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Archiv "Angeborene Herzfehler: Die Diagnose wird häufig zu spät gestellt" (08.08.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 31–32

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8. August 2011 A 1683 ANGEBORENE HERZFEHLER

Die Diagnose wird häufig zu spät gestellt

Die Versorgung von Kindern mit angeborenen Herzfehlern sollte bereits pränatal beginnen, um die Langzeitprognose der Patienten zu verbessen. Eines von hundert Neugeborenen ist betroffen.

A

ngeborene Herzfehler (AHF) sind die häufigsten Organ- malformationen beim Neugebore- nen. Eines von 100 Neugeborenen ist betroffen. Dank des rasanten Fortschritts auf dem Gebiet der Frühdiagnostik und Therapie errei- chen inzwischen mehr als 85 Pro- zent der Kinder das 18. Lebens- jahr. Dennoch bleibt die Therapie im Kleinkindesalter mit vielen Ri- siken verbunden, vor allem bei den komplexen Malformationen.

Nach US-Daten ist die Mortalität in Zusammenhang mit der Behand- lung eine führende Ursache für Säuglingssterblichkeit (1). Im Rah- men des Kompetenznetzes Angebo- rene Herzfehler e.V. (www.kompe tenznetz-ahf.de) war es das Ziel der PAN*-Studie, die Prävalenz, Häu- figkeit und Verteilung von angebo-

renen Herzfehlern bei Neugebore- nen in Deutschland über drei Ge- burtsjahre zu untersuchen (2). Alle kinderkardiologischen Kliniken, Geburtskliniken, angestellten und niedergelassenen Kinderkardiolo- gen haben daran per Fragebogen teilgenommen.

Versorgungslücken bestehen in der pränatalen Diagnostik

Die Prävalenz angeborener Herz- fehler in Deutschland ist vergleich- bar mit Ergebnissen aus anderen Ländern und liegt bei 10 : 1 000 (2, 3). Trotz des hohen Standards bei der Versorgung von betroffenen Neugeborenen bestehen hierzulan- de jedoch einige Versorgungslü- cken. Eine betrifft die pränatale Dia - gnostik: Obwohl ein fetales Scree - n ing für Organmalformationen bei fast allen Schwangeren durchge- führt wird, werden die kardiovasku- lären Malformationen häufig nicht

erkannt: Pränatal wurde die Dia - gnose bei zwölf Prozent aller Kin- der gestellt, bei den schweren Herz- fehlern sogar nur bei 41 Prozent – und das regional unterschiedlich.

Die PAN-Studie zeigt zudem, dass signifikante Malformationen erst nach Wochen diagnostiziert werden, obwohl die pränatale Dia - gnose und die unmittelbare postna- tale Therapie von Herzfehlern mit Ductus-abhängiger systemischer oder pulmonaler Perfusion von gro- ßer prognostischer Bedeutung sind.

Bei vielen Kindern mit einem hypo- plastischen Linksherzsyndrom, un- terbrochenem Aortenbogen und kri- tischer Aortenisthmusstenose wird der Herzfehler nicht selten erst nach Schockmanifestation diagnostiziert.

Dies hat einen signifikanten Ein- fluss auf die unmittelbare chirurgi- sche Versorgung, die Langzeitpro - gnose und damit auf die Morbidität und Mortalität der Kinder.

* PAN = Prävalenz für Angeborene Herzfehler im Neugeborenenalter

Der Ventrikelseptumdefekt ist der häufigste Herzfehler und kann sehr unterschiedlich im interventrikulären Septum lokalisiert sein.

Ao: Aorta, PA: Pulmonalarterie; LA/RA: linker/

rechter Vorhof; LV/RV: linker/rechter Ventrikel

Die präduktale und postduktale Isthmusstenose kann beim Neugeborenen akut in der postnatalen Periode mit kritischer Unterversorgung der unteren Körperhälfte und mit einer Druckbelastung des linken Ventrikels verlaufen.

Die Fallot-Tetralogie ist häufig mit einer Unterversorgung der Lungen perfusion verbunden und kann in der neonatalen Periode Ductus-abhängig sein.

