aufgrund der breiten öffentlichen Diskussion der Lärmproblema- tik und der prinzipiell bekannten technischen (z. B. bauakusti- sche Maßnamen), organisatorischen (z. B. Lärmpausen) und per- sonellen Möglichkeiten (z. B. Otoplastiken) soll in dem folgenden Beitrag der Schwerpunkt einmal auf andere Belastungen und Beanspruchungen gelegt werden.

Physische Probleme

Der Allgemeinheit eher unbekannt und dem vorherrschenden Bild eines sich in der Musik verwirklichenden Menschen wider- sprüchlich scheint, dass das professionelle Musizieren den Körper, aber auch die Psyche der Musikerinnen und Musiker enorm belastet und zu gesundheitlichen Problemen führt. Nicht umsonst und nicht im Scherz wurde vorgeschlagen, Musikinstru- mente mit dem Hinweis „die Benutzung kann ihrer Gesundheit schaden“ zu versehen [3]. Häufig werden Muskulatur, Knochen, Sehnen und Bandapparat der Musizierenden über die anthropo- metrischen Grenzen hinaus belastet, was von Ärzten unter dem Begriff „Überlastungssyndrom“ zusammengefasst wird. Im Be- reich der oberen Extremitäten sind davon besonders Streicher, gefolgt von Holzbläsern und Pianisten betroffen [7]. So wird z. B.

der linke Arm des Geigers oder das Handgelenk des Pianisten meist ohne Rücksicht auf die anatomisch-biomechanische Beschaffenheit beim Spielen eingesetzt: einzelne Finger dürfen sich nicht gegenseitig helfen, gegensinnige Bewegungen mit hoher Kraft und Schnelligkeit sind notwendig [12]. Diese Aufzählung ist bei weitem nicht vollständig, auch beim Spiel anderer Musikinstrumente wird die Gesundheit gefährdet. Ein populäres Beispiel ist Max Weinberg, der Schlagzeuger aus der Band von Bruce Springsteen, der mehrmals seine berufsbeding- ten Handprobleme chirurgisch behandeln lassen musste [7].

Obwohl die Instrumente meist von Musizierenden geschaffen und im Laufe der Zeit immer weiter optimiert wurden, sind sie häufig äußerst unergonomisch: Das Flötespielen erfordert extre- me Handstellungen; an der Orgel wird die Muskulatur durch feh- lende Abstützmöglichkeiten des Körpers beansprucht, da sowohl das Hand-Arm- als auch das Fuß-Bein-System in das Spiel ein- bezogen sind. Daneben wird über Ekzeme und Allergien durch Kolophonium, Nickel (z. B. bei der Mundharmonika oder am Frosch des Bogens,), sogar durch die Hölzer der Instrumente sowie auch durch Geigenlacke berichtet [2].

Als Entschuldigung für die mangelhafte Gestaltung und die Opti- mierung lediglich im Hinblick auf akustische Qualitäten mag gelten, dass die Anforderungen der damaligen Zeit weit unter den heutigen Erwartungen des Publikums an die Virtuosität, aber auch an das Klangvolumen der Instrumente gelegen haben. Viele der großen Musiker der Jahrhundertwende müssten bei einem heutigen Musikwettbewerb bereits nach der ersten Runde aus- scheiden [12]. So ist es beispielsweise nicht mehr zeitgemäß, eine Violine oder Viola mit der Hand gegen die linke Schulter oder Brust zu pressen, sondern sie muss zum Zweck der größe- ren Bewegungsfreiheit des linken Arms zwischen Kinn und Schlüsselbein balanciert werden. Für die Akustik wurden die Saiten stärker gespannt, was u.a. einen höheren Steg erforderlich machte, so dass nun die Musiker die Saiten mit erhöhtem

Fingerdruck auf das Griffbrett niederhalten müssen [1]. Als Folge der Belastungen lassen sich charakteristische Hautveränderun- gen im linken Unterkiefer-Hals-Bereich, Hornhaut- und Schwie- lenbildung, Druckstellen oder sogar Schulterschiefstand erken- nen [7]. Die im ärztlichen Umgang verwendeten Namen wie

„Geiger-Fleck“ oder „Geiger-Knoten“, „Cello-Knie“, „Pianisten- Finger“, „Flötisten-Kinn“ verdeutlichen die berufliche Ursache.

Das gesundheitsschädigende Zusammenwirken von Mensch und Instrument wird allerdings schon in der Ausbildung begründet.

Ein zu ehrgeiziger Übungsplan oder ein Übermaß an Übungs- stunden, in denen ohne Aufsicht und Korrektur des Lehrers gespielt wird, stellen ein hohes Risiko dar [3]. Häufig bereiten jedoch auch die „anatomisch-physiologische Ahnungslosigkeit“

[12], mit der die Haltung und Bewegung der Schüler korrigiert wird, und die Gläubigkeit der Schüler, die der Meinung der Leh- renden eine höhere Bedeutung zumessen als ihrer eigenen Empfindung, die späteren Gesundheitsschäden vor. So entsteht der Geigerfleck bzw. der Geigerknoten bei lang dauerndem Üben und Musizieren durch fehlerhafte Spieltechnik mit übermäßig starker Druckausübung auf einen kleinflächigen Körperbezirk sowie durch verstärktes Schwitzen [2].

