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2.2 Herzfrequenzvariabilität (HRV)

2.2.3 Die Anwendung der Herzfrequenzvariabilitätanalyse in der Veterinärmedizin

MATSUNAGA et al. 2001; FUJII u. WAKAO 2003; DOXEY u. BOSWOOD 2004; SPIER u. MEURS 2004; VÄISÄNEN et al. 2005; KUKIELKA et al. 2006; BILLMAN u.

KUKIELKA 2007) als auch beim Pferd (BOWEN u. MARR 1998a; BOWEN u. MARR 1998b; KUWAHARA et al. 1998; KUWAHARA et al. 1999; GELZER et al. 2000;

PHYSICK-SHEARD et al. 2000; OHMURA et al. 2002; COTTIN et al. 2006a; COTTIN 2006b) in zahlreichen Gebieten der Veterinärmedizin untersucht.

Einzelne Studien bei Kühen und Kälbern zur Quantifizierung von Stress mittels HRV-Analyse sind ebenfalls beschrieben (MOHR et al. 2002; HAGEN et al. 2005)

2.2.3.1 Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse beim Kleintier

Die Spektralanalyse der Herzfrequenzvariabilität liefert beim Hund eine nicht-invasive Technik zur Beurteilung von medikamentösen Effekten auf das autonome Nervensystem des Herzens (MATSUNAGA et al. 2001). Die Herzfrequenzvariabilität zeigt rassebedingte Abweichungen (DOXEY u. BOSWOOD 2004; SPIER u. MEURS 2004), wobei sich die brachycephalen Rassen von anderen Rassen unterscheiden.

In der Kleintiermedizin wurde die Analyse der Herzfrequenzvariabilität genau wie in der Humanmedizin zur Untersuchung von kardiologischen Fragestellungen eingesetzt (HÄGGSTRÖM et al. 1996; DOXEY u. BOSWOOD 2004; SPIER u. MEURS 2004;

KUKIELKA et al. 2006; BILLMAN u. KUKIELKA 2007).

Vergleicht man innerhalb und zwischen den Rassen, so stellte sich der VVTI (vaso-vagaler Tonus Index, ein Parameter der zeitbezogenen Analyse der HRV) bei Hunden mit einer kongestiven Herzinsuffizienz im Vergleich zu gesunden Hunden erniedrigt dar (DOXEY u.

BOSWOOD 2004). Eine Untersuchung der Herzfrequenzvariabilität von Boxern mit arrhythmogener, rechts-ventrikulärer Kardiomyopathie deutete darauf hin, dass der Sympathikotonus nicht durchgehend erhöht war, was den Nutzen der HRV-Analyse bei dieser Krankheit limitierte (SPIER u. MEURS 2004). Hunde mit gering- bis mittelgrader Myokardinsuffizienz zeigten im Vergleich zu klinisch gesunden Tieren keine Unterschiede in der Herzfrequenzvariabilität, da hier keine Störung der autonomen Balance, der Funktion der Barorezeptoren und anderen Faktoren, die die HRV beeinflussen vorlag (SPIER u. MEURS 2004). Dagegen wurde mittels Herzfrequenzvariabilitätsanalyse eine kompensatorische,

Literaturübersicht

autonome Antwort bei Hunden mit geringgradiger Mitralklappeninsuffizienz ermittelt (FUJII u. WAKAO 2003).

Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse konnte außerdem wertvolle Informationen für die Beurteilung des Schweregrades eines Rückflusses an der Mitralklappe (kompensiert oder dekompensiert) bei Kavalier King Charles Spanieln liefern. Die HRV und der Durchmesser des linken Vorhofes waren bei der Unterscheidung von kompensierten und dekompensierten Mitralklappenerkrankungen der Hunde am aussagekräftigsten (HÄGGSTRÖM et al. 1996).

Eine Untersuchung von Hunden mit ausgeheiltem Myokardinfarkt zeigte, dass ein durch ausgedehnte, submaximale Belastung induzierter starker Anstieg der Herzfrequenz und ein Abfall der HRV durch Ausdauertraining reduziert werden konnten. Ausdauertraining konnte also eine normale Herzfrequenzregulation bei Hunden, die nach Myokardinfarkt anfällig für Kammerflimmern waren, wiederherstellen (KUKIELKA et al. 2006; BILLMAN u.

