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Archiv "Genetische Diagnostik beim Marfan-Syndrom und verwandten Erkrankungen" (04.07.2008)

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D

as menschliche Genom ist im Rahmen des Humangenomprojekts weitgehend entschlüs- selt worden. Hiervon profitiert nicht nur die humange- netische Familienberatung und die genetische Dia- gnostik im Zusammenhang mit reproduktiven Ent- scheidungen. Die sogenannte genetische Medizin kann nun das erworbene genetische Wissen auch im klinischen Alltag nutzen (1). Das klinische Manage- ment zahlreicher Erkrankungen konnte durch die ge- zielte Einbeziehung genetischer Untersuchungsver- fahren verbessert werden. Die Ermittlung spezifischer genetischer Risiken präzisiert die Prognose des Ein- zelfalls, erlaubt individuell angepasste präventive Maßnahmen und beeinflusst das therapeutische Vor- gehen. Umgekehrt kann der gezielte Ausschluss einer Krankheit oder Krankheitsdisposition dem Patienten (differenzial-)diagnostische Untersuchungen oder Vorsorgemaßnahmen ersparen, einschließlich damit verbundener Belastungen. Mit dem Marfan-Syndrom und verwandten Erkrankungen wird hier beispielhaft der klinische Nutzen der Genetik dargestellt.

Die Marfan-ähnlichen Syndrome sind Teil eines breiten Spektrums miteinander verwandter Erkran- kungen, die man zunächst ausschließlich klinisch de- finierte. Allen gemeinsam ist das stark erhöhte Risiko für das lebensbedrohliche akute Aortensyndrom (2):

das dissezierende Aneurysma der thorakalen Aorta, dem durch einen elektiven Ersatz der geschädigten Aorta zuvorzukommen ist. Da nicht immer das Voll- bild der Störung besteht, sondern einzelne Symptome fehlen können, ist das Symptommuster von Fall zu Fall sehr variabel. Die Zuordnung eines Patienten zu einem bestimmten Syndrom ist oft schwierig. Selbst innerhalb einer Familie kann das Bild extrem unter- schiedlich sein. Wenn die Kriterien zur Stellung einer klinischen Diagnose sehr streng definiert werden, können viele Patienten nicht richtig diagnostiziert werden. Wenn diagnostische Kriterien zu weit gefasst werden, sind sie oft falsch positiv. Beide Fehler kön- nen schwerwiegende Folgen haben, wenn die Behand- lung oder sekundäre präventive Maßnahmen von der richtigen Diagnose abhängig sind. Ein genetischer ÜBERSICHTSARBEIT

Genetische Diagnostik beim

Marfan-Syndrom und verwandten Erkrankungen

Bedeutung des klinischen Managements

Mine Arslan-Kirchner, Yskert von Kodolitsch, Jörg Schmidtke

ZUSAMMENFASSUNG

Einleitung: Das Marfan-Syndrom und die Marfan-ähnlichen Syndrome sind Teil eines breiten Spektrums miteinander verwandter Erkrankungen, die ursprünglich rein klinisch definiert waren. Allen gemeinsam ist das stark erhöhte Ri- siko für das lebensbedrohliche dissezierende Aneurysma der Aorta, dem durch einen elektiven Ersatz der geschädig- ten Aorta zuvorzukommen ist.

Methode: Selektive Literaturrecherche unter Hinzuziehung eigener klinischer Erfahrungen.

Ergebnisse: Das Marfan-Syndrom und die Marfan-ähnli- chen Syndrome zeigen ein sehr variables Symptommuster.

Es liegt nicht immer das Vollbild der Störung vor, sondern einzelne Symptome können fehlen. Dies kann die Diagnose eines bestimmten Syndroms erschweren. In vielen Fällen kann allein eine Kombination aus molekulargenetischen und klinischen Untersuchungen eine differenzialdiagnosti- sche Klärung herbeiführen und eine verbesserte prognosti- sche Einschätzung mit entsprechender Ausrichtung pro- phylaktischer Maßnahmen erfolgen.

