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Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie -^j y

Von Wolfgang Helck, Göttingen

Die gewaltigen Bauten der Könige der Ramessidenzeit, die große An¬

zahl von Inschriften dieser Herrscher lassen oft den Eindruck entstehen,

als müsse imsere Kenntnis über diese Epoche ganz besonders weitgehend

sein. Leider ist das aber nicht der Fall. Was die zur Verherrlichung der

Könige verfaßten Texte an tatsächlichen Angaben enthalten, läßt zwar

einzelne Höhepunkte besonders der ,, Außenpolitik" deutlicher hervor¬

treten, aber Entscheidendes, wie etwa die tiefgreifenden Veränderungen

im Inneren des Staates oder gar im geistigen Verhältnis zur Umwelt,

bleibt unausgesprochen. Ja, unsere Unkenntnis über diese Zeit geht so

weit, daß uns sogar eine so äußerliche Tatsache wie die Abfolge der

Könige zum Teil noch fraglich ist.

Nun steht uns aber gerade für die Ramessidenzeit ein Hilfsmittel zur

Vertiefung unserer historischen Kenntnis zur Verfügung, das für andere

Epochen der ägyptischen Geschichte kaum oder gar nicht benutzt

werden kann: es ist die große Menge von Ostraka, zum größten Teil aus

den Verwaltungen der thebanischen Nekropole stammend, die neben

Angaben über die alltäglichsten Dinge von Arbeitern und Handwerkern

uns eimnal das Arbeiten der ,, staatlichen" Verwaltungsstellen erkennen

läßt, daneben aber auch durch Nennungen von Ereignissen, die in das

Leben der Arbeiter eingriffen, Angaben von historischer Bedeutung über¬

mittelt. Aus ihnen ist es nicht nur möglich, Namen und Tätigkeit der

hohen Reichsbeamten bis zu einem gewissen Grad zu erkennen, sondern

mit ihrer Hilfe lassen sich auch dort noch Rückschlüsse auf die ,,hohe"

Pohtik ziehen, wo uns die offiziellen Inschriften im Stich lassen.

Der Inhalt der Ostraka ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft, was

zu einem guten Teil daran liegt, daß ihrer immer wieder — besonders in

den Ausgrabungen der westthebanischen Arbeitersiedlung von Deir el

Medineh — neue Mengen gefunden werden, wodurch eine abschließende

Bearbeitung hinausgezögert wird. Immerhin lassen sich doch bereits aus

den bisher publizierten Ostraka ausreichende Schlüsse ziehen, das Bild

der Ramessidenzeit nicht nur zu bereichern, sondern an einigen Punkten

auch zu korrigieren.

Dabei ist es aber eine der wichtigsten Vorarbeiten, die häufig nicht

ausdrücklich datierten Angaben auf den Steinsphttern chronologisch

festzulegen. Mit Versuchen, eine bestimmte Gruppe dieser Abrechnungen

zu datieren, soll sich der erste Abschnitt dieses Artikels befassen.

(2)

28 Wolfgang Helck

1. Noch einmal des Ostrakon Cerny, Deir el Medineh Nr. 148

Im Bulletin de l'Institut frangais LII (1953), p. 113ff., hat L.-A.

Chbistophe, auf einer Erkenntnis Cernys^ aufbauend, eine bestimmte

Gruppe von Ostraka der thebanischen Handwerkersiedlung chrono¬

logisch geordnet. Es handelt sich dabei um Ostraka, die Tag um Tag die

Anlieferung bestimmter Lebensmittel (Brote, Bier, Gemüse, Datteln)

verzeichnen. Dabei findet sich jedesmal zwischen Datum und Abrech¬

nung der Name eines Arbeiters genannt, der in regelmäßigem Turnus

wiederkehrt. Jeden Tag wechselt der Name, bis nach einer bestimmten

Zeit, deren Länge in der betreffenden uns erkermbaren Zeitspanne

wechselt, der Turnus wieder von vorn beginnt. Es ist also möglich, weim,

wie häufig, das Jahresdatum auf einem Ostrakon dieser Art nicht ge¬

nannt ist, durch die Feststellung, an welchen Monatstagen der einzelne

Arbeiter in den Jahren genannt gewesen sein muß, das allein in Frage

kommende Jahr mit Sicherheit zu erschließen. Da auf der genannten

Gruppe von Ostraka auch Ereignisse erwähnt werden, die über die Enge

der Handwerkersiedlung hinausgehen — und sei es auch nur die Ankunft

von hohen Beamten — ist die genaue Datierung der Ostraka von einer

gewissen Bedeutung.

Durch die Aufstellung des Turnus der Nennungen von Arbeiternamen

auf diesen Ostraka versuchte Christophe, so weit wie möglich auch un¬

datierte Ostraka einzuordnen und so eine chronologische Abfolge der

Ostrakagruppe aufzustellen. Bei einem Vergleich seiner Ergebnisse mit

einer eigenen Aufstellung, die für eine Untersuchung über die Bio¬

graphien einiger hoher Beamter dieser Zeit vorgenommen worden war,

stellte sich jedoch heraus, daß Christophe Ostraka, die vor das 28. Jahr

Ramses' III. fielen, durchgehend ein Jahr tiefer datierte, darunter auch

das wichtige Ostrakon D(eir) e(l) M(edineh) Nr. 148, das nach ihm ins

27., nach meiner Berechnung ins 26. Regierungsjahr Ramses' III. ein¬

zuordnen ist. Es stellte sich bei der Suche nach der Ursache dieser Dis¬

krepanz heraus, daß Christophe hierbei an einigen wenigen, aber wie

wir sehen werden wichtigen, Stellen Öernys Lesungen von Daten emen¬

dieren mußte, um die betreffenden Ostraka in seinen Turnus der Arbeiter¬

namen einfügen zu können. Da die Berechtigung solcher Emendationen

bestritten werden kann, soll hier erneut der Versuch unternommen

werden, eine Lösung für die Datierung der genannten Gruppe von

Ostraka zu suchen.

Ohne zunächst auf die später noch zu stellende Frage einzugehen,

warum eigentlich die Arbeitemamen auf den täglichen Lebensmittel¬

abrechnungen genaimt werden, können wir für die Frage der chrono-

' Cebny, ÄZ 72, 109ff., bes. p. llöff.

(3)

Zur Geschichte der 19. imd 20. Dynastie 29

logischen Festlegung von den verhältnismäßig zahlreichen datierten

Ostraka des 32. Jahres Ramses' III. gleich 1. Jahres Ramses' IV. aus¬

gehen und mit ihrer Hilfe den Arbeiterturnus festlegen. Dieser Turnus

läßt sich — mit einer kleinen Umorganisation vor dem IV. sh.t des 31.

Jahres — rückwärts durch datierte Ostraka des 31. und 30. Jahres

weiter verfolgen. Hierzu bitte ich die beigefügten Tabellen zu ver¬

gleichen, die ich trotz der auch von Cheistophe vorgenommenen Zu¬

sammenstellung nicht unterdrücken möchte, da sich aus ihnen der Ab¬

lauf des Turnus besser erkennen läßt. In die Jahre 30 und 31 Ramses' III.

faUen die datierten Ostraka 39, 38, 37, 36, 158, 159, 145 (!)i; hmzu

kommen die auf Grund des so erkennbaren Turnus einzuordnenden

Ostraka 41, 40, 174 (!), 154, 166 (vgl. Cheistophe a. a. 0. p. 135 n. 3),

155,157, 170,172, 154, 175. Nach unten wird diese Gruppe abgeschlossen

durch die große Umorganisation des Turnus im 1. Jahre Ramses' IV.

Abgesehen von der Zufügung der beiden von Chr. nicht aufgeführten

Ostraka, von denen aber nur Nr. 145, weil ausdrücklich ins 30. Jahr

datiert, von einiger Bedeutung ist, stimmt die auf Grund der Angaben

der genannten Ostraka aufgestellte Turnustabelle mit Cheistophes Liste

überein.

Aus dem 29. Jahr liegt eindeutig datiert nur das Ostrakon Nr. 284 (!)

vor, das aber nur einen einzigen Namen überliefert; ferner jedoch dürfte

mit Cheistophe Nr. 168, das an seinem Kopf das Datum des 28. Jahres

trägt, in das 29. Jahr übergreifen. Nach dem Turnus ist aber auch Nr. 89

in den Anfang des 29. Jahres einzuordnen. Zwei sekundäre Nennungen

sind später noch zu erwähnen.

Aus dem 28. Jahre liegen sicher datiert vor die Ostraka Nr. 156,138 (!),

151 (!). Nr. 151 ist eine Abrechnung, die ins 27. Jahr datiert ist und an

ihrem Ende ins 28. Jahr übergreift, wenn auch der Jahreswechsel nicht

genannt ist, da es sich um eine Dekadenabrechnung handelt. Das verso

beginnt am 21./1. Pr.tßl. Jahr und schreitet dann vom 10./2. Pr.t von

Dekade zu Dekade weiter fort bis zum 30./2. Smw; da aber der Jahres¬

wechsel am 26./1 . Smw ist, gehören die angegebenen Daten vom 30./1 .Bmw

an bereits in das 28. Jahr und damit auch die Detailbemerkungen zum

22. und 23./2. Smw. Es ist aber nun wichtig, daß die Einordnung der

beiden mit diesen Daten genannten Namen in den von Cheistophe vor¬

geschlagenen Turnus für das 28. Jahr nicht vorgenommen werden kann!

Das ist aber nicht der einzige Fall, denn vom 27. Jahr rückwärts ist das

bei keinem der datierten Ostraka möglich. Cheistophe hat deshalb auch

auf dem Ostrakon 151 nicht Angaben für das 28. Jahr, sondern für das

27. finden wollen (p. 134 n. 4). Das setzt entweder eine willkürliche

1 Die mit (!) bezeichneten Ostraka fehlen bei Chbistophe.

(4)

30 Wolfgang Helck

Änderung des von Cerny gelesenen Datums voraus oder die Ännahme,

die letzten beiden Zeilen auf dem Ostrakon 151, die Holznachlieferungen

eines vorher festgestellten Defizits nennen, seien genau ein Jahr später

niedergeschrieben worden, was wenig wahrscheinlich erscheint.

