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3 Material und Methode

5.2 Diskussion der Methode und der Ergebnisse

Sowohl Kurzzeit- als auch Langzeit- und Belastungs-EKG wurden bei allen untersuchten Pferden mit einer standardisierten Technik aufgezeichnet. Es zeigte sich, dass der Elektrodengurt bis auf wenige Ausnahmen von den Pferden toleriert wurde. Nur bei zwei Pferden musste die Untersuchung nach einigen Versuchen zur Gewöhnung abgebrochen werden. Die Fixation der Klebeelektroden war in den meisten Fällen zufriedenstellend. Bei Pferden mit sehr starkem Winterfell konnte durch Ausdünnung des Fells mittels Scherenschlag ein guter Kontakt hergestellt werden. Zusätzliche Verwendung von Elektrodengel war nicht notwendig. Bei den meisten Pferden konnte ein Langzeit-EKG von guter Qualität aufgezeichnet werden. Artefakte entstanden bei elf Pferden durch übermäßige Bewegung, unruhiges Liegen und Wälzen, welches in drei Fällen zur Zerstörung der Elektroden und der Kabelverbindungen zum Aufnahmegerät führte.

Das Langzeit-EKG gehört immer noch nicht zu den Routineuntersuchungsverfahren der Pferdekardiologie. Studien an herzgesunden Pferden belegen, dass sich die Herzfrequenz und der Herzrhythmus im Kurzzeit-EKG und im Langzeit-EKG unterscheiden (REEF 1989;

RAEKALLIO 1992; PATTESON 1996c). Untersuchungen beim Hund zeigten ähnliche Ergebnisse und bewerteten das Kurzzeit-EKG (ein- oder dreiminütig) für die Aufdeckung von intermittierenden Arrhythmien als ungeeignet (MARINO et al. 1994; BUHL 2001). Auch für das Pferd zeigte diese Studie, dass signifikante Unterschiede im Vergleich von Kurzzeit- und Langzeit-EKG für die Diagnostik von AV-Blöcken 2. Grades, sinuatrialen Blöcken, Vorhofextrasystolen, ventrikulären Extrasysolen bei Pferden ohne besondere klinische und echokardiographische Befunde am Herzen und bei Patienten mit Klappeninsuffizienzen auftraten. Das Belastungs-EKG konnte im Vergleich zum Langzeit-EKG weniger AV-Blöcke 2. Grades und Vorhofextrasystolen aufdecken. Die unterschiedliche Detektionsrate von AV-Blöcken sei dabei durch die Aufhebung von vagal bedingten Arryhthmien während der Belastung erklärt (DURANDO 2003a). Bei Pferden mit Vorhofflimmern konnte diese Arrhythmie durch alle drei EKG-Aufzeichnungen (Kurzzeit-, Langzeit- und Belastungs-EKG) festgestellt werden, weil diese Patienten kein paroxysmales Vorhofflimmern zeigten. Beim Vorhofflimmern scheinen zunächst Kurzzeit-, Belastungs- und Langzeit-EKG diagnostisch gleichwertig zu sein. Die Ergebnisse dieser Studie deuten jedoch daraufhin, dass bei Pferden mit Vorhofflimmern dennoch zusätzliche Informationen durch das Belastungs- und Langzeit-EKG gewonnen werden können. So wurde z. B. bei einigen Pferden mit Vorhofflimmern das R- auf T-Phänomen diagnostiziert, das mit hoher Wahrscheinlichkeit im Kurzzeit-EKG nicht erfasst worden wäre. Da das R- auf T-Phänomen auf eine elektrophysiologische

Inhomogenität und Instabilität hinweist und eine Vorstufe zum Kammerflimmern sein kann (REEF 1999b; MENZIES-GOW 2001), ist sogar eine bedeutsame diagnostische Verbesserung erfolgt.

