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Archiv "Reformpläne für die Zulassung zum Medizinstudium: Zur Gestaltung des Besonderen Auswahlverfahrens nach § 33 Hochschulrahmengesetz" (25.11.1976)

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DEUTSCHE S ÄRZTEBLATT

Heft 48 vom 25. November 1976

Spektrum der Woche Aufsätze •Notizen

Reformpläne

für die Zulassung zum Medizinstudium

Zur Gestaltung des Besonderen Auswahlverfahrens nach § 33 Hochschulrahmengesetz

Eberhard Böning

Die Diskussion um die Ablösung des Numerus clausus und die Ein- führung neuer Verfahren für den Hochschulzugang ist in den letzten Monaten verstärkt in Gang gekommen. Das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft hat Forschungsaufträge zur Entwicklung Besonderer Auswahlverfahren für die Zulassung zum Medizinstu- dium in Auftrag gegeben und eigene Reformpläne entwickelt. Mini- sterialdirektor Dr. Eberhard Böning vom zuständigen Ressortmini- sterium skizziert das Pro und Contra der Auswahlverfahren, die spe- ziell für die Zulassung zum Medizinstudium erörtert werden. Der Beitrag ergänzt die Veröffentlichung von Prof. Dr. Josef Hitpaß über

„Tests im Hochschulzulassungsverfahren für die Medizin" (DEUT- SCHES ÄRZTEBLATT Heft 4/1976, S. 191 ff.)

Das Verfahren, nach dem Bewer- ber für das Medizinstudium aus- gewählt werden, soll „gerechter"

werden. Nicht allein die Bewer- tung des Abiturzeugnisses soll zählen, sondern auch andere Fertigkeiten sollen bei der Aus- wahl berücksichtigt werden.

Die Einführung eines Besonderen Auswahlverfahrens für die sog.

harten Numerus-clausus-Fächer ist eine der vordringlichen Aufgaben zur Bereinigung der derzeitigen verfahrenen Situation bei der Hochschulzulassung. Ausgangs- punkt für alle unsere Überlegungen sollten folgende Feststellungen sein:

1. Das gegenwärtige Verfahren hat sich überholt, ja teilweise selbst zerstört. Abiturnotendurchschnitte, wie sie jetzt für das sofortige Medi- zinstudium gefordert werden, ha- ben ihre eigengesetzlichen, ver- heerenden Wirkungen auf das Ver- halten der Abiturienten selbst und

auf das Verhalten der Schüler.

Wartezeiten von sechs bis sieben Jahren sind mehr als fragwürdig.

Völlig widersinnig wird die Warte- zeitquote dann, wenn die Warte- zeiten mehr als zehn Jahre betra- gen, was man den Abiturienten des Jahres 1975 oder 1976 bereits jetzt ankündigen müßte.

2. Wir müssen also ein neues Ver- fahren suchen und sind dabei auf die Mithilfe der Wissenschaft ange- wiesen.

Leider sind

gegenwärtig die Hochschullehrer der betroffe- nen Fächer und insbesondere die Psychologen, von denen ein beson- derer Beitrag erwartet werden muß, nur zögernd bereit, sich an

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Zulassung zum Medizinstudium

der Erarbeitung geeigneter Aus- wahlinstrumente zu beteiligen. Es kann nicht genügen, die Nachteile der als Alternative diskutierten Tests aufzuzeigen, ohne die Nach- teile des gegenwärtigen Verfah- rens analysiert zu haben, ohne also abzuwägen, in welchem Falle die Nachteile größer sind.

3. Unsere Rechtsordnung und das bekannte Urteil des Bundesverfas- sungsgerichtes zum Numerus clau- sus setzen die Parameter für alter- native Überlegungen zum gegen- wärtigen Auswahlverfahren. Dazu gehört vor allem der folgende Grundsatz: Jedes Abitur, das die allgemeine Hochschulreife verleiht, und jede ihm gleichgestellte Hoch- schulzugangsberechtigung berech- tigt in gleicher Weise zum Studium in allen Fächern. Wie immer ein Auswahlverfahren gestaltet sein mag: an diesem Grundsatz darf es, wie das Bundesverfassungsgericht besonders hervorgehoben hat, nicht vorbeigehen. Es muß also je- der Abiturient in jedem Verfahren eine Chance haben. Diese muß al- lerdings nicht für alle Abiturienten gleich hoch sein. Es geht in einem Besonderen Auswahlverfahren also nicht darum festzustellen, ob je- mand zum Studium allgemein oder fachspezifisch geeignet ist. Diese Frage ist mit der Hochschulzu- gangsberechtigung positiv entschie- den. Es geht nur darum, solange und soweit Zulassungsbeschrän- kungen bestehen, zwischen im Prinzip Gleichberechtigten eine Rangfolge herzustellen.