Betrachten wir nun die Ostraka, die in ein Jahr vor dem 28. Jahr

datiert sind. Es sind das Nr. 33 ins 27. Jahr, Nr. 32 ins 25. Jahr und Nr.

164 ins 24. Jahr. Ordnen wir die auf ihnen genannten Namen turnus¬

mäßig an, so erhalten wir einen klaren Äblauf, in den auch Nr. 151 ohne

Schwierigkeiten hineinpaßt! Christophe aber muß in allen drei Fällen,

die die einzigen datierten Ostraka aus den Jahren vor dem

28. Jahr sind, die Daten ändern (p. 133 n. 2; p. 134 n. 3). Ich halte das

für sehr gewagt und möchte eher annehmen, daß wir durch die datierten

Ostraka gezwungen sind zu folgern, daß zwischen dem Ostrakon Nr. 33

vom 27. Jahr/4, ih.t und Nr. 156, 138 vom 28. Jahr/4. Smw aus dem

Tumus 4 Tage ausgefallen sind. Diese Spanne ist durch Nr. 151 sogar

soweit einzuengen, daß dieser ,, Ausfall" von vier Tagen nur nach dem

23./2. Smw und vor dem 1./4. Smw des 28. Jahres geschehen sein kann.

Ein Grund für diese Verschiebung im Turnus wird nirgends genannt

und ist auch nicht zu erschließen, falls nicht der Zweck tatsächlich der

— im nächsten Jahre wieder fallen gelassene — Versuch gewesen ist,

jeden Arbeiter an denselben Tagen in den Jahren im Turnus erscheinen

zu lassen. Denn die Folge der Veränderung ist jetzt, daß im 27. Jahre

und im 28. Jahre die Namen immer an denselben Tagen genannt werden.

Es ist außerdem sicher kein Zufall, daß gerade innerhalb der kurzen

Zeitspanne, während derer die Veränderung eingetreten sein muß, ein

Jahreswechsel stattfindet; ein solches Datum erscheint aber besonders

geeignet dazu, eine Neuerung einzuführen. So mag es sich tatsächlich so

verhalten haben, daß man, aus dem eben genannten Grund, am 26./

2. Smw, dem 1. Tage des 28. Jahres, den Turnus unterbrach und nicht

H'-m-nw aufführte, sondern Nfr-hr, der auch im Jahre vorher am ersten

Jahrestage genannt war. Doch bleibt hier solange jede Überlegung reine

Hypothese, als uns nicht ein glücklicher Zufall das Ostrakon mit den

Angaben vom 3. Smw des 28. Jahres und der letzten Tage des 2. Smw

beschert.

Stützen wir uns also auf die sicher in die Jahre 24—28 datierten

Ostraka, so verschieben sich auch die undatierten Ostraka, die nach dem

Turnus in diese Zeit zu setzen sind, gegenüber Christophes Ansatz:

163, 173, 171 gehören demnach in das 24. Jahr, 169 in das 25. Jahr zu¬

sammen mit einem unveröffentlichten Ostrakon, das mir aus den Ab¬

schriften für das Berliner Wörterbuch als ,, Petrie Nr. 50" bekannt ist

und den Turnus von 1.— 25./1. sh.t nennt. Das Ostrakon 146 muß dann in

das 26. Jahr angesetzt werden.

(5)

Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie 31

Schwieriger ist allerdings die Frage, in welches Jahr die Ostraka 35,

167, 34 einzuordnen sind, da ja nach unserer Rekonstruktion der Turnus

des 27. und des 28. Jahres übereinstimmt. Da zwischen Nr. 151 und

Nr. 33 (als den letzten datierten Ostraka vor dem Bruch) und 156 (erstes

nach dem Bruch) keine erkennbare Veränderung in der Zusammen¬

setzung des Turnus eingetreten ist, fehlt ein sicheres Kriterium, ob z. B.

34 im 4. Pr.t des 27. Jahres (also zwischen 33 und 151) oder des 28. Jahres

(also nach 156) einzuordnen ist. Allerdings sprechen zwei nicht ganz

sichere Überlegungen dafür, daß 34 im 27. Jahr anzusetzen ist:

1) Auf 168, das in den Anfang des 29. Jahres gehört, scheint nach den

von Cebny gelesenen Zeichem'esten bereits Pn-'nk.t vor H'-m-wss.t zu

stehen. 34 nermt noch wie in den Jahren 24—26 Ki-ss. Obwohl es natür¬

lich möglich ist, daß der Wechsel in den zwei Monaten zwischen dem

12./4. Pr.t 28 und dem 28./2. Smw 29 eingetreten wäre, ist doch vielleicht ein Ansatz ins 27. Jahr für Nr. 34 besser.

2) 138 nennt nach Mrj-R' den Nsj-'Imn, wie Inden folgenden Jahren.

Ceeny gibt zwar für 156, auf dem das gleiche Datum des 6. /IV. Smw des

28. Jahres genannt wird, den 'Irw-sw, den Vorgänger des Nsj-'Imn, je¬

doch als unsichere Lesung. Wenn hier auf 156 auch Nsj-'Imn gestanden

haben sollte, so würde dadurch die Einordnung von 34 ins 27. Jahr sehr

wahrscheinlich, weil dieses Ostrakon noch 'Iriu-sw hat.

Nr. 167 ist sicher ins 27. Jahr einzuordnen, da es noch 'Irw-sw nennt;

würde es in das 28. Jahr eingeordnet, dann gehörte es hinter 138, das

aber schon den Nachfolger des 'Irw-sw Nsj-'Imn aufführt. Weil hin¬

gegen auf Nr. 35 Nsj-'Imn erscheint, ist dieses Ostrakon in das 28. Jahr

einzuordnen.

Wir hatten oben erwähnt, daß — abgesehen von Ostraka 284 und

168 — kein Ostrakon mit Nennung der Turnusnamen aus dem 29. Jahr

belegt ist. Immerhin finden sich zwei Hinweise in der Überlieferung vor.

Im bekannten Sfreikpapyrus RAD 45ff. ist Vs. 4,2 (RAD 57,6ff.) eme

Meldung des Pn-'nk.t über gesetzwidrige Handlungen erwähnt; sie wird

am 16./1. Smw/Jahv 29 erstattet. Ein Blick auf unsere Liste zeigt uns

aber, daß dieser Tag gerade der ist, an dem der Name des Pn-'nkt als

Tumusname erscheinen müßte!

Das Ostrakon 330 enthält die dekadenweise Abrechnung von Gips¬

lieferungen. Es beginnt mit der Einsetzung eines Wsr-ms'.t-R'-nht zum

Gipsarbeiter am 10./2. Pr.t des 29. Jahres. Dann folgen die Angaben,

daß er ,,in der Wache des Hrj" % Sack Gips und ,,in der Wache des

'Imn-m-ip.t" ^4 Sack abgeliefert habe. Dann folgen Notizen vom 20. des¬

selben Monats, darauf vom 30. und endlich vom 8. des 3. Monats Pr.t.

Daraus ergibt sich eindeutig, daß die ,, Wachen" der beiden genannten

zwischen dem 10. und 20./2. Pr.t des 29. Jahres gelegen haben müssen.

(6)

32 Wolfgang Helck

Auch hier zeigt unsere Tabelle, daß tatsächlich am 15. 'Imn-m-ip.t und

am 19. Hrj {-Srj) im Turnus erscheinen müßten. Weiterhin erkennen wir

dadurch, daß der Tausch zwischen Mrj-R' und 'Imn-m-ip.t, den die

Ostraka des 31. Jahres gegenüber denen des 28. Jahres deutlich machen,

im 29. Jahr noch nicht eingetreten war. Dagegen hatte Hrj-Srj damals

bereits 'Ij-r-nwt.f ersetzt, den das in das 30. Jahr datierte Ostrakon 145

als ausgeschieden zeigt. Auf dem Ostrakon 330 wird also nach den

,, Wachen" der genannten Arbeiter datiert; damit wird deutlich, daß es

sich bei dem Turnus der Namen auf unseren Ostraka um die Abfolge der

,, Wachen" (tvrS) handelt, die immer für einen Tag von einem der Arbeiter

nach einer festen Reihenfolge durchgeführt wurde. In gleicher Weise

datiert man auch auf dem Ostrakon Kairo 25658 nach der ,, Wache des

N.N." und nicht nur, wie auf den bisher erwähnten Ostraka, nach dem

Namen des betreffenden Arbeiters.

Damit wird das Wesen und die Bedeutung der Beifügung des Arbeiter¬

namens zum Datum klarer. Sie hat nichts mit dem Verpflegungsempfang

des betreffenden Arbeiters zu tun, wie anscheinend Christophe an¬

nimmt. Schon Cerny hat (ÄZ 72, 115 Anm. 2) festgestellt, daß der

Arbeiter, der ,, Wache" hatte, die für die Arbeiter angelieferten Lebens¬

mittel und Materialien entgegenzunehmen und weiterzuleiten hatte^. Da

dabei bei verschiedenen Lieferungen beigefügt ist, ob sie für die ,, linke"

oder ,, rechte" Seite der Arbeiterschaft bestimmt waren, ergibt sich

daraus, daß die urrSw für beide Seiten zuständig waren und auch aus

beiden Seiten genommen waren. Das erkennt man auch daraus, daß

einige der älteren Arbeiter, die in unseren Ostraka erwähnt werden, auf

den aus der Zeit Sethos' II. und Siptahs vorliegenden Abwesenheitslisten

in beiden Abteilungen erwähnt werden. Abgesehen von dieser Aufgabe

scheint man vor den vrrSw auch Eide abgelegt zu haben, denn auf

Ostrakon Nr. 56 schwört an einem 13./3. ih.t des 25. Jahres Ramses' III.

ein Türhüter einen Eid vor Nfr-^tp — an dem genannten Tag hatte

dieser aber gerade ,, Wache"!

