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Archiv "Fehlverhalten im Gesundheitswesen: Kassenbericht schlägt Wellen" (01.02.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 5

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1. Februar 2013 A 169 FEHLVERHALTEN IM GESUNDHEITSWESEN

Kassenbericht schlägt Wellen

Die Krankenkassen sind in den Jahren 2010 und 2011 etwa 53 000 Verdachtsfällen auf Fehlverhalten nachgegangen. Anders als es manche Medienberichte vermuten lassen, waren nicht nur Ärzte betroffen, sondern alle Gesundheitsberufe.

M

itten in der Debatte über Sanktionen für niedergelas- sene Ärzte, die sich korrupt verhal- ten, tauchte ein Bericht des Spitzen- verbandes der gesetzlichen Kran- kenversicherung (GKV) auf. Er fasst für das Aufsicht führende Bundes- gesundheitsministerium (BMG) die Arbeit der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheits- wesen in den Jahren 2010 und 2011 zusammen. Das Ergebnis: Die Kran- kenkassen gingen in diesem Zeit- raum 52 927 Verdachtsfällen nach (Mehrfachnennungen eingeschlos- sen). 33 608 Fälle wurden abge- schlossen, in 2 602 Fällen wurde die Staatsanwaltschaft unterrichtet. 41,3 Millionen Euro konnten die Kassen als Entschädigung geltend machen.

Veröffentlicht hat diese Zahlen Mitte Januar die „Frankfurter All- gemeine Zeitung“. Dabei liegt der Bericht des GKV-Spitzenverban- des dem Ministerium bereits seit Ende September 2012 vor. Dort heißt es, das BMG berichte dem Gesundheitsausschuss des Bundes- tages regelmäßig über die Arbeit der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten. Eine Pflicht zur Ver- öffentlichung sehe das Gesetz aber nicht vor.

In seinem aktuellen Bericht hat der GKV-Spitzenverband jetzt erst- mals bundesweit die Verdachtsfälle auf Fehlverhalten zusammengetra- gen. Die Ergebnisse von 110 der 134 Krankenkassen sind in die Sta- tistik eingeflossen. Doch die Zahlen sind erklärungsbedürftig: So gab es im Untersuchungszeitraum nicht 53 000 Betrugsfälle, sondern gemel- dete Verdachtsfälle. Und unter den 33 608 abgeschlossenen Fällen sind auch diejenigen, bei denen sich der Anfangsverdacht nicht bestätigt hat.

Wie hoch deren Zahl ist, geht aus dem Bericht nicht hervor, ebenso wenig wie die Zahl der Ärzte, denen

Fehlverhalten vorgeworfen wird.

Denn erfasst werden mutmaßliche Vergehen aller Berufsgruppen, die ihre Leistungen über die GKV ab- rechnen. Beispielhaft nennt der Be- richt neben Ärzten und Krankenhäu- sern, Sanitätshäuser, Optiker, Hör- geräteakustiker, Apotheker, Hebam- men und Physiotherapeuten. Auch gegen Versicherte wurde ermittelt.

Typische Fälle betrafen die Ab- rechnung nichterbrachter Leistun- gen, die Abgabe gefälschter Arznei- mittel, Urkundenfälschung, die Ab- rechnung von Leistungen ohne die erforderliche Qualifikation oder die Erbringung von Leistungen ohne In- dikation. All das ist nach geltendem Recht strafbar, wie das BMG betont.

Nicht strafbar machen sich dage- gen niedergelassene Ärzte, die sich korrupt verhalten. Das hat im Juni letzten Jahres der Bundesgerichts- hof entschieden und sich auf deren Freiberuflichkeit berufen. Kassen und Gesundheitspolitikern aus Uni- on und Opposition ist das ein Dorn im Auge, wohingegen die Ärzte- schaft darauf verweist, dass nieder-

gelassene Ärzte berufs- und sozial- rechtlich durchaus belangt werden können, wenn ihnen Fehlverhalten nachgewiesen wird. Doch den Kas- sen gehen diese Sanktionsmöglich- keiten nicht weit genug. Man könne derart zentrale Fragen nicht allein im Standesrecht einer einzelnen Be- rufsgruppe regeln, erklärte Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzen- verbands. Die Kassen fordern eine klare strafrechtliche Regelung für Vertragsärzte.

Derweil prüft das BMG, ob Ge- setzeslücken geschlossen werden müssen. In einem ersten Schritt soll der Datenaustausch zwischen Kas- senärztlichen Vereinigungen und Landesärztekammern in berufs- rechtlichen Verfahren erleichtert werden. Eine entsprechende Rege- lung will das Ministerium an das Krebsfrüherkennungs- und -regis- tergesetz anhängen. Weitere Ände- rungen würden diskutiert. Denn:

„Ermittlungen der Justiz gegen be- stechliche Ärztinnen und Ärzte müssen stattfinden können.“

Heike Korzilius

Es zeichnet sich ein Muster ab: Ein Großereignis der Ärzteschaft steht an und die Krankenkassen sorgen für schlechte Presse. Beim Deutschen Ärztetag im Mai 2012 machten die „Fangprämi-

en“ für niedergelassene Ärzte Schlagzeilen. Jetzt, zum Neujahrsempfang und der anschließenden Präsentation der Umfrageergebnisse zum Sicher- stellungsauftrag der Kassenärztlichen Bundesver- einigung erblickt ein alter Bericht zum Fehlverhal- ten im Gesundheitswesen das Licht der Öffent-

lichkeit. Keine Frage: Jeder Fall von Korruption ist ein Fall zu viel und gehört bestraft. Es zeugt aber von schlechtem Stil, wenn Pauschalierungen be- wusst hingenommen werden – „Fehlverhalten von niedergelassenen Ärzten ist kein Massenphä- nomen, aber leider sind das auch keine zu ver- nachlässigenden Einzelfälle“ (Gernot Kiefer) – und (notwendige) Aufklärung in den Medien inszeniert wird. Davon abgesehen müssen sich die Kassen fragen lassen, was dieses Vorgehen langfristig für die gemeinsame Selbstverwaltung bedeutet. Dort sind partnerschaftliche Lösungen gefragt – auch im Sinne der Patienten. Eine systematisch vergif- tete Atmosphäre trägt dazu wenig bei.

KOMMENTAR

Heike Korzilius, DÄ-Redakteurin

Schlechter Stil

P O L I T I K

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