Diskussion: Die individuelle Diagnose und Behandlung von Marfan-Patienten oder Patienten mit Marfan-ähnlichen Syndromen erfordert ein interdisziplinäres Vorgehen. Dies ist nur durch eine koordinierte Betreuung und zentrale Er- fassung aller Befunde gewährleistet.

Dtsch Arztebl 2008; 105(27): 483–91 DOI: 10.3238/arztebl.2008.0483 Schlüsselwörter: Marfan-Syndrom, molekulare Medizin, Gentest, Aneurysma, Aortensyndrom, Mitralklappenprolaps

Institut für Humangenetik, Medizinische Hochschule Hannover: Prof. Dr. med.

Schmidke, PD Dr. med. Arslan-Kirchner

Klinik und Poliklinik für Kardiologie/Angiologie, Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf: PD Dr. med. von Kodolitsch

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Nachweis kann in solchen Fällen Klarheit schaffen. Er kann gestellt werden, noch bevor die Symptome (voll- ständig) entwickelt sind, und die Art der genetischen Veränderung ist oft ein prognostischer Faktor an sich.

Die Marfan-ähnlichen Syndrome sind ein Beispiel für allelische und Locus-Heterogenität: Mutationen in einem Gen können zu verschiedenen Krankheitsbil- dern führen, und gleichartige Krankheitsbilder kön- nen durch Mutationen in verschiedenen Genen verur- sacht sein.

Die durchschnittliche Lebenserwartung von Pati- enten mit Marfan-Syndrom liegt ohne Therapie bei 32 Jahren und kann unter optimaler Therapie auf über 60 Jahre gesteigert werden (3). Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Es gibt weder ethnische noch geografische Prädilektionen. In älteren Lehrbüchern wird die Häufigkeit (Bevölkerungsprävalenz) des Marfan-Syndroms meistens mit 1 : 10 000 angege- ben. Inzwischen geht man davon aus, dass dies eine Fehleinschätzung ist, weil das Marfan-Syndrom zu den besonders häufig unterdiagnostizierten Erkran- kungen zählte und wohl immer noch zählt. Aktuelle Schätzungen gehen von einer Prävalenz von bis zu 1 : 3 000 für das Marfan-Syndrom Typ 1 aus (2).

Die Häufigkeit der übrigen Formen der Marfan-ähnli-

chen Erkrankungen ist unklar, dürfte aber etwa um eine Größenordnung geringer als die des Marfan- Syndroms sein. Dennoch zählt das Marfan-Syndrom definitionsgemäß zu den seltenen Erkrankungen (< 1 : 2 000). Einer Schätzung der WHO zufolge lei- den etwa 6 bis 8 % der Menschen in Europa an einer so genannten seltenen Krankheit (4, 5). Diese Patien- ten werden im ärztlichen Alltag oft nicht richtig be- handelt (Kasten 1 und 2). Das Intervall zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der korrekten Diagnose ist meistens viel zu lang. Es verstreicht viel kostbare Zeit, die für prophylaktische Maßnahmen sinnvoll genutzt werden könnte, und flankierende sozialmedizinische Angebote sind unzureichend. Ge- rade das Marfan-Syndrom und verwandte Erkrankun- gen unterstreichen nachdrücklich den Wert geneti- scher Untersuchungen für das klinische Management, wie im Folgenden dargestellt wird.

Klinik und Genetik Marfan-ähnlicher Syndrome

Alle im Folgenden besprochenen klinischen Entitäten sind autosomal-dominant erblich.

Marfan-Syndrom Typ 1

Das klassische Marfan-Syndrom (MFS1, OMIM 154700) (OMIM ,“Online Mendelian Inheritance in Man”; www.ncbi.nlm.nih-gov/omim) ist eine System- erkrankung des Bindegewebes. MFS1 ist bedingt durch Mutationen im Fibrillin1-Gen (FBN1) auf Chromosom 15q21.1. Alle Organsysteme können be- troffen sein, insbesondere aber das Skelett, das Auge und das kardiovaskuläre System (Tabelle 1). Abgese- hen von den seltenen Fällen bereits schwerst betroffe- ner Neugeborener bilden sich die Symptome zumeist erst allmählich in den ersten beiden Lebensjahrzehn- ten heraus. Ob ein Kind oder ein Jugendlicher aus ei- ner betroffenen Familie die Störung geerbt hat, lässt sich klinisch allein oft nicht entscheiden, und eine ge- netische Diagnostik kann indiziert sein. Aufgrund sehr variabler phänotypischer Ausprägung ist das klassische Marfan-Syndrom auch beim Erwachsenen häufig nicht eindeutig zu diagnostizieren. Oft manifes- tiert sich lebenslang nur ein Teil der Symptome. Ein akutes Aortensyndrom ereignet sich im Mittel im Alter von 32 Jahren (6–8). Eine Hilfe zur klinischen Diagnose ist die Genter Nosologie (9) (Tabelle 2).