Einen Hinweis auf die Aufgaben des vrrSw finden wir auch in dem

Ostrakon 339 verso, die eine Anzeige enthält ,, gegen den Portier H'-m-

wis.t, der die Festung des Hafens überschritten und ins Innere einge¬

treten war bis hin zum Haus des Schreibers Wnn-nfr. Psj-irj verschloß

hinter (ihm), da er der mräw war am 1. Pr.tßi anstelle des Mnm". Der

lurSw kontrolliert also auch die Türwächter von Deir el Medineh. Wenn

wir unsere Liste betrachten, können wir feststellen, daß das Ostrakon aus

1 Den Rest einer Liste, die von einer der beiden „Seiten"-Verwaltungen

(unter ihrem ,, Vorarbeiter") geführt wurde, ist vielleicht in 138 zu sehen, da dort die Übergabe von Bier bzw. Datteln ,,von" (m d.t) den ,, Wachhabenden"

an einzelne Arbeiter aufgeführt wird.

(7)

Zxir Geschichte der 19. und 20. Dynastie 33

dem 22. Jahr Ramses' III. stammen muß, da in diesem Jahr Mnm an

dem angegebenen Tage als ivrSw eingeteilt war. Sein Vertreter Psj-irj

tritt sonst nicht auf.

Dieses Ostrakon ist aber nicht das älteste^, das uns den Turnus der

lursw erkennen läßt, sondern wahrscheinlich ist 253 noch älter; leider

ist das Jahresdatum unsicher: Cerny liest 15 oder 25. Aufseiner Rück¬

seite finden sich aber die Namen: Ks-ss, H'-(m-wss.t), ( ), R§-ptj.f,

Kn-'Imn, ( ), Hsj, 'Ij-nwt.f, Ps- { ). Der Ablauf der ersten Namen

ist der gleiche wie im Turnus, so daß wir annehmen können, daß hier

überhaupt der Anfang des Turnus der lorSw aufgezeichnet war. Da aber

Namen erscheinen, die im Turnus der Jahre nach dem 24. nicht mehr

auftreten, dürfte das Ostrakon in das 15. Jahr Ramses' III. zu setzen sein.

Es scheint nicht so, als seien alle Arbeiter in diesen Wachturnus ein¬

gefügt gewesen. So werden im Turiner Streikpapyrus mehr Arbeiter¬

namen genannt, als wir als Turnusnamen antreffen ; einige, wie 'Imn-nht,

Sohn des RS-ptj.f, und Wsr-i.s.t, werden erst später in den Turnus mit

aufgenommen. 'Irj-'s wiederum springt schon einmal für einen ver¬

hinderten ,, Wachhabenden" ein, ehe er fest in den Turnus eingefügt ist.

Auch scheinen die älteren von ihnen ersetzt zu werden, bereits ehe sie mit

Arbeit aufhören, behalten aber vielleicht das Recht, ihren Nachfolger zu

vertreten, derm es ist auffallend, daß 'Irj-'s einmal von Mnm, und

Pn-'nk.t von Ksss vertreten werden, die ihre Vorgänger gewesen sind.

Bemerkungen zu den Tabellen:

Aus den Tabellen soll sich ergeben, an welchen Tagen der Arbeiter, dessen Name an dem Kopf der senkrechten Spalte erscheint, ,, Wache" gehabt hat.

Dmch Schrägschraffierung innerhalb der Tageskästchen ist angegeben, daß

die Nennung durch ein Ostrakon belegt ist, dessen Nr. nach ÖEBNys Publi¬

kation Catalogue des ostraca hidratiques non litteraraires de Deir el Mddineh

am rechten Rand angegeben ist. Unterstreichung der Nummer bedeutet,

daß das betreffende Ostrakon dmch eine Jahresangabe datiert ist. Eckige

Klammern irmerhalb der Kästchen geben an, daß für den betreffenden Tag

der Name des Arbeiters weggebrochen ist. Durch Kreuze irmerhalb der Käst¬

chen wird auf die Anmerkungen am rechten Rand hingewiesen, in denen an¬

gegeben ist, wann der Name eines Beamten aus dem Tmnus verschwindet

und dvirch einen neuen „ersetzt" ist; in diesem Fall ist in den senkrecht darunter folgenden Kästchen der neue Name zu lesen. Ist jedoch angegeben, daß ein anderer Arbeiter in ,, Vertretimg" genannt wird, so gilt das nur für

den betreffenden Tag. Striche von einem Namenskästchen zu einem anderen

weisen auf Veränderungen im Tmnus hin. Ein kmzer senkrechter Strich am

rechten Rand eines Tageskästchens bedeutet das Ende eines Ostrakons; er

ist dort verwendet, wo Ostraka unmittelbar aneinander anschließen.

1 Unberücksichtigt bleiben die unter Siptah zu datierenden Listen 25796/7, in denen jede ,, Seite" einen eigenen Wachthabenden hat.

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Zur Geschichte der 19. und 20. DjTiastie 36

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145

X Vertretung durch Nsj-'Inm

(11)

Zur Geschichte der 19. imd 20. Dynastie 87 43

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Stelle von Nhw- m-mw.t

X X 'Imn-m-ip.t n.

R'-mrj tauschen die Plätze 154

172

170 155

157

159 36

37

153 X Vertretimg K/s/

X X Vertretung Mnn/

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39 + 174

40

X H'-m-nw ersetzt

41 Hwj-nfr, Hrj tritt

an die Stelle des H'-m-nw

(12)

38 Wolfgang Helck

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Nfr-htp Pn-'nk.t

^l^i H'-m-w/s.t

Anmerkung :

Es war gleich von Anfang an geplant, 30 Arbeiter in den Turnus einzusetzen, so daß jedetl

immer am gleichen Monatstag Dienst tat. Es haben jedooh am 24. Ts und Mii-nht-f

sicher im Versehen — beide zusammen Dienst getan, wodurch sich der erste Turnusdurchlaut*

mn einen Tag verkürzte (Nr. 41 verso Z. 10).

(13)

Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie 39

2. Zum Ende der 19. Dynastie

In seinem verdienstvollen Buch Tanis und Theben hat von Becke¬

rath (p. 70ff.) die schwierigen Fragen nach dem Ablauf der letzten

Regierungen der 19. Dynastie untersucht. Unter Hinweis auf den Vize¬

könig von Kusch Sethi, der im ersten Jahre Ramses Siptahs in sein Amt

eingeführt wurde und im sechsten Jahre Siptahs belegt ist, hat er die

auch von anderen vermutete Identität von Siptah und Ramses Siptah

nachdrücklich betont, der nach dem Ostrakon Kairo 25515 Nachfolger

von Sethos II. gewesen ist. Für die Regierung des Amenmose glaubt er

aber nun, aus dem Material schließen zu können, daß dieser während der

Regierung des Siptah eine thebanische Gegenregierung darstellt, und

zieht daraus weitgehende Schlüsse für die ,,Innenpohtik" dieser Zeit.

Ganz abgesehen davon, daß wir wohl kaum in der Lage sind, die Beweg¬

gründe des Handelns der ägyptischen Könige aus dem ungenügenden

Material und mit der Unwissenheit, die uns im Hinblick auf das Denken

und Fühlen des Ägypters beherrscht, zu erfassen, dürfte auch die dort

gegebene Rekonstruktion dadurch unhaltbar werden, weil die zeitliche

Fixierung des Amenmose in die Regierung des Siptah nicht mit dem vor¬

handenen Material, das von v. Bbckebath nicht voll benutzt worden ist,

in Einklang zu bringen ist.

Von den nicht zahheichen Denkmälern des Amenmose weist von

Beckeeath besonders auf die fragmentarische Statue im Museum zu

Liverpool hin, auf der der Name des Amenmose über dem Sethos' II.

angebracht worden sei. Das würde bedeuten, daß Amenmose tatsächlich

nach Sethos II. regiert habe. Doch beruht diese Angabe allein auf einer

Bemerkung Peteies (History III p. 127): ,,The base of a statue at

Liverpool was originally inscribed for Sety II. across the front". Im

Catalogue von Gatty wird dieses Stück unter Nr. 303 beschrieben, aber

nur bemerkt, daß ,,the inscriptions are cut round the sides of the pedestal

and one of the cartouches (of Amenmes) has apparently been erased; a

kind of blue colouring has been put over the whole". Das sieht doch nur

danach aus, als habe man die eine Kartusche Amenmoses, wie auch

sonst oft, beseitigen wollen. Eine Nachprüfung des Sachverhalts am

Original ist leider nicht mehr möglich, da, wie mir auf eine Anfrage

Fräulein Elaine Tankaed von der Liverpooler Museumsverwaltung

freundhcherweise mitteilte, ,,the base was destroyed when the Museum

was burnt out during air raids in 1941". So dürfte es richtiger sein, auf die

Angabe Peteies nicht zu entscheidendes Gewicht zu legen und von einer

anderen Seite an das Problem heranzutreten.

Cebny hat in seiner Veröffentlichung des Papyrus Salt 124 (JEA 15,

243 ff.) auf p. 255 daraufhingewiesen, daß in diesem Text mit aller Wahr-

(14)

40 Wolfgang Helck

scheinlichkeit der König Amerunose genannt wird. Es heißt dort zu Be¬

giim des Textes: „(Der Arbeiter) 'Imn-nht sagt: ,Ich bin der Sohn des

Vorarbeiters Nb-nfr. Mein Vater starb und der (Vorarbeiter) Nfr-htp,

mein Bruder, (wurde eingesetzt) an seiner Stelle. Der Feind aber tötete

den Nfr-htp und (obwohl ich) sein Bruder (bin), gab P,'-nb fünf Sklaven

meines Vaters dem Ps-R'-m-hb, der damals Wesir war, (und dieser

setzte ihn an die) Stelle meines Vaters, obwohl es wirklich nicht seine

Stellung war. Und als darm das Begräbnis aller Könige gemacht wurde,

(da meldete ich) den Diebstahl durch Pi-nb an den Dingen des Königs

Sethi- Mernephtah "'; und recto II, 17 wird ausgesagt: ,,Der Ober¬

arbeiter Nfr-htp verklagte ihn vor dem Wesir 'Imn-msw und dieser

bestrafte ihn. Er aber beklagte sich bei Msw über den Wesir und dieser

entließ ihn aus dem Wesiramt".

