A-447 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 8, 25. Februar 2000
T H E M E N D E R Z E I T
Vergütung gesehen. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass gerade DRG-Sy- steme die Kosten der Behandlung als Grundlage der Vergütung heranzie- hen. Als teuer vorauszusehende Pati- enten werden durch die vorausgegan- gene Kalkulation der Fälle auch höher vergütet. Daher ist es ökono- misch durchaus sinnvoll, wenn sich ein Krankenhaus auf hohe Fallschweren spezialisiert, wenn es die entsprechen- den Voraussetzungen hat.
Um DRGs in Deutschland einzu- führen, bedarf es neben der gesetzli- chen Grundlage vor allem organisato- rischer Vorbereitungen. So muss das entsprechende System ausgewählt werden, wobei die Kombination aus bereits erfolgter internationaler Er- fahrung und Differenzierung der Fall- schweremessung für AP-DRGs spre- chen. Es müssen die Relativgewichte kalkuliert und die ergänzenden Ver- gütungsanteile in ihrer Art und Höhe festgelegt werden. Schließlich muss vor allem in den Krankenhäusern ein Prozess in Gang kommen, der über die Umstellung der Patientenabrech- nung und Codierweiterbildungen für Ärzte weit hinausgeht. DRGs wurden ursprünglich entwickelt, um die Lei- stungen des Krankenhauses besser definieren und darauf aufbauend Ko- stenkalkulationen und Qualitätssi- cherungsprojekte einrichten zu kön- nen. Dies ist auch heute noch ein Nut- zen, den jedes Krankenhaus aus- schöpfen sollte. So gesehen liegt die Funktion von DRGs zwar als auslö- sendes Moment in der Anreizsetzung der stationären Vergütung. Langfri- stig bewirken sie aber eine grundle- gende Neuausrichtung der Organisa- tionsstruktur eines Krankenhauses.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 2000; 97: A-444–447 [Heft 8]
Anschrift der Verfasser Prof. Dr. med. Dr. sc.
Karl W. Lauterbach
Dipl.-Volkswirt Markus Lüngen Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität zu Köln Gleueler Straße 176-178 50935 Köln
AUFSÄTZE/BERICHTE
ie erfolgreich eine Verei- nigung von Ehrenamtli- chen arbeitet, hängt oft ab vom Engagement des Vereinsvorsit- zenden – besonders, wenn die Gruppe noch jung ist und wenige Mitglie- der zählt. Die Marfan Hilfe Deutsch- land war vier Jahre alt und um- fasste 52 Mitglieder, als Prof. Dr.
Dr. med. Wolfgang Steinhilber ihren Vorsitz übernahm. In den fünf Jah- ren von Steinhilbers Amtszeit wuchs die Selbsthilfever-
einigung auf 342 Angehörige; sie in- tensivierte die Zu- sammenarbeit mit Ärzten, verbreiter- te ihr Informati- onsangebot für Pa- tienten und druck- te die neueste deut- sche Fachliteratur zum Marfan-Syn- drom nach.
Die Wahl eines neuenVorsitzenden in diesem Frühjahr
könnte für die Marfan Hilfe deshalb ei- ne Zäsur bedeuten. Prof. Steinhilber wird aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr kandidieren.
Am 18. März in Bonn/Bad Go- desberg veranstaltet die Selbsthilfe- gruppe ihren jährlichen Marfan-Tag.
Vorträge und Workshops werden sich diesmal vor allem mit dem Thema
„Das Auge beim Marfan-Syndrom“
beschäftigen. Marfan-Patienten kön- nen an Kurzsichtigkeit, grünem oder grauem Star erkranken, ihre Netzhaut kann sich ablösen, die Augenlinsen können sich lockern. Als genetisch be- dingte Bindegewebserkrankung kann Marfan überlange Gliedmaßen verur-
sachen, überdehnbare Gelenke und eine krumme Wirbelsäule. Die größ- ten Gefahren birgt die Krankheit für das Herz- und Gefäßsystem der Pa- tienten: Sie kann zu Herzklappen- fehlern, Aneurysmen und Rissen in der Aorta führen. Unerkannt endet das Syndrom häufig tödlich, und in vielen Fällen bleibt es unerkannt.
Vor über 100 Jahren erstmals be- schrieben, ist es bis heute unheilbar und nur begrenzt behandelbar.
Die Marfan Hil- fe Deutschland wur- de 1991 in Stuttgart gegründet, um die medizinische und so- ziale Situation von Marfan-Patienten zu verbessern. Auch im Ausland gibt es sol- che Selbsthilfegrup- pen, zusammenge- fasst in der Interna- tional Federation of Marfan Support Or- ganizations und dem European Marfan Support Network. In Deutschland in- formieren die Ehrenamtlichen Patien- ten, Ärzte und Verbände über die Krankheit und geben Ratschläge zur Selbsthilfe, zum Beispiel in ihrer Mit- gliederzeitschrift, im Internet, per Te- lefon oder auf Kongressen. Sie ha- ben eine interdisziplinäre Sprechstunde aufgebaut und vergeben den Marfan- Forschungspreis. Inzwischen gibt es in fast allen Bundesländern regionale Selbsthilfegruppen.
Weitere Informationen: Marfan Hilfe Deutschland, Marthastraße 10, 51069 Köln, Telefon und Fax 02 21/
6 80 56 83, Internet: www.marfan.de.
Alexandra Endres
Marfan Hilfe Deutschland
Ehrenamtlich gegen eine häufig tödliche Krankheit
„Das Auge beim Marfan-Syndrom“ ist das Hauptthema des Marfan-Tages im März. Mindestens genauso wichtig ist für die Marfan Hilfe aber die Wahl eines neuen Vorsitzenden.
W
Ausführlich beschäftigte sich eine Titelgeschich- te im Deutschen Ärzteblatt, Heft 13/1997, mit dem Marfan-Syndrom.