4. In den kommenden Jahren wird die Aufnahmekapazität der medizi- nischen Fakultäten erhöht werden;

wenn aber das bisherige Bewer- berverhalten so bleibt wie bisher, so werden wir für die medizini- schen Fächer auch nach Abschluß der Phase, in der das Besondere Auswahlverfahren eingeführt und die bestehende „Warteschlange"

abgebaut werden wird, von zwei oder drei Bewerbern nur einen zu- lassen können. Während der Ein- führungsphase des Besonderen Auswahlverfahrens muß mit einer weitaus höheren Nachfrage nach

Studienplätzen im Fach Medizin gerechnet werden, zumal ja dann die Abiturienten mit mittleren Lei- stungen, die heute in vielen Fällen zur Resignation gezwungen sind, neue Chancen erhalten. Insgesamt müssen wir davon ausgehen, daß die Zahl der Abgewiesenen in den medizinischen Fächern die Zahl der Zugelassenen auf Jahre hinaus deutlich übersteigen wird. Das setzt notwendig jedes Auswahlver- fahren einer politischen Bela- stungsprobe aus, die nicht unter- schätzt werden darf.

5. Wir sind uns klar darüber, dies haben die Diskussionen über alle denkbaren Alternativen ergeben, daß es in diesen Auswahlfragen keine objektive Gerechtigkeit gibt

— wie könnte es sie bei einer Aus- wahl zwischen Gleichberechtigten überhaupt geben — und daß kein Verfahren allen Ansprüchen der Wissenschaft standhalten wird. Die Wissenschaft kann hier — frei- lich wichtig genug — nur Hilfestel- lung leisten, die Verantwortung übernehmen kann sie nicht. Staatli- che Entscheidungen über Lebens- schicksale können letztlich nur poli- tisch verantwortet werden und be- dürfen eines breiten, nicht nur wis- senschaftlichen Konsenses. Das bedeutet nicht, daß die Wissen- schaft aus ihrer Verpflichtung ent- lassen wäre, aber es soll dazu bei- tragen, die erkennbare Scheu zur aktiven Mitwirkung abzubauen.

6. Es kann nach allem nur darum gehen, ein Verfahren zu entwik- keln, das die Mängel des bisheri- gen Systems vermeidet. Dieses Verfahren soll für die Betroffenen plausibel und akzeptabel, in den Ergebnissen vernünftig und in der technischen Durchführung mach- bar sein, und es soll von der Wis- senschaft prinzipiell für vertretbar angesehen werden. Alles dies ist schon schwierig genug.

Wir stehen also vor der Aufgabe, ein Auswahlverfahren zu entwik- keln, das zwar das Abitur oder ihm gleichgestellte Hochschulzugangs- berechtigungen berücksichtigt, aber durch ein zusätzliches Verfah-

ren jedem Studienbewerber eine Chance auf Zulassung gibt, ganz unabhängig von der Qualität seiner Hochschulzugangsberechtigung.

Diese Forderungen haben zu der in letzter Zeit vielfach diskutierten Formel des „Abitur plus" geführt.

Wir haben in langen Diskussionen die folgenden zusätzlichen Elemen- te eines Auswahlverfahrens über- prüft. Zunächst zu jenem Verfah- ren, das wir, wenn auch erst nach intensiver Beratung, am eindeutig- sten abgelehnt haben:

1. Das Los

Das Los bietet ein Höchstmaß an Objektivität bei der Auswahl unter Gleichberechtigten und wird des- halb von all denen gefordert, die der Meinung sind, daß man mit Auswahlkriterien bei einer solchen Sachlage am Ende ist. Es liefert aber die jungen Menschen in einer von ihnen als Lebensentscheidung empfundenen Frage völlig dem Zu- fall aus. Die darin liegende demoti- vierende Wirkung kann zu ähnli- chen Problemen vor allem im schu- lischen Bereich führen, wie gegen- wärtig umgekehrt das Notendurch- schnittssystem. Wir haben darüber hinaus aus vielen Gesprächen den Eindruck, daß junge Menschen die Chance haben möchten, etwas zu tun, um die durch die Abiturbewer- tung vorgegebene Rangziffer zu ändern. Dieser Eindruck wird durch die Untersuchungen von Professor Dr. Josef Hitpaß') bestä- tigt und durch eine neue Befra- gung, die Professor Dr. M. Arne- lang bei Schülern durchgeführt hat, 2) erhärtet.