Psychische Probleme

Neben der körperlichen Beanspruchung beim Musizieren wird auch die Psyche stark belastet. Ein bedeutender Faktor ist die Arbeit im Angesicht einer kritischen Öffentlichkeit [10]. Als Aus- wirkung des „Lampenfiebers“ und der Versagensängste wurden schon 142 bzw. 156 Herzschläge pro Minute gemessen; Werte, wie sie bei Leistungssportlern im Wettbewerb auftreten [9][10].

Die Furcht, nicht die optimale Leistung zu erbringen, kann bis zu „Beschäftigungsneurosen“, d.h. zu psychisch verursachten Behinderungen des Koordinationsvermögens der Muskulatur führen. Ein Beispiel sind Störungen in der Koordination der sensiblen Mundmuskulatur bei Bläsern [6].

Weitere psychisch belastende Faktoren sind der Zwang zur extre- men Gruppenarbeit, die Unterordnung unter eine Orchester- leitung, selbst bei eigener herausragender persönlicher Qualifika- tion, die Aushilfe in fremden Klangkörpern sowie ungünstige Dienstzeiten – morgens Probe und abends Vorstellungen [10].

Neben dem Lampenfieber geben Musiker und Musikerinnen häufig Depressionen, Schlafstörungen und akute Ängste als psychische Beschwerden an [8].

In der Psychiatrie ist zudem bekannt, dass es bei künstlerisch Tätigen durch die frühe, schon als Kind und im jugendlichen Alter erlebte, intensive Beschäftigung mit der Musik zu Persön- lichkeitsdeformierungen kommen kann, wenn die Heranwach- senden weniger mit Altersgenossen, sondern vielmehr mit Lehrern oder mit den Eltern, die häufig als Lehrer wirken, erwachsen werden [8].

Umgebungsfaktoren

Sicherheitsfachkräfte und andere mit der Arbeitsplatzgestaltung befasste Personen kennen die hohe Bedeutung der Arbeitsumge- bungsbedingungen für die Qualität und den Gesundheitsschutz

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bei der Arbeit. In Orchestergräben und Proberäumen lassen sich jedoch Stühle finden, die eher „Kantinenstühlen“ gleichen und keine Möglichkeit bieten, sie an unterschiedliche Körpergröße und Körperhaltung beim Musizieren anzupassen. Weiterhin wurden Beleuchtungsstärken gemessen, die unter einem zehn bis 20-fachen der Werte liegen, die für das Notenlesen notwen- dig wären [10].

Prävention

Lebensfreude und Gesundheit zu erhalten, ist für beruflich Musi- zierende besonders wichtig, da schon geringfügige Beschwerden die Arbeit erheblich irritieren. Die Grundlagen liegen schon in der Ausbildung. Während in amerikanischen Musikhochschulen Musikphysiologie Pflichtfach ist und Kurse zu Entspannungs- techniken angeboten werden, gibt es in Deutschland offenbar ein eher geringes Angebot [1]. Bei der Lehre der musikalischen Tech- nik sollte nicht auf einem starren Konzept beharrt werden. Viele Musiker mit unorthodoxer Technik sind gesund, während ande- re, die bei berühmten Lehrmeistern eine fehlerlose Technik erlernt haben, während der gesamten Karriere von Schmerzen und Erkrankungen heimgesucht wurden [3]. Es scheint ange- bracht, die Erkenntnisse von Physiologen nutzen, die schon in anderen Bereichen, wie z. B. beim Sport Erstaunliches bewirkt haben. Physiologische Erkenntnisse können auch der Gesund- heit helfen, wenn ein Facharzt die körperliche Eignung eines Kindes oder eines Jugendlichen zum Spiel eines bestimmen Instrumentes überprüft und die weitere gesundheitliche Ent- wicklung in der Ausbildungsphase wie auch im späteren beruf- lichen Werdegang arbeitsmedizinisch verfolgt wird.

Schon während der Ausbildung ist auf ein qualitativ hochwer- tiges Instrument Wert zu legen, damit die Schüler sich nicht Bewegungen zur Kompensation eventueller Mängel des Instru- mentes antrainieren, die später hinderlich oder sogar ihrer Gesundheit schädigend sind. Falls es, wie z. B. bei Geige oder Cello die Möglichkeit gibt, die Größe des Instrumentes an die Körpergröße des Kindes anzupassen, lassen sich Ermüdungen und Beschwerden verhindern, die entstehen, wenn das Kind versucht, sich in Haltung und Bewegung dem zu großen Instru- ment anzupassen [12].

