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Marfan-Syndrom

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106 DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2014 | www.pta-aktuell.de

H

ier zu Lande leben

schätzungsweise etwa 8000 Menschen mit Marfan-Syndrom. Bei ihnen liegt eine Mutation im Gen für Fibrillin vor, einem wichtigen Bestandteil des Bindegewebes, der diesem Stabilität und Flexibilität verleiht. Je nach Art der Genverän- derung kann der Körper das Fibril- lin nur fehlerhaft und/oder nicht in ausreichenden Mengen produzieren.

Das hat massive Auswirkungen, be- sonders auf das Gefäßsystem, das Herz, das Skelett sowie die Augen.

Als genetisch bedingte Erkrankung ist das Marfan-Syndrom erblich. Die Vererbung erfolgt autosomal do- minant. Das heißt, falls ein Kind das Fibrillingen des betroffenen Eltern- teils erbt – wofür die Wahrschein- lichkeit 50 Prozent beträgt –, wird es ebenfalls erkranken. Dies ist bei rund drei Viertel aller Patienten der Fall.

Bei dem letzten Viertel ist die Muta- tion spontan entstanden, kann aber von nun an wiederum an Nachkom- men weitergegeben werden.

Herz und Gefäße Die schwerwie- gendsten Folgen für die Gesundheit beim Marfan-Syndrom haben die Manifestationen an der Aorta und den Herzklappen. Aufgrund der ver- minderten Stabilität und Elastizität kommt es bei vielen Patienten mit der Zeit zu einer Erweiterung der Hauptschlagader und zu einer Un- dichtigkeit der Aortenklappe, also der Herzklappe zwischen Aorta und linker Herzkammer. Es können sich auch Aortenaneurysmen, das heißt Aussackungen der Gefäßwand, bil- den. Außerdem kann eine Aorten- dissektion auftreten. Hier reißt die Innenwand der Hauptschlagader ein, während die äußere Wand intakt bleibt. Das Blut tritt in diesen Spalt ein und erweitert ihn zunehmend, sodass eine Art zweiter – falscher – Flusskanal entsteht.

Skelett Menschen mit Marfan-Syn- drom fallen durch einen langen und schmalgliedrigen Körperbau auf.

Auch der Gaumen ist meist schmal und hoch, was zu Zahnfehlstellungen führt. Typisch für das Marfan-Syn- drom sind zudem Deformitäten der Wirbelsäule, meist in Form einer Skoliose oder Kyphose. Auch Fehl- stellungen der Hüfte und der Füße sind häufig zu beobachten. Beim Brustkorb kann eine Trichter- oder eine Kielbrust vorliegen, was wiede- rum Auswirkungen auf die innen- liegenden Organe haben kann. Weil ihr die nötige Stabilität und Elastizi- tät fehlt, kann sich die Dura, die äu- ßere Hirnhaut, die das Rückenmark umgibt, beim Marfan-Syndrom erweitern – man spricht von einer

Bei dieser Erkrankung führt eine genetische Mutation zu einer

Schwäche des Bindegewebes. Da dieses überall im Körper vorkommen kann, sind die Ausprägungen der Krankheit vielschichtig.

Marfan-Syndrom

© Mopic / fotolia.com

PRAXIS SELTENE ERKRANKUNGEN A BIS Z

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Duraektasie. Meist geschieht dies auf Höhe der Lendenwirbelsäule. Viel- fach bereitet eine Duraektasie keine Beschwerden, sie kann aber auch auf austretende Nervenbahnen drü- cken und so Schmerzen oder auch Lähmungen oder Taubheitsgefühle verursachen.

Augen Da der Aufhängungsapparat der Linse besonders reich an Fibril- lin ist, kommt es bei Marfan-Pati- enten häufig zu einer Verlagerung der Linse. Außerdem sind eine Ab- flachung der Hornhaut, eine axiale Verlängerung des Auges sowie eine mangelhafte Ausbildung der Re- genbogenhaut typische Augenver- änderungen bei dieser Erkrankung.

Linsentrübungen und Netzhautab- lösungen kommen häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung.

Regelmäßige Kontrollen essen- ziell Nicht alle Symptome treten bei allen Patienten auf, zudem kann ihre Ausprägung unterschiedlich stark sein. Häufig wird das Mar- fan-Syndrom über lange Zeit nicht erkannt, weil es als seltene Erkran- kung Ärzten nicht immer unbedingt geläufig ist. Vor allem, wenn nur ein- zelne Symptome auftreten, kann es

schwerfallen, sie richtig zuzuordnen.

Das Marfan-Syndrom ist nicht heil- bar. Aber eine konsequente Über- wachung der Patienten erlaubt es, drohende Komplikationen frühzei- tig zu erkennen und gegenzusteu- ern. So lassen sich in vielen Fällen Notoperationen, die wegen lebens- bedrohlicher Komplikationen nötig werden könnten, vermeiden. Statt- dessen ist es möglich, Eingriffe gezielt zu planen oder durch regel- mäßige Medikamenteneinnahme vorzubeugen.

Therapie Eine kausale Behandlung gibt es nicht. Stattdessen versuchen die Ärzte, Schäden in den individuell betroffenen Organen zu verhindern oder wenigstens hinauszuzögern. So kann mit der Einnahme von Betablo- ckern der Bildung von Aneurysmen entgegen gewirkt werden. Zudem spielt die Endokarditisprophylaxe (vorbeugende Einnahme von An- tibiotika, um eine Entzündung der Herzinnenwand und der Herzklap- pen zu verhindern) eine wichtige Rolle. Werden dennoch Eingriffe an der Aorta oder den Herzklappen nötig, so sollten sie als geplante Ope- ration erfolgen.

Das Fortschreiten der Skelettschä- digungen lässt sich durch orthopä- dische Maßnahmen, etwa dem Tra- gen eines Korsetts oder der Ver- sorgung mit Einlagen, vermeiden oder verzögern. Es können auch chirurgische Eingriffe nötig wer- den. Wegen der Augenprobleme ist eine enge augenärztliche Betreuung erforderlich. Eine gesunde, an die Erkrankung angepasste Lebensweise und regelmäßige Bewegung können neben den medizinischen Maßnah- men maßgeblich zum Wohlbefinden beitragen. ■

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin ÜBERSICHT

In unserer Serie „Seltene Erkrankungen A bis Z“ stellen wir Ihnen demnächst folgende Themen vor:

+ Neurofibromatose + Osteogenesis imperfecta + Progressive Supranukleäre

Blickparese (PSP) + Rett-Syndrom + Sarkoidose + Transverse Myelitis + Ullrich-Turner-Syndrom + von Hippel-Lindau

Erkrankung (VHL) + Williams-Beuren-Syndrom + Xanthinurie

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