Danach werden die klinischen Erscheinungsformen unterschiedlich gewichtet und auf dieser Basis eine diagnostische Entscheidung getroffen. Es herrscht internationaler Konsens (10, 11), dass eine genetische Untersuchung (Mutationssuche) gerade dann indi- ziert sein kann, wenn die klinische Diagnostik un- klar bleibt. Eine klinische Unterscheidung zwischen MFS1 und MFS2 ist nicht möglich, deshalb ist eine genetische Untersuchung zur Klärung dieser Frage in- diziert.

Das Fibrillin1-Protein besteht aus 2 871 Aminosäu- ren und zeigt eine repetitive Struktur aus funktionellen Motiven. Krankheitsbedingende Mutationen – es sind KASTEN 1

Fallvignette

Gert L. (31 J.) und seine Schwägerin Renate stellten sich zur humangeneti- schen Beratung vor. Bei Gert hat im Alter von 23 Jahren ein Kardiologe die klinische Verdachtsdiagnose Marfan-Syndrom gestellt und dies dem Hausarzt der Familie – aber nicht Gert selbst – mitgeteilt. Im Alter von 27 Jahren war die Aortendilatation bei Gert so weit fortgeschritten, dass die Indikation für ei- ne prophylaktische Operation gestellt wurde. Die Operation verlief erfolgreich.

Auch jetzt wurde Gert nicht über die klinische Verdachtsdiagnose Marfan- Syndrom informiert, alle Informationen, die er erhielt, waren auf die Erkran- kung der Aorta fokussiert. Gerts Bruder Kai war groß und schlank, hatte aber keine subjektiven Krankheitssymptome. Er betrieb Leistungssport (Basket- ball). Die Mutter Barbara war im Alter von 36 Jahren plötzlich verstorben. Den Kindern war nur bekannt, dass sie einen Herzfehler gehabt haben soll. Anlass für die jetzige humangenetische Beratung war, dass Kai vor wenigen Wochen im Alter von 29 Jahren plötzlich verstarb. Er war während eines Basketball- spiels zusammengebrochen. Eine Obduktion hatte ein dissezierendes Aorten- aneurysma ergeben. Nun war allen, der Familie L. und dem Hausarzt, die Be- deutung der vor Jahren gestellten Verdachtsdiagnose Marfan-Syndrom be- wusst geworden. Damals hatte sich der Hausarzt nicht klar gemacht, dass die unstrittig optimale Versorgung von Gert für die ganze Familie nicht ausrei- chend war. Nachdem die Verdachtsdiagnose Marfan-Syndrom im Raum stand, hätte die Erblichkeit und Vererbbarkeit der Erkrankung allen Mitglie- dern der Familie L. erläutert werden müssen, und Kai hätte vorsorglich kli- nisch und gegebenenfalls auch genetisch untersucht werden müssen. Bei seiner klinisch noch weitgehend unauffälligen, aber großgewachsenen Toch- ter Melanie (4 J.) konnte man durch eine genetische Untersuchung die Anla- geträgerschaft für ein Marfan-Syndrom sichern. Sie steht jetzt unter regel- mäßiger klinischer Kontrolle.

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bis Ende 2007 über 600 verschiedene Mutationen identifiziert worden (12) – sind über das ganze FBN1- Gen verteilt. Es gibt sowohl Mutationen, die zu einem qualitativ veränderten Fibrillin1-Protein führen, als auch Mutationen, die die verfügbare Menge des Pro- teins verändern. Die Art und die Lokalisation der Mu- tation sind prognoserelevant. In circa 25 % aller gesi- cherten Fälle von MFS1 ist die Familienvorgeschichte unauffällig: Hier handelt sich um Neumutationen.