Diese geht allerdings mit einem erheblichen zeitlichen Aufwand einher. Eine automatische Analyse mittels Computerprogramm wird weder in der Humanmedizin noch beim Hund als ausreichend genau angesehen (BUHL 2001). So ergab eine Studie beim Hund erhebliche Unterschiede zwischen der visuellen Auswertung und der computergestützten Analyse. Bei der Identifizierung von supraventrikulären und ventrikulären Extrasystolen waren signifikante Abweichungen im Sinne einer Fehlklassifizierung von respiratorischen Sinusarrhythmien und Bewegungsartefakten zu verzeichnen (HERTEL et al. 1999). Da eine visuelle Kontrolle durch den Untersucher unabdinglich ist, wurde in dieser Studie mit einem halbautomatischen Computerprogramm gearbeitet. Das Programm markierte lediglich abweichende RR-Intervalle. Die Klassifizierung durch die visuelle Kontrolle des gesamten EKGs erfolgte durch den Untersucher. Trotz der vereinfachten Analyse nahm die Auswertung eines Langzeit-EKGs beim Pferd zwischen vier und zehn Stunden pro Tier in Anspruch und ist deshalb für den Praxisalltag nur begrenzt geeignet und speziellen Kliniken vorbehalten.

Trotz dieses hohen Zeitaufwandes kann das Langzeit-EKG selbst bei klinisch und echokardiographisch unauffälligen Pferden Befunde liefern, die eventuell klinisch relevant und mit dem Kurzzeit-EKG nicht ermittelbar sind. Obwohl die 20 Pferde der Kontrollgruppe dieser Arbeit keine auffälligen klinischen und echokardiographischen Befunde am Herzen zeigten, waren bereits im Kurzzeit–EKG nur 90% der Probanden ohne besonderen Befund und im Langzeit-EKG zeigte sogar nur ein einziges Tier dieser Gruppe ein EKG ohne Abweichungen vom Sinusrhythmus. Die 10% der Tiere mit besonderem Befund im Kurzzeit-EKG zeigten AV-Blöcke 2. Grades. Diese stellen die häufigste Bradyarrhythmie beim Pferd dar und werden in Ruhe als physiologisch angesehen (MENZIES-GOW 2001). Auch im Langzeit-EKG zeigten die meisten (73,7 %) Pferde ohne besondere klinische und echokardiographische Befunde am Herzen AV-Blöcke 2. Grades. Dieses Ergebnis entspricht den Ergebissen anderer Autoren und wurde durch die sympathische Aktivierung während des Kurzzeit-EKGs erklärt (REEF 1989).

Sowohl beim gesunden Menschen als auch beim herzgesunden Hund können während der Aufzeichnung eines Langzeit-EKGs Arrhythmien auftreten, insbesondere Vorhof- und Ventrikelextrasystolen, die erst ab einer gewissen Häufung als klinisch relevant angesehen werden (BUHL 2001). Über die Anzahl der Extrasystolen pro Stunde, die als bedeutsam

Diskussion

bewertet werden sollten, besteht jedoch Uneinigkeit, da auch bei herzgesunden Pferden vereinzelte ventrikuläre- und atriale Extrasystolen in langzeitelektrokardiographischen Studien beschrieben sind (RAEKALLIO 1992; SCHEFFER et al. 1995; REEF 1999a). Dabei wurden Vorhofextrasystolen häufiger als ventrikuläre Extrasystolen diagnostiziert. Konkrete Angaben zur klinischen Relevanz liegen nur von wenigen Autoren vor (REEF 1999a;

MENZIES-GOW 2001). Meistens wird die Häufigkeit lediglich als „frequent“ oder

„vereinzelt“ beschrieben. Sowohl atriale als auch ventrikuläre Extrasystolen sollten danach innerhalb von 24 Stunden nicht häufiger als ein Mal pro Stunde auftreten. In der vorliegenden Studie wurden ähnliche Ergebnisse erarbeitet. Hier fielen 63,2 % der untersuchten Pferde ohne besondere klinische und echokardiographische Befunde am Herzen mit vereinzelten Vorhofextrasystolen auf. Bei 26,3 % der Probanden kamen sie gehäuft vor. Der Grenzwert wurde für gehäufte Vorhofextrasystolen wurde in dieser Studie bei mehr als vier isolierten, vorzeitigen Depolarisationen pro Stunde festgelegt. Wäre eine Bewertung nach den von REEF (1999a) beschriebenen Kriterien (nicht mehr als eine Extrasystole pro Stunde) erfolgt, hätte dies zur Folge, dass bei 64,7 % der Pferde ohne besondere klinische und echokardiographische Befunde am Herzen ein klinisch bedeutsamer elektrokardiographischer Befund diagnostiziert worden wäre. Bei der Bewertung von ventrikulären Extrasystolen stellten sich ähnliche Verhältnisse dar. Das würde bedeuten, dass bei einer hohen Anzahl klinisch und echokardiographisch herzgesunder Pferde eine inapparente, kardiologische Dysfunktion hätte unterstellt werden müssen. Das erscheint, insbesondere auch unter forensischen Aspekten des Pferdekaufes, derzeitig nicht vertretbar.