Auch in den engen Grenzen von Tradition und Akustik beim Instrumentenbau ist Platz für ergonomische Modifikationen zur Minderung der physischen Belastung. So erlauben Einbuchtun- gen am Körper von Gitarren und Bratschen oder abgeschrägte Kanten das bessere und verdrehungsfreiere Positionieren der Hände. Eine Biegung in der Nähe des Mundstücks von Flöten, Oboen oder Sopransaxophonen erleichtert das Halten des Instrumentes [7]. Damit ein befriedigender Klang erreicht wird, muss die Modifikationen allerdings durch einen erfahrenen Instrumentenbauer vorgenommen werden.

Halte- oder Stützvorrichtungen erleichtern das Spiel, ohne Ver- änderungen am Instrument vorzunehmen. So bietet der Fach- handel diverse Gurtsysteme zur Aufhängung von Blasinstrumen- ten am Körper an, für die Querflöte ist eine Handstütze erhält- lich, Ständer für Klarinette oder der bekannte Stachel am Cello stützen das Instrument ab und verringern das vom Musiker zu 1 6 M u s i z i e r e n · Ko m m u n a l e r A r b e i t s s c h u t z · 1 /2 0 0 3

tragende Gewicht. Zu beachten ist, dass die Hilfsmittel auf die Person abgestimmt sein müssen. Es empfiehlt sich, z. B Kinn- und Schulterstütze für Geigen individuell anfertigen zu lassen [7].

Auf den Einfluss der Arbeitsumgebungsbedingungen wurde be- reits hingewiesen. Hier stehen in der Regel technische Möglich- keiten zur Verfügung. Ein anpassbarer Stuhl sollte heute auf- grund der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Eine schnelle und günstige Zwischen- lösung ist ein untergelegtes Keilkissen. Es führt dazu, dass die natürliche Krümmung der Lendenwirbelsäule beim Sitzen beibe- halten und die Atemkapazität nicht eingeschränkt wird [7].

Eine Blendung der Musiker durch szenisch erforderliche Be- leuchtung können Schutzschilder verhindern, die oben oder seitlich an der Brille zu befestigen sind [5]. Besteht die Befürch- tung, das die für das Notenlesen notwendige Beleuchtung den szenischen Eindruck stört, kann versucht werden, mit Hilfe von Rotlicht eine für das Publikum geringer bemerkbare, hellere Beleuchtung für die Musiker zu erreichen.

Nicht zuletzt wirkt sich auch das persönliche Verhalten darauf aus, wie die Belastungen des Berufes vom Körper verarbeitet werden. Vergleichbar zu anderen Berufen, sind auch im Musiker- bereich Personen belastbarer, die grundsätzlich fit sind und eine gute Kondition haben. Einige Hochschulen in Deutschland bie- ten bereits bewegungsorientierte Seminare an. Für das professio- nelle Musizieren ist dabei eher die Ausdauer, vergleichbar einem Langstreckenläufer, als die Muskelmasse eines Gewichthebers von Bedeutung. Leider wird häufig aus falsch verstandener Vor- sicht kein ausgleichender und die Kondition fördernder Sport getrieben. Die Empfehlung, Aufwärmübungen durchzuführen, wird oft vergessen [3].

Oliver Reim

Aufsichtsperson i.V. beim Rheinischen GUVV

Literatur

[1] Blum, Jochen (Hrsg.): Medizinische Probleme bei Musikern. Stuttgart, New York:

Georg Thieme, 1995.

[2] Bork, Konrad: Dermatologische Erkrankungen und Allergien. In: [1]

[3]Brandfonbrener, Alice G.: Epidemiologie berufsspezifischer Erkrankungen bei Musikern.In: [1]

[4] Deutscher Bühnenverein. Pressemitteilung im März 2002.

[5]Marmor, M F.: Ophthalmologische Erkrankungen. In: [1]

[6]Methfessel, Götz: Probleme der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde.In: [1]

[7]Norris, Richard N.; Dommerholt, Jan: Orthopädische Probleme und Rehabilitation bei muskulo-skeletalen Störungen.In: [1]

[8]Ostwald, Peter F.: Psychiatrische Probleme.In: [1]

[9]Schmale, Hugo; Schmidtke, Heinz: Der Orchestermusiker, seine Belastung und seine Arbeit.Mainz u.a.: Schott, 1985.

[10]Schmidtke, Heinz: Die Arbeitswelt des Orchestermusikers.In: [1].

[11]Wach, Christoph: Es geht auch leiser – das uneingeschränkte Gehör – für jeden Berufsmusiker so wichtig wie sein Talent.In: Sicherheitsbeauftragter 8/2002.

[12] Wagner, Christoph: Physiologische und pathophysiologische Grundlagen des Musizierens.In: [1]

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Was macht eigentlich der Betriebsarzt?

Wie kann Qualität im

Gesundheits- und Arbeitsschutz gesichert werden?

Gemäß Arbeitssicherheitsgesetz ist die wesentliche Aufgabe des Betriebsarztes die Beratung von Unternehmern und Arbeitnehmern. Die Betreuung vor Ort ist wesentlicher Bestandteil der Tätigkeit des Betriebsarztes, sie kann nicht allein in den speziellen arbeitsmedizinischen Untersuchungen (z. B. nach G 37 „Bildschirmarbeitsplätze“) bestehen.

