• Keine Ergebnisse gefunden

Vergleichende Untersuchung zu elektrokardiographischen Techniken und der Analyse der Herzfrequenzvariabilität mit dem Langzeit-EKG bei Warmblutpferden

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Vergleichende Untersuchung zu elektrokardiographischen Techniken und der Analyse der Herzfrequenzvariabilität mit dem Langzeit-EKG bei Warmblutpferden"

Copied!
179
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Tierärztliche Hochschule Hannover

Vergleichende Untersuchung zu elektrokardiographischen Techniken und der Analyse der Herzfrequenzvariabilität

mit dem Langzeit-EKG bei Warmblutpferden

INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin

der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - ( Dr. med. vet. )

vorgelegt von Frauke Uhlendorf

aus Stade

Hannover 2009

(2)

1. Gutachter: Prof. Dr. P. Stadler 2. Gutachter: Prof. Dr. M. Ganter

Tag der mündlichen Prüfung: 7.5.2009

(3)

Meiner Familie

(4)
(5)

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 13

2 Literaturübersicht ... 15

2.1 Die Elektrokardiographie ... 15

2.1.1 Herzrhythmusstörungen beim Pferd... 15

2.1.2 Das Ruhe-Elektrokardiogramm beim Pferd... 16

2.1.3 Das Langzeitelektrokardiogramm ... 18

2.1.3.1 Das Langzeitelektrokardiogramm in der Humanmedizin ... 18

2.1.3.2 Das Langzeitelektrokardiogramm in der Kleintiermedizin... 19

2.1.3.3 Das Langzeitelektrokardiogramm beim Pferd ... 20

2.1.4 Das Belastungselektrokardiogramm ... 22

2.1.4.1 Das Belastungselektrokardiogramm in der Humanmedizin... 22

2.1.4.2 Das Belastungselektrokardiogramm in der Veterinärmedizin ... 24

2.1.4.2.1 Das Belastungs-EKG beim leistungsinsuffizienten Pferd... 25

2.1.5 Erholungspuls - Heart rate recovery... 27

2.1.5.1 Der Erholungspuls in der Humanmedizin... 27

2.1.5.2 Der Erholungspuls in der Veterinärmedizin... 28

2.2 Herzfrequenzvariabilität (HRV)... 30

2.2.1 Die Methoden zur Quantifizierung der Herzfrequenzvariabilität ... 31

2.2.1.1 Die zeitbezogene Analyse der HRV... 31

2.2.1.1.1 Statistische Parameter der zeitbezogenen Analyse der HRV... 31

2.2.1.1.2 Geometrische Parameter der zeitbezogenen Analyse der HRV... 33

2.2.1.2 Die frequenzbezogene Analyse der HRV ... 34

2.2.1.3 Nichtlineare Methoden zur Analyse der HRV ... 38

2.2.2 Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse in der Humanmedizin... 39

2.2.2.1 Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse in der Kardiologie ... 40

2.2.2.2 Weiterer Einsatz der HRV in der Humanmedizin... 42

2.2.2.3 Die Herzfrequenzvariabilitätanalyse in der Sportmedizin ... 43

2.2.3 Die Anwendung der Herzfrequenzvariabilitätanalyse in der Veterinärmedizin .. ... 44

2.2.3.1 Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse beim Kleintier ... 44

2.2.3.2 Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse beim Pferd... 45

2.2.3.2.1 Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse in der Kardiologie des Pferdes... 46

(6)

2.2.3.2.2 Die HRV im Pferdesport und im Training ... 47

3 Material und Methode ... 49

3.1 Probandengut... 49

Methode... 52

3.1.1 Klinische Voruntersuchung... 53

3.1.2 Arterielle Blutgasanalyse ... 54

3.1.3 Echokardiographische Voruntersuchung ... 54

3.1.3.1 Technische Ausstattung und Patientenvorbereitung ... 54

3.1.3.2 B- und M-Mode-Untersuchung... 54

3.1.3.3 Doppler-Untersuchung ... 54

3.1.3.4 Die Vena contracta ... 55

3.1.4 Beurteilung des Trainingszustandes... 56

3.1.5 Elektrokardiographische Untersuchung ... 56

3.1.5.1 Technische Ausstattung... 56

3.1.5.2 Patientenvorbereitung... 56

3.1.5.3 Das Standard-Ruhe-EKG ... 57

3.1.5.4 Das Langzeit-EKG ... 57

3.1.5.4.1 Langzeit-EKG Analyse ... 58

3.1.5.5 Das Belastungs-EKG... 60

3.1.5.5.1 Technische Ausstattung... 60

3.1.5.5.2 Longenbelastung ... 60

3.1.5.5.3 Laufbandbelastung ... 60

3.1.5.5.4 Befunderhebung der elektrokardiographischen Belastungsuntersuchung . ... 61

3.1.5.6 Ermittlung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) ... 62

3.1.5.6.1 Analyseparameter der Herzfrequenzvariabilität... 63

3.1.5.6.1.1 Parameter der zeitbezogenen Analyse der HRV ... 63

3.1.5.6.1.2 Parameter der frequenzbezogenen Analyse der HRV... 63

3.2 Statistische Auswertung ... 64

4 Ergebnisse ... 66

4.1 Alter, Gewicht, Größe, Rasse und Geschlecht der Pferde ohne besondere klinische und echokardiographische Befunde am Herzen... 66

4.2 Alter, Gewicht, Größe, Rasse und Geschlecht der Pferde mit besonderen klinischen und echokardiographischen Befunden am Herzen... 66

(7)

Inhaltsverzeichnis

4.3 Ergebnisse der klinischen kardiologischen Voruntersuchung ... 66

4.3.1 Ergebnisse der speziellen kardiologischen Voruntersuchung der Pferde mit klinischen und echokardiographischen Befunden am Herzen ... 67

4.4 Ergebnisse der klinischen Lungenuntersuchung ... 71

4.5 Die Evaluierung des Trainingszustandes ... 71

4.6 Ergebnisse der vergleichenden elektrokardiographischen Untersuchung... 73

4.6.1 Vergleichende Betrachtung von Ruhe-EKG und Belastungs-EKG... 74

4.6.2 Vergleichende Betrachtung von Kurzzeit-EKG und Langzeit-EKG ... 75

4.6.3 Vergleichende Betrachtung von Belastungs-EKG und Langzeit-EKG ... 76

4.6.4 Elektrokardiographische Untersuchung der Pferde ohne besondere klinische und echokardiographische Befunde in der Voruntersuchung ... 78

4.6.5 Elektrokardiographische Untersuchung der Pferde mit Vorhofflimmern... 83

4.6.6 Elektrokardiographische Untersuchung der Pferde mit Klappeninsuffizienzen .. ... 85

4.6.7 Elektrokardiographische Untersuchung der Pferde mit klinischen und echokardiographischen Befunden und vergrößerten Herzdimensionen... 88

4.6.7.1 Supraventrikuläre Reizbildungstörungen... 88

4.6.7.2 Ventrikuläre Reizbildungsstörungen... 89

4.7 Vergleichende Untersuchung der Herzfrequenz im Kurzzeit- und Langzeit-EKG . 90 4.7.1 Herzfrequenz der Pferde ohne klinische und echokardiographische Befunde am Herzen ... 90

4.7.2 Herzfrequenz bei Pferden mit Vorhofflimmern ... 92

4.7.3 Die Herzfrequenz bei Pferden mit Mitralklappeninsuffizienz ... 94

4.7.4 Die Herzfrequenz bei Pferden mit Aortenklappeninsuffizienz ... 94

4.8 Die Häufung von AV-Blöcken 2. Grades ... 96

4.9 Belastungsuntersuchung... 97

4.9.1 Herzfrequenzverlauf der Pferde ohne klinische und echokardiographische Befunde am Herzen während und nach Belastung... 97

4.9.2 Herzfrequenzverlauf der Pferde mit Vorhofflimmern ... 98

4.9.3 Herzfrequenzverlauf der Pferde mit Mitralklappeninsuffizienz ... 100

4.9.4 Herzfrequenzverlauf der Pferde mit Aortenklappeninsuffizienz während und nach Belastung ... 104

4.9.5 Ergebnisse des Erholungspulses nach Belastung (Heart rate recovery) ... 106

4.10 Herzfrequenzvariabilität (HRV)... 107

(8)

4.10.1 Die HRV in Ruhe bei Pferden ohne besondere klinische und

echokardiographische Befunde am Herzen... 107

4.10.2 Die HRV nach Belastung bei Pferden ohne besondere klinische und echokardiographische Befunde am Herzen... 111

4.10.3 Die HRV in Ruhe bei Pferden mit Mitralklappeninsuffizienz... 111

4.10.4 Die HRV nach Belastung bei Pferden mit Mitralklappeninsuffizienz... 118

4.10.5 Die HRV in Ruhe bei Pferden mit Aortenklappeninsuffizienz... 118

4.10.6 Die HRV nach Belastung bei Pferden mit Aortenklappeninsuffizienz... 120

4.10.7 Zusammenfassung der Ergebnisse der HRV-Analyse ... 120

5 Diskussion ... 121

5.1 Diskussion des Probandengutes ... 121

5.2 Diskussion der Methode und der Ergebnisse ... 123

6 Zusammenfassung... 135

7 Summary ... 137

8 Literaturverzeichnis... 139

9 Anhang ... 161

(9)

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

AGB Allgemeinbefinden

AF Atemfrequenz (Atemzüge pro Minute) aES atriale Extrasystole

ASCII American Standard Code for Information Interchange AV AV-Block 2.Grades

AVI Aortenklappeninsuffizienz bes. besondere (-n, -s)

bpm beats per minute (Schläge pro Minute) bzw. beziehungsweise

cm Zentimeter

CW continous wave (kontinuierliche Dopplertechnik) d.h. das heißt

EKG Elektrokardiogramm

24h-EKG Langzeitelektrokardiogramm über 24 Stunden EZ Ernährungszustand

Fa. Firma

FFT Fast Fourier Transformation

FS fractional shortening (Verkürzungsfraktion) ggr. geringgradig

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung h Stunde

HF high frequency hgr. hochgradig

HIV Humanes Immundefizienz Virus HR max. maximale Herzfrequenz

HRR heart rate recovery (Erholungspuls)

HRV heart rate variability (Herzfrequenzvariabilität)

Hz Hertz

KFZ kapilläre Füllungszeit Konj. Konjunktiven

κ Konkordanzindex (Kappa) kg Kilogramm

(10)

LA linkes Atrium LF low frequency li links

Lnn. mand. Mandibularlymphknoten LV linker Ventrikel max. maximal

MB Megabite

Mean HR mean heart rate (mittlere Herzfrequenz) Mean NN mean NN-Intervall (mittleres NN-Intervall) mgr. mittelgradig