Bei einem Pferd ohne klinische und echokardiographische Befunde am Herzen traten Phasen mit je einer ventrikulären Extrasystole nach AV-Block 2. Grades auf. Dies wurde beim Pferd bisher nicht beschrieben und ähnelt dem ventrikulären Ersatzrhythmus, welcher bei klinisch herzgesunden Pferden bereits beschrieben wurde (SCHEFFER et al. 1995). Ätiologisch konnte dieses Phänomen nicht sicher zugeordnet werden. Es wurde ein parasympathischer Einfluss auf den Sinusknoten als Ursache vermutet, so dass der Ersatzrhythmus aufgrund einer niedrigen Sinusfreqeuenz entstehen konnte. Bei diesem Pferd handelt es sich nicht um einen Ersatzrhythmus sondern vermutlich um einen kompensatorischen ventrikulären

„Ersatzschlag“, um das benötigte Herzminutenvolumen nach einem AV-Block 2. Grades bei bereits niedriger Sinusfrequenz (bis zu 20 bpm) zu garantieren. Die genaue Ätiologie bleibt aber dennoch unklar. Allerdings zeigte das klinisch und echokardiographisch unauffällige

Pferd mit diesem EKG- Befund zusätzlich Lungenbefunde. Diese könnten zusätzlich die Entstehung der Arrhythmie z. B. durch eine Hypoxie begünstigen.

Ein weiterer, bisher beim Pferd eher selten beschriebener Befund trat sowohl bei einem klinisch und echokardiographisch unauffälligen Pferd als auch bei einem Patienten mit Mitralklappeninsuffizienz in Form eines akzelerierten idioventrikulären Rhythmus auf.

Der akzelerierte, idioventrikuläre Rhythmus - eine Form der ventrikulären Tachykardie mit relativ niedriger Frequenz - ist sowohl beim herzkranken Menschen als auch beim Pferd beschrieben. Er tritt beim Menschen nach Myokardinfarkt oder Digitalisintoxikation auf.

Beim Pferd wurde bisher beschrieben, dass Myokardschäden oder schwere systemische Erkrankungen wie Kolik zu einer derartigen Arrhythmie führen. Zusätzlich wird dieser Befund gelegentlich in Allgemeinanästhesie beobachtet (REIMER et al. 1992; PATTESON 1996a). Ob allerdings im vorliegenden Fall eine myokardiale Alteration, z. B. im Rahmen der Ventrikeldilatation bei dem Pferd mit MVI die Ursache für den akzelerierten, idioventrikulären Rhythmus war, bleibt unklar. Labordiagnostisch (Troponin-T-Test) konnte jedenfalls kein akuter Myokardschaden festgestellt werden. Vorberichtlich hatte dieses Tier einige Wochen vor der Einstellung in der Klinik eine Infektionserkankung. Bei dem zweiten Pferd bleibt die Ätiologie des idioventrikulären Ersatzrhythmus vollständig unklar, da dieses Tier klinisch und echokardiographisch unauffällig war. Hier zeichnet sich ein Widerspruch zur Ursache und eventuell zur Bedeutung dieser Arrhythmie zwischen den hier und von anderen Autoren erarbeiteten Ergebnissen ab.

Nicht nur derartige Formen von Herzarrhythmien, sondern auch die Herzfrequenz stellten sich im Langzeit- und Kurzzeit-EKG unterschiedlich dar (s. S. 86 ff.). Die insgesamt etwas niedrigeren minimalen und durchschnittlichen Herzfrequenzen der Langzeit-EKG- im Vergleich zur Kurzzeit-EKG-Erfassung entsprechen den Erkenntnissen in der Human- und Kleintiermedizin (VON LEITNER u. SCHRÖDER 1983; BUHL 2001). Da die ungewohnte Applikation der Elektroden beim Fluchttier Pferd einen Stimulus des sympathischen Systems darstellt, ist zumindest bei der erstmaligen Untersuchung mit einer etwas erhöhten Ruhefrequenz zu rechnen (RAEKALLIO 1992; PATTESON 1996b). Während eines einminütigen Kurzzeit-EKGs kann sich im Vergleich zum Langzeit-EKG aufgrund der kurzen Aufnahmezeit kein „Gewöhnungseffekt“ einstellen, so dass höhere Herzfrequenzen auftreten.

