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Archiv "Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten: Substitution vs. Delegation" (28.10.2011)

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rei Jahre dauerten die Dis- kussionen im G-BA, eine Annäherung schien schwer mög- lich. Die Kassenärztliche Bundes- vereinigung (KBV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die ausdrücklich zur Stellungnahme aufgerufene Bundesärztekammer (BÄK) sprachen sich für eine Dele- gation ärztlicher Leistungen aus, bei der der Arzt die alleinige Ver- antwortung für die Behandlung sei- ner Patienten behält. Der GKV- Spitzenverband plädierte für eine Substitution ärztlicher Leistungen, bei der die Verantwortung für die Behandlung auf eine speziell ausge- bildete Pflegekraft übergeht.

Dass es so lange gedauert habe, bis der G-BA nun zu einer Ent- scheidung gekommen sei, liegt laut G-BA-Vorsitzendem Dr. Rainer Hess auch an dem „schlampig for- mulierten“ Gesetzesauftrag. Denn dort, im Pflegeweiterentwicklungs- gesetz aus dem Jahr 2008, heißt es allgemein, der G-BA solle in Richt- linien die „Übertragung der ärzt - lichen Tätigkeiten, bei denen es sich um selbstständige Ausübung von Heilkunde handelt“, auf Pflege- kräfte festlegen.

Das hat er nun getan – am Ende einstimmig. Das Ergebnis ist ein Kompromiss: In Modellvorhaben können Ärzte Pflegekräften heil - kundliche Tätigkeiten übertragen, die diese sowohl fachlich als auch wirtschaftlich und haftungsrechtlich verantworten. Der Arzt jedoch stellt die Diagnose und die Indikation. Er entwirft einen Therapieplan, an den sich die Pflegekraft halten muss.

Nur der Arzt darf überweisen Könne sie eine der Aufgaben aus dem Therapieplan nicht durchfüh- ren, müsse sie dies auch nicht tun, den Arzt jedoch darüber informie- ren, so Hess. Der Kompromiss sieht zudem einen Überweisungsvorbe- halt vor: Pflegekräfte können einen Patienten nicht eigenständig an ei- nen weiterbehandelnden Arzt über- weisen, sie können lediglich eine Überweisung durch den Arzt veran- lassen.

„Es ging vor allem darum, die Verantwortungsbereiche klar von - einander abzugrenzen“, sagte Hess.

Im Anhang der Richtlinie wird so- mit nun genau dargelegt, für welche Prozeduren und Indikationen die Übertragung heilkundlicher Tätig-

keiten gilt: So können speziell aus- gebildete Pflegekräfte in den Indi- kationen Diabetes mellitus Typ 1 und 2, Demenz, chronische Wun- den, zum Beispiel Ulcus cruris, und Hypertonie heilkundliche Aufgaben übernehmen. Zu den Prozeduren zählen beispielsweise bei Diabetes mellitus Typ 2 die Erfassung einer Polypharmazie im Alter, eine Er- nährungsberatung und Hypertonie- schulung, die Versorgung chroni- scher Wunden und die Verordnung von Hilfsmitteln.

Worum es sich bei dem gefunde- nen Kompromiss letztendlich han- delt, wird von den Beteiligten un- terschiedlich ausgelegt. Während der G-BA-Vorsitzende von Substi- tution ärztlicher Leistungen spricht, sieht die KBV in der Richtlinie eine Form der Delegation. Sie lehnt zu- sammen mit der BÄK und anderen ärztlichen Spitzenorganisationen die Substitution ärztlicher Leistun- gen und die Lockerung des Arztvor- behaltes weiterhin strikt ab. Der KBV-Vorstand, Dr. med. Carl-Heinz Müller, verweist zudem auf die klaren Aufgabenzuteilungen in der Richtlinie. Unter Berücksichtigung des ärztlichen Berufsrechts könne nun die teamübergreifende Zusam- menarbeit mit Angehörigen der Pflegeberufe in Modellversuchen erprobt werden.

Bis zu einer möglichen Übernah- me der neuen Versorgungsform in die Regelversorgung ist es jedoch noch ein weiter Weg. Zunächst muss das Bundesgesundheitsministerium zustimmen, damit die Richtlinie in Kraft treten kann. Dann muss ein Curriculum zu den Inhalten der Fortbildung entworfen werden. Ge- plant ist eine eigene Fortbildung für jede der fünf Indikationen. Es müs- sen sich Vertragspartner finden, die die auf fünf Jahre angesetzten Mo- dellvorhaben abschließen. Und erst nach einer positiven Evaluation die- ser Projekte ist ein Übergang in die Regelversorgung möglich.

Falk Osterloh

ÜBERTRAGUNG HEILKUNDLICHER TÄTIGKEITEN

Substitution vs. Delegation

Die Diskussionen im G-BA sind abgeschlossen: Eine Übertragung ärztlicher Leistungen wird in Modellvorhaben möglich. Ob und wann sie in die Regelversorgung übergehen wird, ist jedoch weiterhin offen.

Blutentnahmen zur Routinediagnostik bei Diabetespatienten gehören zu den Aufgaben der Pflegekräfte im Rahmen der Modellvorhaben.

Foto: Your Photo Today

A 2264 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 43

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28. Oktober 2011

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