MHz Megahertz min. minimal ms Millisekunde m/s Meter pro Sekunde

MVI Mitralklappeninsuffizienz n Anzahl

NA Nasenausfluss

Nr. Nummer

n.u. normal units (normalisierte Einheiten) obB. ohne besonderen Befund

p statitische Irrtumswahrscheinlichkeit PC Personal Computer

pCO2 Kohlenstoffdioxidpartialdruck PVI Pulmonalklappeninsuffizienz R auf T R- auf T-Phänomen

re. rechts

RMSSD root mean square of successive differences between adjacent NN-Intervals RRI RR-Intervall

s Standardabweichung SAB Sinuatrialer Block

SDNN Standardabweichung der NN-Intervalle

SDANN Standardabweichung der NN-Intervalle von 5-Minuten Segmenten SH Schleimhaut

s.S. siehe Seite

(11)

Abkürzungsverzeichnis svT supraventrikuläre Tachykardie

t Zeit T Temperatur ULF ultra low frequency v.a. vor allem V.c. Vena contracta VF Vorhofflimmern

vIR akzelerierter idioventrikulärer Rhythmus VLF very low frequency

vT ventrikuläre Tachykardie VVTI vaso-vagaler Tonusindex x¯ Mittelwert

z. B. zum Beispiel

(12)
(13)

Einleitung

1 Einleitung

In der Kardiologie des Menschen stellt die elektrokardiographische Untersuchung einen wichtigen Bestandteil der weiterführenden Diagnostik dar. Ein spezielles Verfahren ist dabei die langzeitelektrokardiographische Untersuchung (Langzeit-EKG). Dabei wird der Patient über einen längeren Zeitraum, in der Regel vierundzwanzig Stunden, elektrokardiographisch überwacht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden beim Menschen z.B. zur Bewertung der Funktion des autonomen Nervensystems während der normalen Tagesaktivitäten bei gesunden und kranken Patienten, sowie zur Überwachung therapeutischer Maßnahmen herangezogen (KLEIGER et al. 2005).

Mit Hilfe der elektrokardiographischen Langzeituntersuchung wird die Herzfrequenzvariabilität (HRV; Synonym: Herzfrequenzvarianz) bestimmt. Sie wird als einfache nichtinvasive Methode zur Bewertung der sympathovagalen Balance auf sinuatrialer Ebene herangezogen. Die Herzfrequenzvariabilität ist folglich ein Marker, der den sympathischen und vagalen Einfluss des autonomen Nervensystems auf den Sinusknoten widerspiegelt und in der Humanmedizin ein klinisches Instrument zur Identifizierung von Patienten darstellt, die gefährdet sind, an einer Herzerkrankung zu versterben (PUMPRLA et al. 2002). Ein weiterer diagnostisch relevanter elekrokardiographischer Parameter ist in der Humanmedizin die Erholung der Herzfrequenz innerhalb einer Minute nach Belastung („heart rate recovery“). Dieser Parameter hat einen prognostischen Wert. Eine abnorme Erholungsphase nach einer ergometrischen Belastung herzkranker Menschen stellt eventuell ein erhöhtes Mortalitätsrisiko dar (COLE et al. 1999).

Bisher wurde die elektrokardiographische Untersuchung beim Pferd in Ruhe und als elektrokardiographische Aufzeichnung während und nach Belastung routinemäßig eingesetzt.

Studien über langzeitelektrokardiographische Untersuchungen sind bisher lediglich bei herzgesunden Patienten durchgeführt worden (REEF 1989; RAEKALLIO 1992). Auch die Untersuchungen zur Ermittlung der Herzfrequenzvariabilität in Ruhe und der Frequenzerholung nach Belastung wurden bisher beim Pferd lediglich vereinzelt beschrieben (BOWEN 1999; KUWAHARA et al. 1999; WITTE 2001).

Ziel dieser Studie ist es, das Spektrum der elektrokardiographischen Untersuchung beim Pferd zu erweitern, indem Untersuchungsverfahren und Parameter, die bereits in der Humanmedizin

(14)

im Rahmen der elektrokardiographischen Untersuchung etabliert sind, auf ihre Anwendbarkeit in der Kardiologie beim Pferd überprüft werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird insbesondere die elektrokardiographische Langzeituntersuchung, die Herzfrequenzvariabilität, sowie die Erholung der Herzfrequenz innerhalb einer Minute nach Belastung („heart rate recovery“) bei Pferden mit und ohne klinischen und echokardiograpischen Befunden untersucht und verglichen.

(15)

Literaturübersicht

2 Literaturübersicht

2.1 Die Elektrokardiographie

Im Jahre 1902 veröffentlichte Willem Einthoven erstmalig Elektrokardiogramme (EKG) des Menschen, die mit dem von ihm entwickelten Saitengalvanometer registriert wurden. Mit der direkten Aufzeichnung des EKGs konnte seitdem die elektrische Aktivität des Herzens analysiert werden. Damit markiert die Publikation Einthovens aus dem Jahre 1902 den Beginn der klinischen Elektrokardiographie (VON KNORRE 2002).

Mit der Elektrokardiographie werden die bei der Herztätigkeit auftretenden elektrischen Potentiale aufgezeichnet. Dank der Leitfähigkeit der Körpergewebe können kardiale Potentiale auch von der Körperoberfläche bzw. der Haut abgeleitet werden. Infolge der Kurzschlusswirkung der Gewebe sind die von der Körperoberfläche ableitbaren Restpotentiale allerdings deutlich kleiner als die direkt vom Herzen abgegriffenen, aber dennoch für die Diagnostik von Herzrhythmusstörungen bei Mensch und Tier von großer Bedeutung (SPÖRRI 1975). Das Elektrokardiogramm kann Auskunft über die Herzlage, die Herzfrequenz, den Erregungsrhythmus und dessen Ursprung, sowie über die Impulsausbreitung, die Erregungsrückbildung und deren Störungen, nicht jedoch über die Kontraktion und Pumpleistung des Herzens geben (SILBERNAGEL u. DESPOPOULUS 2001).

2.1.1 Herzrhythmusstörungen beim Pferd

Arrhythmien werden in der Veterinärmedizin entweder nach Ihrem Ursprungsort (supraventrikulär oder ventrikulär), nach ihrer Frequenz (bradykard oder tachykard) oder nach ihrer Art (Erregungsbildungs- oder Erregungsleitungsstörung) klassifiziert. Alternativ erfolgt die Einteilung in physiologische und pathologische Arrhythmien (DEEGEN 1976a; REEF 1999b; MENZIES-GOW 2001). Generell sind beim Pferd die meisten bradykarden Arrhythmien, wie die Sinusarrhythmie, der atrioventrikuläre Block 1. und 2. Grades, sowie der sinuatriale Block, bedingt durch einen hohen vagalen Tonus als physiologisch anzusehen (REEF 1999b; MENZIES-GOW 2001). Die klinisch bedeutsamste Herzrhythmusstörung beim Pferd ist das Vorhofflimmern, welches die häufigste kardiovaskuläre Ursache für einen Leistungsabfall beim Pferd darstellt (BUNTENKÖTTER u. DEEGEN 1976; MITTEN 1996;

P. STADLER et al. 1996; GEHLEN u. STADLER 2002; RYAN et al. 2005; YOUNG u.

LOON 2005).

(16)

Weitere klinisch relevante Arrhythmien beim Pferd stellen supraventrikuläre oder ventrikuläre Extrasystolen dar. Diese können schon klinisch bedeutsam sein, wenn mehr als zwei isolierte vorzeitige Depolarisationen während der Maximalbelastung, häufiger als fünfmal gepaart oder anfallsweise direkt nach Belastung auftreten (MARTIN et al. 2000). Sowohl Vorhof- als auch ventrikuläre Extrasystolen können vereinzelt auch bei herzgesunden Pferden auftreten.

In einem Langzeit-EKG sollten sie aber nicht häufiger als einmal pro Stunde erscheinen.

Ventrikuläre Extrasystolen sind seltener als Vorhofextrasystolen. Treten sie frequent auf oder erscheinen sie polymorph sind sie als abnormal zu bewerten (REEF 1999b; MENZIES-GOW 2001).

2.1.2 Das Ruhe-Elektrokardiogramm beim Pferd

Das Ruhe-Elektrokardiogramm ist der „Gold-Standard“ für die Definition von Herzrhythmusstörungen, die bei der Auskultation des Herzens aufgefallen sind. Zusätzlich wird es als Referenz für die Ultraschalldiagnostik und zur Narkoseüberwachung genutzt (REEF 1999b).

Die Anteile des Ruhe-Elektrokardiogramms ergeben sich aus der Elektrophysiologie des Herzens, so dass man zwischen Strecken, Wellen und Zacken unterscheidet. Die Benennung erfolgt in alphabetischer Reihenfolge mit den Buchstaben P, Q, R, S, T (KLINGE 2002a) (Abb. 1).

Die P-Welle ist die Vorhoferregungswelle. Sie repräsentiert die Depolarisation des Vorhofes und ist in ihrer Morphologie sehr variabel. Sie kann entweder eingekerbt sein oder aus zwei separaten Ausschlägen bestehen (biphasisch). Bei herzgesunden Pferden können sich aufeinander folgende P-Wellen oftmals morphologisch unterschiedlich darstellen. Dieses Phänomen wird als „wandernder Schrittmacher“ bezeichnet (DEEGEN 1976a; MENZIES- GOW 2001; KLINGE 2002a).

Die PQ-Zeit entspricht der Erregungsüberleitungszeit von den Vorhöfen über den AV-Knoten in die Kammern und verhält sich isoelektrisch.

Der QRS-Komplex beinhaltet die Erregungsausbreitung in den Herzkammern, während die T- Welle die ventrikuläre Repolarisation repräsentiert und beim Pferd sehr variabel in der Morphologie und Größe ist.

Die ST-Strecke verhält sich ebenfalls isoelektrisch und beinhaltet die Zeit, in der die gesamte

(17)

Literaturübersicht

P-Welle T-Welle

QRS-Komplex

A B

Die QT-Zeit spiegelt die totale elektrische Kammeraktion wieder (MENZIES-GOW 2001;

KLINGE 2002a).

Abb. 1: Schematische Darstellung von EKG und Aktionspotential eines Pferdes Legende:

A: Depolarisation B: Repolarisation

(18)

2.1.3 Das Langzeitelektrokardiogramm

Das von Holter in den 60er Jahren eingeführte Langzeit-EKG stellt eine wesentliche Bereicherung in der kardiologischen Diagnostik dar und hat die Telemetrie weitestgehend abgelöst. Als Speichermedium stehen Tonband (analoge Aufzeichnung) oder Festspeicher (Speicherung digitalisierter Daten) zur Verfügung, wobei der Digitalrekorder den Tonband- Kassettenrekorder immer mehr verdrängt. Bei den Langzeit-EKG-Systemen sind kontinuierlich aufzeichnende und diskontinuierlich aufzeichnende Systeme zu unterscheiden.