Obwohl in der vorliegenden Studie primär der diagnostische Wert des Langzeit-EKGs untersucht werden sollte, wurde zusätzlich überprüft, ob bei dem verfügbaren Patientengut

Diskussion

Herzerkrankungen mit Vergrößerungen der Herzdimensionen zu einer Häufung von Arrhythmien führen. Beim Pferd wird die Bedeutung einer Druck– oder Volumenbelastung, die mit einer Dehnung des Myokards einhergeht, in Bezug auf die elektrophysiologischen Abläufe unterschiedlich diskutiert (REEF 1999b; GEHLEN u. STADLER 2002). Durch eine übermäßige Dehnung des Myokards kann es zu Permeabilitätsveränderungen der Zellmembran und dadurch zu einem gestörten Ionenaustausch kommen (GEHLEN u.

STADLER 2002), welcher die Entstehung von Arrhythmien, insbesondere des Vorhofflimmerns begünstigt. Es wurde zwar grundsätzlich angenommen, dass Pferde durch ihren hohen vagalen Tonus und die generell großen Vorhofdimensionen für Vorhofflimmern prädisponiert sind (DEEM u. FREGIN 1982; REEF 1999b), dennoch liegen unterschiedliche Hypothesen zur Entstehung des Vorhofflimmerns vor. Einerseits wurde beschrieben, dass die meisten Pferde (Vollblutpferde) mit Vorhofflimmern zusätzlich keine oder nur geringgradige Herzerkrankungen aufwiesen (REEF 1999b). Andere Autoren sahen dagegen häufig eine Vorhofdilatation bei Pferden (Warmblutpferde) mit Vorhofflimmern (STADLER et al. 1994).

In der vorliegenden Untersuchung zeigten 46,8 % der Pferde mit Dilatation des Atriums Vorhofflimmern. Andere Studien zeigten ähnliche oder sogar größere Häufigkeiten (STADLER et al. 1994; GEHLEN u. STADLER 2002; GOLTZ 2006). Somit scheint eine Reizbildungsstörung wie das Vorhofflimmern zumindest bei Warmblutpferden nicht selten auf einer Dehnung des Myokards zu beruhen, insbesondere wenn sie durch eine Mitralklappeninsuffizienz bedingt ist. Neben dem Vorhofflimmern stellen Vorhofextrasystolen eine häufige Form der atrialen Reizbildungsstörungen beim Pferd dar. In dieser Arbeit war kein Unterschied in der Häufigkeit von Vorhofextrasystolen bei Patienten mit Sinusrhythmus mit bzw. ohne Vorhoferweiterung zu erkennen. Dies entspricht den Ergebnissen GOLTZ (2006), so dass diese Art der Reizbildungsstörung zunächst nicht nur auf einer Dehnung der Membran des Myokards beruht. Gleiches fiel im Rahmen dieser Studie bezüglich der Pferde mit veränderten Dimensionen des linken Ventrikels auf. Pferde mit vergrößertem linken Ventrikel zeigten nicht häufiger ventrikuläre Extrasystolen und Tachykardien als Patienten ohne solche Dimensionsveränderungen. Somit ist auch bei den untersuchten Pferden eine Dehnung des Myokards als primäre Ursache für die Genese dieser Reizbildungsstörungen eher unwahrscheinlich.

Pferde mit kardiologischen Befunden zeigen häufig in Ruhe keine Insuffizienzerscheinungen, können aber dennoch in Belastung kardiogen bedingte Leistungsinsuffizienzen aufweisen.

