Folgen und Reihen
Folgen sind sehr grundlegend für die Mathematik an sich, aber auch für das persönliche Bild eines Menschen zur Mathematik. Wenn ein kleines Kind der spannenden Frage „Eins, Zwei, Drei, Vier... Opa, was kommt dann?“ nachgeht, dann beschäftigt es sich mit Zahlenfolgen. In
„Intelligenz- oder Einstellungstests“ begegnet einem oft das Aufgaben- format:
Setzen Sie fort: 5, 8, 12, 17, 23, ...
Die Fähigkeit, eine Zahlenfolge zu analysieren und sie systematisch fortzusetzen, gilt offenbar als grundlegende Fähigkeit, mit Mathematik umgehen zu können.
Eine Zahlenfolge ist einfach eine Aneinanderreihung von Zahlen, wobei es auf die Reihenfolge ganz wesentlich ankommt, und bei der im Normalfall eine Gesetzmäßigkeit regelt, wie die Zahlen in der Abfolge gebildet werden.
Sehr viel formaler und abstrakter ist die Definition 1.1
Eine Folge ist eine Abbildung aus den natürlichen Zahlen ! oder
!0in eine beliebige Wertemenge X.
a : ! ! X n " a
n"
# $
%$
Sehr häufig, so auch in den oben genannten Beispielen, ist X eine Zahlenmenge, z.B.
!oder
!. Man spricht dann konsequenter Weise von Zahlenfolgen.
In dem Zusammenhang ist eine weitere gebräuchliche Schreibweise a
i( )
i!!. Beispiel
Die Zahlenfolge 3, 6, 11, 18, 27, 38, ... bedeutet etwas ausführlicher geschrieben: a
1= 3, a
2= 6, a
3= 11, a
4= 18, a
5= 27, a
6= 38, ...
Hier findet man die Gesetzmäßigkeit a : ! ! "
n # n
2+ 2
"
# $
%$ , was man auch verkürzt schreibt als a
n= n
2+ 2 .
1.1 Zahlenfolgen
Wir wollen uns im Folgenden auf Zahlenfolgen beschränken und auch
dabei im Wesentlichen auf Folgen mit den ganzen Zahlen
!als
Wertemenge.
1.1.1 rekursive und explizite Definition
Für die Definition einer Zahlenfolge ist im Wesentlichen anzugeben, wie die einzelnen Folgeglieder berechnet werden. Hier sind zwei Formen gebräuchlich:
Definition 1.2
Werden die Glieder einer Zahlenfolge allein über den Index n definiert, spricht man von einer expliziten Definition.
Werden die Glieder einer Zahlenfolge mit Hilfe vorhergehender Glieder definiert, spricht man von einer rekursiven Definition. Diese Definition ist nur dann vollständig, wenn die ersten Folgeglieder explizit gegeben sind.
Wird in der Definition des Folgengliedes sowohl der Index als auch ein vorhergehendes Folgenglied verwendet, spricht man ebenfalls von einer rekursiven Definition.
Beispiele
Eine explizite Definition ist a
n= 2n
3! 3 , was zur Zahlenfolge a
1= -1, a
2= 13, a
3= 51, a
4= 125, ... führt.
Die Definition
an =2an!1!1,
a1 =2ist ein typisches Beispiel für eine rekursive Definition. Sie führt auf die Zahlenfolge a
1= 2, a
2= 3, a
3= 5, a
4= 9, ...
an = an!1+2n!1
,
a1=1ist eine rekursive Definition, die sowohl ein vorhergehendes Folgenglied als auch den Index verwendet.
Statt der Bezeichnung explizite Definition verwenden andere Autoren auch die Begriffe „geschlossene“ oder „funktionale“ Definition.
1.1.2 Zusammenhänge
In der Vergangenheit war die explizite Definition die höherwertige und das Ziel mancher Bemühungen in der Mathematik. Der Vorteil liegt auf der Hand: Bei der expliziten Definition kann man direkt ein Folgenglied ausrechnen, ohne die vorhergehenden zu kennen. Eine rekursive Definition ist in der praktischen Verwendung rechen- aufwändig. Für das 100. Folgenglied muss ich die 99 vorhergehenden berechnen. Im Zeitalter der Computer ist das nicht mehr so erheblich.