Letztere „verschlucken“ Perioden, in denen keine pathologischen Veränderungen festgestellt wurden. Der Untersuchende hat somit keinerlei Kontrolle über diese Zeitabschnitte (KLINGE 2002b; STEURER 2002).

2.1.3.1 Das Langzeitelektrokardiogramm in der Humanmedizin

Die Langzeitelektrokardiographie ist beim Mensch eine anerkannte Methode zur diagnostischen Abklärung von anfallsartig auftretenden Symptomen, die durch Herzrhythmusstörungen bedingt sein können (STEURER 2002). Indikationen für ein Langzeit-EKG beim Menschen sind Bewusstlosigkeit in Form von Adam-Stokes-Anfällen, Schwindelattacken, Herzklopfen, Herzrasen, Herzstolpern und intermittierende Herzschmerzen. Weiterhin wird das Langzeit-EKG zur Aufdeckung von stummen Myokardischämien eingesetzt, die sich im EKG durch Veränderung der ST-Strecke zeigen (KLINGE 2002b). Außerdem eignet es sich in der ambulanten Elektrokardiographie zur Kontrolle von elektrischen oder antiarrhythmischen Therapien (STEURER 2002).

Das Langzeit-EKG wird als eine nicht-invasive Technik zur Risikostratifizierung des plötzlichen Herztodes nach Myokardinfarkt verwendet, da Patienten im Zeitraum von ein bis zwei Jahren nach diesem Ereignis ein erhöhtes Risiko haben, an einem plötzlichen arrhythmiebedingten Herztod zu versterben (ALGRA et al. 1993; HOMBACH et al. 2000;

STEINBIGLER et al. 2002). So zeigen Probanden mit einer über 440 ms verlängerten oder verkürzten mittleren QT-Dauer über 24 h ein 2,3-fach höheres Risiko am plötzlichen Herztod zu sterben, als Patienten mit einer normalen QT-Dauer von 360 bis 400 ms (ALGRA et al.

1993). Auch die Spätpotentialanalyse zur Detektion verzögert erregter Herzmuskelzellen, wird langzeitelektrokardiographisch zur Feststellung des Risikos eines plötzlichen Herztodes bei Postinfarktpatienten beschrieben (STEINBIGLER et al. 2002).

(19)

Literaturübersicht

Die elektrokardiographische Langzeitüberwachung dient bei Patienten mit dauerhaftem Vorhofflimmern in der Humanmedizin unabhängig von ihrem subjektiven Zustand und den Routine-EKG-Daten, besonders zur Entscheidungsfindung für eine antiarrhythmische Therapie (NEDOSTUP et al. 1999). Ausserdem wird das 24-h-EKG zur Ermittlung der Herzfrequenzvariabilität eingesetzt (ARBOLISHVILI et al. 2006; GUNDUZ et al. 2006;

MAESTRI et al. 2007) (siehe Seite 25).

2.1.3.2 Das Langzeitelektrokardiogramm in der Kleintiermedizin

Bei Tieren mit kardiologischen Symptomen wird das Langzeit-EKG zur Diagnosestellung und Therapieentscheidung eingesetzt (GOODWIN et al. 1992; MILLER et al. 1999).

Es wird beim Kleintier zur Abklärung von Adam-Stokes-Anfällen, vor allem bei unauffälligem Ruhe-EKG, zur Überwachung von antiarrhythmischen Therapien und Herzschrittmachern, sowie zur Risikoeinschätzung bei organischen Herzerkrankungen eingesetzt (BUHL et al. 1999).

Neben der Ermittlung der Herzfrequenz und des vorherrschenden Rhythmus bei herzgesunden Kleintieren im Tagesverlauf (HALL et al. 1991; ULLOA et al. 1995; WARE 1999) gelang es, mit Hilfe des Langzeit-EKGs bei klinisch unauffälligen Patienten frühzeitig eine kardiale Erkrankung zu diagnostizieren (ULLOA et al. 1995; MEURS et al. 1999; CALVERT et al.

2000a; CALVERT u. WALL 2001). So konnte das Langzeit-EKG beispielsweise bei klinisch unauffälligen Beagles einen höheren Prozentsatz an Hunden mit ventrikulären Extrasystolen, AV-Blöcken 2. Grades und Vorhofextrasystolen als das Ruhe-EKG aufdecken (ULLOA et al.

1995). Weiterhin gelang es mittels 24h-EKG eine akute Kardiomyopathie bei herzgesund erscheinenden Dobermännern zu identifizieren. Die Schwere der ventrikulären Arrhythmie korrelierte bei diesen Hunden mit der kontraktilen Dysfunktion des Myokards (CALVERT et al. 2000a) Bei einer weiteren Untersuchung dieser Hunderasse mit unklaren echokardiographischen Befunden, im Sinne einer dilatativen Kardiomyopathie, zeigte ein hoher Prozentsatz dieser Tiere ventrikuläre Extrasystolen bei der Untersuchung mit dem 24h- EKG. Diese Tiere entwickelten später größtenteils echokardiographische Abnormalitäten, die für eine Kardiomyopathie sprachen (CALVERT u. WALL 2001). Die Fragestellung, ob beim Boxer eine familiäre Heritabilität für ventrikuläre Arrhythmien besteht, wurde ebenfalls mittels Langzeit-EKG untersucht und erbrachte im Zusammenhang mit genetischen Untersuchungen, dass diese Arrhythmie bei einigen Boxern autosomal dominant vererbt wird (MEURS et al. 1999).

(20)

Bei Hunden wurde der diagnostische Wert des Langzeit-EKGs u. a. beim Auftreten von Synkopen ermittelt. Bei 42 % der untersuchten Tiere war das Langzeit-EKG bei der Diagnosefindung entscheidend. Bei 30 % der Tiere mit Synkopen wurden Arrhythmien als ursächlich angesehen. Das Ergebnis des Langzeit-EKGs führte in 38 % der Fälle zu einer Umstellung der Therapie (MILLER et al. 1999). Bei einer Katze mit intermittierndem Kollaps und Dyspnoe bei unauffälligem Ruhe-EKG konnte eine schwere ventrikuläre Arrhythmie (ventrikuläre Extrasystolen, ventrikulärer Bigeminus und paroxysmale ventrikuläre Tachykardie) mittels Langzeit-EKG diagnostiziert werden (GOODWIN et al. 1992).

Das 24h-EKG ermöglicht ausserdem, verschiedene antiarrhythmische Behandlungskonzepte in der Kleintiermedizin zu vergleichen (HERTEL 1998; BUHL 2001). So konnte durch eine Überwachung von Hunden mit Magendilatation oder -torsion mit dem Langzeit-EKG in den ersten 24 Stunden post operationem kein signifikanter Unterschied der Arrhythmieunterdrückung durch unterschiedliche Behandlungskonzepte (Metildigoxin und Verapamil versus Metildigoxin, Verapamil und Propafenon) festgestellt werden (HERTEL 1998). Des Weiteren wurde mittels Langzeit-EKG das Auftreten von postnarkotischen Arrhythmien beim Hund nach Durchführung verschiedener Narkoseprotokolle untersucht und erbrachte im Vergleich keine gehäufte Arrhythmieinduktion. Zusätzlich deckte diese Studie das Unvermögen eines dreiminütigen Standard-EKGs intermittierende Arrhythmien aufzudecken auf (BUHL 2001).

Der Einsatz von humanmedizinischer Software zur Langzeit-EKG-Analyse ist in der Kleintiermedizin teilweise eingeschränkt (HERTEL et al. 1999). So ergab eine Studie erhebliche Unterschiede im Vergleich zwischen der visuellen Auswertung und der für den Menschen entwickelten computergestützten Analyse. Bei der Identifizierung von supraventrikulären und ventrikulären Extrasystolen waren signifikante Abweichungen im Sinne einer Fehlklassifizierung von respiratorischen Sinusarrhythmien und Bewegungsartefakten zu verzeichnen (HERTEL et al. 1999).

2.1.3.3 Das Langzeitelektrokardiogramm beim Pferd

Die Indikationen für ein Langzeit-EKG beim Pferd sind ähnlich denen der Human- und Kleintiermedizin. Indiziert ist es bei intermittierenden oder paroxysmalen Arrhythmien, wie z.

B. atrialen oder ventrikulären Tachykardien und paroxysmalem Vorhoflimmern (PATTESON

(21)

Literaturübersicht

In der Pferdemedizin besteht ebenfalls das Problem, dass das Standard-EKG nur über eine sehr kurze Zeitspanne aufgezeichnet wird, wodurch eine klinisch bedeutsame Arrhythmie unentdeckt bleiben kann. Außerdem können sich der Herzrhythmus und die Herzfrequenz bei Tieren die sich unbeobachtet in Ruhe befinden anders darstellen, als bei Tieren, bei denen der Untersuchende während der EKG-Aufzeichnung dauerhaft anwesend ist. Aufgrund dieser Tatsache werden vagal bedingte Bradykardien und Arrhythmien beim Pferd öfter im 24h- EKG als im Standard-EKG aufgedeckt (REEF 1989; RAEKALLIO 1992; PATTESON 1996c).

So wurden AV-Blöcke 2. Grades bei 44 von 100 herzgesunden Pferden im 24h-EKG beschrieben. Dagegen zeigten nur 15-18 % dieser Pferde im Standard-EKG gleichartige Befunde. Zusätzlich fielen die untersuchten Pferde durch gelegentliche atriale oder ventrikuläre Extrasystolen auf, wobei Vorhofextrasystolen öfter auftraten als ventrikuläre Extrasystolen (REEF 1989). In einer weiteren Studie zur Erfassung der Variation der Herzfrequenz und des Herzrhythmus wurde das 24h-EKG ebenfalls bei klinisch gesunden Pferden eingesetzt. Dabei wurden Sinusbradykardien, Sinustachykardien, Perioden von Sinusarrhythmien, AV-Blöcke 2. Grades und vereinzelte Vorhofextrasystolen aufgedeckt. Die Herzfrequenz zeigte minimale Werte von 15-32 und maximale Werte von 27-88 Schlägen pro Minute. Es besteht folglich die Notwendigkeit ein EKG über Nacht und in Abwesenheit des Untersuchenden aufzuzeichnen, um den tatsächlichen Herzrhythmus und die Ruhefrequenz des Pferdes ermitteln zu können (RAEKALLIO 1992).