Deshalb sollte neben der Aufzeichnung des Kurzzeit- und des Langzeit-EKGs auch ein Belastungs-EKG aufgezeichnet werden. Eine Leistungsinsuffizienz liegt häufig im

Zusammenhang mit myokardialen Dysfunktionen, hämodynamisch bedeutsamen Klappenregurgitationen oder Ventrikelseptumdefekten vor. Diese Befunde können mit Arrhythmien einhergehen. Treten diese nur wähend oder nach der Belastung auf, sind sie ausschließlich mit einem Belastungs-EKG zu erfassen (REEF et al. 1994). Im Vergleich zu den Pferden mit bedeutsamen Herzbefunden zeigten die Pferde ohne besondere klinische und echokardiographische Befunde in dieser Studie lediglich physiologische Variationen des EKGs (AV-Blöcke 2. Grades, vereinzelte ventrikuläre und Vorhofextrasystolen). Derartige Variationen treten als transiente Arrhythmien insbesondere nach Belastung aufgrund von Schwankungen des autonomen Tonus auf. Wenn z. B. Sinusarrhythmien, AV-Blöcke 2.Grades und sogar vereinzelte atriale und ventrikuläre Extrasystolen während oder direkt nach der Belastung auftreten und mit Erreichen der Ruheherzfrequenz verschwinden, werden diese Befunde als nicht bedeutsam bewertet (MARTIN et al. 2000; DURANDO 2003a;

JOSE-CUNILLERAS et al. 2006).

Das Belastungs-EKG beim Pferd wird entweder an der Longe oder auf dem Laufband aufgezeichnet. Es wird davon ausgegangen, dass die Belastung auf dem Laufband durch die Vorgabe von Geschwindigkeit und Steigung eine bessere Standardisierung gewährleistet als die Untersuchung an der Longe. Sie erscheint deswegen für wissenschaftliche kardiologische Untersuchungen besser geeignet (SEEHERMAN et al. 1990), stellt aber eine sehr arbeitsintensive, zeitaufwendige und nicht ganz ungefährliche Methode dar (FRYE et al.

2003; MARNETTE 2004; HAUBOLD 2006). In dieser Studie wurden die Befunde des Belastungs-EKGs der Pferde ohne besondere klinische und echokardiographische Befunde (Herzfrequenz während der Belastung, Erholungspuls und Herzfrequenzvariabilität nach Belastung) an der Longe und auf dem Laufband miteinander verglichen. Dabei konnten für die submaximale Belastung, die für diese Studie gewählt wurde, keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Deshalb wurden die Belastungsuntersuchungen der Pferde mit Herzbefunden lediglich an der Longe durchgeführt, da so kein mehrtägiges Training zur Gewöhnung an das Laufband erforderlich war. Die Arbeit an der Longe ist den Pferden vertraut und ohne zusätzliche psychische Alterationen möglich.

Die normale Reaktion der Herzfrequenz auf eine submaximale Belastung besteht aus einem schnellen initalen Herzfrequenzanstieg. Dieser ist erst erheblich und nähert sich dann allmählich einem der Belastung entsprechendem Plateauwert (steady state) an. Nach der Belastung erfolgt die Beruhigung zunächst schnell und nähert sich dann langsam dem Ruhewert an (MARSLAND 1968; EVANS 1999; MARLIN u. NANKERVIS 2002). Der Herzfrequenzverlauf der hier untersuchten Pferde ohne besondere klinische und

Diskussion

echokardiographische Befunde am Herzen entspricht während und nach Belastung weitgehend den Beschreibungen in der Literatur (MARSLAND 1968; EVANS 1999;

MARLIN u. NANKERVIS 2002). Pferde mit Vorhofflimmern zeigten während der Belastung eine höhere Herzfrequenz als die Kontrollpferde. Höhere Herzfrequenzen werden in Belastung bei kardiologischen Erkrankungen, die das Schlagvolumen minimieren erwartet (EVANS 1999). Dabei führt die fehlende enddiastolische Vorhofkontraktion zu einer reduzierten diastolischen Füllung und in der Folge zu einem reduzierten Schlagvolumen. Dies geschieht insbesondere dann, wenn das fehlende Volumen nicht mehr durch den Frank-Starling-Mechanismus ausgeglichen werden kann. Die Aufrechterhaltung eines adäquaten Herzminutenvolumens ist dann hauptsächlich durch die Erhöhung der Schlagfolge zu gewährleisten (BUNTENKÖTTER u. DEEGEN 1976; DEEGEN 1976b).