MASS-Syndrom

Die Bezeichnung MASS-Syndrom (OMIM 60438) ist ein Akronym für Mitralklappenprolaps, Aortendila- tation, Skelett- und Haut-(„skin“)Beteiligung. Die Patienten erfüllen nicht die klinischen Kriterien des Marfan-Syndroms aber weisen zumindest einen Mi- tralklappenprolaps auf. Eine der Ursachen dieses Syndroms sind offenbar, wie beim Marfan-Syndrom, Mutationen im FBN1-Gen. Für die meisten dieser Pa- tienten ist die Krankheitsursache noch nicht bekannt.

Ein Mitralklappenprolaps kann Bestandteil des fami- liären Mitralklappenprolapssyndroms (OMIM 157700) sein oder auch beim Ehlers-Danlos-Syndrom und der Osteogenesis imperfecta auftreten.

Marfan-Syndrom Typ 2

Das Marfan-Syndrom Typ 2 (MFS2, OMIM 154705) ähnelt sehr dem klassischen Marfan-Syndrom (MFS1) (Abbildung 1). Bei keinem Patienten mit MFS2 wurde bis heute eine Linsenektopie festgestellt. Da dieses Symptom auch beim MFS1 fehlen kann, eignet es sich nicht zur Differenzialdiagnose. MFS2 wurde auf dem Chromosomenabschnitt 3p22 kartiert. Das Syndrom

entsteht durch Mutationen im Gen vom „transforming growth factor beta receptor 2“ (TGFBR2) oder selte- ner durch Mutation des TGFBR1-Gens (13–15). Man hat Patienten in Frankreich, Japan, Deutschland und Italien identifiziert (15). MFS2 lässt sich von MFS1 nicht durch eine klinisch-genetische Untersuchung sondern nur durch eine molekulargenetische Analyse unterscheiden. Dieser Differenzierung kommt aber große Bedeutung zu: nach gegenwärtigem Kenntnis- stand können TGFBR-Mutationen mit einem aggressi- veren Krankheitsverlauf hinsichtlich vaskulärer Kom- plikationen assoziiert sein. Dies geht mit einer früh- zeitigeren Aortendissektion einher.

KASTEN 2

Klinische Kernaussagen

>Das Marfan-Syndrom und die Marfan-ähnlichen Syn- drome sind durch das stark erhöhte Risiko für das le- bensbedrohliche dissezierende Aortenaneurysma und in der Regel durch Beteiligung anderer Organsysteme ge- kennzeichnet.

>Das klinische Bild dieser Erkrankungen ist extrem variabel, und die genetischen Ursachen sind sehr hete- rogen.

>Eine frühzeitige korrekte Diagnose ist für ein optimales Fallmanagement essenziell, gegebenenfalls unter Ein- schluss eines elektiven Aortenersatzes.

>Die Diagnosefindung umfasst klinische und bildgebende Verfahren, die sorgfältige Erhebung der Familienanam- nese und genetische Untersuchungen.

>Das Marfan-Syndrom und die Marfan-ähnlichen Syn- drome als Erkrankungen mit Beteiligung mehrerer Or- gansysteme verlangen eine koordinierte Betreuung durch verschiedene Fachdisziplinen.

+, bei 50 % der Patienten;

(+), bei < 50 % der Patienten;

?, Häufigkeit unbekannt;

*1lange Extremitäten im Vergleich zum Rumpf;

*2Beugekontraktur des Fingers;

SGS, Shprintzen-Goldberg-Syndrom TABELLE 1

Klinische Merkmale verschiedener Syndrome

Marfan-Syndrom Loeys-Dietz- SGS Syndrom

Typ I Typ II Typ I Typ II

Kraniosynostose (+) +

Hydrozephalus (+) (+)

Chiari-Typ-I-Malformation (+) (+)

Entwicklungsverzögerung (+) +

Linsenektopie +

Hypertelorismus + +

Blaue Skleren (+)