Die Ungleichheit zwischen beiden Definitionen bemerkt man auch, wenn man von einer Form in die andere umrechnen möchte.
a) Die explizite Definition ist gegeben und man sucht eine rekursive:
Dieses Problem ist dann lösbar mit einem festgelegten Lösungsweg,
wenn sich die explizite Definition algebraisch geschlossen nach n
auflösen lässt.
Beispiel
Gegeben ist die explizite Form
an =3n!2. Gesucht ist eine rekursive Form. Der vorgegebene Lösungsweg ist dann:
Den Term für a
n-1nach n auflösen:
an!1=3
( )
n!1 !2"n= 13(
an!1+5)
Den Ausdruck für n in die Definition von a
neinsetzen und den entstehenden Term ggfs. vereinfachen:
an =3!1
3
(
an"1+5)
"2=an"1+3Die notwendigen Startwerte ausrechnen:
a1 =1
Dann hat man als rekursive Definition hergeleitet:
an =an!1+3
,
a1 =1b) Eine rekursive Definition ist gegeben und man sucht die explizite:
Diese Problemlage hat in der Geschichte der Mathematik zu interessanten Problemen und Lösungen geführt. Eines der bekanntesten Beispiele sind die Fibonacci-Zahlen, bei denen es über 500 Jahre dauerte, um zur rekursiven Definition die explizite herzuleiten.
Mehr dazu betrachten wir im nachfolgenden Abschnitt.
Mit der rekursiven Definition sind Probleme verbunden, die bei der expliziten Darstellung nicht auftauchen. Will man z.B. mehr als 20 Werte konkret berechnen, können insbesondere bei nicht linearen Definitionen der Folgenglieder und nicht ganzzahligen Werten numerische Probleme auftreten, die die praktische Rechnung ganz erheblich verfälschen können. Hier deutet sich das Gebiet des mathematischen Chaos an.
1.1.3 spezielle Sonderfälle
1.1.3.1 Die Fibonacci-Zahlen (Rückblick WiSe)
Die Fibonacci-Zahlen sind rekursiv definiert durch F
n= F
n-1+ F
n-2und die Startwerte F
1= 1 und F
2= 1. Diese Zahlenfolge wurde so von Fibonacci um etwa 1250 vorgestellt. Die explizite Definition ist als Formel von Binet bekannt und wurde ca. 1800 veröffentlicht.
Sie lautet F
n= 1 5
1 + 5 2
!
"
# $
% &
n
' 1 ' 5
2
!
"
# $
% &
!
n"
# #
$
%
&
& .
Überraschend an dieser Formel ist, dass sich bei der Berechnung
sowohl der Term 5 als auch die Zweierpotenzen im Nenner weg-
kürzen, so dass sich letztlich eine natürliche Zahl ergibt.
Wir nennen die beiden Zahlen in den innersten Klammern !
1= 1 + 5 2 und !
2= 1 " 5
2 . Beide sind gerade die Lösungen der quadratischen Gleichung x
2= x + 1 , so dass gilt: !
12 =!
1+1und !
22 =!
2+1. Daher lassen sich die Potenzen von !
1und !
2einfach berechnen.
Beispiel
!
14= !
12!
12= ( !
1+ 1 ) ( !
1+ 1 )
= !
12+ 2!
1+ 1 = !
1+ 1 + 2!
1+ 1
= 3 !
1+ 2
Ebenso gilt !
24 =3!
2 +2Damit ist !
14" !
24= 3 ( !
1" !
2) . Nun ist !
1" !
2= 5 . Über diese Vereinfachung lässt sich dann z.B. F
4berechnen, ohne dass die Potenzen z.B. mit dem Binomischen Lehrsatz explizit ausgerechnet werden müssen.
F
4= 1 5
1 + 5 2
!
"
# $
% &
4
' 1 ' 5
2
!
"
# $
% &
!