Der Msw, der hier den 'Imn-msw als Wesir absetzt, kann nach allem,

was wir über die Stellung des Wesirs wissen, nur ein König gewesen sein,

der hier mit seinem Kmznamen genannt ist; es dürfte, wie auch Cerny

feststellt, dann nur Amenmose gemeint sein. Wir erhalten dann also

bereits durch den Pap. Salt 124 folgenden Ablauf der Vorgänge:

1) Unter Amenmose beklagt sich Nfr-htp über Ps-nb, der damals noch

Arbeiter ist; auf eine Gegenklage des Pi-nb entläßt der König den

Wesir 'Imn-msw.

2) Der ,, Feind" tötet den Nfr-htp; der damalige Wesir Ps-R'-m-hb setzt Pi-nb als Nachfolger ein.

3) Begräbnis Sethos' II.

Daß Punkt 2 vor Punkt 3 geschah, läßt sich auch aus anderen Quellen

belegen. So kennen wir den Wesir Ps-R'-m-hb sowohl aus Inschriften

aus dem Wadi Hammamat, die die Kartuschen Sethos' II. zeigen

(CouYAT-MoNTET, Inscriptions du Ouädi Hammdmät Nr. 239, 246),

außerdem wird er auf dem Ostrakon Kairo 25515 erwähnt, auf dem der

Regierungswechsel von Sethos II. zu Siptah belegt ist (Parallelversion

auf Kairo 25538). Der Nachfolger des Ps-R'-m-hb war Wesir Hrj, der von

Siptah über Sethnacht bis unter Ramses III. im Amt war (Petrie,

Seascm Nr. 278; Lepsius, Denkmäler III 206 d; Text III 224).

Femer wissen wir, daß Ps-nb bereits vor dem Tod Sethos' II. Vor¬

arbeiter war: Das ergibt sich aus dem Ostrakon Kairo 25556 vom 2. Tag

des 3. Monats Smw eines 5. Jahres, das nach dem Inhalt nur unter

Sethos II. anzusetzen ist und in dem Ps-nb den Titel eines Vorarbeiters

trägt. Zu Beginn der Regierung Sethos' II. aber ist noch Nfr-htp ira Amt,

wie sich aus einem unveröffentlichten Ostrakon ergibt, das die Meldung

der Thronbesteigung Sethos' II. enthält (Gardiner, JEA 5, 191).

Wenn also die Identifizierung des Msj im Pap. Salt 124 mit dem König

Amenmose stimmt, dann kann dieser nicht, wie von Beckerath meint.

(15)

Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie 41

wälirend der Regierung Siptahs regiert haben, sondern auf alle Fälle vor

dem Tode Sethos' II. In diesem Fall bestehen also die zwei Möglich¬

keiten, daß er entweder vor Sethos II. als Nachfolger Mernephtahs an¬

zusetzen ist, oder als Gegenkönig Sethos' II. in Theben. Die zweite An¬

nahme wäre in dem Augenblick als die allein mögliche anzusehen, wenn

Petbies Angabe über die Liverpooler Statuenbasis richtig wäre. Doch

sahen wir, daß nicht nur der Katalog von Gatty nichts davon erkennen

läßt, daß die Kartusche des Amenmose sekundär über der Sethos' II. ge¬

standen hätte, sondern auch Gauthieb hat in seinem Livre des rois

Petbies Angabe ignoriert. So dürfte es richtiger sein, das andere uns

vorliegende Material über diese Frage zu untersuchen.

Um die im folgenden anzuführenden Daten Sethos' II. aus dem the¬

banischen Raum eindeutig in die betreffenden Regierungsj ahre ein¬

ordnen zu können, müssen wir zunächst das Thronbesteigungsdatum

Sethos II. wissen, von dem ja in dieser Zeit die Regierungsjahre ab¬

gerechnet wurden. Das oben bereits genannte unveröffentlichte Ostrakon

ist leider im Datum beschädigt, so daß wir nur wissen, daß die Meldung

über die Thronbesteigung Sethos' II. am 16. Tage des x. Monats Pr.t in

Theben bekannt geworden war. Das Ostrakon Kairo 25515, das uns An¬

gaben vom 16. Tage des 2. Monats Smw des 6. Jahres Sethos' II. an bis zur

Meldung seines Todes am 19. /l. Pr.t des gleichen Jahres erhalten hat,

ändert dabei nicht die Jahreszählung, so daß der Thronbesteigungstag

Sethos' II. nicht zwischen dem 16./2. Smw und 19./1. Pr.t gelegen haben

kann. Außerdem wird in einer selbständigen Bemerkung auf dem verso

dieses Ostrakons der 16. Tag des 4. Monats Pr.t des 6. Jahres erwähnt.

Da Sethos II. aber bereits im 1. Pr.t seines 6. Jahres gestorben ist, kann

dieses Datum nur an den Anfang seines 6. Jahres gehören; dadurch ver¬

größert sich der Zeitraum, in den das Thronbesteigungsdatum nicht

fallen kann, auf die Zeit vom 16. /4. Pr.t bis zum 19. /l. Pr.t — positiv

ausgedrückt: Das Thronbesteigungsdatum Sethos' II. muß zwischen

dem 19. /l. Pr.t und dem 16. /4. Pr.t gelegen haben. Andererseits zeigt

auch das Ostrakon 25509 mit Daten vom 23. Tag des 3. Pr.t des 1. Jahres

Sethos' II. an keinen Wechsel des Regierungsjahres^. Da, wie wh gleich

1 Auf Kairo 25516 beginnt die Abrechnung der ausgegebenen Lampen am

17. des 1. Pr.t eines 6. Jahres und reicht auf dem recto bis zum 24. des

3. Monats Pr.t, während die Fortsetzung auf dem verso Jahr 1 angibt.

Hieraus ist aber kein Jahreswechsel für den 25. Tag des 3. Pr.t anzunehmen,

sondem der Schreiber hat nur auf dem recto den Wechsel in der Zählung

nicht angegeben. Die Namen der genannten Arbeiter machen es sicher, daß

dieses Ostrakon in den Wechsel von Sethos II. zu Siptah gehört, also parallel

zu 25515 gehört. Am 17./1. Pr.t des 6. Jahres, an dom das Ostrakon 25516

beginnt, war Sethos II. schon tot, aber die Meldung war, wie wir aus 25515

wissen, noch nicht nach Theben gelangt.

(16)

42 Wolfgang Helck

sehen werden, die Todesnieldung etwa drei Wochen vom Delta bis Theben

gebraucht haben wird, ist der Thronbesteigungstag Sethos' II. am Ende

entweder des ersten oder des zweiten Monats Pr.t anzusetzen. Wenn also

nach dem Ostrakon Kairo 25560 Sethos II. am 10.—12. Tag des zweiten

Monats sh.t seines 1. Jahres in Theben war, so fällt dieses Datum in das

letzte Viertel des 1. Regierungsjahres. Die Normung des vierten Monats

Pr.t des 2. Jahres in einer Inschrift vom Gebel el-Silsileh (Lepsius,

Denkmäler Text IV 85) ist demnach in den Anfang des 2. Regierungs¬

jahres zu setzen.

Das nächste uns belegte Datum Sethos' II. ist der 2. des dritten

Monats Smw des 5. Jahres auf Ostrakon Kairo 25556, das also etwa in die

Mitte des 5. Jahres fiel. Wäre nun Amenmose ein Gegenkönig Sethos' II.

gewesen, so müßte er zwischen den beiden zuletzt genannten Daten des

2. und 5. Jahres eingefügt werden.

Werm wir jedoch diese Frage untersuchen woUen, müssen wir uns zu¬

nächst eine Vorfrage lösen: Gibt es Ostraka, die wir unter Amenmose

anzusetzen haben ? Mit dem Namen des Königs ist keins datiert ; trotz¬

dem scheint es möglich zu sein, eine bestimmte Gruppe von ihnen in seine

Zeit zu weisen.

Eben hatten wir feststellen können, daß die Thronbesteigung Sethos' II.

und damit das Datum, an dem sich unter ihm die Jahreszählung ver¬

schob, am Ende des 1. oder 2. Pr.t anzusetzen ist. Von Siptah wissen wir,

daß das Datum seiner Thronbesteigung kurz vor dem 19. Tage des 1. Pr.t

gelegen haben muß, an dem nach dem Ostrakon Kairo 25515 der Tod

Sethos' II. in Theben bekannt wurde. Eine genauere Datierung erhalten

wir eirunal aus der Ostrakagruppe Kairo 25516—21, die aneinander an¬

schließend einen Jahreswechsel zwischen dem 28. Tage des 4. sh.t und

dem 4. Tage des 1. Pr.t zeigen. Diese Ostraka sind Siptah zuzurechnen,

da in einem von ihnen (25517) der Wesir Hrj genannt wird, der der Nach¬

folger des oben erwähnten Ps-R'-m-Jß war und bis Ramses III. im Amt

war — da aber das Thronbesteigungsdatum Ramses' III. mit dem 26.

Tage des 1. Smw bekannt ist, kommt er für die genannte Ostrakagruppe

nicht in Frage; den Thronbesteigungstag des Sethnacht kennen wir

nicht, weil aus seiner höchstens bis in das zweite Jahr reichenden Re¬

gierung (vgl. Gaedineb-Peet-Cebny, Inscriptions of Sinai^ pl. 73 Nr.