Wir sehen das Los nach allen Ge- sichtspunkten als kein überzeugen- des Mittel an und sind der Mei- nung, daß man darauf nur dann zu- rückgreifen sollte, wenn und solan- ge rationale Auswahlinstrumente

1) vgl. J. Hitpass: Tests im „Besonderen Auswahlverfahren" für die Hochschul- zulassung — Forschungsbericht für das Bundesministerium für Bildung und Wis- senschaft, September 1975

2) vgl. M. Amelang u. W. Zaworka: Lern- ziel Unsolidarität. In: Psychologie heute, Mai 1976, S. 11-16

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Zulassung zum Medizinstudium

nicht oder noch nicht verfügbar sind. Ich komme auf diese Frage noch zu sprechen.

2. Das Praktikum

Für das Medizinstudium, bei dem es auf weit mehr als auf die durch das Abitur erfaßten Fähigkeiten an- kommt, liegt die Auswahl aufgrund eines Praktikums besonders nahe.

Der Verwirklichung dieses Gedan- kens stellen sich aber zumindest ge- genwärtig unüberwindbare Schwie- rigkeiten entgegen. Sie beginnen mit den rechtlichen, organisatori- schen, kapazitätsmäßigen und fi- nanziellen Problemen und enden bei der Frage, wie ein Praktikum bewertet werden soll und ob hier nicht ähnliche Probleme auftreten wie beim Abitur. Wir müssen die Frage, ob ein Praktikum als Aus- wahlelement in Betracht kommt, von der Frage trennen, in welchem Umfang ein Praktikum selbstver- ständlicher Bestandteil einer jeden medizinischen Ausbildung sein sollte. Letzteres ist heute nahezu unbestritten, als Auswahlkriterium kommt das Praktikum dagegen aus den genannten Gründen derzeit nicht in Betracht.

3. Das Interview

Es bietet sich unter anderem für die Entscheidung über Fähigkeiten und Eigenschaften an, die in den sogenannten objektiven Verfahren nicht gemessen werden können.

Das ihm zweifellos innewohnende subjektive Element sollte nicht schrecken, gerade weil wir uns vielleicht in allzugroße Abhängig- keit von sogenannten objektiven Elementen begeben, denen freilich auch ein gewisses Maß an Subjek- tivität innewohnt, u. a. in der Aus- wahl der zu stellenden Fragen. Al- lerdings müßte das Interview mehr als ein „offenes Gespräch" sein.

Ein Interview, das in einem Aus- wahlverfahren eingesetzt werden soll, muß möglichst vergleichbare Ergebnisse liefern. Daher müßte ein solches Interview strukturiert sein und würde auch bei den Inter- viewern eine gewisse Übung vor- aussetzen. Sind diese Vorausset-

zungen in zufriedenstellender Wei- se erfüllt, so kommt das Interview durchaus in Betracht. Im Bundes- ministerium für Bildung und Wis- senschaft bemühen wir uns, die Vorarbeiten so weiterzuführen, daß das Interview in absehbarer Zeit als ergänzendes Auswahlmittel ein- gesetzt werden könnte.

4. Test

Kein anderes Element des Feststel- lungsverfahrens muß mit so viel nüchterner Skepsis betrachtet wer- den wie gerade dieses. Allerdings eben auch mit nüchterner Skepsis, nicht mit Emotionen. Für die einen ist der Test ein Verstoß gegen Mo- ral und Berufsethik, für die ande- ren endlich eine Möglichkeit, den künftigen guten Arzt von dem nur am Geld-Verdienen interessierten vorzüglichen Abiturienten zu unter- scheiden. Beide Thesen stimmen nicht. Tests bieten Möglichkeiten, aber sie haben auch große Schwä- chen. Allerdings sind diese Schwä- chen unserer Überzeugung nach geringer als die Schwächen des gegenwärtigen Verfahrens.

Eine Schwäche, zumindest gemes- sen an den mit dem Test manch- mal verbundenen Erwartungen, liegt darin, daß sie im Rahmen un- serer gegenwärtigen Möglichkeiten nicht die berufliche Eignung, son- dern allenfalls die Studieneignung vorhersagen können. Aber welches Instrument sagt etwas über die be- rufliche Eignung aus? Woran soll berufliche Eignung überhaupt ge- messen werden? Wir begnügen uns damit, daß der Test die besse- re oder weniger gute Studieneig- nung vorhersagen soll in der Er- wartung, daß die Studieninhalte denjenigen Teil des Berufslebens aufgreifen, der im Studium bereits legitimerweise eine Rolle spielen kann. Hierdurch wird eine Verbin- dung zwischen Aussagen über die Studieneignung, den Studienerfolg und die berufliche Eignung herge- stellt. Darüber hinausgehende An- forderungen wie diejenige, die be- rufliche Eignung vorherzusagen, übersteigen die gegebenen Mög- lichkeiten.

Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, daß für die ärztlichen Beru- fe eine große Bandbreite verschie- denster Fähigkeiten und Kenntnis- se erforderlich ist, die erschweren, die fachspezifischen Eignungs- merkmale einzugrenzen. Würde der Test zu sehr auf den Prototyp des praktizierenden Arztes abgestellt und hätte er insoweit Erfolg, so würde er eventuell den theoretisch orientierten wissenschaftlich arbei- tenden Arzt ebenso ausschließen wie möglicherweise den Typ des Managers, der eine große Klinik leiten und außerdem noch ein gu- ter Arzt sein soll. Will man dagegen alle diese unterschiedlichen Inter- essen und Begabungen gleicher- maßen durch den Test „einfan- gen", so wird dieser notwendig als Auswahlinstrument zu unspezifisch und damit untauglich. Der Test kann daher nur einen Ausschnitt aus der Gesamtheit aller für einen Medizin-Studenten und Arzt wichti- gen Fähigkeiten, Leistungen, Ein- stellungen und Verhaltensweisen überprüfen.

• Die Stärke des Tests liegt aber darin, daß er das, was er mißt, ge- nau, objektiv und zuverlässig fest- stellt. Insoweit ist er jedem ande- ren Verfahren zur Feststellung von Eignungen überlegen. Man kann mit einem Test in kurzer Zeit viele Informationen über den Bewerber erhalten, kann Tausende von Be- werbern in kurzer Zeit untersuchen und die Auswertung in wenigen Ta- gen oder Wochen vorlegen. Das sind für ein Verfahren, das zu- nächst Zehntausende von Bewer- bern erfassen muß, unschätzbare Vorteile, wenngleich die Problema- tik einer derartigen punktuellen Prüfung von uns wohl gesehen wird. Dies ist aber — wie die ande- ren genannten Schwachpunkte — hinnehmbar, weil der Test ja nur als Ergänzung zum Abitur, nicht als alleiniges Kriterium vorgesehen ist.

• Ein weiterer Vorzug der Testver- fahren liegt darin, daß sie, wie Um- fragen ergeben haben, von den be- troffenen jungen Menschen eher akzeptiert werden, als andere Aus- wahlverfahren, vielleicht das Prak- tikum ausgenommen.

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Zulassung zum Medizinstudium

5. Die Abiturnoten und ihre Gewichtung

Die Frage, ob man einzelne Fach- noten des Abiturzeugnisses beson- ders gewichten solle, wird noch in- tensiv diskutiert. Neuere Untersu- chungen lassen zunehmenden Zweifel daran entstehen, daß der- artige Gewichtungen zu einer wirk- lichen Verbesserung der Erfolgs- prognose für das Medizinstudium führen. Außerdem müssen wir uns klar darüber sein, daß eine Ge- wichtung der Abiturnoten wieder- um ihre eigengesetzlichen Wirkun- gen für das Verhalten der Schüler in der Schule hat und möglicher- weise dazu führt, daß sie wirkli- chen Neigungen nicht nachgeben, um statt dessen solche Fächer zu wählen, in denen die Gewichtung für sie besondere Bedeutung hat.

Man wird dieses Problem weiter sehr sorgfältig analysieren müssen, ehe eine Entscheidung getroffen werden wird. Die Gewichtung der Abiturnoten allein würde unsere Probleme überdies zweifellos nicht lösen können, sondern sie käme allenfalls im Zusammenhang mit anderen Auswahlinstrumenten in Betracht.

Nach allen Überlegungen sind wir im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft zu folgender Konzeption eines Besonderen Aus- wahlverfahrens im Sinne des § 33 Hochschulrahmengesetzes (HRG) gekommen:

1. Nach Abzug der sogenannten Vorabquoten wird eine Kombina- tion von Abitur und Test einge- führt; je nach dem Entwicklungs- stand des Interviews kommt für eine bestimmte Gruppe von Fällen noch ein Interview ergänzend in Betracht.