Häufig wird arbeitsmedizinische Betreuung mit Vorsorgeuntersuchungen gleichgesetzt und

mancher Betrieb ist froh, wenn der Arzt möglichst wenig in den Betriebsstätten erscheint. Was

aber kennzeichnet gute arbeitsmedizinische Betreuung?

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§

§§ 5,6A

1 8 B e t r i e b s a r z t · Ko m m u n a l e r A r b e i t s s c h u t z · 1 /2 0 0 3

Vertrag

Ein schriftlicher Vertrag legt die Grund- lagen und Inhalte der zu erbringenden Leistungen nach geltendem Recht fest.

Dies sind zum Beispiel die Aufgabenüber- tragung nach § 3 ASiG, die Weisungsfrei- heit bei Anwendung der Fachkunde, die ärztliche Schweigepflicht etc.. Mindestens Dreiviertel der firmen- und betriebsbe- zogenen Tätigkeiten können anhand der Dokumentation transparent dargelegt werden.

Tätigkeit im Betrieb

Kontinuität und kurzfristige Beratung bei aktuellem Bedarf müssen sichergestellt sein. Dazu betreut der Betriebsarzt die Unternehmen weitestgehend vor Ort und ist bei aktuellem Bedarf innerhalb von 24 Stunden erreichbar. Während seiner Anwesenheitszeit ist ein freier und un- eingeschränkter Zugang zum Betriebs- arzt für die Mitarbeiter möglich. Für die inhaltliche Planung der Aufgaben wird eine Analyse des Ist-Zustandes durch Unternehmer und Betriebsarzt und eine Vereinbarung über die Ziele erstellt.

Beratung

Der Betriebsarzt unterstützt die Unter- nehmensleitung (Bürgermeister, Vor- stand, Landrat, ...) mit medizinisch be- gründeten und praktikablen Vorschlägen zu wesentlichen Themenbereichen, die die betrieblichen und wirtschaftlichen

ments, im Arbeitsschutzausschuss oder in Qualitätszirkeln geschehen. Einen Überblick hierzu sowie zu den gesamten Aktivitäten gibt der regelmäßig erstellte Gesundheitsbericht.

Vorsorgeuntersuchungen

Eine sachgerechte Untersuchung erfor- dert eine dem Stand der Technik und den allgemein anerkannten arbeitsme- dizinischen und sicherheitstechnischen Regeln entsprechende Geräteausstattung sowie ausreichende Erfahrung des Be- triebsarztes. Der Arzt ist ermächtigt, die allgemeinen (z. B. nach Arbeitssicher- heitsgesetz) und speziellen (z. B. bei gefährdenden Tätigkeiten nach Gefahr- stoffverordnung) arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen durchzuführen.

Der Betriebsarzt berät den Unternehmer auch hinsichtlich erforderlicher Untersu- chungen nach der Gefahrstoffverordnung, insbesondere bei Umgang mit krebser- zeugenden Gefahrstoffen. Da die medizi- nischen, technischen und gesetzlichen Bedingungen für diese Untersuchungen einem ständigen Wandel unterliegen, ist der Unternehmer kontinuierlich bei der Auswahl der arbeitsmedizinischen Vor- sorgeuntersuchungen zu beraten, um unnötige Kosten zu vermeiden.

Bei auffälligen Befunden berät der Arzt die Beschäftigten, regt weitergehende medizinische Maßnahmen an und be- gleitet gegebenenfalls die betrieblichen Rehabilitationsmaßnahmen. Der Arzt informiert den Arbeitgeber über die Untersuchungsergebnisse in geeigneter Rahmenbedingungen berücksichtigen.

Dies umfaßt unter anderem Beratung bei der Planung, Ausführung und Unterhal- tung von Betriebsanlagen sowie von sozialen und sanitären Einrichtungen.

Er unterstützt bei der Beurteilung von Arbeitsbedingungen und Belastungen (§§ 5,6 ArbSchG) und den daraus resul- tierenden Anforderungen an technische Arbeitsmittel, die Einführung von Arbeits- verfahren und Arbeitsstoffen, bzw. die Prüfung von weniger gefährlichen Ersatz- stoffen. Er hilft bei der Auswahl und Er- probung persönlicher Schutzausrüstung sowie allgemeiner Schutzvorkehrungen (z. B. Hautschutzplan). Die Erste Hilfe wird durch ihn organisiert, aber nur in besonderen Fällen selbst durchgeführt. Er muß in der Lage sein, die Informationen zeitnah und kompetent zur Verfügung zu stellen, dazu gehört auch der Nachweis eigener Fort- und Weiterbildung.

(Gleiches gilt sinngemäß auch für die Mitarbeiter des Betriebsarztes.)