Die vorliegende Arbeit zeigte, dass nicht nur eine kardiale Erkrankung, sondern auch der Trainingszustand die Herzfrequenz in Belastung beeinflussen kann. Die Herzfrequenz stellt einen zuverlässigen Indikator der kardiovaskulären Fitness dar (OKONEK 1998; SCHÄFER 2000; HENNINGS 2001), wobei auch in diesem Fall die Ergebnisse verschiedener Studien bezüglich dieser Thematik kontrovers diskutiert werden. Einige Autoren beschreiben eine niedrigere Herzfrequenz während der Belastung bei verbessertem Trainingszustand (HENNINGS 2001; MARLIN u. NANKERVIS 2002), andere konnten dieses Phänomen nicht oder nur teilweise bestätigen (SCHÄFER 2000; LEWING 2001). Diese Erkenntnis ist diagnostisch insbesondere zur Evaluierung einer Mitralklappeninsuffizienz bedeutsam. Die Mitralklappeninsuffizienz ist die häufigste Klappenerkrankung beim Pferd (MARR 1999).

Die Grenze zwischen Befunden an der Mitralklappe mit und ohne hämodynamische Bedeutung kann fliessend sein. Ist in diesem Grenzbereich der Trainingszustand unbekannt, können die Ergebnisse der Belastungsuntersuchung eventuell fehlinterpretiert werden. In der vorliegenden Studie zeigte allerdings die Gruppe der untrainierten Pferde mit Mitralklappeninsuffizienz niedrigere Herzfrequenzen während der Belastung als die untrainierten Probanden ohne besondere klinische und echokardiographische Herzbefunde.

Dies entsprach nicht den erwarteten Ergebnissen. Bezüglich der Trainingsstruktur dieser Gruppen fiel jedoch auf, dass ein großer Teil der untrainierten Pferde ohne besonderen Herzbefund vollständig ungeritten war, wohingegen die meisten der als untrainiert klassifizierten Probanden mit Mitralklappeninsuffizienz gelegentlich noch geritten wurden.

Hier kam es folglich innerhalb der „untrainierten“ Pferde zu einer Abstufung des Trainingszustandes, der so aufgrund des Vorberichtes nicht erwartet wurde. Die Kontrollgruppe zeigte zumindest in Bezug auf die Herzfrequenz während der Belastung einen

noch geringeren Trainingsstatus als die untrainiert klassifizierten Pferde mit MVI. Somit ist die Einstufung der Patienten mit MVI einerseits und der Probanden andererseits als untrainiert nur im Vergleich zu den Pferden, die als Reitpferde gearbeitet wurden, richtig. Die Belastungsuntersuchung dieser Arbeit hat aufgedeckt, dass im direkten Vergleich dennoch ein unterschiedlicher Trainingsstatus vorliegt. Dadurch wird erneut bestätigt, dass die Herzfrequenz unter Belastung ein relativ empfindlicher Parameter zur vergleichenden Evaluierung des Trainingszustandes ist.

Während der Belastung lag bei den Pferden mit Vorhofflimmern, Mitral- und Aortenklappeninsuffizienz ein im Vergleich zur Kontrollgruppe abweichender Verlauf der Herzfrequenz vor. Besonders auffällig war das Fehlen des schnellen initialen Anstiegs der Herzfrequenz deutlich über das Niveau des Plateaus der EKG-Verlaufskurve. Da dieser allerdings auch bei einzelnen gesunden Pferden, deren Trainingszustand nicht bekannt war, während einer submaximalen Belastung nicht auftrat, bleibt unklar, ob das Fehlen eines starken initialen Anstiegs der Herzfrequenz krankheits- oder auch trainingsbedingt sein kann (VALBERG et al. 1989). Als Ursachen für eine kontinuierlich ansteigende Herzfrequenz innerhalb einer Belastungsstufe, wie bei den Pferden mit Vorhofflimmern in dieser Studie festgestellt, werden thermoregulatorische Vorgänge oder Erschöpfung beschrieben (EVANS 1999; MARLIN u. NANKERVIS 2002). Im Rahmen dieser Studie konnte ein derartiger kontinuierlicher Herzfrequenzanstieg bei den Pferden mit Vorhofflimmern bereits im Trab festgestellt werden. Da beim Vorhofflimmern aufgrund der fehlenden effizienten Vorhofkontraktion das Schlagvolumen limitiert ist (DEEGEN 1976b; EVANS 1999), erfolgt die Kompensation durch eine Erhöhung und einen kontinuierlichen Anstieg der Herzfrequenz im Verlaufe der Belastung. Da die Kontrolltiere und die Pferde mit klinischen und echokardiographischen Befunden gleichartig belastet wurden und die gesunden Pferde keinen Hinweis für ein Erschöpfungssyndrom oder thermoregulatorische Imbalancen zeigten, ist davon auszugehen, dass der kontinuierliche Anstieg der Herzfrequenz auf die Reizbildungsstörung zurückzuführen ist.