4"
# #
$
%
&
& = 1
5 ( (
14' (
24) = 3 5 ( (1' (
2) = 3
1.1.3.2 arithmetische Folge
Eine der einfachsten rekursiven Definitionen einer Zahlenfolge liegt vor, wenn konstant dieselbe Zahl addiert wird. Nennen wir diese Zahl d, so ergibt sich: a
n= a
n!1+ d . Natürlich ist für eine vollständige Definition einer Folge die Angabe von a
1notwendig.
Definition 1.3
Eine Zahlenfolge, die nach dem rekursiven Bildungsgesetz a
n= a
n!1+ d ,
d !!, a
1!!
definiert ist, heißt arithmetische Folge.
In einer arithmetischen Folge ist die Differenz zweier aufeinander folgenden Glieder stets gleich, nämlich a
n! a
n!1= d für alle n !! , n " 2 . Dieses ist das markanteste Erkennungsmerkmal für eine arithmetische Folge.
Zu einer rekursiv definierten, arithmetischen Zahlenfolge lässt sich
allgemein die explizite Form angeben.
a
1gegeben a
2= a
1+ d
a
3= a
2+ d = a
1+ d + d = a
1+ 2d a
4= a
3+ d = a
1+ 2d + d = a
1+ 3d
Allgemein können wir vermuten, dass a
n= a
1+ (n ! 1)d gilt. Für ein formal korrektes Vorgehen müssten wir diese Vermutung beweisen, nahe liegender Weise mit vollständiger Induktion. Das ist jedoch ein einfacher Beweis und so dicht an der obigen, induktiven Herleitung, dass wir hier darauf verzichten.
Satz 1.1
Die explizite Definition einer arithmetischen Zahlenfolge ist a
n= a
1+ (n ! 1)d ,
d!!, a
1!! oder
a
n= a
0+ nd ,
d!!, a
0!! . 1.1.3.3 geometrische Folge
Analog zur arithmetischen Zahlenfolge ergibt sich die Definition der geometrischen Folge. Man erhält ein neues Folgenelement, indem man das vorhergehende mit stets der gleichen Zahl q !! \ {0} multipliziert a
n= a
n!1q . Für die nachfolgenden Betrachtungen ist es sinnvoll, 0 als Faktor auszuschließen. Für eine vollständige Definition einer Folge muss natürlich wieder ein Anfangselement a
1angegeben werden.
Definition 1.4 (geometrische Folge)
Eine Zahlenfolge, die nach dem rekursiven Bildungsgesetz a
n= a
n!1q , q !! \ {0}, a
1!!
definiert ist, heißt geometrische Folge.
Bei der Analyse einer gegebenen Folge erkennt man eine geometrische Folge daran, dass der Quotient zweier aufeinander folgenden Glieder konstant ist, also a
na
n!1= q für alle n !!, n " 2 .
Auch für die geometrische Folge kann man ein explizites Bildungs- gesetz herleiten.
a1 gegeben a2 =a1q
a3=a2 q=a1q q=a1q2 a4 =a3q=a1q2q=a1q3
Diese Beispiele lassen vermuten, dass das allgemeine Bildungsgesetz lautet:
an =a1qn!1. Auch hier verzichten wir auf einen Beweis.
Satz 1.2 (geometrische Zahlenfolge)
Die explizite Definition einer geometrischen Zahlenfolge ist
an =a1qn!1, q !! \ {0}, a
1!! oder
an =a0qn
, q !! \{0}, a
0!! .
Für den Fall q < 0 wechseln die Folgenglieder ständig das Vorzeichen und sind damit eines der wichtigsten Beispiele für eine alternierende Folge.
Für | q | < 1 werden die Folgenglieder dem Betrag nach immer kleiner und konvergieren gegen 0. Diese geometrischen Folgen sind das prototypische Beispiel für eine Nullfolge.
1.2 Reihen
Während in der Umgangssprache die Begriffe „Folge“ und „Reihe“
kaum unterschieden werden, sind sie zwei mathematische Fachbe- griffe, die sehr genau auseinander gehalten werden müssen. Was nicht einfach ist, da sie eng miteinander verbunden sind.