Beratungsthemen

Durch regelmäßige Arbeitsstättenbegeh- ungen und damit verbundenen Kontak- ten zur Unternehmensleitung und Per- sonal- oder Betriebsvertretung werden Handlungsfelder erkannt. Daraus ent- wickeln die am Gesundheits- und Arbeitsschutz beteiligten Akteure (Fach- kraft für Arbeitssicherheit, Betriebsarzt, Unternehmensleitung, Personalvertre- tung etc.) Lösungen unter Einbeziehung der Beschäftigten. Dies kann im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanage- Ziel des Gesundheits- und Arbeitsschutzes (GAS) ist die Umsetzung aktueller arbeits- medizinischer und sicherheitstechnischer Erkenntnisse und des bestehenden Regel- werks in den Betrieben. Hierbei muss Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten und damit auch deren Motivation, Leistungsvermögen, Arbeitszufriedenheit und Produkti- vität nachweisbar gesteigert werden. Gesundheits- und Arbeitsschutz ist Bestandteil der Unternehmensführung und nicht ausschließlich die Aufgabe von Arbeitsmedizinern und Fachkräften für Arbeitssicherheit. Er sollte Teil der Unternehmensziele (gleichrangig neben Produktivität und Qualität) sein und gemeinsam mit anderen Tätigkeitsbereichen die Wertschöpfung erhöhen.

Im Folgenden sollen einige Anhaltspunkte für eine gute arbeitsmedizinische Betreuung gegeben werden, wobei kein Anspruch auf Vollständigkeit besteht.

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11 BOÄ ArbSchG

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Weise unter Wahrung der Persönlichkeits- und Datenschutzrechte der Beschäftigten.

Die systematische Zusammenfassung und Auswertung der Untersuchungs- ergebnisse ermöglicht die langfristige Planung und Qualitätskontrolle der Maß- nahmen im Gesundheitsschutz.

Betriebliche

Gesundheitsförderung

Erkenntnisse aus Vorsorgeuntersuchun- gen und betrieblicher Beratungstätigkeit nutzt der Arzt zur Entwicklung und Initiierung der betrieblichen Gesundheits- förderung. In Zusammenarbeit mit Ge- schäftsführung, Personalvertretung, betrieblichen und außerbetrieblichen Experten (z. B. Unfallversicherungsträger, Krankenkassen) werden dann Gesund- heitsförderungsmaßnahmen für die und mit den Beschäftigten realisiert.

Datenschutz und Dokumentation

In der betriebsärztlichen Abteilung wer- den die Untersuchungsergebnisse (z. B.

Vorsorgeuntersuchungen) sachgerecht erfasst, die Akten gemäß Datenschutz aufbewahrt und sonstige Aktivitäten wie z. B. Begehungen, ASA-Sitzungen, Be- ratungsgespräche dokumentiert. Diese Dokumentation ist so geführt, dass die Arbeit von einem ärztlichen Vertreter übernommen werden kann. Die Stellen, die ein Anrecht auf betriebsärztliche Berichte haben (Unternehmer, Beschäf-

tigte, Unfallversicherungsträger, Renten- versicherungsträger, Versorgungsämter etc.) und die ärztlichen Vertretungen können jederzeit die erforderlichen Infor- mationen einsehen.

Patientenbezogene Befunde sollten an Dritte – auch behandelnde Ärzte – nur mit schriftlicher Zustimmung weiterge- geben bzw. bei diesen angefordert werden. Selbstverständlich ist die Ver- öffentlichung betrieblicher Daten (z. B.

bei Vorträgen) nur mit Zustimmung der Unternehmer zulässig. Mitarbeiter, die Zugriff zu medizinischen oder betrieb- lichen Daten haben, werden jährlich unterwiesen, die Unterweisungen sind dokumentiert.

Die Kosten

Eine sachgerechte und qualitativ hoch- wertige Betreuung hat ihren Wert.

Generelle Preise für eine arbeitsmedi- zinische Einsatzstunde sind kaum fest- zulegen, da jeder Betrieb eigene Voraus- setzungen hat, die individuell kalkuliert werden müssen. Der Umfang der erfor- derlichen Einsatzzeiten ist in der Unfall- verhütungsvorschrift GUV-V A6/7 vorge- schrieben. In diesen Einsatzzeiten ist die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge bei Umgang mit gefährdenden Tätigkei- ten (z. B. G 37 „Bildschirmarbeit“ oder G 41 „Arbeiten mit Absturzgefahr“) nicht enthalten, d.h. diese Untersuchungen müssen zusätzlich zu der allgemeinen Vorsorge durchgeführt und natürlich auch finanziert werden.

Existierende Angebote für die Einsatz- stunde eines Betriebsarztes, die unter dem Brutto-Stundenlohn eines durch- schnittlich verdienenden Arbeitsmedi- ziners liegen, können diese Leistungen nicht erbringen und sind als unseriös zu betrachten! Für die arbeitsmedizinische Betreuung ist die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) die gesetzliche Grundlage, die zwingend anzuwenden ist (§ 11 BOÄ).

