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Archiv "Zwischen Barfußarzt und Spezialist: Was wird mit dem „Allgemeinarzt"? (Teil 1)" (14.05.1981)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Zwischen Barfußarzt und Spezialist

Was wird mit dem

„Allgemeinarzt"?

Lassen wir das ganze „Hickhack", die Verdächtigungen und Unterstellungen einzelner Gruppen und Organe, welche die Dis- kussion um die Zukunft des Allgemeinarztes monatelang beglei- tet haben, mal beiseite; dieses Geschäft haben andere ausgiebig genug besorgt. Versuchen wir — unmittelbar vor dem 84. Deut- schen Ärztetag in Trier, der an erster Stelle der Allgemeinmedizin gewidmet ist — nüchtern, System in die offenen Fragen, in die bevorzugten Lösungsansätze, aber auch in mancherlei Hinter- gründe zu bringen, ohne die manche Härten in der Auseinander- setzung nicht zu erklären wären. Die Kenntnis der Zusammen- hänge wird das Verstehen der Verhandlungen und Beschlüsse des Ärztetages erleichtern und manchen gar erst ermöglichen.

Die Ausgangslage

Der Allgemeinarzt, früher (und es gibt ihn heute noch) der prakti- sche Arzt, hat die Deutschen Ärztetage seit je in Trab gehalten.

Die jüngsten Auseinandersetzungen über die Rolle des „Prakti- kers" (wir differenzieren hier bewußt noch nicht) sind verursacht durch die absehbare Entwicklung der Arztzahlen und, damit einhergehend, durch Ängste um die Qualität der allgemeinmedi- zinischen Versorgung. Hinzu kommt die bange Erwartung, daß sich immer mehr Ärzte den kaum noch aufgehenden Kuchen der Ausgaben für ärztliche Behandlung teilen müssen. Schon älter, aber noch keineswegs überholt ist die Frage nach den Gründen, weswegen der ärztliche Nachwuchs eine relativ geringe Neigung zeigt, sich allgemeinärztlich zu betätigen. Schließlich gibt es das alte, ins Psychologische reichende Problem, das mit der Speziali- sierung in der Medizin und den als solche deklarierten Speziali- sten entstand: die Behauptung des „Praktikers" gegenüber dem

„Facharzt".

Die Statistik zeigt uns einen kontinuierlichen Rückgang des An- teils der Ärzte für Allgemeinmedizin und der praktischen Ärzte an der Gesamtzahl der niedergelassenen Ärzte. Vor 25 Jahren waren Heft 20 vom 14. Mai 1981 967

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Die Information:

Bericht und Meinung Allgemeinmedizin

noch 65 Prozent der damals 35 000 Kassenärzte in freier Praxis

„Praktiker". 1970 war der Anteil schon auf 55 Prozent (von 46 000 Kassenärzten) geschrumpft, und 1980 lag er bei nur mehr 45 Pro- zent (von 56 000 Kassenärzten).

Absolut ist die Zahl der „Prakti- ker" in diesen Jahren in etwa gleich geblieben. Der sinkende Anteil ist also darauf zurückzufüh- ren, daß die Zahl der Spezialisten überproportional gestiegen ist. Ei- ne Folge war nicht zuletzt, daß mehr und mehr dieser Speziali- sten, vor allem Internisten, auch in hausärztliche Funktionen, die frü- her der „Praktiker" wahrnahm, hineinwuchsen. Wer ehrlich ist, wird zugeben, daß auch die „Prak- tiker" das lange gern hingenom- men haben — der rasant steigen- de „Gesundheitskonsum" wäre sonst gar nicht zu bewältigen ge- wesen.

Erst in jüngster Zeit scheint sich unter dem Nachwuchs wieder ein schüchterner Trend zugunsten der allgemeinärztlichen Tätigkeit zu zeigen. Gespräche mit Studen- ten deuten darauf hin, daß hier die Neigung zur Allgemeinmedizin wächst und bis zum Ende des Stu- diums anhält. Das war früher nicht so. Noch vor einem Jahrzehnt gin- gen Studenten geprägt vom Vor- bild des guten alten Hausarztes ins Studium; sie verloren diese Motivation erst während ihrer Aus- bildung. Heute ist Allgemeinmedi- zin zwar noch nicht „in", sie könn- te es aber werden. Das hängt we- niger mit einer gezielten Förde- rung der Allgemeinmedizin zu- sammen als mit der verbreiteten Neigung zu ganzheitlichem Den- ken, vielleicht sogar mit einer Vor- liebe zu Alternativem in der Me- dizin.

