Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
NOTFALL IM BEREITSCHAFTSDIENST
Das hämolytisch-urämische Syndrom
Das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) ist ein klinisch und pathologisch-anatomisch gut definier- tes Krankheitsbild mit den klinischen Hauptsymptomen Thrombozytopenie, intravasale Hämolyse und akute Niereninsuffizienz. Histologisch findet sich das Bild der thrombotischen Mikroangiopathie mit bevorzugtem Befall der kleinen Gefäße der Niere. Auch die Gefäße des Magen-Darm-Traktes, des ZNS usw. können befallen sein. Im ungünstigen Fall entwickelt sich eine Nierenrindennekrose. Pathogene- tisch wird eine intravasale Gerinnungsstörung angenommen. Die Ätiologie ist unbekannt. Das HUS wird zunehmend häufiger in jedem Lebensalter, vornehmlich aber beim Säugling und Kleinkind, beobachtet.
Der Grad der Nierenschädigung bestimmt die Prognose. Im Kindesalter ist sie relativ günstig, besonders bei Kindern unter zwei Jahren. Als Folgeerscheinung kann eine progressive Niereninsuffizienz mit malignem Hochdruck (10-30%) beobachtet werden. Die Mortalität (früher 50%) wird mit unter 20, von einigen Autoren mit unter 10% angegeben.
Symptomatik
Diarrhöen, Bauchschmerzen, Erbrechen, Blutungen aus dem Gastrointestinaltrakt. Bei älteren Kindern auch Infekte der oberen Luftwege. Fieber.
Auffallende Blässe, bei älteren Kindern Subikterus. Manch- mal Hepatosplenomegalle.
Purpura, Ekchymosen, Blu- tungen an Einstichstellen, Hä- matemesis, Meläna.
Oligo-Anurie, Anurie bei 50%
der Erkrankten.
Ödeme, Herzinsuffizienz, Lun- genödeme, Hochdruck (bei der Hälfte der Erkrankten)
Diagnose
Abrupter Hämoglobinabfall auf Werte um 6 g%, defor- mierte fragmentierte Erythro- zyten- und Eierschalenformen (Burr-cells) bei 5-50% der Er- krankten. Fibrinspaltprodukte im Blut und im Harn. Retikulo- zyten, Serumbilirubin, LDH, freies Hämoglobin erhöht, Haptoglobin erniedrigt.
Coombstest negativ.
Thrombozytopenie < 150 000 mm 3 (85%). Im Frühstadium manchmal Störungen der plasmatischen Gerinnung.
Rascher Anstieg der harn- pflichtigen Substanzen, meta- bolische Azidose, Hyperkali- ämie, Hyperphosphatämie.
Harn: Proteinurie, mikrosko- pische, evtl. makroskopische Hämaturie.
Therapie
Jeder Verdacht rechtfertigt Einweisung in eine Klinik mit Intensiveinrichtungen und Dialysemöglichkeiten.
Cave Laparotomie unter der Annahme einer Invagination wegen Verschlechterung der Nierenfunktion!
Symptomatische Therapie der Niereninsuffizienz (frühzeitige Dialyse). Cave Überwässe- rung!
Bei Blutdruckkrisen Hyperto- nalum® i. v. 3-5 mg/kg KG.
Catapresan® 0,002 mg/kg KG i. v., Nepresol® 0,2 mg/kg KG i. v.
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 30 vom 28. Juli 1977 1907
Perforierende Augenverletzungen Heft 19/1976, Seite 1279 f.
Nierenkolik
Heft 20/1976, Seite 1375 f.
Kardiogener Schock Heft 21/1976, Seite 1431 Verschluß
der Zentralarterie der Netzhaut
Heft 24/1976, Seite 1600 Der akute Hoden
Heft 27/1976, Seite 1817 f.
Ulkus-Perforation Heft 28/1976, Seite 1879 Die kardiovaskuläre Synkope Heft 29/1976, Seite 1939 ff.
Die akute gastrointestinale Blutung
Heft 30/1976, Seite 1974 Die Rektalblutung Heft 31/1976, Seite 2027 f.
Das akute Glaukom Heft 32/1976, Seite 2064 Verätzungen des Auges Heft
33/1976,
Seite 2117 f.Ertrinken
Heft 34/1976, Seite 2166 Ileus
Heft 35/1976, Seite 2210 Der Gichtanfall — Arthritis urica acuta
Heft 36/1976, Seite 2259 f.
Status asthmaticus Heft 37/1976, Seite 2307 f.
Anurie
Heft 38/1976, Seite 2371 f.
Stenosen der oberen Luftwege
Heft 39/1976, Seite 2435 f.
Paraphimose — Priapismus Heft
40/1976,
Seite 2502 Anaphylaktische Reaktionen (I)Heft 41/1976, Seite 2557 f.
Anaphylaktische Reaktionen (II)
Heft 42/1976, Seite 2645 Lungenembolie
Heft 43/1976, Seite 2713 Blutungen aus Nase und Rachenraum Heft 44/1976, Seite 2791 Die regelmäßige Bradykardie Heft
45/1976, Seite
2857 Die unregelmäßige BradykardieHeft 46/1976, Seite 2933 Akute, spontane Hirnhautblutung
(Subarachnoidalblutung) Heft 47/1976, Seite 3019 Elektrounfall
Heft 48/1976, Seite 3099 Akute Pankreatitis Heft 49/1976, Seite 3169 f.
Digitalis-Intoxikation Heft 50/1976, Seite 3237 f.
Das Erysipel
Heft 51/1976, Seite 3295 f.
In der Reihe „Notfall im Bereitschaftsdienst"
sind 1976 folgende Beiträge veröffentlicht worden:
Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Das hämolytisch-urämische Syndrom
Symptomatik
Bewußtseinsstörungen, Hemi- paresen und Krämpfe.
Diagnose
Differentialdiagnose: Im aku- ten Stadium Verwechslungen mit Gastro-Enteritis, Colitis ul- cerosa oder sogar Appendizi- tis möglich. Seltener Invagina- tion. Abzugrenzen andere Formen einer akuten Nieren- insuffizienz mit hämolytischer Anämie (z. B. Lupusnephritis).
Andere akute Glornerulopa- thien.
Therapie
Valium® 0,1-0,3 mg/kg KG i. v., Luminal® 5-8 mg/kg KG.
Professor
Dr. med. Leonhard Diekmann Kinderklinik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Direktor: Professor Dr. med.
Klaus-Ditmar Bachmann) Robert-Koch-Straße 31 4400 Münster (Westf.)
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1908 Heft 30 vom 28. Juli 1977