Weitere Informationen hierzu und zur Qualitätssicherung sind im Internet beim Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte zu finden (www.vdbw.de).

Dr. med. Thomas Westerschulte Facharzt für Arbeitsmedizin beim Rheinischen GUVV

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Im Gegensatz zu schwerer „Männermaloche“ am Bau oder Hochofen galten viele Frauenberufe, etwa als Friseurin oder Bürokraft, lange Zeit als „leichte“ Tätigkeit (mit entsprechend geringer Entlohnung). Hohe körperliche Belastungen und Hautschädigungen beim Putzen und im Friseur- handwerk, und psycho-soziale Belastungen von Frauen in Büroberufen waren jetzt Themen eines Fachgesprächs „Frauengesundheit und Erwerbsarbeit – Anforderungen an eine frauengerechte Arbeitsgestaltung“ im nordrhein-westfälischen Landtag.

Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz

– auch für Frauen?

Anforderungen an

eine frauengerechte

Arbeitsgestaltung

– ein Fachgespräch

im Landtag

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Eingeladen hatte die Enquete-Kommission „Zukunft einer frauengerechten Gesundheitsversorgung in NRW“. Die Kommis- sion wurde im Dezember 2000 vom Landtag eingesetzt, besteht aus Abgeordneten aller Fraktionen plus Sachverständigen aus dem Gesundheitswesen und soll herausfinden, warum „Frauen anders krank sind“ als Männer (Kommissionsvorsitzende Marianne Hürten). Bis 2005 sollen Empfehlungen für eine frau- engerechte Gesundheitsförderung erarbeitet werden, u. a. zu Themen wie Brustkrebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen, gesundheitliche Belastungen von Müttern und von pflegenden Angehörigen, die psycho-soziale Gesundheit von Migrantinnen und Frauengesundheit und Erwerbsarbeit.

Traditionelle Schwerpunkte von Arbeitsschutz sind, neben Arbeitszeitregelungen, Gefahren, die von Lärm, Gasen oder durch Maschinen ausgehen, Gefahren, wie sie an Industrie- arbeitsplätzen vorkommen. Für Frauen und Jugendliche wurden Sonderformen des Arbeitsschutzes entwickelt, der vor allem aus einer Vielzahl von Beschäftigungsverboten bestand. So durften Frauen bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts keine Schienenfahrzeuge führen, durften bis in die neunziger Jahre keine Baufachberufe erlernen und als Arbeiterinnen keine Nacht- schichten fahren. Frauen galten als besonders schutzbedürftig, und zwar nicht nur als Schwangere (deren Schutz ja weiterhin rechtlich geregelt ist). Faktisch grenzten diese Sonderbestim- mungen Frauen aus vielen Berufen aus. Heute gelten sie nur noch in wenigen Bereichen, zum Beispiel unter Tage.

Moderner Arbeitsschutz

Arbeitsschutz im modernen Sinn umfasst neben der Verhin- derung konkreter Gefahren auch die Verminderung chronischer Belastungen, auch solche psychischer Natur. Arbeitgeber müs- sen also Arbeitsplätze so gestalten, dass alle Beschäftigten ohne gesundheitliche Beeinträchtigung an ihnen arbeiten können.

Gerade für „typische Frauenarbeitsplätze“ trifft das aber nicht zu. Kranken- und Altenpflegerinnen zum Beispiel, müssen häu- fig schwer heben und tragen, Verkäuferinnen viel stehen, Call- Center-Agentinnen leiden unter einseitiger Haltung ebenso wie Friseurinnen, hinzu kommen Belastungen der Augen und der Stimme.

Diese konkreten Gefährdungen sind zum großen Teil gut er- forscht und entsprechende Präventionsmaßnahmen zumindest bekannt. Warum sie nicht durchgehend umgesetzt werden, war ein wichtiges Thema des Fachgesprächs.

Reinigungsunternehmen haben nicht immer ein Interesse daran, ihre Beschäftigten mit schonenden Arbeitstechniken vertraut zu machen oder gesundheitlich unbedenkliche Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Zum Teil springen die Berufsgenossen- schaften in die Bresche, indem sie Modellprojekte durchführen, bei denen Reinigungskräfte u.a. lernen, ihre Haut besser zu schützen, wie Dr. Claudia Waldinger von der Bauberufsgenos- senschaft Rheinland und Westfalen berichtete.

Auch in Friseurbetrieben sind die Berufsgenossenschaften zusammen mit dem Zentralverband des Friseurhandwerks, den Gewerkschaften und staatlichen Arbeitsschutzverwaltungen in der Präventionsarbeit aktiv. In diesem Beruf hapert es oft an der Umsetzung von Schutzmaßnahmen, weil die meist jungen Frauen in den Friseursalons das Tragen von Handschuhen oder die Benutzung von Stehhilfen irgendwie „uncool“ finden.

Und/oder ablehnende Reaktionen der Kundinnen befürchten.