Definition 1.5
Gegeben ist eine Zahlenfolge ( ) a
n n!!. Dann heißt die Zahlenfolge S
n( )
n!!die (endliche) Reihe zu a
nund ist definiert durch S
n= a
kk=1
!
n.
S
nheißt dann n-te Partialsumme zur Zahlenfolge ( ) a
n n!!. Für den Fall der Konvergenz ist S = a
kk=1
"
!die (unendliche) Reihe zu a
n.
1.2.1 spezielle Sonderfälle 1.2.1.1 arithmetische Reihe
Ist die zugrunde liegende Folge ( ) a
n n!!eine arithmetische Zahlenfolge, so heißt die zugehörige Reihe arithmetische Reihe.
Herleitung einer expliziten Formel für die arithmetische Reihe
Gegeben ist eine arithmetische Folge ( ) a
n n!!mit a
1!! und
d!!.
Dann ist
S
n= a
kk=1
!
n= a
1+ a
2+ a
3+ a
4+ ... + a
n= a
n+ a
n"1+ a
n"2+ a
n"3+ ... + a
1Wir haben also die Summe zwei Mal aufgeschrieben, einmal in der normalen Reihenfolge, einmal in der umgekehrten. Wir zählen nun beide Summen summandenweise zusammen.
2S
n= (a
1+ a
n) + ( a
2+ a
n!1) + (a
3+ a
n!2) + (a
4+ a
n!3) + ... + (a
n+ a
1) Die Indizes dieser paarweise zusammengefassten Summanden ergeben in der Summe immer n + 1 .
a
i+ a
kmit i + k = n + 1 Wir setzen nun die explizite Definition der arithmetischen Folgenglieder ein.
a
i+ a
k= a
1+ (i ! 1)d + a
1+ (k ! 1)d
= a
1+ a
1+ (i + k ! 2)d
= a
1+ a
1+ (n ! 1)d
= a
1+ a
nDas heißt, dass nicht nur das erste und das letzte Paar a
1+ a
nergeben, sondern alle paarweise zusammengefassten Summanden. Damit ergibt sich für die Summe
2S
n= n(a
1+ a
n) = n a (
1+ a
1+ (n ! 1)d )
Sn = n
2(a1+an)=na1+ n(n!1) 2 d
. Satz 1.3
Die Reihe zur arithmetischen Folge ( ) a
n n!!mit a
1!! und
d!!hat als explizite Form
Sn =na1+ n(n!1)2 d
oder mit a
n= a
1+ (n ! 1)d
Sn = n2(a1+an)
Beispiel
Für die spezielle arithmetische Folge 1, 2, 3, 4, ..., n , also a
n= n , sind a
1= 1 und
d =1. Dann gilt für die zugehörige arithmetische Reihe
S
n= n + n(n ! 1)
2 = n + n
22 ! n
2 = n
22 + n
2 = n(n + 1) 2 , also
1+2+3+4+...+n= n(n+1) 2
Zu dieser Formel gibt es die Legende, dass der junge Gauss sie für sich entdeckt hat, als er in der Grundschule die Aufgabe hatte, die Zahlen von 1 bis 100 zusammenzuzählen.
1.2.1.2 geometrische Reihe
Gegeben ist eine geometrische Folge ( ) a
n n!!mit a
1!! und q !! \ {0}. Dann ist
S
n= a
kk=1
!
n= a
1+ a
2+ a
3+ a
4+ ... + a
n.
Setzen wir die explizite Definition der geometrischen Folge ein, so erhalten wir
Sn =a1+a1q+a1q2+a1q3+a1q4+...+a1qn!1
.
Nun schreiben wir dazu die mit q multiplizierte Summe auf.
qSn = a1q+a1q2 +a1q3+a1q4 +...+a1qn!1+a1qn
Bei der Subtraktion beider Terme heben sich fast alle Summanden weg und wir erhalten sehr übersichtlich:
Sn!qSn =a1!a1qn
Das können wir für q ! 1 nach S
nauflösen:
S
n= a
11 ! q
n1 ! q
Für den Sonderfall q = 1 ist a
1= a
2= a
3= a
4= ...a
nund somit S
n= na
1.