Abbildungen: Kompetenznetz für Angeborene Herzfehler

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A 1684 Deutsches Ärzteblatt

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8. August 2011 Ein weiteres Beispiel ist die Aor-

tenisthmusstenose, die in den ersten drei Lebensmonaten nur bei 50 Pro- zent der Kinder diagnostiziert wird.

Diese Malformation ist somit wei- terhin der am häufigsten übersehe- ne Herzfehler, der bei einigen Pa- tienten mit arteriellem Hypertonus immer noch erst im Erwachsenenal- ter diagnostiziert wird (4). Eine ein- fache systematische klinische Un- tersuchung durch Tasten der Pulse an allen Extremitäten und gegebe- nenfalls Blutdruckmessungen an den oberen und unteren Extremitä- ten kann die Diagnose in den meis- ten Fällen bestätigen.

Diese Ergebnisse unterstreichen den Bedarf einer umfassenden Ver- besserung des prä- und postnatalen Erkennens, vor allem der mittel- schweren und schweren Herzfehler beim Neugeborenen. Außerdem sind weitere Studien zum Erkennen von Risikofaktoren und Umwelt- einflüssen, die die Entwicklung von angeborenen kardiovaskulären Malformationen begünstigen, erfor- derlich. Hier könnte die Prophylaxe durch Einnahme von Folsäure sys- tematisch evaluiert werden (5).

Die pränatale Erfassung von an- geborenen Herzfehlern hat nicht nur einen unmittelbaren Einfluss auf das postnatale und postopera - tive Ergebnis, sondern scheint auch

mittel- und langfristig die Prognose bei diesen Kindern hinsichtlich Re- Operation und Re-Intervention günstig zu beeinflussen (6, 7, 8).

Eine Verspätung oder Verschiebung von interventionellen und chirurgi- schen Maßnahmen scheint bei Neu- geborenen mit einer Transposition der großen Arterien einen großen Einfluss auf die Entwicklung von präoperativen Hirnschädigungen zu haben (7).

Pulsoxymetrie eignet sich für die Früherkennung von Vitien

Die Ergebnisse der PAN-Studie führen zu folgenden Schlussfolge- rungen: Ein bundesweit standardi- siertes Erkennungsprogramm für angeborene Herzfehler in der feta- len Zeit ist dringend erforderlich.

Dies sollte durch einheitliche Fort- bildungsprogramme für alle zuge- lassenen Pränataldiagnostiker ange- strebt werden (9).

Weiterhin sollte ein standardi- siertes postnatales Screening-Pro- gramm zu einem nichtinvasiven und einfachen Verfahren zum früh- zeitigen Erkennen von angeborenen Herzfehlern durch pulsoxymetri- sche Messungen – auch bei asymp- tomatischen Neugeborenen – in den ersten 24 Stunden nach der Geburt und vor der Entlassung installiert werden. Viele Studien aus verschie-

denen Ländern haben die recht hohe Spezifität und gute Sensitivität der einfachen pulsoxymetrischen Über- wachung der transkutanen Sauer- stoffsättigung während der ersten 24 bis 48 Stunden postnatal zum Erkennen von angeborenen Herz- fehlern demonstriert (10, 11).

Die PAN-Studie hat gezeigt, dass zwei Drittel der angeborenen Herz- fehler als mild zu bezeichnen sind.

Dies sollte jedoch differenzierter betrachtet werden. Auch einfache Herzfehler können in Kombination mit anderen Komorbiditäten (Triso- mie 21, Frühgeburt, Lungenerkran- kungen, Endokarditis) von signifi- kanter Bedeutung sein. Abhängig von der Lokalisation eines kleinen Ventrikelseptumdefektes können der Links-Rechts-Shunt und die In- teraktion mit anderen Strukturen wie der Trikuspidalklappe oder der Aortenklappe im mittel- und lang- fristigen Verlauf von Bedeutung sein. Es sind damit keine einfachen Vitien mehr (12, 13). ■

Prof. Dr. med. Hashim Abdul-Khaliq Vorstandsvorsitzender und Sprecher des Kompetenznetzes für Angeborene Herzfehler e.V.