Nicht nur EKG-Veränderungen die auf unphysiologische Erregungs- und Reizbildungsstörungen hinweisen, sondern auch der Verlauf der Erholungspulskurve (Heart rate recovery) kann einen bedeutsamen diagnostischen Hinweis für eine kardiale Dysfunktion liefern, aber auch trainingsabhängig sein. Der Erholungspuls ist für das Pferd im Sinne des humanmedizinischen Verständnisses als Differenz zwischen maximaler Herzfrequenz und der Frequenz, die eine Minute nach Belastungsende gemessen wird bisher nicht untersucht. Somit liegen weder in der Humanmedizin (es existieren verschiedene Erfassungsmodi für den

Diskussion

Erholungspuls) (IMAI et al. 1994; GEORGOULIAS et al. 2003; EVRENGUL et al. 2006;

MACMILLAN et al. 2006; ISRAEL 2007) noch für das Pferd standardisierte Messverfahren und Normwerte vor. In der vorliegenden Studie wurde der Erholungspuls eine Minute nach Belastungsende überprüft. Dieser Zeitpunkt wurde gewählt, da die meisten Studien aus der Humanmedizin sich darauf beziehen. Außerdem ist der Einfluss äusserer Stimuli direkt nach der Belastung geringer, und die Herzfrequenz unterliegt erst später psychischen Alterationen (MARSLAND 1968; EVANS 1999).

Ein herabgesetzter Erholungspuls tritt beim Menschen und beim Hund z.B. bei ischämischen Erkrankungen des Myokards auf. Dabei wurde festgestellt, dass bei einer Verbesserung der autonomen Balance solcher Patienten durch Training der Erholungspuls heraufgesetzt werden kann. (GEORGOULIAS et al. 2003; HEFFERNAN et al. 2006; MACMILLAN et al. 2006;

BILLMAN u. KUKIELKA 2007). Der Einfluss von Mitral-und Aortenklappeninsuffizienzen bzw. Vorhofflimmern auf den Erholungspuls wurde bisher nicht untersucht. Ein erstes Ergebnis dazu liefert die vorliegende Arbeit, in der ein unterschiedlicher Erholungspuls bei den Pferden mit Mitral- oder Aortenklappeninsuffizienz bzw. Vorhofflimmern einerseits und Pferden ohne klinische und echokardiographische Befunde andererseits nicht festgestellt werden konnte. Außerdem wurde kein Unterschied zwischen den trainierten und den untrainierten Pferden nachgewiesen. Demzufolge scheinen sich weder der Trainingszustand, noch linksseitige Klappeninsuffizienzen bzw. Vorhofflimmern auf den frühen Erholungspuls (gemessen 60 Sekunden nach Belastung) bedeutsam auszuwirken oder sie konnten durch diese Art der Messung nicht aufgedeckt werden.

Neben dem Erholungspuls wird neuerdings auch die Herzfrequenzvariabilität als Spiegel des autonomen Nervensystems in der Humanmedizin diagnostisch genutzt (LÖLLGEN 1999;

PUMPRLA et al. 2002). Da sowohl äußere Einflüsse, als auch kardiale Erkrankungen die Herzfrequenzvariabilität beeinflussen, müssen externe Stimuli, wie z. B. Aufregung während der Untersuchung, vermieden werden (MARSLAND 1968; EVANS 1999). Dieses wurde im Rahmen dieser Studie berücksichtigt, indem das EKG in einer gewohnten, ruhigen Umgebung

PUMPRLA et al. 2002). Da sowohl äußere Einflüsse, als auch kardiale Erkrankungen die Herzfrequenzvariabilität beeinflussen, müssen externe Stimuli, wie z. B. Aufregung während der Untersuchung, vermieden werden (MARSLAND 1968; EVANS 1999). Dieses wurde im Rahmen dieser Studie berücksichtigt, indem das EKG in einer gewohnten, ruhigen Umgebung