KUKIELKA 2007).

Neben der Kardiologie wurde die HRV zur Bewertung des Verhaltens von Hunden in Stresssituationen eingesetzt. So zeigten sehr aktive Hunde vor einem elektiven Eingriff eine herabgesetzte HRV(VÄISÄNEN et al. 2005).

2.2.3.2 Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse beim Pferd

Die Herzfrequenzvariablität wurde beim Pferd im Vergleich zur Humanmedizin noch wenig erforscht und nur vereinzelt publiziert. Dabei wurden verschiedene Disziplinen der Pferdeheilkunde untersucht.

Das Ziel von verschiedenen Studien beim Pferd war zunächst die Erstellung von Normwerten der unterschiedlichen Frequenzbereiche der Spektralanalyse sowie die qualitative Ermittlung der Kontrollmechanismen der Herzfrequenzvariabilität. Dazu wurden Untersuchungen mit Medikamenten, die das autonome Nervensystem beeinflussen durchgeführt (BOWEN u.

MARR 1998b; OHMURA et al. 2001). Durch die Applikation von Glycopyrolat und Propanolol wurde festgestellt, dass der Sympathikotonus nur wenig auf die Herzfrequenzvariabilität bei einem gesunden Pferd in Ruhe einwirkt und dass neben der HF-Komponente sowohl die LF- (low frequency) als auch die VLF-HF-Komponente (very-low frequency) durch den Parasympathikus beeinflusst werden (BOWEN u. MARR 1998b). Eine Absenkung des Parasympathikotonus durch eine dosisabhängige Substitution von Atropin beeinflusst erst die LF- dann die HF-Komponenten und später dann die Herzfrequenz. Diese

Ergebnisse liefern Informationen zur Bewertung der Aktivität des autonomen Nervensystems beim Pferd (OHMURA et al. 2001).

2.2.3.2.1 Die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse in der Kardiologie des Pferdes

Beim Pferd liegen einige Studien zur Beurteilung von kardiologischen Fragestellungen mit Hilfe der HRV vor (BOWEN u. MARR 1998a; KUWAHARA et al. 1998; GELZER et al.

2000).

Obwohl Patienten mit Vorhofflimmern nach Myokardinfarkt in der Humanmedizin von der HRV-Analyse ausgeschlossen werden, da nur normale Depolarisationen des Herzens beurteilt werden können und dies ebenfalls für das Pferd zu gelten scheint, wurden dennoch Herzfrequenzvariabilitätsanalysen bei Pferden mit Vorhofflimmern durchgeführt (BOWEN 1999). Die Analyse der HRV eines Pferdes mit Vorhofflimmern mittels Spektralanalyse zeigte erhöhte Werte der Hoch- und Niederfrequenzbänder im Vergleich zu gesunden Pferden, wobei die Hochfrequenz-Komponente höhere Beträge als die Niederfrequenz-Komponente aufwies. Dies lies darauf schließen, dass der ventrikuläre Rhythmus bei einem Pferd mit Vorhofflimmern eine respiratorische Periodizität zeigt und dass die parasympathische Prädominanz das intrinsische Verhalten des AV-Knotens moduliert (KUWAHARA et al. 1998). Vergleiche der HRV zwischen Pferden mit Vorhofflimmern und solchen, die mit Chinidinsulfat therapiert wurden, ergaben eine Abnahme der Variabilität der RR-Intervalle nach Chinidinsubstitution und eine inverse AA-RR-Intervall-Beziehung. Die ventrikuläre Antwort beim Vorhofflimmern resultiert folglich aus einem frequenzabhängigen Unterschlagen von atrialen Flimmerwellen, die auf den AV-Knoten einwirken (GELZER et al. 2000). Die HRV wird in der Humanmedizin als Vorhersagewert für das Auftreten von letalen Arrhythmien genutzt. Aufgrund dieser Tatsache wurde der prognostische Wert der Herzfrequenzvariabilität bei Pferden mit ventrikulären Arrhythmien untersucht. Die Zeitbereichsparameter SDNN, Triangular-Index und das mittlere RR-Intervall waren bei den Pferden mit ventrikulären Arrhythmien signifikant niedriger als bei der Kontrollgruppe. Ein Triangular-Index < 27 und eine SDNN < 100 ms sind hier mit einer schlechten Prognose assoziiert (BOWEN u. MARR 1998a).