Eine Methode zur Aufzeichnung eines Langzeit-EKGs in Ruhe und während der Belastung wurde bei fünf klinisch gesunden Pferden mit Hilfe von zwei bipolaren Ableitungen bewertet.

Die aufgezeichneten EKGs wurden sowohl manuell, als auch computergestützt ausgewertet.

Ableitung 1 (Xiphoid, linker Widerrist) zeigte sich für die Belastung am sinnvollsten, wohingegen Ableitung 2 (linker ventraler Thorax, linker dorsaler Thorax) in Ruhe bessere Ergebnisse erbrachte. Die Herzfrequenz dieser gesunden Pferde variierte in Ruhe zwischen 31

± 2 und 138 ± 11 Schlägen pro Minute und während der Belastung zwischen 79 ± 8 und 177 ± 12 Schlägen pro Minute. Alle untersuchten Tiere zeigten ebenfalls Sinusarrhythmien, Sinustachykardien und AV-Blöcke 2. Grades. Ein Pferd entwickelte einen ventrikulären Ersatzrhythmus (SCHEFFER et al. 1995).

Auch bei der Therapie von Pferden mit Vorhofflimmern wird eine kontinuierliche EKG- Überwachung während der gesamten Therapie durchgeführt, um Herzfrequenz und eventuelle Komplikationen zu überwachen, sowie eine erfolgte Kardioversion zu überprüfen und

(22)

eventuell medikamentös zu unterstützen (REEF u. MARR 1993; SCHWARZWALD et al.

2005; DE CLERCQ et al. 2006). Das Auftreten und die Häufigkeit von atrialen Arrhythmien bei Pferden, die vom Vorhofflimmern zum Sinusrhythmus kardiovertierten kann ein Anzeichen für eine Myokardschädigung sein. Diese Pferde sind prädispositioniert, ein Rezidiv zu entwickeln. Bei der Untersuchung von kardiovertiertem paroxysmalem oder chronischem Vorhofflimmern mittels 24h-EKG konnten mehrere Tiere mit Vorhofextrasystolen oder anfallsweiser atrialer Tachykardie aufgedeckt werden. Bei diesen Tieren ist eine Therapie indiziert, die derartige Arrhythmien eliminiert oder reduziert, um die Wahrscheinlichkeit des erneuten Auftretens des Vorhofflimmerns zu minimieren (REEF u.

MARR 1993)

2.1.4 Das Belastungselektrokardiogramm

Herz-Kreislauf- und Lungenkrankheiten lassen sich unter Belastung besser als in Ruhe beurteilen, da Herz und Lunge große Leistungsreserven aufweisen. Erst wenn diese vollständig aufgebraucht sind, treten Beschwerden auch in Ruhe auf (KLEBER 2001).

Das Belastungs-EKG wird mit einer definierten Belastung zur Überprüfung des Herzens und/

oder des Blutdruckes durchgeführt (KLINGE 2002b).

2.1.4.1 Das Belastungselektrokardiogramm in der Humanmedizin

Die häufigste Indikation zur Durchführung eines Belastungs-EKGs beim Menschen ist der Nachweis einer myokardialen Ischämie. Andere wichtige Einsatzbereiche sind der Nachweis belastungsinduzierter Arrhythmien, die sport- oder arbeitsmedizinische Leistungsbeurteilung und die Einteilung in Rehabilitationsprogramme (BREUER 2005). Während das Belastungs- EKG früher hauptsächlich zur Diagnostik einer koronaren Herzkrankheit eingesetzt wurde, findet es heute seinen Platz in der Beurteilung der Prognose bekannter koronarer Herzkrankheiten. Außerdem ist es eine unverzichtbare Voruntersuchung vor der Linksherzkatheterisierung mit geplanter simultaner Intervention bei Patienten mit atypischer Angina pectoris, mit typischer, aber milder Angina, bei Diabetikern und bei anderen Hochrisikopatienten mit oder ohne Angina (KLEBER 2001). Neben der Beurteilungsmöglichkeit einer Ischämie-Reaktion stellt das Belastungs-EKG einen komplexen Test des autonomen Nervensystems dar und liefert eine Vielzahl weiterer Informationen, die eine prognostische Bedeutung besitzen (ISRAEL 2007). Die Belastung in

(23)

Literaturübersicht

der Humanmedizin erfolgt entweder auf dem Laufband oder auf dem Fahrrad (KLEBER 2001; KLINGE 2002b; BREUER 2005).

Zur Beurteilung einer myokardialen Ischämie wird insbesondere der ST-Streckenverlauf (physiologischer Weise isoelektrisch) im Belastungs-EKG analysiert (BREUER 2005). Das Ausmaß der ST-Streckensenkung (in mV) gibt Auskunft über die Schwere des Befundes (KLINGE 2002b). Je ausgeprägter die ST-Streckensenkung, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer kardialen Ischämie. Dabei weist das Belastungs- EKG einen positiven prädiktiven Wert von 70% für den Nachweis einer myokardialen Ischämie auf. Somit kann eine koronare Herzerkrankung bei einem negativen Belastungs- EKG nicht ausgeschlossen werden (BREUER 2005). Wird keine Maximalbelastung des Patienten erzielt, sinkt die Sensitivität, und damit der prädiktive Wert des Belastungs-EKG deutlich (GAURI et al. 2001).

Neben den ST-Streckenveränderungen können beim Menschen weitere Informationen aus dem Belastungs-EKG abgeleitet werden. Es handelt sich dabei um die chronotrope Inkompetenz bei Belastung, die allgemeine Belastbarkeit, den Abfall der Herzfrequenz nach Belastung und Arrhythmien, die als Zufallsbefunde registriert und beschrieben werden.

Die chronotrope Inkompetenz ist der Versuch des erkrankten Herzens die Diastole und somit die Perfusion solange wie möglich aufrecht zu erhalten und stellt somit einen Selbstschutzmechanismus des Herzens auf Kosten des Blutangebotes in der Peripherie dar.

Sie ist ein signifikanter Prädiktor der Mortalität und sensitiver als andere Methoden, wie die ST-Strecken Veränderungen im EKG, die Wandbewegungsstörungen bei der Stressechokardiographie oder der Thallium Scan zur Aufdeckung einer Ischämie. Eine reduzierte Belastbarkeit ist ebenfalls mit einer erhöhten Mortalität (kardial und nicht-kardial) verbunden (ISRAEL 2007).

Im Belastungs-EKG traten atriale und ventrikuläre Extrasystolen, sowie eine supraventrikuläre Tachykardie sowohl bei herzkranken als auch bei herzgesunden Menschen auf (MAURER et al. 1995; VON LEITNER 1998; ISRAEL 2007).

5-9 % der herzgesunden Bevölkerung zeigten im Belastungs-EKG supraventrikuläre Extrasystolen (VON LEITNER 1998). Eine Untersuchung bezüglich supraventrikulärer Tachykardie (d. h. Salven von supraventrikulären Extrasystolen) an 843 asymptomatischen Männern und 540 Frauen erbrachte bei 85 Probanden eine belastungsinduzierte supraventrikuläre Tachykardie. Diese wiesen keine Korrelation mit koronalen Risikofaktoren,

(24)

der Größe des linken Vorhofes oder belastungsinduzierter ST-Streckensenkung auf (MAURER et al. 1995). Eine gehäufte ventrikuläre Ektopie kann zusätzlich einen möglichen Hinweis auf eine präklinische Kardiomyopathie geben (ISRAEL 2007). Ventrikuläre Extrasystolen werden häufig im Belastungs-EKG bei herzgesunden und herzkranken Menschen registriert. Im Belastungs-EKG herzgesunder Probanden sind unter maximaler Belastung bei 21-44 % aller Fälle ventrikuläre Extrasystolen zu registrieren. Bei Patienten mit thorakalen Beschwerden weisen ventrikuläre Arrhythmien unter Belastung auf belastungsinduzierte Myokardischämien hin, können aber auch trotz vergleichbar schwerer Grundkrankheit fehlen. Gehäuften, ventrikulären Extrasystolen und repetitiven Arrhythmieformen kommen bei koronarer Herzkrankheit, insbesondere nach Infarkt, von anderen Faktoren unabhängige prognostische Bedeutungen zu (VON LEITNER 1998;

ISRAEL 2007).

In der Humanmedizin weist das Belastungs-EKG geschlechtsspezifische Unterschiede auf (SCHANNWELL et al. 2000; BREUER 2005). Die Spezifität eines Belastungs-EKGs ist bei Frauen, die jünger als 65 Jahre sind, deutlich niedriger als bei Männern (BREUER 2005). So ergab eine Studie mit je 2500 untersuchten Frauen und Männern einen unterschiedlichen positiv prädiktiven Wert für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit bei Angina pectoris und gleichzeitig pathologischem Belastungs-EKG. Der Wert für Frauen lag hier bei 33%, wohingegen der positive prädiktive Wert bei den Männern 85 % betrug (SCHANNWELL et al. 2000).

2.1.4.2 Das Belastungselektrokardiogramm in der Veterinärmedizin

In der Veterinärmedizin wird das Belastungs-EKG hauptsächlich beim Pferd durchgeführt.

Ein Belastungs-EKG ist ein wesentlicher Anteil in der Diagnostik eines Pferdes mit Leistungsinsuffizienz und sollte Bestandteil jeder Belastungsuntersuchung sein (REEF et al.

1994). Mit Hilfe des Belastungs-EKGs kann festgestellt werden, ob eine in Ruhe erhobene Arrhythmie auch noch bei hoher Herzfrequenz besteht, oder ob eine Belastung eine Arrhythmie induziert (PATTESON 1996c).

(25)

Literaturübersicht

2.1.4.2.1 Das Belastungs-EKG beim leistungsinsuffizienten Pferd

Die häufigsten kardialen Ursachen für eine Leistungsinsuffizienz beim Pferd sind signifikante Klappenregurgitationen, myokardiale Dysfunktionen, Ventrikelseptumdefekte und mit Primärerkrankungen des Herzens vergesellschaftete Arrhythmien (REEF et al. 1994).

Leichte oder anfallsartige Arrhythmien treten auch bei Pferden auf, die in Ruhe unauffällig erscheinen, sich aber leistungsinsuffizient während der Belastung darstellen. Oftmals werden v. a. vagal bedingte, in Ruhe auftretende Arrhythmien durch Belastung aufgehoben. Diese Arrhythmien limitieren das Leistungsvermögen in der Regel nicht. Andererseits können Pferde mit einem normalen Ruherhythmus signifikante Arrhythmien entwickeln, wenn sie die maximale Geschwindigkeit oder das Ende der Belastung erreichen. Diese Arrhythmien können mit Schwäche, Kollaps oder Müdigkeit am Ende eines Rennens verbunden sein (DURANDO 2003a).