Durch gemeinsame Anstrengung aller Beteiligter, einschließlich der Berufsschulen, gelang es in den letzten Jahren, die Zahl der Hauterkrankungen bei Friseurinnen deutlich zu senken, so Hardy Mannheims von der Berufsgenossenschaft Gesundheit und Wohlfahrtspflege. Geschickte PR-Kampagnen bewirkten, dass Gesundheitsschutz bei vielen jungen Friseurinnen inzwi- schen ein „trendy“ Image hat.

Spätestens seit der Einführung von Computern weiß man, dass Augenprobleme und orthopädische Leiden bei weiblichen An- gestellten häufig sind, sitzen sie im Schnitt bürotäglich doch länger vor Tastaturen und Bildschirmen als Männer. Die damit einhergehenden Probleme für Gelenke und Augen treten bei Beschäftigten in Call-Centern (nach einer Untersuchung der AOK Rheinland sind zwischen 53 und 70 Prozent der „Agents“ Frauen) noch mal ganz massiv in Erscheinung. Hinzu kommt dort die Belastung der Stimme. Dr. Rolf Schweer von der Verwaltungs- berufsgenossenschaft in Dresden berichtete von einem Modell- projekt, das bei der Stadtsparkasse Hannover durchgeführt wurde, wo bereits in der Planung des Call-Centers nicht nur Maß- nahmen zur Minimierung von Lärm und zur Verbesserung des Raumklimas festgelegt wurden, sondern auch Pausenregelungen, Mischarbeit, Gymnastikprogramme und Stimmtrainings für die Beschäftigten (www.call.de).

Psycho-soziale Belastungen

Auf psycho-soziale Belastungen an Arbeitsplätzen ist man erst in den letzten Jahren verstärkt aufmerksam geworden. Auf Belas- tungen also, die zusammen hängen mit extremer Verdichtung von Arbeit, mit Termindruck, hoher Verantwortung, geringem Handlungs- und Entscheidungsspielraum, mit geringem An- sehen, autoritärem Verhalten von Vorgesetzten, unkollegialem Umgang bis hin zum Mobbing. Es scheint, dass Frauen von solchen Stressfaktoren anders und zum Teil intensiver betroffen sind als Männer, weil sie meist am unteren Ende der beruflichen Hierarchien stehen, wo Tätigkeiten nicht mehr delegiert und Druck nicht mehr weiter gegeben werden kann. An Frauen- arbeitsplätzen verstärken sich oft mehrere solcher Stressfaktoren gegenseitig. In einer Untersuchung, die Dr. Karen Spannhake vom Institut für Arbeitsmedizin der Universität Frankfurt/M vor- stellte, beklagten sich zum Beispiel doppelt so viele Frauen wie Männer über Leistungsdruck bei gleichzeitig bis in alle Einzel- heiten vorgeschriebenen Arbeitsabläufen – eine extrem gesund- heitsgefährdende, weil potenziell herzschädigende Kombination.

Ein Stressfaktor, der außerhalb der Erwerbsarbeit seine Ursachen hat, verstärkt bei Frauen die psychische und physische Belastung

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am Arbeitsplatz: die Tatsache, dass sie „nebenbei“ für fast die gesamte Haus- und Familienarbeit zuständig sind.

Judith Berger vom Institut für Gesundheit und Sozialforschung (IGES) Berlin berichtete, dass Putzfrauen vor allem unter psycho-somatischen Beschwerden leiden. Reinigungskräfte haben wenig Einfluss auf Planung und Ablauf ihrer Arbeit, wenig selbstbestimmten Handlungsspielraum und meist keine Gele- genheit, etwas Neues zu lernen. Das geringe Prestige der Tätigkeit minimiert das Selbstwertgefühl der Betroffenen.

Vorgesetzte geben selten soziale Rückendeckung; auch im Um- gang untereinander vermissen viele den Rückhalt durch Kolle- ginnen, wie eine vom IGES im Auftrag der DAK erarbeitete Präventionsstudie herausfand. Dass es auch bei dieser Arbeit anders gehen kann, berichtete Birgit Dahlmann vom Dienst- leistungspool „Casa Blanka“ der „Zukunftswerkstatt Düsseldorf“

einer kommunalen Beschäftigungsgesellschaft. „Casa Blanka“

bereitet die Reinigungskräfte nicht nur fachlich optimal vor, die Beschäftigungsgesellschaft bietet auch soziale Rückenstärkung z. B. durch monatliche Gesprächsrunden.

Männer und Frauen sind nicht nur unterschiedlichen Stressfak- toren ausgesetzt, sie unterscheiden sich auch in den Bewälti- gungsformen. Männer neigen dazu, ihre Gesundheit weniger wichtig zu nehmen. Entspannungsübungen finden zum Beispiel bei ihnen seltener Anklang als bei Frauen, wie Dr. Eleftheria Lehmann, Präsidentin der Landesanstalt für Arbeitsschutz fest- stellte; Stress bekämpfen sie eher als Frauen mit Alkohol.