Satz 1.4
Die Reihe zur geometrischen Folge ( ) a
n n!!mit a
1!! und q !! \ {0} hat als explizite Form
S
n= a
11 ! q
n1 ! q für q ! 1 und S
n= na
1für q = 1.
Hier wollen wir betrachten, in welchen Fällen eine unendliche Reihe sinnvoll ist, also der Grenzwert für n ! " existiert.
Im Term für S
ntaucht n nur im Teilterm q
nauf. Für q < 1 ist der Grenzwert 0 für n ! " .
Satz 1.5
Zur geometrischen Folge ( ) a
n n!!mit a
1!! und q < 1 hat die unendliche Reihe einen Grenzwert S = lim
n!"
S
n= a
11
1 # q .
Beispiel
Eine besonders interessante Anwendung der unendlichen geome- trischen Reihe ist die Umrechnung von periodischen Dezimalzahlen in Bruchzahlen. Das herausragendste ist die Frage, ob
0,9gleich 1 ist oder nicht.
0,99999...= 9 10+ 9
100+ 9 1000+ 9
104 + 9 105 +...
Wir haben es also mit einer geometrischen Reihe zu tun mit
a1 = 9 10und
q= 110
. Folglich ist
0,9=S = 9 101 1! 1
10
= 9 10
1 9 10
=1
.
1.2.1.3 harmonische Reihe
Bei der geometrischen Reihe haben wir festgestellt, dass die unendliche Reihe konvergieren kann. Man fügt also unendlich viele Teile (= Summanden) zusammen, dennoch ist die Gesamtheit nicht unendlich groß, sondern nimmt einen endlichen Wert an. Insbesondere bedeutet es, dass eine bestimmte Grenze nicht überschritten wird.
Bei der geometrischen Reihe ist dieses Verhalten an die Bedingung geknüpft, dass die einzelnen Summanden dem Betrag nach immer kleiner werden, die Summanden selbst also eine Nullfolge bilden.
Nun könnte man umgekehrt vermuten, dass immer dann, wenn die Folge eine Nullfolge ist, die zugehörige unendliche Reihe konvergiert.
Das ist jedoch nicht so! Das berühmteste Gegenbeispiel für diese Vermutung ist die harmonische Reihe.
Definition 1.6
Die (unendliche) Reihe zur Folge ( ) a
n n!!mit
an = 1 n, also
S =1+12+1 3+ 1
4+1
5+...
heißt harmonische Reihe.
Satz 1.6
Die harmonische Reihe konvergiert nicht.
Zu diesem Satz werden wir uns hier zwei Beweise anschauen. Es gibt neben diesen beiden noch weitere Beweise.
Beweis 1 (indirekt) Angenommen,
S =1+12+1 3+1
4+1
5+...
wäre konvergent, also S wäre
eine reelle Zahl, mit der wir auf die übliche Art rechnen könnten.
Dann ist
12S = 1 2+ 1
4+ 1 6+1
8+...
Für die Differenz gilt dann
S! 12S = 1
2S=1+1 3+1
5+1 7 +1
9+...
Damit haben wir einen Widerspruch, denn wir haben
12S
auf zwei Arten dargestellt, die mit Sicherheit nicht gleich sind:
aus
1> 1 2,
13> 1 4
,
15> 1
6
, ... folgt, dass
1+13+1 5+1
7 +1
9+...> 1 2+ 1
4+1 6+1
8+...
.
Folglich ist die Annahme falsch, S ist keine reelle Zahl, die harmo- nische Reihe konvergiert nicht. ∎
Beweis 2 (Minorantenkriterium)
Wir fassen die Summanden in regelmäßiger Weise zusammen, angedeutet durch (überflüssige) Klammern.
1 + 1 2 + 1
3 + 1 4
!
"#
$
%& + 1
5 + 1 6 + 1
7 + 1 8
!
"#
$
%& + 1
9 + 1
10 + ... + 1 16
!