Das Belastungs-EKG wird beim Pferd folglich zur Detektion von Arrhythmien, die eine Leistungsinsuffizienz induzieren, abgeleitet (REEF et al. 1994; MARTIN et al. 2000).

So fielen in einer Studie mehr als 25 % der untersuchten Pferde mit Arrhythmien während der Laufbandbelastung auf. Bei 10 % der untersuchten Tiere waren die Arrhythmien so frequent, dass sie eine Leistungsschwäche erklären konnten und zu einer Reduktion der Belastungsgeschwindigkeit oder zum Abbruch des Belastungstest führten (REEF et al. 1994;

REEF 1999a). In einer weiteren Studie wurden 348 Pferde, die mit Leistungsschwäche auffielen auf dem Laufband untersucht, wobei unter anderem ein Belastungs-EKG durchgeführt wurde. 55 von 119 dieser Tiere zeigten eine klinisch relevante Arrhythmie während oder direkt nach der Belastung (Vorhof- oder ventrikuläre Extrasystolen bzw.

ventrikuläre Tachykardie). Bei 33 dieser 55 Tiere lag eine klinisch relevante Arrhythmie ohne eine weitere Erkrankung vor. 22 Tiere zeigten eine Arrhythmie in Kombination mit einer dynamischen Luftwegsobstruktion (MARTIN et al. 2000).

In der Phase direkt nach der Belastung treten starke Schwankungen des autonomen Tonus auf, die sich in transienten Arrhythmien widerspiegeln können. Diese verschwinden bei Erreichen der Ruheherzfrequenz. Sinusarrhythmien, AV-Blöcke 2. Grades und gelegentliche isolierte Vorhof- und ventrikuläre Extrasystolen werden direkt nach Belastung als klinisch nicht signifikant angesehen (DURANDO 2003a). Extrasystolen erwiesen sich als klinisch bedeutsam, wenn mehr als zwei isolierte vorzeitige Depolarisationen während der Maximalbelastung auftreten. Multiple Paare (> 5) oder anfallsartige Depolarisationen direkt nach Belastung haben ebenfalls klinische Bedeutung (MARTIN et al. 2000). Aus einer

(26)

Untersuchung an 105 gesunden Pferden wurde geschlossen, dass erst eine höhere Anzahl von Extrasystolen bedeutsam sei, da 4 % der gesunden Pferde ventrikuläre Extrasystolen in zwei Phasen der Belastung und 1 % sogar in vier von fünf Belastungsphasen zeigten (RYAN et al.

2005). Bei einem Belastungstest mit 88 herzgesunden Vollblütern zeigten 55 Tiere mindestens eine ventrikuläre oder supraventrikuläre Extrasystole, wobei 23 Tiere vorzeitige Depolarisationen ventrikulären Ursprunges, 17 Tiere nur Vorhofextrasystolen und 15 Tiere beide Ereignisse in mindestens einer Belastungsperiode zeigten. Diese Ergebnisse demonstrieren, dass die Kriterien für die Interpretation und die klinische Relevanz von Extrasystolen, die während oder direkt nach einer Laufbandbelastung von leistungsinsuffizienten Rennpferden registriert werden, neu erarbeitet werden müssen (JOSE- CUNILLERAS et al. 2006).

(27)

Literaturübersicht

2.1.5 Erholungspuls - Heart rate recovery

Die Heart rate recovery (HRR) oder der Erholungspuls ist ein Parameter, der sich aus dem Belastungs-EKG ermitteln lässt und beschreibt den Abfall der Herzfrequenz direkt nach der Belastung. Er stellt somit einen Index der parasympathischen Aktivität am Herzen dar (NANAS et al. 2006):

2.1.5.1 Der Erholungspuls in der Humanmedizin

Die Analyse des Erholungspulses wird in der Humanmedizin vielfältig diagnostisch genutzt.

Der Erholungspuls ist durch die Ermittlung der Differenz zwischen der Herzfrequenz am Belastungshöhepunkt (maximale Herzfrequenz) und der Herzfrequenz an einem festgelegten Zeitpunkt nach Ende der Belastung definiert. Da standardisierte Messverfahren und Normwerte noch nicht erstellt sind, werden in der Literatur unterschiedliche Endpunkte und Grenzwerte angegeben. Der Herzfrequenzabfall nach Belastung wird normalerweise eine Minute nach Ende der Ergometrie bestimmt (ISRAEL 2007). Zahlreiche Autoren nutzen diesen Wert (GEORGOULIAS et al. 2003; TSAI et al. 2005; DAVRATH et al. 2006;

MACMILLAN et al. 2006; NANAS et al. 2006) andere hingegen geben als Endpunkt zur Differenzbestimmung zwei Minuten, drei Minuten oder auch nur 30 Sekunden nach Belastungsende an (IMAI et al. 1994; EVRENGUL et al. 2006; JAE et al. 2006).

Ein reduzierter Herzfrequenzabfall nach Belastung reflektiert einen gesteigerten Sympathikotonus bzw. fehlende Aktivität des Parasympathikus (ISRAEL 2007). Ein erniedrigter Parasympathikotonus mit nur geringer Abnahme der Herzfrequenz nach Belastung führt zu einer verminderten Erholungspulsdifferenz und stellt einen bedeutsamen und unabhängigen Prädiktor für die kardiovaskulär bedingte Todesrate und die Gesamtmortalität, sowie für kardiovaskuläre Zwischenfälle dar (COLE et al. 1999;

DAVRATH et al. 2006; EVRENGUL et al. 2006; JAE et al. 2006; ISRAEL 2007). Deshalb wurde der Erholungspuls bei Patienten mit unterschiedlichen kardiologischen Erkrankungen untersucht. Probanden mit Erkrankungen der Herzkranzgefäße zeigten im Vergleich zu klinisch gesunden Testpersonen eine signifikant herabgesetzte Beruhigung der Herzfrequenz nach Belastung, so dass dieser Parameter zur Evaluation der autonomem Balance für diese Patientengruppe geeignet ist (EVRENGUL et al. 2006). Eine weiterführende Studie beschreibt den Erholungspuls beim Menschen sogar als einen verlässlichen Index für den Schweregrad einer myokardialen Ischämie. Dieses Ergebnis basiert auf einer signifikanten Korrelation des Erholungspulses mit bereits bekannten Parametern der myokardialen

(28)

Ischämie wie z. B. dem Thallium-Scan (GEORGOULIAS et al. 2003). Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz die in einem 21 ± 6-monatigen Beobachtungszeitraum verstarben, zeigten in einem zuvor angefertigten Belastungstest einen verminderten Erholungspuls im Vergleich zu Patienten ohne tödliche Zwischenfälle. Somit stellt dieser Parameter einen prognostischen Risikoindikator bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz dar (NANAS et al. 2006). Auch bei Patienten mit Ateriosklerose der Halsschlagader konnte ein reduzierter Erholungspuls festgestellt werden (JAE et al. 2006).

Die Auswirkungen von kardialen Rehabilitationsprogrammen auf den Erholungspuls sind ebenfalls beschrieben. Der Erholungspuls verbesserte sich bei Patienten, die ein Rehabilitationsprogramm mit kontinuierlichem Belastungstraining abgeschlossen hatten.

Deshalb sollten alle Patienten mit koronaren Herzerkrankungen an einem kardialen Rehabilitationsprogramm teilnehmen (HEFFERNAN et al. 2006; MACMILLAN et al. 2006).

2.1.5.2 Der Erholungspuls in der Veterinärmedizin

Der Erholungspuls nach Belastung ist in der Veterinärmedizin, im Vergleich zur Humanmedizin bisher lediglich vereinzelt untersucht worden. In der Literatur sind Studien zu dieser Thematik beim Hund und beim Pferd beschrieben (MARSLAND 1968; EVANS 1999;

SMITH et al. 2005; HADA et al. 2006; BILLMAN u. KUKIELKA 2007).

Die Überwachung der Herzfrequenz während und nach der Belastung wird zur Ermittlung von kardiovaskulären Erkrankungen und zur Bewertung der Fitness beim Pferd genutzt. Ein gut konditioniertes und gesundes Pferd sollte innerhalb von 4-5 Minuten nach Belastung eine Herzfrequenz von unter 100 Schlägen pro Minute erreicht haben. Eine verzögerte Beruhigung kann auf eine kardiologische Erkrankung hindeuten, wobei andere Faktoren, wie Schmerzen und respiratorische Erkrankungen ausgeschlossen werden müssen (DURANDO 2003). Die Bewertung des Trainingszustandes eines Pferdes ist durch den schnellen Abfall der Herzfrequenz und den Einfluss psychischer Faktoren bei Frequenzen kleiner 120 Schlägen pro Minute limitiert (MARSLAND 1968; EVANS 1999). Die Beruhigung der Herzfrequenz nach Belastung erfolgt in zwei Phasen. In den ersten Minuten nach Belastung erfolgt die Beruhigung sehr schnell, um sich dann nachfolgend allmählich dem Ruhewert anzunähern (MARSLAND 1968; RUGH et al. 1992; EVANS 1999). Mittels einer aus der Erholungsherzfrequenz errechneten Zeitkonstante wurde die autonome Herz-Funktion von Vollblutpferden evaluiert. Durch den Vergleich der Zeitkonstanten unter sympathischer oder parasympathischer Blockade zeigte sich, dass die Erholung der Herzfrequenz beim Pferd

(29)

Literaturübersicht

beeinflusst wird. Training beschleunigt die Beruhigung der Herzfrequenz durch eine Verbesserung der parasympathischen Funktion, wobei aber noch weitere Faktoren untersucht werden müssen, da dieser Trainingseffekt auch unter parasympathischer Blockade auftrat (HADA et al. 2006).

In der Kleintiermedizin wurde der Erholungspuls zur Beurteilung von Trainingseffekten und zur Risikostratifizierung für Kammerflimmern untersucht (SMITH et al. 2005; BILLMAN u.

KUKIELKA 2007). So zeigten Belastungsuntersuchungen an Hunden mit geheiltem Myokardinfarkt und Anfälligkeit für Kammerflimmern eine Verbesserung des Erholungspulses durch Ausdauertraining. Dies ist auf eine trainingsbedingte Normalisierung der Herzfrequenzregulation zurückzuführen (BILLMAN u. KUKIELKA 2007). In einer weiteren Studie mit 105 Hunden nach Infarkt zeigten 66 Tiere nach Belastung Kammerflimmern. Diese Tiere hatten außerdem im Vergleich zu den belasteten Tieren ohne Arrhythmien eine deutlich verzögerte Beruhigung der Herzfrequenz nach Belastung. Mit Hilfe des Erholungspulses können somit Patienten mit einem erhöhten Risiko für Kammerflimmern nach Myokardinfarkt herausgefiltert werden (SMITH et al. 2005).