Literaturübersicht 2.2.3.2.2 Die HRV im Pferdesport und im Training

Im Bereich des Pferdesports und der Trainingsphysiologie des Pferdes wird die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse eingesetzt, um durch Training oder Belastung induzierte Effekte auf das autonome Nervensystem qualitativ und quantitativ beurteilen zu können (KUWAHARA et al. 1999; PHYSICK-SHEARD et al. 2000; OHMURA et al. 2002;

COTTIN et al. 2006a; COTTIN 2006b).

Auswirkungen alternativer Belastungen wie z. B. Aquatraining auf die HRV wurden ebenfalls untersucht (VOSS et al. 2002). So ist die HRV scheinbar nur zur Erfassung der autonomen Modulation bei niedriger Belastungsintensität geeignet, da sie bei höherer Belastung durch die Beziehung zwischen Gangart und Atmung, die Energetik der Bewegung und die Atemarbeit beeinflusst wird (PHYSICK-SHEARD et al. 2000). Einige Autoren nutzen die Herzfrequenzvariabilitätsanalyse um die Auswirkungen der Belastungsintensität und die Ermüdung des Pferdes während wiederholter Belastung zu ermitteln. Vergleiche von Intervalltrainingseinheiten mit unterschiedlicher Belastungsintensität beim Pferd zeigten wie beim Menschen, ein Übergewicht der Hochfrequenzkomponente im Gegensatz zur Niederfrequenzkomponente bei hoher Belastungsintensität. Außerdem war eine stetige Erhöhung des Hochfrequenz-Peaks in der Spektralanalyse während der einzelnen Belastungsphasen des Intervalltrainings zu verzeichnen, was auf eine ermüdungsbedingte Veränderung der Beziehung von Schritt- und Atemfrequenz hinwies. Ein Abfall der Standardabweichung der NN-Intervalle während der Erholungsphasen deutete auf einen verminderten Erholungswert hin. Die HRV-Analyse lieferte somit Atemfrequenzdaten während des Trainings ohne ein respiratorisches Hilfsmittel und gibt nützliche Anhaltspunkte für das Auftreten von Ermüdungserscheinungen (COTTIN et al. 2006a; COTTIN 2006b).

Zur Bewertung des Trainingseffektes auf das autonome Nervensystem wurde die HRV-Analyse ebenfalls herangezogen, wobei unterschiedliche Ergebnisse und Interpretationen beschrieben wurden. Vergleicht man die verschiedenen Komponenten der Spektralanalyse der HRV (Hochfrequenz- und Niederfrequenzkomponente), die Herzfrequenz und die V200 (erreichte Geschwindigkeit bei einer Herzfrequenz von 200 bpm) bei Vollblütern (Jährlinge) vor erstmaligem Umgang, Reiten und Training mit den Werten nach einer 7-monatigen Trainingsphase, so zeigten sich signifikante Unterschiede. Sowohl die Leistung der hochfrequenten als auch der niederfrequenten Komponente, sowie die V200 nehmen zu, dagegen sank die Ruheherzfrequenz. Dies spricht für eine trainingsinduzierte Steigerung der parasympathischen Aktivität (OHMURA et al. 2002). Ähnliche Werte für die Herzfrequenz und die Niederfrequenzkomponente zeigten sich bei 2-jährigen Vollblütern nach dem

Training, hier wurde aber kein Anstieg der Hochfrequenzkomponente verzeichnet, was als bereits voll aktivierte parasympathische Aktivität vor dem Training interpretiert wurde (KUWAHARA et al. 1999).

Material und Methode