"#
$
%& + ...
Innerhalb der Klammer werden alle Brüche durch den kleinsten (=
letzten in der Klammer) nach unten abgeschätzt.
> 1 + 1 2 + 1
4 + 1 4
!
"#
$
%& + 1
8 + 1 8 + 1
8 + 1 8
!
"#
$
%& + 1
16 + 1
16 + ... + 1 16
!
"#
$
%& + ...
Damit summieren sich die Zahlen in jeder Klammer zu
1 2auf.
= 1 + 1 2 + 2 1
4 + 4 1 8 + 8 1
16 + ...
= 1 + 1 2 + 1
2 + 1 2 + 1
2 + ...
Die letzte Summe ist für unendlich viele Summanden sicher divergent, folglich auch die harmonische Reihe, deren einzelne Abschnitte jeweils größer sind. ∎
1.3 Übungen
1. rekursiv definierte Zahlenfolgen
a. Zur Folge
an =n2,n!!der Quadratzahlen kann man die
rekursive Form a
n= a
n!1+ 2(n ! 1) + 1 angegeben. Leiten Sie
eine Form her, in der a
nausschließlich durch a
n!1definiert
wird.
b. Leiten Sie zur geschlossenen Form
an = n+1n
eine rekursive Form her (
Halten Sie sich dabei an den im Abschnitt 1.1.2 dargestellten, üblichen Lösungsweg). Machen Sie die Probe mit a
1bis a
4.
2. Zahlenfolgen und Primzahlen
a. Berechnen Sie zu a
n= n
2+ n + 41 die Folgeglieder für n = 1,2,3,...,10 und prüfen Sie, ob sie Primzahlen sind.
b. Berechnen Sie
a40und
a41und zeigen Sie, dass es keine Primzahlen sind. (
Primfaktorzerlegung)
c. Begründen Sie, dass die Zahlenfolge
a
n= bn
2+ cn + d, b,c,d !! , n !! nicht nur Primzahlen als Folgeglieder haben kann.
3. SchülerInnen der Klassen 5 bis 7 lieben Zahlenfolgen und damit verbundene Knobeleien. Hier hat eine Klasse sich selbst einmal
„knifflige“ Folgen ausgedacht. Sie wurden gesammelt und dann allen als Aufgabe „Wie geht es weiter?“ gegeben. Vor dieser Aufgabe sollten Sie sich als LehrerIn selbst klar werden, welches System wohl dahinter steckt. (Auswahl von 8 aus der gesamten Klassenliste.)
(
Erwägen Sie auch, dass sich die SchülerInnen ggfs. verrechnet haben.)
Zahlenfolgen – erdacht von einer 5.KlasseName 1 2 3 4 5 6 7 8 9 1
0 Christian
B.
1 2 3 6 7 14 15
Ferit 300
0
303 0
306 0
300 0
303 0
306 0
300 0
Daniel 33 40 49 42 84 91 100
Tom Robin
99 88 90 79 81 70 72
Bastian 12 30 27 45 42 60 57
Christian J.
8 10 16 18 32 34 64
Helga 4 6 4 7 4 6 4
Aman 17 34 25 32 64 55 62
4. arithmetische Folgen
Von einer arithmetischen Zahlenfolge kennen Sie a
3= 38 und a
5= 48.
a. Geben Sie zur Zahlenfolge das rekursive Bildungsgesetz und den Startwert a
1an.
b. Geben Sie die explizite Form an. Berechnen Sie damit a
50. 5. arithmetische Folgen
Es sei ( ) a
n n!!eine arithmetische Folge, also a
n= a
1+ (n ! 1) d . Sie kennen a
8= 17 und a
40= 65.
a. Berechnen Sie zunächst a
1und d und dann a
24. b. Ein Schüler berechnet
a24 =17+652 =41
mit der Begründung
24=8+402
. Welche allgemeine Gesetzmäßigkeit verwendet er? Erläutern Sie das am Beispiel a
2, a
10und a
6.
c. Formulieren Sie die Gesetzmäßigkeit aus b) ganz allgemein für eine arithmetische Folge und beweisen Sie diese.