271) keine Angaben erhalten sind, die für eine Feststellung dieses Datums

verwendet werden könnten. Aber es wäre recht auffallend, wenn sein

Thronbesteigungsdatum fast mit dem übereingestimmt hätte, das wir

aus Kairo 25515 für seinen Vorgänger Siptah zu erschließen haben.

Wir köimen den Thronbesteigungstag Siptahs aber noch genauer be¬

stimmen, da das Kairiner Ostrakon 25537, das parallel zu der Gruppe

25517—21 Auszüge über die Arbeiten am Grab enthält, am 28. Tage des

(17)

Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie 43

4. sh.t vom 1. zum 2. Jahr wechselt. Dieses Datum dürfte den Thron¬

besteigungstag Siptahs bezeichnen.

Für Mernephtah ergibt sich aus Ostrakon Kairo 25504, daß sein Thron¬

besteigungstag zwischen dem 20. Tag des 4. Smw und dem 13. Tag des

2. Monats sh.t anzusetzen ist. HAD 30, 10 + 14 engt das auf 19. des 1.

sh.t bis 13. des 2. ;h.t ein, falls RAD 30, 14 nicht überhaupt 19. des

1. ;h.t zu lesen ist und dieses Datum der Thronbesteigungstag Merne¬

phtahs ist.

Nun findet sich aber noch eine andere Gruppe von Ostraka, die einen

weiteren Thronbesteigungstag erkennen läßt: es sind Kairo 25780,

25782/4, die aneinander anschließen und vom 1. Tag des 4. Monats Pr.t

eines 3. Jahres bis zum 29. Tag des 3. Smw eines 4. Jahres reichen und

einen Jahreswechsel am 18. Tag des 3. Smw angeben. Auf ihnen wird der

Vorarbeiter Nfr-htp genannt, der ja zwischen dem 1. und 5. Jahr Se¬

thos' II. gestorben ist; sie können deshalb nur vor diesen Zeitpunkt ge¬

hören. Da aber sowohl der Thronbesteigungstag Sethos' II. wie Mer¬

nephtahs in engen Grenzen festgelegt ist, müssen die Ostraka 25780,

25782/4 einem anderen König zuzuschreiben sein. Das kann aber nur

Amenmose sein. Stimmt diese Folgerung, darm hat Amenmose minde¬

stens in seinem 4. Jahr regiert, wobei nur am Rande darauf hingewiesen

werden soU, daß auch Manetho dem Ammenemnes (d. h. unserem Amen¬

mose) fünf Jahre, d. h. nach gewöhnlicher Art der Epitomatoren auf¬

gerundet aus vier Jahren und einigen Monaten, gibt. Für drei volle Jahre

und einige Monate als der durch die aufgeführten Ostraka geforderten

kürzesten Regierungszeit ist aber zwischen den Daten, an denen in

Theben nach Sethos II. datiert wird, kein Platz. Also ist Ameiunose

zwischen Mernephtah und Sethos II. einzuordnen.

Wenn wir zum Abschluß noch kurz auf den ,, Feind" eingehen, der

nach dem Pap. Salt 124 den Nfr-htp tötete, so dürfte es sich hier kaum

um große Auseinandersetzungen innerhalb Ägyptens selbst gehandelt

haben, sondern um Beduinenüberfälle. So finden wir auf dem Ostrakon

Cebny, Deir el Medineh 35, vom 22.-24. des 2. Monats Pr.t des 28.

Jahres Ramses' III. die Angabe :, ,Die Polizeiobersten kamen und sagten :

,Der Feind kommt'"; und am 25. wird bemerkt: ,,Die Arbeiter standen

Wache". So heißt es auch auf dem Ostrakon Nr. 319, das wegen der

Nennung eines aus dieser Zeit belegten Tl-Mntw aus der Regierung des

Königs Siptah stammen wird: ,,Da kam der Feind wieder". Diese An¬

gaben sind mit den häufigen Bemerkungen im Giornale della necropoli di

Tebe zu verbinden, nach denen an bestimmten Tagen ,, nicht gearbeitet

wurde wegen der Wüstenbewohner", die auch Libyer {Rbw) oder MSwS

genannt werden. Hier dürfte es sich kaum mit Kees, Herihor und die

Aufrichtung des thebanischen Gottesstaates (p. 4ff.) um räuberische Söldner

(18)

44 Wolfgang Helck

handeln, sondern wirklich um Beduinen, die wie später die Blemyer die

Ortschaften im Niltal überfallen. Bei einem solchen Überfall ist also

Nfr-htp ums Leben gekommen.

3. Der „syrische Usurpator" am Ende der 19. Dynastie

Mit Recht hat von Beckbrath in Tanis und Theben (p. 76ff.) darauf

hingewiesen, daß der historische Teil des großen Papyrus Harris ein

Tendenzwerk ist: ,,Ein Hauptmotiv solcher Erzählungen ist die düster

ausgemalte Schilderung einer Verfallszeit in Ägypten, nach der endlich

ein guter Herrscher die Ordnung wiederhersteUt und das Land einer neuen

Blütezeit entgegenführt". Die Angaben des Papyrus dürfen deshalb

nicht unbesehen als eine wirklichkeitsgetreue Darstellung der Vorgänge

vor der Thronbesteigung Ramses' III. angesehen werden. Hier soll nicht

die wichtige Frage berührt werden, warum die Ägypter die Vergangen¬

heit im Gegensatz zum wirklichen Geschehen haben darstellen müssen;

es soll nur versucht werden, auf einige Tatsachen hinzuweisen, die

vielleicht des Bild vom Ausgang der 19. Dynastie verdeuthchen helfen.

Im Papyrus Harris 75, 4/5 findet sich die bekannte Stelle, an der es

heißt: ,, Danach (d. h. nach den vorher geschilderten unruhigen Zeiten)

kamen andere Zeiten mit leeren Jahren, als 'Ir-sw, ein Syrer, unter

ihnen Häuptling {wr) war, er machte sich das ganze Land zinsbar. ...".

Allgemein ist diese Stelle bisher so verstanden worden, daß sich nach

dem letzten König der 19. Dynastie, Siptah, ein Syrer auf den Thron

setzte und das Land eine unbestimmte Anzahl von Jahren beherrschte,

bis er wieder von Sethnacht gestürzt wurde. Spiegelbebg warf dabei

zunächst die Frage auf, ob 'Ir-sw wirklich der Name des betreffenden

Usurpators gewesen sei. Er hat sich (OLZ 2, 264) dagegen ausgesprochen

imd angenommen, daß in ir sw die Worte ,,(es) machte sich (zum Häupt¬

ling)" gesehen werden müßten, nach denen der eigentliche Name des

Usurpators ausgefallen sei, wobei nur der ,,Fremdlandpfar' und der

,, sitzende Mann" als Determinative dieses Namens erhalten geblieben

seien. Trotz Spiegelbebgs Hinweis auf eine mögliche Haplographie und

andere Fehlschreibungen im Papyrus Harris ist diese Erklärung im all¬

gemeinen nicht angenommen worden, und sowohl Dbioton-Vandieb,

L'Egypte'', p. 365, wie Scharfe in Schabef-Mooetgat, Ägypten und

Vorderasien im Altertum, p. 166, imd in letzter Zeit E. Otto, Ägypten,

p. 174, sehen in 'Ir-sw den Namen des Syrers — einen Namen, der in

dieser Zeit auch sonst belegt ist, so trägt ihn damals ein Arbeiter in der

thebanischen Nekropole.

Von diesem syrischen Herrscher findet sich aber außerhalb des Pap.

Harris keine Spur. Trotzdem hat man allgemein an der Annahme fest-

(19)

Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie 45

gehalten, daß wir vor Sethnacht mit einem Sjnrer als ägyptischem König

zu rechnen haben. Selbst von Beckeeath widmet dieser Frage eine

längere Untersuchung, obwohl er gerade das Tendenziöse des historischen

Abschnitts des Papyrus Harris so eindeutig herausgestellt hatte, und hält

an der Gestalt eines syrischen Pharao fest, wenn er auch die Zeiten der

Unruhen mit berechtigter Skepsis betrachtet und vollkommen richtig

die Möglichkeit einer sjTischen Invasion ablehnt und an einen ,, ägyp¬

tischen Offizier oder Beamten palästinensischer Herkunft" denkt. Dem¬

gegenüber hat RowTON in seinem wichtigen Artikel über das Thron¬

besteigungsdatum Ramses' II. (JEA 34, 57 ff., bes. 63) sogar eine Zeit

der Wirren zwischen Siptah und Sethnacht von 20 Jahren angenommen.

Hier müssen wir nun versuchen, andere QueUen heranzuziehen, aus

denen wir vielleicht eine Klärung dieser Frage ableiten körmen. Leider

lassen uns die Ostraka der thebarüschen Nekropole bisher für diese Zeit

völlig im Stich. Dafür dürften aber die Denkmäler zweier hoher Beamter

in diesem Zusammenhang heranzuziehen sein.