(30)

2.2 Herzfrequenzvariabilität (HRV)

Unter Herzfrequenzvariabilität oder Heart Rate Variability (HRV) versteht man Schwankungen der Herzfrequenz von Schlag zu Schlag über einen kürzeren (Minuten) oder längeren Zeitraum (24 Stunden). Die HRV ist eine Maß der neurovegetativen Aktivität oder der autonomen Funktion des Herzens und wird deshalb auch durch die gleichen Faktoren beeinflusst wie die autonome Funktion: Körperlage, Alter, Geschlecht, Trainingszustand, Belastung, Valsalva- oder ähnliche Manöver, Tageszeit (zirkadiane Rhythmik) sowie Medikamente wie Atropin, Phenylephrin und β-Rezeptorblocker (LÖLLGEN 1999). Auch Stress, gewisse Erkrankungen des Herzens und andere pathologische Zustände können die Herzfrequenzvariabilität beeinflussen (NISKANEN et al. 2002). Die HRV wird einerseits im Rahmen einer Kurzzeitmessung unter kontrollierten Laborbedingungen durch Lageveränderungen (Kippen), Medikamentengabe oder kontrollierte Ventilation ermittelt.

Andererseits wird sie mit Hilfe eines 24h-EKGs im normalen Tagesablauf des Patienten bestimmt (KLEIGER et al. 2005).

Die klinische Relevanz der HRV wurde erstmals 1963 von HON und LEE erkannt. Es zeigte sich, dass Störungen des fetalen Allgemeinbefindens zu einer Änderung der Intervalle aufeinander folgender Herzschläge führten, noch bevor nennenswerte Veränderungen der Herzfrequenz registriert werden konnten. Diese Bedeutung der HRV für die Klinik wurde in den späten 80er Jahren bestätigt, indem sie als ein bedeutsamer Vorhersagewert für die Mortalität nach akutem Myokardinfarkt nachgewiesen wurde (KLEIGER et al. 1987; MALIK 1996).

(31)

Literaturübersicht

2.2.1 Die Methoden zur Quantifizierung der Herzfrequenzvariabilität Es sind verschiedene Methoden zur Quantifizierung der HRV beschrieben.

Unterschieden werden:

• die zeitbezogene Analyse

• die frequenzbezogene Analyse und

• nichtlineare Methoden zur Analyse der HRV

Bei diesen Analysemethoden werden entweder die Herzfrequenz als eine Funktion der Zeit oder die Intervalle aufeinander folgender QRS-Komplexe bestimmt (NISKANEN et al.

2002).

2.2.1.1 Die zeitbezogene Analyse der HRV

Die Berechnungsgrundlage der zeitbezogenen Analyse der HRV sind die RR-Intervall- Zeitreihen (Abstand zwischen zwei aufeinander folgenden R-Zacken im EKG). RR- und NN- Intervalle sind ein Ausdruck für dasselbe Phänomen. Das Präfix NN steht für „normal-to- normal intervals“, d. h. Intervalle zwischen aufeinander folgenden QRS-Komplexen, die aus einer Depolarisation des Sinusknoten resultieren (NISKANEN et al. 2002). Bei den Parametern der zeitbezogenen Analyse werden statistische und geometrische Methoden unterschieden (MALIK 1996; NISKANEN et al. 2002).

2.2.1.1.1 Statistische Parameter der zeitbezogenen Analyse der HRV

Die statistischen Größen können in Parameter, die sich aus den direkten Messungen der NN- Intervalle oder der momentanen Herzfrequenz ergeben und solchen, die aus den Differenzen zwischen NN- Intervallen resultieren eingeteilt werden.

Hierzu gehören die:

SDNN (standard deviation of NN): Standardabweichung aller NN-Intevalle (Langzeit- und Kurzzeitananylse)

SDANN (standard deviation of average NN): Standardabweichung des Mittelwertes der NN-Intervalle in allen fünf-Minuten-Abschnitten der gesamten Aufzeichnung (Langzeitanalyse)

(32)

RMSSD (root mean square of successive differences between adjacent NN-intervals):

Wurzel des quadratischen Mittelwertes der Summe aller Differenzen zwischen benachbarten NN-Intervallen. Inhaltlich entspricht sie der Standardabweichung der Differenzen aufeinanderfolgender RR-Intervalle.

NN50 und pNN50: Anzahl und Prozentsatz der Intervalle, die mindestens 50 ms vom vorausgehenden Intervall abweichen

Die am einfachsten zu berechnende Variable ist die SDNN (standard deviation of NN), d. h.

die Standardabweichung der NN-Intervalle über die gesamte Messdauer. Dieser Parameter beschreibt die gesamte Variation im RR-Intervall Signal und reflektiert somit alle zyklischen Komponenten, die für die Variabilität während der Aufnahme verantwortlich sind. Da die zeitliche Abfolge der NN nicht in die Analyse eingeht, ist dieser Parameter nur ein grobes Maß zur Charakterisierung der HRV. Bei diesem Parameter muss zusätzlich beachtet werden, dass die Varianz der HRV mit der Länge des analysierten Zeitabschnittes zunimmt. Folglich ist es unangemessen die SDNN von Aufnahmen unterschiedlicher Dauer zu vergleichen (MALIK 1996; WITTE 2001; NISKANEN et al. 2002). Für eine aussagekräftige Berechnung der SDNN muss ausgeschlossen werden, dass irreguläre oder ektopische Schläge übersehen und Artefakte mit bewertet werden, da artifiziell verkürzte oder verlängerte Intervalle die SDNN künstlich erhöhen können (KLEIGER et al. 2005).

Ein weiterer Parameter ist die SDANN (standard deviation of average NN), sie bezeichnet die Standardabweichung der Mittelwerte die aus 5-Minuten-Segmenten ermittelt wurden. Die SDANN bietet somit eine „geglättete“ Version der SDNN. Dieser Parameter erfasst langfristige Schwankungen der HRV und wird durch seine Mittelwertbildung weniger von anormalen oder übersehenen Rhythmen gestört (KLEIGER et al. 2005).

Die RMSSD (root mean square of successive differences between adjacent NN intervals) ist ein sehr häufig verwendeter statistischer Parameter der zeitbezogenen Analyse der HRV. Er ist formal die Wurzel der gemittelten Quadrate der Summe aller Differenzen aufeinander folgender NN-Intervalle. Dieser Wert ist sensitiv für hochfrequente Schwankungen der HRV, d. h. er drückt aus, wie stark sich die Herzfrequenz von einem zum nächsten Herzschlag ändert (MALIK 1996).

(33)

Literaturübersicht

Die NN50 beschreibt die absolute Anzahl der Intervalle, die eine Differenz von mehr als 50 ms zu ihrem nachfolgenden Intervall aufzeigen. Die pNN50 gibt hingegen die Proportion der mehr als 50 ms abweichenden Intervalle zur Gesamtintervallzahl an (MALIK 1996;

KLEIGER et al. 2005). Gesunde Menschen zeigten während einer Stunde ungefähr 200 NN50-Schläge (EWING et al. 1984). Bei gesunden Pferden konnten mehr als doppelt so viele NN50-Schläge pro Stunde ermittelt werden, so dass für Pferde eine größere Variabilität der Herzfrequenz vermutet wird. Deshalb wird für diese Tierart die NN100 als Standardindex vorgeschlagen (BOWEN 1999).

2.2.1.1.2 Geometrische Parameter der zeitbezogenen Analyse der HRV

NN-Intervall-Serien können in geometrische Muster umgewandelt werden, wie z. B. in Dichteverteilungsmuster von unterschiedlichen NN-Intervall-Längen oder deren Differenzen.

Weiterhin können Lorenz- oder Poincaré-Plots von NN-Intervallen erstellt werden, d. h.

graphische Darstellungen von Paaren aufeinander folgender NN-Intervalle. Der Nachteil dieser graphischen Darstellungen ist, dass eine große Anzahl von NN-Intervallen benötigt wird um ein repräsentatives geometrisches Muster zu konstruieren und sie deshalb nur wenig Informationen für Analysen von unter 30 Minuten liefern (MALIK 1996; BOWEN 1999).

Der HRV-Triangular-Index ist das Integral der Dichteverteilung, d. h. die Anzahl aller NN- Intervalle dividiert durch das Maximum der Dichteverteilung und spiegelt die Gesamt-HRV wieder (MALIK 1996) (Abb. 2). Die Berechnung des HRV-Index minimiert den Einfluss von Ausreißer-RR-Intervallen, d. h. denjenigen, die viel länger oder kürzer sind als normal, und reduziert somit den Einfluss von übersehenen Schlägen, Artefakten und ektopischen Komplexen (KLEIGER et al. 2005).

(34)

NN-Intervalle

(ms) A

500 1000 1500

Abb. 2: Histogramm der Dichteverteilung von NN-Intervallen (MALIK 1996, modifiziert)

(Länge der RR-Intervalle in ms (x-Achse) und deren Häuftigkeit (y-Achse) aufgetragen)

Legende:

A: Maximum der Dichteverteilung (RR-Intervalllänge, die in der Messung am häufigsten auftrat)

ms: Millisekunde

2.2.1.2 Die frequenzbezogene Analyse der HRV

Bei der frequenzbezogenen Analyse der HRV wird eine Spektralanalyse (Häufigkeitsverteilung der gemessenen unterschiedlichen Frequenzen) der NN-Serie durchgeführt und so die Variabilität der Herzschlagfolge in unterschiedliche Frequenzbereiche eingeteilt (NISKANEN et al. 2002).

Um die zyklischen Fluktuationen der NN-Intervalle zu quantifizieren, kann entweder die Fast Fourier Transformation (nichtparametrisch) oder die Autoregressionstechnik (parametrisch) angewendet werden (NISKANEN et al. 2002; KLEIGER et al. 2005). Die Fast Fourier

(35)

Literaturübersicht

Transformation ist ein mathematisches Verfahren zur Umwandlung zeitbezogener (Herzfrequenzabstände) in frequenzbezogene Daten (LÖLLGEN 1999).

Die durch diese Umwandlung erhaltenen Informationen werden üblicherweise graphisch dargestellt. Auf der vertikalen Achse wird die Häufigkeit der Variation in einer Aufzeichnung gegen die Frequenz, mit der sie auftritt (auf der horizontalen Achse), aufgeführt. Durch die Messung der „area under the curve“ bei unterschiedlichen Frequenzenbereichen (ausgedrückt als „spectral power“ oder „Leistung“) erhält man so ein numerisches Maß, welches die Höhe der hoch- und niederfrequenten, zirkadianen Variabilität angibt (PUMPRLA et al. 2002). Die erhaltene Spektralanalyse liefert somit grundlegende Informationen darüber, wie sich die Leistung (Power) als eine Funktion der Frequenz verteilt (MALIK 1996) (Abb. 3).