6. Arithmetische Reihe
Berechnen Sie 2 + 7 + 12 + 17 + ... + 97, indem Sie a. rechnen wie der junge Gauß.
b. die Aufgabe so umformen, dass 1+2+3+...+?? entsteht und Sie dann die Summenformel
1+2+...+n= n(n+1)2
verwenden.
7. Spielerei mit allgemeinen Fibonacci-Zahlen (Grundschule) Denke dir zwei Zahlen (zwischen 1 und 20) und schreibe sie nebeneinander. Erst die kleinere, dann die größere. Zähle beide Zahlen zusammen und schreibe sie rechts daneben. Zähle die letzten beiden Zahlen zusammen und schreibe sie wieder rechts daneben. Mache das so lange, bis sechs Zahlen nebeneinander stehen.
Rätsel: Mit welchen Zahlen musst du anfangen, damit du mit der sechsten Zahl genau 100 triffst?
Ihre Aufgaben
a. Geben Sie alle Lösungen des Rätsels an.
b. Geben Sie alle Lösungen an, wenn man mit beliebigen natürlichen Zahlen beginnen darf und bei den beiden Startzahlen auch die größere vor der kleineren stehen darf.
8. Fibonacci-Folge
Berechnen Sie mit der Formel von Binet F
5. (
Das Ergebnis ist F5 = 5, was für diese Aufgabe aber nur ein sehr kleiner Teil der Lösung ist.)
a. Rechnen Sie mit den Wurzeln, nicht mit Näherungszahlen.
Multiplizieren Sie die Potenzen mit dem Binomischen
Lehrsatz aus und vereinfachen Sie dann bis zum Endergebnis.
b. Vereinfachen Sie die Potenzen von !
1und !
2wie im Skript, Abschnitt 1.1.3.1 .
9. Fibonacci-Folge
Zeigen Sie für die Folge der Fibonacci-Zahlen, dass immer zwei aufeinander folgende Zahlen teilerfremd sind.
10. Fibonacci-Folge
Berechnen Sie S
n= F
1+ F
2+ ... + F
n, n = 1,2,...,10 . Welche Regelmäßigkeit fällt Ihnen auf? Formulieren Sie diese
Regelmäßigkeit formal und beweisen Sie sie mit vollständiger Induktion.
11. Aufgabe modifizierte Fibonacci-Folge
Gegeben ist die rekursiv definierte Folge ( ) b
n n!!mit:
b
n= b
n!1+ 2b
n!2; b
1= 1, b
2= 1
a. Berechnen Sie die ersten 10 Folgenglieder.
b. Testen Sie an den höheren Folgengliedern, ob auch hier der Quotient aus aufeinander folgenden Zahlen vermutlich einen Grenzwert hat. Geben Sie diese Zahl auf drei Stellen an.
c. Bestimmen Sie unter der Annahme, dass dieser Grenzwert existiert, diese Zahl exakt (also mit Wurzeln, keine dezimale Näherung). Passen die Ergebnisse von b und c zusammen?
12. geometrische Reihe
Beweisen Sie die Summenformel für die (endliche) geometrische Reihe durch vollständige Induktion.
Für q !! \ {1} und alle
n!!0gilt q
kk=0
!
n= 1 1 " " q q
n+113. Mathematik und Musik
In der chromatischen (=temperierten) Stimmung wird die Frequenz des Grundtons über eine geometrische Folge in 12 Stufen zur Oktave (doppelte Frequenz des Grundtons) verändert.
c cis d dis e f fis g gis a b h c'
1 2
q
! "!!!!
a. Wie groß ist q? (exakter Wert und dezimale Näherung auf 3 Stellen)
b. Die Quinte (
c ! g) soll bei reiner Stimmung ein
Frequenzverhältnis von 1,5 haben. Wie ist das bei der
temperierten Stimmung? Berechnen Sie den Unterschied zwischen exakter und temperierter Stimmung bei einem Grundton von 600 Hz. Kann man den Unterschied hören?
14. harmonische Reihe
Gegeben ist die Reihe 1
k=1