Bisher jedoch entscheidet sich der Nachwuchs, wenn er überhaupt in die Allgemeinmedizin geht, nur selten für den „Arzt für Allgemein- medizin", also den Arzt mit einer vierjährigen geregelten Weiterbil- dung, sondern öfter für den prakti- schen Arzt, der eine Weiterbildung

nach eigener Zusammenstellung hinter sich hat._Das Verhältnis der weitergebildeten Allgemeinärzte und der praktischen Ärzte liegt im Augenblick bei 1:1, doch dürfte der Anteil der Allgemeinärzte wie schon in den letzten Jahren weiter zurückgehen. Das liegt an der Überalterung der Allgemeinärzte.

60 Prozent von ihnen haben ihren Titel nämlich aufgrund der Über- gangsbestimmungen von 1968 er- halten; damals wurde die Weiter- bildung zum Arzt für Allgemein- medizin eingeführt. Es sind aber vielfach Ärzte, die schon damals zehn Jahre und länger als prakti- sche Ärzte niedergelassen waren.

Unter den sich neu niederlassen- den Ärzten überwiegen hingegen die praktischen Ärzte: von fünf frisch niedergelassenen Allge- meinärzten/Praktikern sind vier praktische Ärzte.

Der Weiterbildungsgang zum Arzt für Allgemeinmedizin ist demnach nicht so recht „angekommen".

Das liegt einmal daran — darauf weisen junge Ärzte immer wieder hin —, daß die allgemeinmedizini- sche die „lästigste" aller Weiter- bildungen ist, verlangt sie doch nicht selten einen dreimaligen Stellenwechsel während der Wei- terbildungszeit von vier Jahren, während man bei der Weiterbil- dung in den anderen Spezialitäten mit einem, nicht selten sogar ohne Wechsel auskommt. Hinzu kommt, daß viele Krankenhäuser und de- ren Chefärzte junge Ärzte mit dem erklärten Ziel „Allgemeinarzt"

nicht gerne nehmen, weil sie von ihnen nicht lange etwas haben.

Die Entscheidung, sich lieber als praktischer Arzt niederzulassen, wird zum anderen dadurch er- leichtert, daß weitergebildete All- gemeinärzte und praktische Ärzte sich im selben Gebiet, eben allge- meinärztlich, betätigen können.

Wenn man diese Wahl hat, geht man lieber den bequemeren Weg.

Wem wäre das zu verdenken?

Allerdings hatten bisher auch die praktischen Ärzte, bevor sie sich

niederließen, durchweg eine nach eigenem Muster zusammenge- stellte Weiterbildung, die minde- stens genauso lang war wie die reguläre Weiterbildung zum „Arzt für Allgemeinmedizin". 1975 lag die Weiterbildung dieser Praktiker noch bei mehr als fünf Jahren; in der Zwischenzeit ist die Weiterbil- dungsdauer auf vier, wenn nicht noch weniger Jahre zurückgegan- gen. Das gilt freilich nicht für jene praktischen Ärzte, die sich in ei- nem anderen Fach spezialisiert haben, etwa als Chirurg, dort aber keine Berufschancen sahen und sich dann — was rechtlich ohne weiteres möglich ist — als prakti- scher Arzt niederließen. Ihr Anteil an den praktischen Ärzten dürfte bei gut 20 Prozent liegen. Sie haben Weiterbildungszeiten von rund acht Jahren hinter sich.

Wird der Nachwuchs

„ungehemmt"

in die Praxis strömen?

Die rückläufigen Weiterbildungs- zeiten bei den praktischen Ärzten ohne abgeschlossene Weiterbil- dung sind zweifellos ein Ausfluß der Jahr für Jahr zunehmenden Arztzahlen. Über die Arztzahlen ist bereits so viel publiziert worden, daß wir hier auf eine nähere Darle- gung verzichten können. Erheb- lich steigende Arztzahlen bedeu- ten, daß die klassischen Weiterbil- dungsmöglichkeiten an den Kran- kenhäusern für immer mehr Ärzte eingeschränkt sind. Sie können al- so nicht mehr die gewohnten sechs, acht und zehn Jahre vor der Niederlassung im Krankenhaus zubringen, sondern sehen sich veranlaßt, das Krankenhaus früher zu verlassen und sich niederzulas- sen. Die Aussichten, daß sich die- ser Druck in die freie Praxis in den nächsten Jahren verstärkt, sind groß. 1985 soll sich die Zahl der niedergelassenen Ärzte bereits auf über 85 000 gesteigert haben, 1990 gar auf über 111 000, hat das Wissenschaftliche Institut der Ortskrankenkassen ausgerechnet.

Diese können nun mal nicht viele Jahre im Krankenhaus verbringen.

968 Heft 20 vom 14. Mai 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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