Gaumenspalte/Uvula bifida +

Aortenaneurysma + + + + (+)

Aneurysmen anderer Arterien + +

Arterienschlängelung + +

Persistierender Ductus arteriosus (+)

Vorhofseptumdefekt (+)

Dolichostenomelie*1 + + (+) +

Arachnodaktylie + + + +

Kamptodaktylie*2 (+) (+) (+) (+)

Brustkorbverformung + + + +

Skoliose + (+) + (+)

Gelenküberbeweglichkeit + + + + +

Klumpfüße (+) +

Striae (+) (+)

samtartige, brüchige Haut (+) +

atrophische Narben +

überelastische Haut (+)

Uterusruptur (+)

Darm-, Milzruptur (+)

lumbosakrale Duraektasie + ? ? ? ?

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*1Positives Handgelenkzeichen: Das eine Handgelenk kann mit Daumen und kleinem Finger der anderen Hand so umfasst werden, dass das Daumenglied den Fingernagel des kleinen Fingers überlappt;

positives Daumenzeichen: Das Daumenendglied ragt an der lateralen Handkante heraus, wenn der Daumen in die Handfläche gelegt und dann die Faust geschlossen wird (Abbildung 1).

TABELLE 2

Checkliste für die klinische Diagnose des Marfan-Syndroms nach der Genter Nosologie (nach [10])

Manifestationen im Hauptkriterium Manifestationen im Nebenkriterium Diagnose (Definition) Skelett

Kielbrust Trichterbrust, milde ausgeprägt Hauptkriterium erfüllt (4 Manifestationen im

Hauptkriterium)

Trichterbrust, operationsbedürftig Gelenke mit Überbeweglichkeit Skelettbeteiligung: (2 Manifestationen im Haupt- kriterium oder 1 Manifestation im Hauptkriterium und 2 im Nebenkriterium)

Armspanne zu Körperlänge > 1,05 oder/und Hoher (gotischer) Gaumen mit Fehlstellung der Oberlänge zu Unterlänge < 0,85 Zähne aufgrund beengter Raumverhältnisse Positives Handgelenk- und Daumenzeichen*1 Physiognomie (2):

– Dolichozephalie (Langschädel) – Malarhypoplasie

– Enophthalmus – Retrognathie

– Lidachse nach lateral abfallend Plattfuß durch mediale Verschiebung des

Innenknöchels

Skoliose > 20° oder Wirbelgleiten

Streckfähigkeit des Ellenbogengelenks < 170°

Protrusio acetabuli (radiologisch) Auge

Linsenluxation oder -subluxation Kornea abnorm flach Hauptkriterium erfüllt

Augapfel mit axialer Länge > 23,5 mm Augenbeteiligung (2 Manifestationen im Nebenkriterium)

Iris/Ziliarmuskel hypoplastisch mit eingeschränkter Miosis

Kardiovaskuläres System

Aneurysma der Aorta ascendens, mindestens den Mitralklappenprolaps, unabhängig von Mitral- Hauptkriterium erfüllt

Sinus betreffend klappeninsuffizienz

Dissektion der Aorta ascendes Pulmonalarteriendilatation < 40. Lebensjahr (bei Kardiovaskuläre Beteiligung (1 Manifestation Ausschluss einer Pulmonalklappenstenose) im Nebenkriterium)

Mitralklappenringverkalkung < 40. Lebensjahr Dilatation oder Dissektion der Aorta descendens oder abdominalis < 50. Lebensjahr

Lunge

Spontanpneumothorax Lungenbeteiligung (1 Manifestation im Nebenkriterium)

Emphysemblasen apikal (Röntgen) Haut

Striae distensae Hautbeteiligung (1 Manifestation im

Nebenkriterium Rezidivierende Hernien oder

Narbenhernien Dura

Lumbosakrale Duraektasie Hauptkriterium erfüllt

Familienanamnese/Genetik

Verwandter 1. Grades mit MFS Hauptkriterium erfüllt (1)

FBN1-Mutation mit Krankheitswert Gekoppelter Haplotyp nachgewiesen

Diagnose Marfan-Syndrom (MFS) wird gestellt, wenn erfüllt sind:

1 Hauptkriterium in 2 Organsystemen und ein 3. System beteiligt; oder Mutation mit Krankheitswert und 1 Hauptkriterium und 1 Organbeteiligung;

oder 1 Verwandter mit Marfan-Syndrom und 1 Hauptkriterium und 1 Organbeteiligung

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Weil-Marchesani-Syndrom

Das Weil-Marchesani-Syndrom (WMS, OMIM 608328) ist in seiner phänotypischen Ausprägung in mancher Hinsicht als das Gegenteil von MFS1 und MFS2 anzusehen: Die Patienten sind eher kleinwüch- sig, haben kurze Finger und leiden unter Gelenkstei- figkeit. Gemeinsam mit dem MFS1 ist jedoch die Linsenektopie. Das WMS wird wie das MFS1 durch Mutationen im FBN1-Gen verursacht. Neben der au- tosomal-dominanten Form existiert auch eine autoso- mal-rezessive Form des WMS (OMIM 277600), be- dingt durch Mutationen im ADAMTS10-Gen.

Kongenitale kontrakturale Arachnodaktylie

Die kongenitale kontrakturale Arachnodaktylie (CCA, OMIM 121050) ähnelt klinisch dem MFS, je- doch treten charakteristische Gelenkkontrakturen und häufig eine Deformität der Ohrmuscheln („crumpled ears“) auf. CCA wird durch Mutation im Fibrillin2- Gen (FBN2) verursacht.

Loeys-Dietz-Syndrom Typ1

Das 2005 (16) erstmals beschriebene Loeys-Dietz- Syndrom Typ 1 (LDS1, OMIM 609192) ist wahr- scheinlich identisch mit dem bereits seit 1987 bekann- ten Furlong-Syndrom (OMIM 610168). Wie aus der Tabelle 1 hervorgeht, können nahezu alle Symptome des klassischen Marfan-Syndroms auch beim LDS1 gefunden werden. Darüber hinaus leiden die Patienten an kraniofazialen Fehlbildungen (Gaumenspalte oder

Abbildung 1:

Patient mit Marfan- Syndrom Typ 2:

Arachnodaktylie, positives Daumen- und Handgelenks- zeichen, keine Uvula bifida, wie sie beim LDS1 vorkommt.

Abbildung 2:Vergleich der Aortenpathologie bei klassischem Marfan-Syndrom (MFS1 mit Aortenveränderungen bei Loeys- Dietz-Syndrom Typ 2 (LDS2). a) Zwiebelförmiges Aneurysma des Aortensinus mit Übergreifen auf die Aorta ascendens als typische Aortenveränderung bei MFS1. b) Beispiel einer mehrere Etagen betreffenden Aortenerkrankung bei LDS2 mit Ektasie der Aorten- wurzel, Dilatation der Aorta descendens distal eines noch partiell offenen Ductus arteriosus und Rohrprothese nach Implantation eines infrarenalen Bauchaortenaneurysmas bei deutlichem Aorten- kinking.

a b

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gespaltenes Zäpfchen, Hypertelorismus) und insbe- sondere an Gefäßveränderungen bis hin zu Dilatation, Aneurysmenbildung und Dissektion im gesamten ar- teriellen Verzweigungsbaum. Wie MFS2 wird LDS1 durch Mutationen in den Genen TGFBR1 (auf Chro- mosom 9q33-q34) und TGFBR2 (auf Chromosom 3p22) verursacht. Die Genprodukte spielen eine wich- tige Rolle in der intrazellulären TGF-beta-Signaltrans- duktion, deren Bedeutung für die Entwicklung des Gefäßsystems und des Gesichtsschädels aus Tiermo- dellen zum Mitralklappenprolaps und zu pulmonalen Manifestationen (17, 18) bekannt ist. Die Entwick- lungsstörungen in den Gefäßwänden sind schon bei sehr jungen Patienten erkennbar. Hieraus erklären sich vielleicht die oft schon sehr frühzeitig einsetzen- den Komplikationen: Das mittlere Alter zum Zeit- punkt des operativen Gefäßersatzes liegt bei 16,9 Jah- ren (19).