Eine erste Gruppe (etwa fünf bis zehn Prozent der Plätze) wird auf- grund des Ergebnisses des Tests allein zugelassen, wobei dieses Er- gebnis allerdings gegebenenfalls durch ein Interview zusätzlich ab- gesichert werden könnte. Hiermit wird dem Anspruch des Bundes- verfassungsgerichtes Rechnung

getragen, daß in jedem Auswahl- verfahren jeder Abiturient unab- hängig von seinen Schulnoten eine Chance haben muß. Die Vorabzu- lassung der besten Testabsolven- ten gibt auch schwachen Abiturien- ten eine reelle Chance, ohne daß der Test ein zu hohes Gewicht ge- genüber den Abiturnoten erhalten müßte.

2. Die restlichen Plätze werden in der Kombination von Abitur und Test vergeben, wobei die Gewich- tung im Verhältnis 1 :1 erfolgen könnte. Die Entscheidung hierüber müssen die Kultusminister treffen.

3. Sollte ein strukturiertes Inter- view weit genug entwickelt sein, so

käme folgende Variante in Be- tracht: Ein Teil der nach Abzug der Vorquoten verbleibenden Plätze könnte auf Grund der Kombination von Abitur und Test vergeben wer- den, während die restlichen Stu- dienplätze nach einer Kombination von Abitur, Test und Interview ver- geben würden. Dies könnte in der Weise geschehen, daß gemessen an der Zahl der verbleibenden Plät- ze die doppelte Zahl von Kandida- ten am Interview teilnehmen wür- de.

Die Entscheidung über diese Fra- gen vertragen kaum Aufschub. Die Voraussetzungen für die Einfüh- rung des Besonderen Auswahlver- fahrens nach § 33 HRG sind in der Medizin gegeben. Man kann den negativen Folgen des jetzigen Aus- wahlverfahrens nicht mehr tatenlos zusehen. Deshalb drängen wir dar- auf, daß spätestens zum Sommer- semester 1979, möglichst aber schon im Wintersemester 1978/79 ein Besonderes Auswahlverfahren mit einem Test eingeführt werden kann. An der Entwicklung geeigne- ter Feststellungsverfahren wird ge- genwärtig gearbeitet. Professor Dr.

Lothar Michel, Universität Mann- heim, entwickelt im Auftrag des Bundes und unter Beteiligung der Länder einen Test, der im Sommer 1977 vorliegen soll. Ein Medizini- scher Beirat ist berufen. So kann auch das notwendige Gespräch mit den Medizinern auf eine breitere

Grundlage gestellt werden. Mit den Ländern und den Gesundheitsbe- hörden erörtern wir überdies die Möglichkeit von Praktika. Darüber hinaus soll eine Forschungsgruppe die Einsatzmöglichkeiten von Inter- views untersuchen.

Sollte sich herausstellen, daß die Tests — jedenfalls auf absehbare Zeit — von ihrem Inhalt oder ihrer Struktur her weder auf die Fach-

leute überzeugend wirken, noch von den Studienbewerbern ange-

nommen werden, so werden wir die letzten sein, die an ihnen um je- den Preis festhalten. Für diesen Fall sieht das Hochschulrahmenge- setz eine Zwischenlösung vor, die in § 72 Absatz 2 HRG folgenderma- ßen umschrieben wird: „Solange und soweit für die Anwendung des Besonderen Auswahlverfahrens Übergangsregelungen erforderlich werden, können abweichende Re- gelungen getroffen werden, die si- cherstellen, daß jeder Bewerber in- nerhalb einer bestimmten Frist eine Auswahlchance hat und diese mit dem Grad der nachgewiese- nen Qualifikation der Bewerber wächst". Das Sachkonzept, das dieser Formulierung zugrunde liegt:

auf Grund der Abiturnoten werden die Bewerber in Gruppen einge- teilt; die Gruppe mit den besten Noten hat die höchsten Chancen.

Wie innerhalb der Gruppen ausge- wählt wird, läßt das HRG offen. In Frage kommen das Los oder Quali- fikationsverfahren im Praktikum oder Interviews.

Anfang nächsten Jahres muß dar- über entschieden werden, ob im Wintersemester 1978/79 oder im Sommersemester 1979 diese Zwi- schenlösung oder eine Kombina- tion aus Abitur und Test ange- wandt wird. Tertium non datur! Wer den Test verwirft, muß wissen, wel- che Alternative er damit wählt.

Anschrift des Verfassers:

Ministerialdirektor Dr. Eberhard Böning Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft Postfach 12 01 24

5300 Bonn 12 3120 Heft 48 vom 25. November 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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