Prof. Dr. med. Felix Berger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit3111

Das hypoplastische Linksherzsyndrom ist einer der komplexen und am schwierigsten zu therapierenden Herzfehler. Die systemische Perfusion ist bei dieser Malformation absolut Ductus-abhängig.

Bei Trikuspidalatresie mit hypoplastischem rechtem Ventrikel und einer Transpositionsstellung der großen Gefäße kann eine Obstruktion im Ausflusstrakt bestehen und mit einer Verminderung der Lungenperfusion einhergehen.

Diese kann ebenfalls Ductus-abhängig sein.

Abbildungen: Klinik für Pädiatrische Kardiologie, Universitätsklinikum des Saarlandes

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8. August 2011 A 3 LITERATURVERZEICHNIS HEFT 31–32/2011, ZU:

ANGEBORENE HERZFEHLER

Die Diagnose wird häufig zu spät gestellt

Die Versorgung von Kindern mit angeborenen Herzfehlern sollte bereits pränatal beginnen, um die Langzeitprognose der Patienten zu verbessen. Eines von hundert Neugeborenen ist betroffen.

LITERATUR

1. Heron MP, Smith BL: Deaths: leading cau- ses for 2003. Natl Vital Stat Rep 2007;

55: 1–92.

2. Lindinger A. Schwedler G, Hense HW: Pre- valence of congenital heart defects in newborns in Germany. Results of the first registration year of the PAN Study (July 2006 to June 2007). Klinische Pädiatrie 2010 (in press).

3. Wu MH, Chen HC, Lu CW, Wang JK, Hu- ang SC, Huang SK: Prevalence of conge- nital heart disease at live birth in Taiwan. J Pediatr 2010; 156: 782–5.

4. Pees C, Haas NA, Lange PE: The clinical diagnosis of aortic isthmus stenosis.

Dtsch Med Wochenschr. 1999; 124:

1329–34.

5. Ionescu-Ittu R, Marelli AL, Mackie AS, Pi- lote L: Prevalence of severe congenital he- art disease after folic acid fortification of grain products: time trend analysis in Quebec, Canada. BMJ 2009; 338: b1673.

6. Brown KL, Ridout DA, Hoskote A, Verhulst L, Ricci M, Bull C: Delayed diagnosis of congenital heart disease worsens preope- rative condition and outcome of surgery in neonates. Heart 2006; 92: 1298–302.

7. Petit CJ, Rome JJ, Wernovsky G, Mason SE, Shera, DM, Nicolson SC, MD, Monte- negro LM, Tabbutt S, Zimmerman RA, Licht DJ: Preoperative brain injury in transposition of the great arteries is asso- ciated with oxygenation and time to sur-

gery, Not Balloon Atrial Septostomy. Circu- lation 2009; 119: 709–16.

8. Fuchs IB, Müller H, Abdul-Khaliq H, Harder T, Dudenhausen JW, Henrich W: Immedia- te and long-term outcomes in children with prenatal diagnosis of selected isola- ted congenital heart defects. Ultrasound Obstet Gynecol 2007; 29: 38–43.

9. Sharland G: Fetal cardiac screening: why bother? Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed 2010; 95: F64-F68.

10. Mahle WT, Clancy RR, McGaurn SP, Goin JE, Clark BJ: Impact of prenatal diagnosis on survival and early neurologic morbidity in neonates with the hypoplastic left heart syndrome. Pediatrics 2001; 107:

1277–82.

11. Mahle WT, Newburger JW, Matherne GP, Smith FC et al.: Role of pulse oximetry in examining newborns for congenital heart disease: Scientific statement from the AHA and AAP. Pediatrics 2009; 124:

823–36.

12. Berger F, Vogel M, Kramer A, Alexi-Mes- kishvili V, Weng Y, Lange PE, Hetzer R: In- cidence of atrial flutter/fibrillation in adults with atrial septal defect before and after surgery. Ann Thorac Surg 1999; 68:

75–8.

13. Gatzoulis MA, Freeman MA. Siu SC, Webb GD, Harris L: Atrial arrhythmia after surgi- cal closure of atrial septal defects in adults. NEJM 1999; 340: 839–46.

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