Loeys-Dietz-Syndrom Typ 2

Die Symptome des Loeys-Dietz-Syndroms Typ 1 (LDS1) überlappen mit dem vaskulären Typ des Eh- lers-Danlos-Syndroms (EDS Typ 4, EDS4, OMIM

130050). EDS4 wird oft durch Mutationen im Kolla- gen-Typ-3-Gen hervorgerufen. Loeys und Mitarbeiter (19) untersuchten 40 Patienten mit dem klinischen Bild eines EDS4 aber ohne Kollagen-Typ-3-Störun- gen und kraniofaziale Fehlbildungen. Bei 12 Proban- den identifizierten sie Mutationen in einem der TGF- BR-Gene. Diese Patienten werden jetzt dem Loeys- Dietz-Syndrom Typ 2 zugerechnet (LDS2, OMIM- Nummer noch nicht zugeteilt). Ähnlich wie beim LDS1 bestehen auch beim LDS2 besonders aggressi- ve arterielle Aneurysmen. Das mittlere Alter bei Ge- fäßersatz beträgt 26,9 Jahre. Die Abbildung 2 zeigt die unterschiedliche Aortenpathologie bei MFS1 und LDS2.

Shprintzen-Goldberg-Syndrom

Das Shprintzen-Goldberg-Syndrom (SGS, OMIM 182212) weist sowohl mit MFS1 und MFS2 als auch mit LDS1 (beziehungsweise dem Furlong-Syndrom) und LDS2 Übereinstimmungen auf (Tabelle 1). Das hervorstechende Merkmal von SGS ist die Kranio- synostose, die bei MFS1 und MFS2 nicht vorkommt, wohl aber bei LDS1. Beim SGS wurden keine Muta- Algorithmus zur klinisch-molekularen Differenzialdiagnose angeborener Aortenerkrankungen. OMIM: „online mendelian inheritance in man“; PDA, persistierender Duc- tus arteriosus; TAAD, thorakales Aortenaneurysma mit Dissektion

GRAFIK

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tionen in einem der TGFBR-Gene gefunden, wohl aber in FBN1. An diesem klinischen Beispiel wird ein Zusammenhang von Fibrillin-Defizienz und Störun- gen in der TGFB-Signalkaskade erkennbar, der viel- leicht auch spezifische therapeutische Optionen eröff- net (20).

Familiäres thorakales Aortenaneurysma

Ähnlich wie der Mitralklappenprolaps ist auch das Aortenaneurysma Syndrombestandteil oder isoliert vererbbar (OMIM 607086). Histologisch unterliegt sowohl den syndromalen als auch den familiären iso- lierten Formen eine zystische Medianekrose Erdheim- Gsell mit einem Verlust elastischer Fasern, mukopoly- saccharid-ähnlichen Ablagerungen und zystischen Veränderungen der medialen Aortenwand. Bislang wurden fünf verantwortliche Chromosomenregionen identifiziert (AAT1 bis AAT5). AAT3 kann durch Mu- tationen des TGFBR2-Gens, AAT4 durch Mutationen im Gen für „myosin heavy chain 11“ (MYH11) und AAT5 durch Mutationen des TGFBR1-Gens hervorge- rufen werden. Für AAT1 und AAT2 sind die zugrunde liegenden Gene noch unbekannt. Ein familiäres thora-

kales Aortenaneurysma mit Dissektion (TAAD) kann auch durch Mutationen im ACTA2-Gen bedingt sein (21). Seit langem ist bekannt, dass eine bikuspide Aor- tenklappe (BAV) häufig mit einer zystischen Media- nekrose und dem Risiko für ein akutes Aortensyndrom assoziiert sind. Familiäre Formen der BAV können durch Mutationen im NOTCH1-Gen (OMIM 190198) bedingt sein. Die Unterscheidung dieser Syndrome nach genetischen Ursachen der Aneurysmenbildung erlangt zunehmend auch prognostische und therapeu- tische Bedeutung, wie an Beispielen im Folgenden ge- zeigt wird.