(36)

Abb. 3: Schematische Darstellung einer Spektralanalyse der Herzfrquenzvariabilität eines herzgesunden Menschen in Ruhe (MALIK 1996). Die senkrechten Markierungen stellen die Grenzen zwischen der nieder- und hochfrequenten Komponente der Spektralanalyse dar. Die LF-Anteile spiegeln den Einfluss des sympathischen und die HF-Anteile den des parasympathischen Nervensystems wieder.

Legende:

LF: Low-Frequency (niedrige Frequenzanteile) HF: High-Frequency (hohe Frequenzanteile) Hz: Hertz

sec²: Quadratsekunde

Frequenz (Hz) Leistung (sec²/Hz)

LF HF

0,04 0,15 0,4

(37)

Literaturübersicht

In der Spektralanalyse einer 5 Minuten RR-Intervall-Serie eine gesunden Menschens sind zwei Peaks zu erkennen (KLEIGER et al. 2005) (s. Abb. 3):

• ein Hochfrequenz-Peak (HF= high frequency) zwischen 0,15 und 0,4 Hz

• ein Niederfrequenz-Peak (LF= low frequency) zwischen 0,04 und 0,15 Hz

Die hochfrequente Komponente steht beim Menschen in Verbindung mit der Atemfrequenz und wird oft als respiratorische Sinusarrhythmie angesprochen. Diese Komponente wird als ein Messwert der parasympathischen Regulation der Herzfrequenz angesehen.

Die niederfrequente Komponente wird durch das blutdruckregulierende System moduliert und reflektiert den autonomen sympathischen Tonus in der Regulation der Herzfrequenz, obwohl auch parasympathische Anteile auf diese Komponente einwirken sollen (TIKKANEN 1999).

Bei der Spektralanalyse von 24h-Aufzeichnungen können vier Leistungsbänder unterschieden werden:

• die ultra-low frequency (ULF)

• die very-low frequency (VLF)

• die low frequency (LF)

• die high frequency (HF)

Die very-low frequency Komponente (VLF) zeigt sich bei Frequenzen < 0,004 Hz. Diese Fluktuationen der RR-Intervalle sollen auf Mechanismen der Thermoregulation zurückzuführen sein. Der genaue physiologische Mechanismus wird aber noch diskutiert, ebenso wie bei der ultra-low frequency Komponente (ULF), die durch ein Frequenzband <

0,0033 Hz definiert ist. Weiterhin kann sowohl bei Kurzzeit- als auch bei Langzeit- Messungen ein Quotient aus der LF- und HF-Komponente (LF/HF) bestimmt werden. Dieser gibt die Balance zwischen parasympathischer und sympathischer neuraler Regulation an (TIKKANEN 1999; KLEIGER et al. 2005).

(38)

2.2.1.3 Nichtlineare Methoden zur Analyse der HRV

Die HRV wird durch einen sehr komplexen Mechanismus kontrolliert. Neben linearen Bestandteilen sind ebenfalls auch nichtlineare Anteile enthalten. Die Interpretation vieler nichtlinearer Methoden ist jedoch immer noch insuffizient. In der Humanmedizin wurde eine Vielzahl nichtlinearer Messungen der HRV untersucht, aber nur wenige zeigten eine klare Nutzbarkeit in der Risikostratifizierung. Eine einfache Methode ist der so genannte Poincaré- Plot (Abb. 4). Er stellt die Korrelation aufeinander folgender RR-Intervalle graphisch dar, d.

h. jedes RR-Intervall wird als eine Funktion des folgenden RR-Intervalls aufgezeigt. Die geometrische Form des Poincaré-Plots ist für die Auswertung essentiell. Es wird eine Ellipse an die graphisch dargestellte Datenmenge auf der so genannten line-of-identity (45° zur Normalachse) angepasst. Die ermittelte SD1 (short term HRV) ist die kurze Achse der Ellipse senkrecht zur line-of-identity. Sie spiegelt die Kurzzeitvariabilität wieder, welche durch die respiratorische Sinusarrhythmie bedingt ist. Die SD2 (long term HRV) stellt die lange Achse der Ellipse entlang der line-of-identity dar und beschreibt somit die Langzeitvariabilität. SD12 beschreibt das Verhältnis der Ellipsenachsen zueinander. Zeigt sich der Poincaré-Plot also klein und kugelförmig, so dass SD12 hohe Werte erreicht, spiegelt dies relativ konstante RR- Intervalle wieder. Ein solcher Poincaré-Plot, der abnormale RR-Intervall Muster zeigt, wird als „komplex“ bezeichnet (NISKANEN et al. 2002; KLEIGER et al. 2005).

(39)

Literaturübersicht

RRI n+1 (s)

RRI n (s)

Abb. 4: Länge der RR-Intervalle in Sekunden in Bezug zum folgenden RR- Intervall eines gesunden Menschen (Poincaré-Plot)

Legende:

RRI n (s): Länge eines RR-Intervalls in Sekunden

RRI n+1 (s): Länge des folgenden RR-Intervalls in Sekunden SD1: Kurzzeitvariabilität

SD2: Langzeitvariabilität

2.2.2 Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse in der Humanmedizin

In der Humanmedizin wird die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse vielfältig eingesetzt. Neben der Beurteilung des autonomen Tonus am Herzen wird die HRV zur Risikostratifizierung in einem weiten Feld von kardialen und nicht kardialen Erkrankungen ermittelt.

Krankheitsbilder, bei denen eine Analyse der HRV diagnostisch verwertbar sein kann, sind u.

a. Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Nierenerkrankungen im Endstadium, Diabetes mellitus, ischämische Herzerkrankungen (besonders beim Herzinfarkt), Kardiomyopathien,

(40)

Herzklappenerkrankungen und kongestive Herzinsuffizienzen. Ebenso wird sie bei Patienten angewendet, bei denen eine Herztransplantation geplant ist (KLEIGER et al. 2005).

2.2.2.1 Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse in der Kardiologie

Eine wichtige Rolle spielt die Analyse der HRV in der Kardiologie bei der Untersuchung von Postinfarkt-Patienten, so dass zahlreiche Studien zu diesem Thema erstellt wurden (WOLFF et al. 1978; KLEIGER et al. 1987; BIGGER et al. 1993; COPIE et al. 1996; HUIKURI et al.

2000; TAPANAINEN et al. 2002; KIVINIEMI et al. 2007). Eine herabgesetzte HRV stellt einen Parameter zur Vorhersage der Sterblichkeit und von Komplikationen mit klinisch bedeutsamen Arrhythmien bei Patienten nach akutem Myokardinfarkt dar (MALIK 1996).

Erste Zusammenhänge zwischen der Mortalität von Postinfarkt-Patienten und einer herabgesetzten HRV wurden bereits Ende der 1970er Jahre festgestellt. In einer damals durchgeführten Studie an 176 Patienten nach einem Herzinfarkt zeigte die Probanden (n = 73) mit einer niedrigen RR-Intervall-Varianz eine signifikant höhere Mortalität als solche (n = 103) mit erhaltenem Sinusrhythmus. Die HRV als Mortalitätsprädiktor konnte aber noch nicht bestätigt werden (WOLFF et al. 1978).

Ende der 1980er Jahre entstand die erste Studie, in der der unabhängige und langfristige prädiktive Wert der HRV-Analyse nach Myokardinfarkt dokumentiert wurde (HENNERSDORF et al. 2000; KLEIGER et al. 2005). Dabei wurden 808 Patienten, die einen akuten Myokardinfarkt überlebten, untersucht. Die Gruppe mit einer Herzfrequenzvariabilität (SDNN) von < 50 ms zeigte ein 5,3 Mal höheres Mortalitätsrisiko als die Gruppe mit einer HRV (SDNN) von > 100 ms. Eine herabgesetzte Herzfrequenzvariabilität, im Sinne einer erniedrigten Standardabweichung der NN-Intervalle, korreliert mit einem erhöhten Sympathikotonus oder einem erniedrigten Vagustonus. Da letzterer für Kammerflimmern prädispositionierend ist, wird dieser Zusammenhang als ursächlich vermutet (KLEIGER et al.

1987).

1996 entwickelte die Task Force of The European Society of Cardiology and North American Society of Pacing and Electrophysiology Richtlinien und Normwerte zur Interpretation und Anwendung der Herzfrequenzvariabilitätsanalyse. Zur Risikostratifizierung wird die 24h- HRV-Messung empfohlen, da sie einen besseren Risikovorhersagewert als die HRV aus Kurzzeitmessungen darstellt (MALIK 1996; KLINGENHEBEN et al. 1998). Letztere eignete sich für ein initiales Screening nach einem Myokardinfarkt. Beste prognostische

(41)

Literaturübersicht

wurden Patienten mit SDNN< 50 ms oder HRV-Index < 15 als hoch risikobehaftet klassifiziert (MALIK 1996).

Weitere Studien untersuchten das Mortalitätsrisiko nach einem Herzinfarkt mit weiterführenden neuen Analyseparametern der Herzfrequenzvariabilität (HUIKURI et al.

2000; TAPANAINEN et al. 2002; KIVINIEMI et al. 2007).

In der Kardiologie wurde die HRV nicht nur bei Postinfarkt-Patienten eingesetzt, sondern auch bei solchen mit chronischer Herzinsuffizienz, die ebenfalls eine reduzierte HRV aufweisen. Somit konnte dieser Parameter aufgrund seines starken und unabhängigen prognostischen Wertes auch hier als Mortalitätsprädiktor verwendet werden (BONADUCE et al. 1999). Eine reduzierte HRV bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz hängt mit dem Auftreten einer signifikanten, autonomen Dysfunktion, im Sinne eines reduzierten Tonus des Parasympathikus zusammen. Diese prädispositioniert den Patienten für eine elektrische Instabilität des Myokards oder begünstigt die Ausbildung einer progressiven Herzinsuffizienz aufgrund einer schädlichen Herzbelastung (PUMPRLA et al. 2002). Bei einer chronischen Herzinsuffizienz sind die HRV-Parameter im Vergleich zur Norm erniedrigt und korrelieren mit der funktionellen Schwere der Insuffizienz (ARBOLISHVILI et al. 2006).

Auch bei Herzklappenerkrankungen wurde die Analyse der HRV als Untersuchungsparameter herangezogen (STEIN et al. 1993; JUNG et al. 1997; HAN et al. 2000; AL-HAZIMI et al.

