destoweniger werden Kinder bei der Versorgung mit herkömmlichen Kno- chenleitungshörgeräten in der Regel ebenfalls beiderseits versorgt, sodass dies analog für die knochenveranker- ten Hörgeräte gilt. Seit 1991 haben wir in insgesamt 16 Fällen gute Ergebnisse mit einer beiderseitigen Versorgung erzielt. Damit wird zwar nur eine ge- ringgradige Steigerung des Hörver- mögens, aber eine deutlich überlege- nes Richtungshören ermöglicht, und der Patient kann außerdem eine An- sprache von beiden Seiten wahrneh- men (Vorteil beim Telefonieren!).
Bei einseitigen Ohrmissbildun- gen mit Normalgehör auf der Gegen- seite ist dagegen dieser mögliche Nut- zen gegenüber einer Stigmatisierung durch ein Hörgerät besonders im Kin- desalter abzuwägen, da die Sprach- entwicklung dennoch normal vonstat- ten gehen kann. Liegt jedoch ein Sprachentwicklungsrückstand oder ein Defizit in den schulischen Leistun- gen vor, sollte die Versorgung mit ei- nem knochenverankerten Hörgerät vorgenommen werden. Die bisher von uns versorgten Kinder und Er- wachsenen mit einseitiger Schwer- hörigkeit tragen alle ihr knochenver- ankertes Hörgerät. Noch interessan- ter ist der Erfolg bei zwei von uns ver- sorgten Patienten mit einseitiger voll- ständiger Taubheit.
Ergebnisse
Nach einer Untersuchung aus dem schwedischen Zentrum Göte- burg können in Bezug auf die Titan- implantationen folgende Zahlen an- gegeben werden: 3,4 Prozent der Im- plantate für knochenverankerte Hör- geräte verloren ihre Osseointegration (bei 149 Patienten). Bei elf (7,4 Pro- zent) Patienten wurde das Implantat entfernt, und zwar fünfmal wegen schlechter Innenohrfunktion, dreimal wegen unklarer Schmerzen ohne ma- kroskopische Irritation und dreimal wegen mangelnder Hygiene bezie- hungsweise Compliance (11). Bei den von uns untersuchten (Abbildungen 1 bis 6)75 Patienten (52 Fehlbildungen, 21 chronische Mittelohrentzündun- gen, 2 Tumoren) lag die Gesamtzahl der verlorenen beziehungsweise ent- fernten Implantate mit 10,7 Prozent in
derselben Größenordnung. Hautreize traten nur bei einem Drittel der Pati- enten auf.
Vom audiologischen Standpunkt lässt sich eine signifikante Verbesse- rung des Sprachverständnisses durch das knochenverankerte Hörgerät (Grafik 2) nachweisen (4). Auch im Vergleich zu den vorher getragenen herkömmlichen Knochenleitungs- hörgeräten schnitten die knochenver- ankerten Hörgeräte deutlich besser ab (1, 4). Besonders eindrucksvoll war der größere Hörgewinn gegen- über vorher getragenen Luftleitungs- hörgeräten in acht Fällen. InGrafik 3 sind die gemittelten Audiogramme der an der Universitätsklinik und Poli- klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkun- de in Homburg/Saar versorgten Pati- enten mit Mittelohrschwerhörigkei- ten sowie die gemittelten Aufblähkur- ven (Messung im Freifeld) mit kno- chenverankertem Hörgerät (BAHA) angegeben. Gerade im Sprachbereich ergibt sich der beste funktionelle Hör- gewinn. Nach unserer Erfahrung und der Literatur sind alle Patienten, bei denen die Indikationskriterien einge- halten wurden, mit dem knochenver- ankerten Hörgerät sehr zufrieden.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 2000; 97: A-609–614 [Heft 10]
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Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Pierre Federspil Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen- Ohren-Heilkunde
Universitätskliniken des Saarlandes, Kirrberger Straße
66424 Homburg/Saar
E-Mail: hnoprfed@med-rz.uni-sb.de
A-614
M E D I Z I N AKTUELL/FÜR SIE REFERIERT
Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 10, 10. März 2000
Viele Patienten klagen nach dem Genuss von Kaffee über verstärktes Sodbrennen, insbesondere wenn eine Refluxkrankheit der Speiseröhre be- steht. Die Autoren untersuchten nach eintägiger Kaffeeabstinenz mittels 24- Stunden-pH-Metrie und Manometrie bei sieben Refluxkranken und acht gesunden Individuen den Einfluss von 280 ml Filterkaffee auf das Refluxver- halten und verglichen dies mit 280 ml warmem Wasser. Kaffee zeigte dabei keinen Effekt auf den postprandialen Reflux, es sei denn, er wurde auf nüch- ternen Magen eingenommen. Ein Effekt auf den Sphinkterruhedruck war nicht nachweisbar. w Boekema PJ, Samsom M, Smout AJPM:
Effect of coffee on gastro-oesophageal reflux in patients with reflux disease and healthy controls. Eur J Gastroenterol Hepatol 1999; 11: 1271–1276.
Gastrointestinal Research Unit, Depart- ments of Gastroenterology and Surgery, University Medical Center, P.O. Box 85500, 3508 GA Utrecht, Niederlande