Der erste von ihnen ist der Wesir Hrj. Wir wissen aus dem Kahiner

Ostrakon 25515, daß am Ende der Regierung Sethos' II. ein Wesir Ps-

R'-m-hb für Theben zuständig war; tatsächlich zeigt uns dieses Ostrakon,

daß fünf Tage nach Ankunft der Todesmeldung Sethos' II. ein Brief

dieses Wesirs nach Theben-West kommt, der sich mit der Frage der Ver¬

pflegung der Nekropolenarbeiterschaft befaßt. Ps-R'-m-hb war wohl auch

schon vor dem 5. Jahre Sethos' II. im Amt, da nicht nur zwei Inschriften

mit seinem Namen aus dem Wadi Hammamat (Couyat-Montet,

Inscriptions du Ouddi Hammamat Nr. 239 und 246) die Kartusche

Sethos' II. nennen, sondern auch nach dem Papyrus Salt 124 Ps-R'-m-

hb es war, der den Vorarbeiter Ps-nb einsetzte; letzterer aber ist bereits

im 5. Jahre im Amt (Kairo 25556). Es ist leicht möglich, daß Ps-R'-m-hb

dann beim Thronwechsel abgesetzt worden ist, denn wir finden am

12. Tag des 2. Monats sh.t des 1. Jahres Siptahs, also im letzten Viertel

seines ersten Regierungsjahres, auf den Ostraka Kairo 25517, 25536,

25537, 25792 den Wesir Hrj erwähnt; hierzu gehört wohl auch das

Ostrakon 25831, ein Brief, in dem der 20. Tag des 2. sh.t des 1. Jahres

erwähnt wird — leider ohne Normung des Königsnamens. Eine Schwie¬

rigkeit ergibt sich allerdings dadurch, daß Daressy, Ann. Serv. 27, 174,

ein Ostrakon aus dem Königsgräbertal veröffentlicht hat, in dem ein

Brief an den Wesir Hrj mit der Nennung Sethos' II. eingeleitet wird ; der

Inhalt scheint sich auf das Grab Pharaos bezogen zu haben. Daraus ist

zu schließen, daß Hrj bereits unter Sethos II. Wesir war, vielleicht als

Kollege des Ps-R'-m-hb, der sonst nicht belegt ist — wenn nicht die

Datierung des Papyrus Bologna 1086 in die Zeit Sethos' II. richtig ist,

die WoLFF ÄZ 65, 89ff. vorgenommen hat, und dann ein Mrj-^hm.t als

(20)

46 Wolfgang Helck

nördlicher Wesir im 3. Jahr belegt wäre. Das genannte Ostrakon be¬

reitet also noch einige Schwierigkeiten, die aber für unsere Frage nicht

entscheidend sind. Eine weitere Nennung des Hrj findet sich auf dem

Ostrakon Kairo 25794, das aus einem vierten Jahr stammt und wahr¬

scheinlich auch unter Siptah zu datieren ist. Ein Graffito bei Assuan

(Peteie, Season pl. 10 Nr. 278) nennt Hrj zusammen mit den Kartuschen

Siptahs. Nun fanden sich aber hinter Medinet Habu Felsinschriften, die

den Namen des Wesirs Hrj zusammen mit den Kartuschen Sethnachts

und Ramses' III. zeigen (Lepsius, Denkmäler III 206d; Text III 224).

Damit ist deutlich, daß Hrj von Siptah (bzw. Sethos IL) an bis in die

Anfangsjahre Ramses' III. amtiert hat. Schon allein diese Tatsache

macht die Annahme von langen Zeiten der Wirren zwischen Siptah und

Sethnacht recht unwahrscheinlich. Mit Weil (Feziere p. 106,109/11,113)

mehrere Wesire dieses Namens hintereinander anzunehmen, besteht nicht

der geringste Grund und wäre recht unwahrscheinlich. Es findet sich

auch weder in den Titulaturen auf den einzelnen Denkmälern wie in den

familiären Angaben etwas, was daraufhinweisen könnte, daß es mehrere

Wesire Hrj gegeben hätte. So ergibt sich sowohl aus der Statuengruppe

Louvre A 72, die den Wesir Hrj neben dem memphitischen Hohenpriester

Pi-hm-ntr zeigt, wie aus den Darstellungen der Stele aus Mitrahine, die

Maistee, Ann. Serv. 48, 449ff. veröffentlicht hat und nach der Wesir

Hrj Vorfahre der memphitischen Hohenpriester H'-m-wss.t (Vater) und

Hrj (Sohn) war, daß Wesir Hrj anscheinend aus einer memphitischen

FamUie stammte. Damit wäre verständlich, daß er zunächst nördlicher

Wesir gewesen ist, als der er ausdrücklich von einem Nekropolenvor-

arbeiter von Thehen auf der Stelenbasis Turin 9498 bezeichnet wird ;

daß er aber die längste Zeit oberägj^tischer Wesir war, lassen nicht nur

seine zahheichen Nennungen dort und auf den Ostraka der Nekro-

polenverwaltung erkennen, sondern auch das Ostrakon Brüssel E 2423

(Speleees, Recueil des Inscriptions p. 55 Nr. 237), auf dem er aus¬

drücklich als Vorsteher der Südstadt" bezeichnet wird'.

1 Außer den im Text genannten Denkmälem des Wesirs Hrj sind noch be¬

kannt: Ein Statuenfragment PSBA 25, 362; eine Statuenbasis Kairo 1174

(Bobchabdt, Statuen IV 90); eine Statue aus dem Hathortempel von Deir

el Bahari erwälmt Chronique d'Egypte 14, 268ff. ; 17, 95; eine Stele im

British Museum Shabpe, Egyptian Inscriptions I 7; eine Stele in Wien

Rec. Trav. 12, 18; ein Graffito am Gebel el Ahmar bei Kairo Bobchabdt

ÄZ 47, 161; Graffiti in Theben-West Spiegelbebg, Thebanische Graffiti

Nr. 497, 505; Ostrakon mit Resten eines Briefes an ihn Daeessy, Ostraca

Nr. 25230. Erwähnt wird er außerdem im Streikpapyrus RAD 57, 16 (vgl.

Edgeeton JNES X 141) im Zusammenhang mit dem Oberarbeiter Ps-nb.

Auch das macht wieder deutlich, daß Hrj nach Ps-R'-m-hb Wezir gewesen

ist, da letzterer ja erst nach Pap. Salt 124 den Ps-nb zum Oberarbeiter ge¬

macht hatte.

(21)

Zva Geschichte der 19. und 20. Dynastie 47

Ein anderer hoher Beamter, der ebenfalls über die angebliche Zeit der

Wirren hinweg im Amt geblieben ist, war der Vizekönig von Nubien Hrj.

Dieser hatte im 3. Jahr Siptahs sich noch als Erster Wagenlenker S.M.

und Königsbote in jedes Fremdland bei Buhen in emer Felsinschrift ver¬

ewigt (Randall-MacIver, Buhen p. 38), war aber dann im 6. Jahr dieses

Königs zum Vizekönig von Kusch bestellt worden (a. a. O. p. 36 pl. 12).

Säve-Södeebergh hat nun (Ägypten und Nubien, p. 177) auf eine Stele

aus Amarah-West (j. in Stockholm) hingewiesen, die derselbe Hrj ge¬

setzt hat — der Vatersname ist der gleiche — und die die Kartusche des

Sethnacht trägt. Er hat dann sein Amt an seinen gleichnamigen Sohn

vererbt, der im 5. und 11. Jahr Ramses' III. (JEA 25, 143, pl. 15,2) und

dann unter Ramses IV. belegt ist (Randall-MaoIver, Buhen p. 24

pl. 11)1.

Es befanden sich also zwei der wichtigsten Amter des Staates, das

thebanische Wesirat und die Statthalterschaft von Nubien sowohl unter

Siptah wie unter Sethnacht in den Händen desselben Mannes. Das

spricht doch gar nicht dafür, daß damals uruuhige Zeiten gewesen seien

mit einem Usurpator und daß diese Zeit sogar 20 Jahre gedauert habe.

Ich glaube, wir körmen diese ,, Wirren" überhaupt als unhistorisch

streichen und sie aus der Tendenz des Papyrus Harris erklären, der der

Ordnung der neuen Dynastie Wirren der ausgehenden entgegenstellen

mußte, um überhaupt das Auftreten einer neuen Dynastie geschichtlich

begründen zu können. Da der PapjTus Harris I ja auch keine Königs¬

namen der 19. Dynastie nennt, bleibt es offen, als Anknüpfungspunkte

für die Erzählungen von Wirren die Gegensätze anzunehmen, die

zwischen Amenmose, Sethos II. und Siptah bestanden haben, wie sich

aus der Auskratzung des Namens des Amenmose durch die folgenden

Herrscher und der Unterdrückung des Siptah in der späteren Uber¬

lieferung ablesen läßt.

Es bleibt nun noch die Frage, wer dann der syrische Usurpator ge¬

wesen sei. Deim so gut diese Gestalt in das ,, Schema" einer Unglückszeit

nach den Erlebnissen der Hyksoszeit paßt, so würde man doch zu weit

gehen, wenn man ihn als reine Erfindung bezeichnen würde. Wir haben

sicher mit einer mächtigen Persönlichkeit syrischer Herkunft in der Zeit

vor Sethnacht zu rechnen. Es dürfte wohl kaum zu weit gegangen sein,

wenn wir in dem Syrer 'Irsw den König Siptah erkennen wollen. Daß

Siptah nicht einen Anspruch auf den Thron gehabt hat, dürfte schon

daraus geschlossen werden, daß erst seine Verbindung mit Tswsr.t

diesen Anspruch begründet hat. Diese Feststellung gründet sich auf der

bedeutsamen Rolle, die Ts-wsr.t zu ihrer Zeit gespielt hat und die bis in

1 Eine weitere Stele des Hrj wird Ex Oriente Lux 1948, 314 aus Amara-

West erwähnt.

(22)

48 Wolfgang Helck

die Zeit Manetiios nachgewirkt hat, der sie in der Form Thuoris als

König nennt. Sie war zunächst eine der Gemahlinnen Sethos' II. ge¬

wesen, da sie auf ihrem Schmuck neben diesem Herrscher als Königin

dargestellt und genannt wird (Davis, Tomb of Siptah). Unter Siptah

finden wir sie auf der Türleibung eines Tores in Amada dargestellt

(Gauthieb, Amada pl. 21): dort verehrt sie auf dem einen Pfosten ein

Oberst Pjij, während er auf dem Gegenpfosten die Namen Siptahs und

dessen ,, Schatzmeister des ganzen Landes" Bij anbetet; dieser Pjsj ist

außerdem aus dem dritten Jahr des Siptah durch ein Graffito aus Wadi

Haifa belegt (vgl. Maspbbo bei Davis, Tomb of Siptah p. XXII/III).