2002; KÜCÜKOSMANOGLU et al. 2002). So zeigten Kinder mit einer milden bis moderaten Aortenstenose eine verzögerte Antwort auf die Provokation des Sympathikus durch Neigung (liegend und 70° Kippposition), in Form einer verspätet einsetzenden Reduktion der HRV (KÜCÜKOSMANOGLU et al. 2002). Dagegen zeigten Kinder mit Mitralklappenprolaps im Vergleich zu herzgesunden Kindern eine insgesamt erniedrigte Leistung der Hochfrequenz- und Niederfrequenzkomponente der Spektralanalyse, sowie eine erhöhte LF/HF-Ratio als Ausdruck der sympathovagalen Balance, was eine Prädominanz des Sympathotonus vermuten lässt (HAN et al. 2000).

Erwachsene Patienten mit schwerer Erkrankung der Aortenklappe (Aortenstenose, Aortenklappeninsuffizienz und kombinierte Erkrankung dieser Klappe) wiesen eine reduzierte HRV, im Sinne einer erniedrigten Standardabweichung der NN-Intervalle und ihrer Differenzen auf, wobei zudem noch zwischen unterschiedlichen Schweregraden der Herzklappeninsuffizienz unterschieden werden konnte. Patienten, die nach einem von der New York Heart Association entwickelten Bewertungsschema (je höher die Klassifikation desto höher der Schweregrad der Erkrankung) klassifiziert wurden, zeigten in den höheren

(42)

Klassen eine signifikant niedrigere SDNN (Standardabweichung der NN-Intervalle) als die in den niedrigeren Klassen. Eine weitere Reduktion der HRV ist eine Woche nach komplikationslosem Ersatz der Aortenklappe zu verzeichnen (JUNG et al. 1997).

Eine HRV-Analyse kann darüber hinaus zur Identifikation von Patienten mit Risiko zum Vorhofflimmern aufgrund einer Mitralklappenstenose genutzt werden. Eine herabgesetzte HRV bei Patienten mit Mitralklappenstenose und normalem Sinusrhythmus deutet auf eine erhöhte Sympathikusaktivität hin, welches auf eine Neigung zum Vorhofflimmern hindeuten kann (AL-HAZIMI et al. 2002).

Bei chronischer, hochgradiger Mitralklappeninsuffizienz korreliert die ultra-low frequency gemessen an der SDANN (standard deviation of average NN) mit der Leistungsfähigkeit des linken und rechten Ventrikels und eignet sich zur Vorhersage der Entwicklung von Vorhofflimmern und der Mortalität. Sie gibt zusätzlich Aufschluss über den Zeitpunkt einer notwendigen chirurigschen Intervention (STEIN et al. 1993).

2.2.2.2 Weiterer Einsatz der HRV in der Humanmedizin

Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse wurde beim Menschen nicht nur in der Humankardiologie angewandt, sondern war auch Untersuchungsgegenstand bei verschiedenen anderen Krankheitsbildern (MALIK 1996; NEILD et al. 2000; RAPENNE et al. 2000; PUMPRLA et al. 2002).

So wurde die Herzfrequenzvariabilität beim Diabetes mellitus ermittelt, da die diabetische, autonome Neuropathie als Komplikation auftreten kann. Diese weitläufige neuronale Degeneration der kleinen Nervenfasern des para- und sympathischen Traktes ist charakterisiert durch eine 5-Jahres-Mortalität nach Manifestation von klinischen Symptomen um schätzungsweise 50 %. Die frühe Aufdeckung einer subklinischen autonomen Dysfunktion war folglich von großer Bedeutung, wobei sich die Analyse der Herzfrequenzvariabilität als nützlich erwies (MALIK 1996; PUMPRLA et al. 2002).

Eine Untersuchung der Herzfrequenzvariabilität von HIV-Patienten im Vergleich zu HIV negativen herzkranken und herzgesunden Patienten erbrachte, dass eine HIV-Infektion mit einer schweren, globalen, autonomen Dysfunktion, die nicht mit einer Herzerkrankung verbunden ist, vergesellschaftet sein kann (NEILD et al. 2000; PUMPRLA et al. 2002).

Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse kann bei Patienten mit Schädel-Hirntrauma auf den bevorstehenden Hirntod hinweisen. Nach weiterer Bewertung kann sie als Frühindikator des Hirntodes bei nicht sedierten Patienten genutzt werden, da hier ein fortschreitender und

(43)

Literaturübersicht

signifikanter Abfall des sympathischen und parasympathischen Einflusses auf das Herz zu verzeichnen ist (RAPENNE et al. 2000).

Durch eine Analyse der Herzfrequenzvariabilität bei Passivrauchern wurden Hinweise darauf gefunden, dass das Risiko für kardiale Zwischenfälle durch Störungen des autonomen Nervensystems erhöht wird. Das Passivrauchen bei älteren Probanden zu Hause und auf der Arbeit war mit einer niedrigeren Herzfrequenzvariabilität und einer höheren Herzfrequenz im Vergleich zu „nicht-Rauch“ expositionierten Probanden gleichen Alters verbunden (FELBER et al. 2007).

2.2.2.3 Die Herzfrequenzvariabilitätanalyse in der Sportmedizin

In den letzten Jahren hat die Analyse der Herzfrequenzvariabilität in Sportmedizin und Trainingwissenschaft Einzug gehalten. Hier wird die HRV in Bezug auf Trainingsteuerung und -kontrolle, Ausdauertraining und ihren kardioprotektiven Wert durch eine Verbesserung der sympathikovagalen Balance, sowie die Rolle der HRV beim Phänomen des Übertrainings untersucht, wobei eine genauere Abklärung dieser Zusammenhänge noch erforderlich ist (HOTTENROTT et al. 2006). So zeigte eine herabgesetzte HRV bei Spitzensportlern am Belastungsende eine vermehrte Reduktion des Parasympathikotonus während der autonomen Kontrolle der Tachykardie nach Belastung (BROWN u. BROWN 2006).

(44)

2.2.3 Die Anwendung der Herzfrequenzvariabilitätanalyse in der Veterinärmedizin Die Herzfrequenzvariabilität wird sowohl beim Kleintier (CALVERT u. JACOBS 2000;

MATSUNAGA et al. 2001; FUJII u. WAKAO 2003; DOXEY u. BOSWOOD 2004; SPIER u. MEURS 2004; VÄISÄNEN et al. 2005; KUKIELKA et al. 2006; BILLMAN u.

KUKIELKA 2007) als auch beim Pferd (BOWEN u. MARR 1998a; BOWEN u. MARR 1998b; KUWAHARA et al. 1998; KUWAHARA et al. 1999; GELZER et al. 2000;

PHYSICK-SHEARD et al. 2000; OHMURA et al. 2002; COTTIN et al. 2006a; COTTIN 2006b) in zahlreichen Gebieten der Veterinärmedizin untersucht.

Einzelne Studien bei Kühen und Kälbern zur Quantifizierung von Stress mittels HRV- Analyse sind ebenfalls beschrieben (MOHR et al. 2002; HAGEN et al. 2005)

2.2.3.1 Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse beim Kleintier

Die Spektralanalyse der Herzfrequenzvariabilität liefert beim Hund eine nicht-invasive Technik zur Beurteilung von medikamentösen Effekten auf das autonome Nervensystem des Herzens (MATSUNAGA et al. 2001). Die Herzfrequenzvariabilität zeigt rassebedingte Abweichungen (DOXEY u. BOSWOOD 2004; SPIER u. MEURS 2004), wobei sich die brachycephalen Rassen von anderen Rassen unterscheiden.

In der Kleintiermedizin wurde die Analyse der Herzfrequenzvariabilität genau wie in der Humanmedizin zur Untersuchung von kardiologischen Fragestellungen eingesetzt (HÄGGSTRÖM et al. 1996; DOXEY u. BOSWOOD 2004; SPIER u. MEURS 2004;

KUKIELKA et al. 2006; BILLMAN u. KUKIELKA 2007).

Vergleicht man innerhalb und zwischen den Rassen, so stellte sich der VVTI (vaso-vagaler Tonus Index, ein Parameter der zeitbezogenen Analyse der HRV) bei Hunden mit einer kongestiven Herzinsuffizienz im Vergleich zu gesunden Hunden erniedrigt dar (DOXEY u.

BOSWOOD 2004). Eine Untersuchung der Herzfrequenzvariabilität von Boxern mit arrhythmogener, rechts-ventrikulärer Kardiomyopathie deutete darauf hin, dass der Sympathikotonus nicht durchgehend erhöht war, was den Nutzen der HRV-Analyse bei dieser Krankheit limitierte (SPIER u. MEURS 2004). Hunde mit gering- bis mittelgrader Myokardinsuffizienz zeigten im Vergleich zu klinisch gesunden Tieren keine Unterschiede in der Herzfrequenzvariabilität, da hier keine Störung der autonomen Balance, der Funktion der Barorezeptoren und anderen Faktoren, die die HRV beeinflussen vorlag (SPIER u. MEURS 2004). Dagegen wurde mittels Herzfrequenzvariabilitätsanalyse eine kompensatorische,

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Das Problem, besonders gefähr- dete Postinfarktpatienten mittels Langzeit-EKG zu erfassen, liegt in der Tatsache begründet, daß 60 bis 70 Prozent dieser Patienten im

In verschiedenen Studien wird deutlich, dass die Adaptation der Herzfrequenz nicht immer ein- deutig mit einer Reduktion während des Aufenthaltes im Wasser verbunden war (10)..

Bei der Variante RL „restriktive Aufzucht“ wurden die Lämmer zum Säugen dreimal täglich für jeweils 15 min zu ihren Müttern gelassen und zwischen den Säugephasen getrennt

Insbesondere für den Nachweis oder Ausschluß einer Prinzmetal-Angina mit ihren epi- sodenhaften, von Angina pectoris begleiteten ST-Strecken-Hebungen dürfte die

Mit diesen Konstruktionen, denen heute im Betoneisenhochbau die größte Rolle zugefallen ist, wollen wir uns ausführlich befassen. Es sei zunächst der Vorgang charakterisiert, wie er

Effects of isoflurane with and without dexmedetomidine or remifentanil on heart rate variability before and after nociceptive stimulation at different multiples of minimum

Abbildung 1: Vergleich der Messsysteme Schiller MT-101 und Polar® RS800CX über die RR-Intervalle und über die HRV- Zeitbereichsparameter MeanRR, SD und RMSSD.. Abbildung 2:

Das Ziel dieser Studie bestand deshalb darin, mittels Analyse der Heart Rate Variability (HRV) zu prüfen, ob eine bean- spruchungsbedingte Gefährdung für diese Patienten