Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
NOTFALL IM BEREITSCHAFTSDIENST
Das akute Glaukom
Das akute Glaukom ( = akuter Glaukomanfall) ist eine plötzliche oder in relativ kurzer Zeit auftretende Steigerung des Augeninnendrucks. Der normale Augeninnendruck darf höchstens etwa 22 mmHg be- tragen, beim Glaukomanfall sind Werte über 70 mmHg keine Seltenheit. Ein derartiger akuter Anstieg des Augeninnendrucks kann sowohl an Augen auftreten, die an einem chronischen Engwinkelglaukom leiden, als auch an einem vorher scheinbar gesunden Auge ohne entsprechende Glaukomanamnese.
Darüber hinaus kommt bisweilen auch bei einem Sekundärglaukom eine anfallsartige massive Erhöhung des intraokularen Druckes vor, zum Beispiel nach einem Zentralvenenstammverschluß oder bei einer Linsenluxation. Wenn es sich um kein Sekundärglaukom handelt, sondern um einen primären Glaukom- anfall, so spielen für das Zustandekommen der Druckerhöhung pathologische Verhältnisse im Bereich des Kammerwinkels eine wichtige Rolle. Die Iriswurzel liegt dabei der Hornhautrückfläche an, der Kam- merwinkel ist also verlegt, so daß das Kammerwasser durch den Schlemmsehen Kanal nicht mehr in normaler Weise abfließen kann. - Aus der Sicht des Patienten stehen die zunächst sehr heftigen Schmer- zen und die Sehherabsetzung im Vordergrund. Man kennt zwar verschiedene Faktoren, die gelegentlich einen Anfall auslösen, zum Beispiel Wetterfronten oder psychische Alterationen, in anderen Fällen läßt sich aber der eigentliche Anlaß, der den Glaukomanfall auslöst, nicht mit Sicherheit klären.
Symptomatik
Sehr starke Kopf- und Au- genschmerzen, die bisweilen besonders in den Hinterkopf ausstrahlen,
plötzliche, unter Umständen hochgradige Sehverschlech- terung, Wahrnehmen von Farbringen um Lampen.
Nausea,
unter Umständen wiederhol- tes Erbrechen.
Dr. med. llse Strempel Universitätsaugenklinik
Diagnose
..,.. Rotes Auge ohne klinische Zeichen einer Infektion.
..,.. Palpatorisch steinharter Bulbus.
..,.. Milchig-trübe Hornhaut.
..,.. Mittelweite, lichtstarre Pupille.
..,.. Flache Vorderkammer (bei seitlicher Beleuchtung mit der Taschenlampe).
..,.. Vorsicht vor Verwechslung mit akuter Iritis! Hierbei ist die Pupille eng und die Vor- derkammer nicht verengt.
(Direktor: Professor Dr. med. Wolfgang Straub) Robert-Koch-Straße 4
3550 Marburg an der Lahn
2064 Heft 32 vom 5. August 1976 DEUTSCHES ARZTEBLATT
Therapie
..,.. Ein unbehandeltes akutes Glaukom kann innerhalb we- niger Stunden zur irreversi- blen Erblindung führen!
., Drucksenkende Maßnahmen:
a) Diamox 500 mg i. v., even- tuell später noch 2x250 mg b) Osmotherapie mit Harn- stoffinfusionen (30prozentig;
1 g/kg Körpergewicht) oder Mannitininfusion (20pro- zentig; 2g/kg Körpergewicht) . c) lokale Therapie: Pilocarpin- Augentropfen (1-bis 2prozen- tig) alle zehn Minuten bis zum Engerwerden der Pupille.
f) Schmerzlindernde Maßnahmen:
Analgetika (zum Beispiel lyti- scher Cocktail, eventuell Opiate)
8 Oberweisung möglichst rasch
zu einem Augenfacharzt be- ziehungsweise in eine Augen- klinik.
ln der Regel ist eine druck- senkende Operation unerläß- lich.