Zeigt das schon die überragende Bedeutung der Ti-wsr.t an, so tritt das

noch mehr dadurch hervor, daß sie sich einen königlichen Totentempel

hatte anlegen lassen und daß sie sich ausdrücklich als König bezeichnen

ließ. Ihr Königsname erscheint sowohl auf den Grundsteinbeigaben des

Totentempels wie auf einem Ostrakon Kairo 25293, auf dem unzusam¬

menhängend erhalten ist: ,,(1) Jahr 8, 3. Monat (2) Ti-wsr.t-

stp-n-R' (3) Wsr-ms\t-R'-stp(-n-R') (4) (... Monat)

Smw, Tag ". Maspebo hatte sich bei Davis (a. a. 0. p. XXyil)

dagegen gewandt, in diesem Datum das der Ti-wsr.t zu sehen. Jedoch

scheint es mir nicht unwahrscheinlich zu sein, daß Tswsr.t nach Annahme

der Königstitulatur ihre Regierungsjahre vom Zeitpunkt der Thron¬

besteigung Sethos' II. — ihres ersten Gemahls — weitergezählt hat. Die

Grundsteinbeigaben ihres Totentempels zeigen, daß zu diesem Zeit¬

punkt die Königstitulatur bereits angenommen war. Leider sind die

Jahresangaben auf den Aufschriften der Töpfe aus den Grundstein¬

beigaben ihres Totentempels nicht erhalten, aber es ist sehr wahrschein¬

lich, daß der Totentempel der Ts-wsr.t gleichzeitig mit dem des Siptah

angelegt worden ist, bei dem das 3. und 4. Jahr (des Siptah) belegt sind

(Pbtbib, Six Temples at Thebes pl. 19). Das ergibt sich daraus, daß die

Lieferungen für die Grundsteinopfer aus derselben Wirtschaftsanlage,

einer Tempelanlage Sethos' II. im Karnaktempel, kamen. Damals, im

3./4. Jahr des Siptah, bezeichnete sich also Ts-wsr.t auch als ,, König",

und das 8. Jahr des genannten Ostrakons kann gut das zweite oder dritte

Jahr Siptahs gewesen sein. AUerdings scheint man sonst in der theba¬

nischen Nekropole nicht nach ihr datiert zu haben.

Wir sehen also, wie die Bedeutung der Ts-wsr.t nach der Thron¬

besteigung des Siptah wächst. Diese entscheidende SteUung der Ts-wsr.t

unter Siptah ergibt sich nun auch noch aus einem weiteren Denkmal,

das leider von Bbckebath nicht mit herangezogen hat: der sog. Bilgai-

stele, die Gabdineb ÄZ 50, 49 ff. veröffentlicht hat. Auf ihr wird die

Gründung eines kleinen Heiligtums im Delta verewigt. Die neu ein¬

gerichtete KapeUe war dem ,,Amun Ramses' II." geweiht und von einem

(23)

Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie 49

Vorsteher der Küstenverteidigung im Namen der „großen (Herrin?) des

ganzen Landes" erbaut worden; in diesem Titel ist später das Wort

„Herrin" o. ä. ausgehackt worden (s. u.). Der Vorgesetzte des genannten

Stifters mit Hinblick auf die wirtschafthchen Verpflichtungen seiner

Stiftung war ein Phi, der den Titel eines „Vermögensverwalters (mr pr)

des Totentempels des Königs (ausgehackt) innerhalb der

Tempelverwaltung des Amun, in Theben-West" und den eines ,, Ver¬

mögensverwalters einer Tempelanlage Sethos' II. innerhalb der Tempel¬

verwaltung des Amun" trug. Während es sich bei dem zuerst genannten

Tempel um den Totentempel eines Königs in Theben-West handelt, ver¬

bindet der zweite Titel den Pbs mit einer Stiftung Sethos' II. innerhalb

des Karnaktempels ; sie ist im Gegensatz zu hw.t als Bezeichnung der

Totentempel mit pr benannt. Bei dem König, dessen Namen ausgehackt

ist, handelt es sich mit Sicherheit um Siptah. Das geht nicht nur daraus

hervor, daß in Beamtentiteln, die mit Königsnamen gebildet sind, ge¬

wöhnlich der dem Träger zeitlich am nächsten stehende König zuerst ge¬

nannt wird, sondern es findet sich der Vermögensverwalter Pbs auch auf

den Topfaufschriften aus dem Totentempel des Siptah erwähnt (Petrie,

Six Temples at Thebes pl. 19 Nr. 6,10). Er ist also dadurch als Ver¬

mögensverwalter des Totentempels des Siptah erkennbar. Gleichzeitig

lassen andere Topfaufschriften sowohl aus den Fundamentbeigaben des

Totentempels des Siptah wie der Ti-wsr.t erkennen, daß die Lieferungen

für die Grundsteinopfer aus der Tempelanlage Sethos' II. innerhalb des

Karnaktempels kamen. Diese enge wirtschaftliche Verbindung zwischen

der genannten Anlage Sethos' II. und dem Totentempel Siptahs ergab

sich aber schon durch den Titel des Pbs auf der Bilgaistele.

Alles das macht sicher, daß die Bilgaistele aus der Zeit des Siptah

stammt; die ,, große (Herrin?) des ganzen Landes" kann dann aber nur

Ts-wsr.t sein.

Wenn nun hier auf der Bilgaistele Ts-wsr.t in dieser Weise hervor¬

gehoben wird, daß sie (und nicht der König) als Weihende auftritt und

der ,,Amun Ramses' II." als ,,ihr guter Vater" bezeichnet wird, so zeigt das deutlich, daß sie als die eigentliche Trägerin der Dynastie angesehen

wurde. Das muß auch in dem ausgehackten Titel ausgedrückt gewesen

r 'Sv-' 8 ö 511 '^''^

sein. Gardiner denkt dabei an ^ A ^ g , gibt aber zu,

daß die Lücke dafür noch zu groß sei (a. a. 0. p. 55 n). Einmal ist im

Anfang der Lücke ein y^.^ erhalten, so daß es vieUeicht nicht zu kühn ist,

r-T! J) —"— ff>"l r<:;:n>-] <^=» A«/w\A

den Namen j; ^ <=> zu ergänzen und dann P n o i

also den Titel, mit dem sich gerade in dieser Zeit die Vorstellung vom

4 ZDMG lOB/I

(24)

50 Wolfgang Helck

Stellvertreter des Königs verband. Allerdings ist er sonst in Verbindung mit der Ts-wsr.t nicht belegt, aber schon die Tatsache, daß hier ein Titel

getilgt worden ist, macht deutlich, daß sich mit diesem Titel der Thron-

anspmch der Ts-wsr.t verbunden haben muß. Deshalb wurde er zu¬

sammen mit dem Namen des Königs Siptah später getilgt.

So weist alles darauf hin, daß Ts-wsr.t die eigentliche Trägerin der

Dynastie gewesen ist und Siptah nur durch seine Verbindung mit ihr

einen Anspruch auf den Thron besaß.

Welcher Art die Verbindung zwischen Siptah und Ts-wsr.t war, bleibt

unsicher. Die Annahme, sie sei auch Gemahlin des Siptah gewesen, ist

dmch keinen eindeutigen Beweis gestützt. Wenn sie auf dem Türpfosten

von Amada gegenüber von Siptah als ,, große kgl. Gemahlin" bezeichnet wird, so dürfte dieser Titel auf ihre Ehe mit Sethos II. gehen. Auffallend

ist auch , daß auf dem Schmuck der Ts-wsr.t nie Siptah genarmt wird,

sondem nur Sethos II.; ein Ring trägt ihren Königsnamen (Nr. 21).

Daher halte ich es für wahrscheinlicher, daß Ts-wsr.t nie die Gemahlin

des Siptah war, sondern als Königswitwe den Anspmch auf Mitregent¬

schaft erhob, der sich zunächst in dem später getilgten Titel der Bilgai¬

stele und dann in ihrer Königstitulatur ausdrückte.

Stimmt aber unser Vorschlag, Siptah mit dem Syrer 'Ir-sw des Pap.

Harris gleichzusetzen, so ist noch seine ausländische Herkunft zu er¬

klären. Es mag in diesem Zusammenhang vieUeicht nicht zufällig sein,

daß er seine Mutter nie nennt. Er war also möglicherweise vor seiner

Thronbesteigung einer jener syrischen Truchsesse gewesen, die in der

Ramessidenzeit immer mehr an Bedeutung gewannen. Die Truchsesse

wurden gern aus Syrien geholt, wie sich aus Pap. Anastasi III 8,3 er¬

gibt, wo von ,, Sklaven aus Krk" gesprochen wird, ,, jungen Knaben, die

als Mundschenke zur Bedienung Seiner Majestät bestimmt sind, und

dazu ein Mann für die Brauerei, der Kdj-'BieT herstellen kann". Diese

ausländischen Truchsesse am ägyptischen Hof scheinen häufig Namen

erhalten zu haben, die mit dem Namen des Königs zusammengesetzt

waren: So heißt der Truchseß R'-ms-sw-mrj-'Imn-mj-R'- (Mabiette,

Abydos II 50) eigentlich Bnjsn und stammt aus dem syrischen Ort

Trbsn. So werden sich auch hinter solchen Namen von Truchsessen wie

R'-mi-sw-'Ss-hbw (Bbeasted AR III § 496), B'-ms-sw-m-pr-R' (Ma¬

biette, Cat. d'Abydos II, 50; Ostrakon Kairo 25504 119, verso I 10;

Stele Lyon 60), R'-ms-sw-wsr-ph.tj (Kairo 1208; Gbiffith, Teil el

Yehoudiyeh pl. 21,4a), Wsr-ms\t-R'-shpr (Lepsius, Denkmäler III 219e),

Nfr-ks-R'-m-pr-Umn (JEA 22 pl. 11 IV 2; Bbugsch, Thesaurus 1318),

Sihj-hr-umm.f (Quibell, Excavations at Saqqara II pl. 37 Nr. 4/5)

Fremdlinge verbergen, die wir mit ihren ausländischen Namen als

Trachsesse dann im Papyrus der Harimsverschwörung kennen lernen.