Andererseits haben Männer anscheinend besser gelernt, sich abzugrenzen, manches nicht an sich heran kommen zu lassen:

„So scheint z. B. die männliche Geschlechterrolle eine protektive Bedeutung bei der Entstehung von Depressionen zu haben.“

(Dr. Karl Kuhn, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits- medizin). Hier steckt die Forschung erst in den Anfängen.

„Gender Mainstreaming“ als Prinzip in Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz kann helfen, Zusammenhänge zu klären und geschlechtergerechte Präventionsstrategien zu entwickeln. Die Enquete-Kommission „Zukunft einer frauengerechten Gesund- heitsversorgung in NRW“ wird dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

Claudia Pinl

Moderatorin des Fachgesprächs

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Betriebssicherheits- verordnung

Die neue

§ 11 (GSG)

Am 2. Oktober 2002 ist die neue Betriebssicherheitsverordnung in Kraft getreten. Sie ist Bestandteil einer „Artikelverordnung“, deren Artikel überwiegend der Neuordnung der Betriebs- und Anlagensicherheit dienen.

Ziel dieser Verordnung ist die Schaffung eines anwenderfreundlichen, modernen,

EG-konformen und das Sicherheitsniveau erhaltenden Regelwerkes für die Betriebs- und

Anlagensicherheit in der Bundesrepublik Deutschland.

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24 B e t r i e b s s i c h e r h e i t s v e r o r d n u n g · Ko m m u n a l e r A r b e i t s s c h u t z · 1 /2 0 0 3

Die „Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, der Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeits- schutzes“ (Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV) bildet als Artikel 1 den Schwerpunkt dieser „Artikelverordnung“.

Neuordnung des Anlagen- und Betriebssicherheitsrechts

Bisher waren Beschaffenheit, Betrieb und Prüfung von Arbeits- mitteln oder überwachungsbedürftigen Anlagen in einer Rechts- vorschrift zusammengefasst. Dies führte zu einer Vielzahl von Detailregelungen. Wegen der im europäischen Binnenmarkt ver- wirklichten Handelsfreiheit werden Anforderungen an die Be- schaffenheit von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen europäisch einheitlich geregelt. Die bestehenden natio- nalen Vorschriften mussten deshalb nach Beschaffenheit und Betrieb getrennt werden.

So wurden im Bereich des staatlichen Arbeitsschutzrechtes in einer einzigen Verordnung, die teilweise über eine Vielzahl von Verordnungen verstreuten Anforderungen an die Betriebs- und Anlagensicherheit (* Bereitstellung und Benutzung von Arbeits- mitteln und Anlagen einschließlich dem Betrieb der überwach- ungsbedürftigen Anlagen) zusammengefasst. Allein der Betrieb der überwachungsbedürftigen Anlagen war bis dato in acht ein- zelnen Verordnungen geregelt.

Inhalt der Betriebssicherheitsverordnung

Der Anwendungsbereich der Betriebssicherheitsverordnung umfasst die Rechtsvorschriften für Arbeitsmittel einschließlich der überwachungsbedürftigen Anlagen.

Was sind Arbeitsmittel?

Zu den Arbeitsmitteln zählen Werkzeuge, Geräte, Maschinen und Anlagen, die vom Arbeitgeber bereitgestellt werden oder von den Beschäftigten bei der Arbeit benutzt werden.

Was versteht man unter dem Begriff

„überwachungsbedürftige Anlagen“?

Überwachungsbedürftige Anlagen sind nach § 11 Gerätesicher- heitsgesetz (GSG) solche Anlagen, die aufgrund ihrer Gefähr- lichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen. Welche An- lagen dazu gehören, ist in § 2 Abs. 2 a des GSG abschließend festgelegt. Nach § 2 Abs. 1 zweiter Halbsatz BetrSichV gehören überwachungsbedürftige Anlagen nach § 2 Abs. 2 a GSG auch zu den Arbeitsmitteln. Es gelten somit für Arbeitsmittel einschließ- lich überwachungsbedürftiger Anlagen die gemeinsamen Vor- schriften für Arbeitsmittel im Zweiten Abschnitt der Verordnung.

Dies trifft immer dann zu, wenn ein Arbeitgeber eine überwa- chungsbedürftige Anlage bereitstellt oder ein Beschäftigter sie bei der Arbeit benutzt. Ist hingegen der Betreiber der überwa- chungsbedürftigen Anlage kein Arbeitgeber, gelten nur die Vor- schriften des Dritten Abschnitts und die zugehörigen speziellen Vorschriften aus den Abschnitten 1 und 4 der Verordnung.

Europa: Trennung von Beschaffenheit-Betrieb

EU-Richtlinien Art. 95

EU-Richtlinien Art. 137

Beschaffenheit Betrieb

Betriebssicherheitsverordnung

1. Abschnitt

Allgemeine Vorschriften

4. Abschnitt Gemeinsame Vorschriften, Schluss- vorschriften

2. Abschnitt

Gemeinsame Vorschriften für Arbeitsmittel Arbeitgeber Anhang 1-4

3. Abschnitt Besondere Vorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen Betreiber Anhang 5

I.

Referenzen

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