(25)

Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie 51

In der 18. Dynastie scheint man in solchen Fällen nicht mit dem Namen

des Königs, sondern mit dem Wort hk} Namen gebildet zu haben: so

hieß der Bauleiter Pi-hki-mn des Grabes Theben-West Nr. 343 m-

sprünglich Bnji und war damit wohl ebenfalls ein Ausländer, wie da¬

nach auch die bekannten Truchsesse Thutmosis' IV. Hki-räw und

Hki-r-nhh des Grabes Theben-West Nr. 64. Mit dieser Umbenennung ist

sicher die Angabe auf dem Papyrusfragment Gaedinee RAD p. XIX zu

vergleichen, wo es heißt: ,, der Name, den Pharao zu ihm gesagt

hat, obwohl er bereits einen Namen eines Dieners (bk) von niedriger Ge¬

burt besaß".

Zu den eben aufgeführten Namen für die Truchsesse der Ramessiden¬

zeit paßt aber auch der des R'-ms-sw-h'-m-ntrw; es ist das der zweite

Name jenes ,, Schatzmeisters des ganzen Landes" Bij, der unter Siptah

eine so bedeutsame Rolle spielt, daß er nicht nur neben dem König dar¬

gestellt whd (in Amada), oder Grundsteinbeigaben mit seinem Namen

in die Fundamente des Totentempels des Siptah niederlegte, sondern daß

er sich sogar ein Grab im Königsgräbertal anlegen lassen konnte (Mdm.

Miss. 3, 122). Zahlreiche Aufschriften auf Denkmälem der Vergangen-

heifi sind wohl Zeugnis für die von ihm geleiteten Restaurationsarbeiten,

die ihm ja als Schatzmeister unterstanden. Bgj ist also mit großer Wahr¬

scheinlichkeit ebenfalls ein Ausländer gewesen, der über die Stellung

eines Tmchsessen aufgestiegen ist; ParaUelen finden sich dazu in der

20. Dynastie immer wieder. Damals treffen wir Truchsesse sogar als

kommissarische Verwalter höchster Beamtenstellen wieder: So hatte

unter Ramses IX. der Tmchseß und kgl. Sekretär Nij-'Imn im 16. Jahre

die Verwaltung des Vermögens der Gottesgemahlin iime und wurde an¬

schließend zum Vorsteher des (thebanischen) Schatzhauses bestimmt

(JEA 22 pl. 11 IV 2; Peet, Tombrobberies II pl. 1: Abbott I 6). Ebenso

war im 10. Jahre dieses Königs der Truchseß 'Imn-htp Schatzhaus¬

verwalter (Bbugsch, Thesaurus 1318).

In den Kreis dieser Truchsesse und in den Gang der eben angedeuteten

Entwicklung wäre dann auch der König Siptah zu stellen, weim wir in

ihm den ,, syrischen Ursurpator" des Pap. Harris zu sehen haben. Auch

VON Beckeeath hatte diese Möglichkeit erwogen, sie aber deshalb nicht

1 Graffito in Assuan Lepsius, Denkmäler III 202c, in Silsileh a. a. O. 202;

Aufschriften auf zwei Sphingen des Mittleren Reiches Petbie, Nebesheh

pl. 10 Nr. 6a/c; auf einer Mnevisstatue von el Arab bei Heliopohs Gbiffith,

Teil el Yehoudiyeh pl. 21 Nr. 21a; Dabessy Ann. Serv. 18, 75; auf emer

Opfertafel Amenemhets II. Peteie, Nebesheh pl. 9 Nr. 1; auf der Pyranüde

Menthuhoteps III. in Deir el-Bahari Naville, Xlth Dynastie Temple at Deir

el Bahari II pl. 10; an einem Türpfosten im Tempel von Amada GAurmsE,

Amada p. 108. — Ein Skarabäus von Bij bei Newbebry, Scarabs pl. 36

Nr. 14.

(26)

52 Wolfgang Helck, Zur Geschichte der 19. und 20. Dynastie

letztlich in Betracht gezogen, weil ja Siptah vorschriftsmäßig bestattet

worden ist: seine Mumie ist noch erhalten. Er könne also nicht von

Sethnacht gestürzt worden sein. Aber von einem Sturz des Siptah

spricht auch der Pap. Harris nicht. Andererseits läßt gerade die Aus¬

kratzung des Namens des Siptah auf der Bilgaistele und die Unter¬

drückung des Namens des Siptah in späteren Aufzählungen der Könige

erkennen, daß das Andenken des Siptah verfemt war. Auch bei Be¬

trachtung dieser Tatsachen bleibt es auffällig, daß ein König, dessen An¬

denken verfolgt wird, doch rituell bestattet worden ist. Es darf wohl

hieraus gefolgert werden, daß gar nicht Sethnacht ein Gegner des Siptah

gewesen ist, sondern daß die Verfolgung des Andenkens des Siptah erst

unter Ramses III. einsetzte aus Gründen, die wir nicht keimen. Müssen

wir doch bedenken, daß der Papyrus Harris erst zu Beginn der Regierung

Ramses IV. geschrieben worden ist und uns eben die Geschichte der

jüngsten Vergangenheit so darstellt, wie sie nach dem-Willen der re¬

gierenden Dynastie gesehen werden soll. So glaube ich nicht, daß das

Vorhandensein der Mumie des Siptah gegen die Annahme spricht, daß

wir in dem ,,sjTischen Usurpator" des Papyrus Harris den König Siptah

zu sehen haben und daß zwischen ihm und Sethnacht keine ,, Zwischen¬

zeit" anzunehmen ist — eine Tatsache, gegen die ja schon die Lauf¬

bahnen der beiden hohen Beamten, des Wesirs Hrj und des Vizekönigs

Hrj, sprechen, von denen wir ausgegangen sind.

[Korrekturzusatz: Unterdessen hat Gardiner JEA 40, 40ff. dieFrage

der übereinandergeschnittenen Kartuschen im Grab der Ts-wsr.t einer

neuen Untersuchung unterzogen und sich dafih? entschieden, daß die Kar¬

tusche Sethos' II. über der des Siptah stehe. Während allerdings hier eine

völlige Sicherheit nicht erreicht werden kann, so ergibt sich doch aus dem

von ihm angeführten Block Petrie, Memphis VI pl. 57 Nr. 23 zweifels¬

frei, daß hier tatsächlich der Name Sethos' II. über dem des Siptah steht.

Daraus aber zu schließen, daß Sethos II. nach Siptah regiert habe, wider¬

spricht nicht nur den oben angeführten Angaben der Ostraka und der Ab¬

folge der Vizekönige vonKusch, wie sie von Beckerath, a.a.O. p.71, zu¬

sammengestellt hat ; auch eine Zusammenstellung der Arbeiter der theba¬

nischen Nekropole spricht allein für die oben vorgeschlagene Abfolge der

Könige. Wir werden daher die Ersetzung der Kartusche des Siptah durch

die Sethos' II. damit zu erklären haben, daß man nachträglich seine

Regierungszeit seinem Vorgänger zurechnete. Die Parallele dazu ist die

Einsetzung der Namen Thutmosis' I. und II. an der Stelle derer der

Hatschepsut durch Thutmosis III.]

(27)

Neue urartäische Inschriften

Von Johannes Friedrich, Berlin

Die vor dem zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion sehr rege Veröfifent-

lichung von urartäischen Inschriften aus Transkaukasien ist nach der

durch den Krieg bedingten Pause nunmehr wieder aufgenommen worden.

Da die Beschäftigung mit russisch geschriebener wissenschafthcher Lite¬

ratur in der westlichen Welt auch jetzt noch keine Selbstverständhchkeit ist, so seien die sowjetischen Veröffenthchungen urartäischer Inschriften

aus den Nachkriegsjahren, soweit sie dem Verfasser erreichbar waren^,

hier kurz mitgeteilt und besprochen.

I. Inschriften aus Karmir-blur

Die großen Ausgrabungen des Ruinenhügels Karmir-blur („roter

Hügel") südwesthch des Sevang-Sees in der Sowjetrepubhk Armenien, die

von 1939—1941 und dann wieder seit 1945 alljährhch durchgeführt

wurden^, haben auch eine Reihe neuer urartäischer Inschriften und, das

erste Mal auf sowjetischem Boden, auch Bruchstücke von Tontafeln ans

Tageslicht gefördert. Indem ich die Tontafelfragmente als vorläufig

unergiebig hier beiseite lasse^, teile ich die mir bekannt gewordenen

Inschriften hier mit.

1. Ein Stück einer Steininschrift des urartäischen Königs Rusa II.

(etwa 680—645 v. Chr. ?) wurde von dem Geologen A. P. Demechin

schon 1936 gefunden und trug mit zu den systematischen Grabungen auf

1 Mit herzücher Dankbarkeit sei die stete Hilfsbereitschaft Heinbich

Ottbns bei der Beschaffung der schwer zugänglichen Literatur hervor¬

gehoben. Desgleichen habe ich Herm R. D. Babnett herzlich dafür zu dan¬

ken, daß er mir gelegentlich eines Besuches in London die Benutzung rus¬

sischer Literatur im Britischen Museum ermöglichte.

2 Darüber zusammenfassend B. B. Piotbovskij, Karmir-hlur I. (Erevan

1950), femer R. D. Babnett und W. Watson Iraq 14 (1952) S. 132—147.

ä Drei dürftige Stückchen teilt D'jakonov in Epigrafika Vostoka 2 (1948)

S. 86—89 mit (Photos der Fragmente auch bei G. R. Meybb, Wissenschaftl.

Annalen 1, 1952, S. 412, Abb. 5). Das zweite von ihnen bietet auf der Vorder¬

seite den märmlichen Personennamen ^lä-ta-a-gi (Z. 3) und mehrfache Ver¬

wendxmg des Glossenkeiles. Eine größere, aber auch sehr beschädigte imd in

der Reproduktion nicht überall klar lesbare, einseitige Tafel ist bei Pio¬

tbovskij, Karmir-blur I auf Tafel 11 abgebildet.

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