Klinisches Management

Die Fortschritte in der Erkenntnis neuer Syndrome, neuer molekularer Ursachen und verbesserter syndro- maler Zuordnung führen, im Sinne der genannten Bei- spiele, zu einer grundsätzlichen Neukonzeption des klinischen Managements. Die Kernfrage lautet: Wie kann die syndromale Zuordnung einer Aortenerkran- kung für eine präzisierte Risikoeinschätzung und da- mit für eine individuelle medizinische Betreuung ge- nutzt werden?

KASTEN 3

A

Allllggeemmeeiinnee MMaaßßnnaahhmmeenn bbeeii EErrwwaacchhsseenneenn mmiitt MMaarrffaann--SSyynnddrroomm

>Moderate Einschränkungen der physischen Aktivität

>Jährliche Echokardiografie und MR-Angiografie der Aorta

>Betablocker zur Aortenprotektion M

Maaßßnnaahhmmeenn bbeeii KKiinnddeerrwwuunnsscchh uunndd SScchhwwaannggeerrsscchhaafftt

>Aufklärung über 50-prozentiges Risiko der Vererbung des Marfan- Syndroms an die Kinder

>Hochrisikoschwangerschaft bei Aortenwurzeldiameter > 40 mm oder bei Status nach kardiochirurgischem Eingriff oder bei schwergradiger Herzerkrankung

>bei geplanter Schwangerschaft bei Frauen mit Aortenwurzeldurch- messer von mindestens 40 mm prophylaktischer rekonstruktiver Er- satz der Aortenwurzel

>Serielle (z. B. dreimonatliche) echokardiografische Verlaufskontrollen bis 3 Monate nach Entbindung

IInnddiikkaattiioonn zzuumm pprroopphhyyllaakkttiisscchheenn EErrssaattzz ddeerr AAoorrtteennwwuurrzzeell bbeeii EErrwwaacchhsseenneenn ((mmiinnddeesstteennss eeiinn KKrriitteerriiuumm))

>Aortenwurzeldurchmesser > 43 mm (40 mm nach Meinung anderer Autoren) oder ein Aortenquotient > 1,3

>Aortenwurzeldurchmesser > 40 mm bei Vorliegen mindestens eines weiteren Risikofaktors:

– Familienanamnese mit Aortendissektion oder Aortenruptur – Aortenwurzeldurchmesser mit Zunahme > 10 mm pro Jahr – Dilatation der Sinus mit Übergreifen auf die Aorta ascendens – Aortenklappeninsuffizienz von mindestens moderater Ausprägung

– Hochgradige Mitralklappeninsuffizienz

– Planung eines großen, nicht kardiovaskulären Eingriffs – Frauen vor geplanter Schwangerschaft

IInnddiikkaattiioonn zzuumm pprroopphhyyllaakkttiisscchheenn EErrssaattzz ddeerr A

Aoorrtteennwwuurrzzeell bbeeii KKiinnddeerrnn

>Operation sollte möglichst erst nach Abschluss des Wachstums statt- finden

>Beurteilung des Aortenwurzeldurchmessers orientiert sich an den Kriterien für Erwachsene

>Aortenwurzeldurchmesser, die sich über Jahre oberhalb und parallel des oberen Konfidenzintervalls befanden, weichen im Verlauf der echokardiografischen Kontrollen plötzlich weiter nach oben ab IInnddiikkaattiioonn ffüürr MMiittrraallkkllaappppeennooppeerraattiioonn

>Die Indikation wird entsprechend den allgemeinen Empfehlungen der American Heart Association gestellt

EEnnddookkaarrddiittiisspprroopphhyyllaaxxee

>Als Mindeststandard gelten die aktuellen Empfehlungen der American Heart Association. Die American Heart Association empfiehlt eine En- dokarditisprophylaxe nur noch bei Patienten mit prothetischem Klap- penersatz, nach abgelaufener Endokarditis oder bei Valvulopathie nach Herztransplantation. Da das Risiko einer Endokarditis bei Mar- fan-Patienten jedoch als sehr hoch eingeschätzt wird, empfiehlt das Professional Advisory Board der US-amerikanischen National Marfan Foundation eine Endokarditisprophylaxe auch bei Dysfunktion der na- tiven Herzklappen.

Prinzipien des medizinischen Managements beim Marfan-Syndrom (23)

(8)

Ein Beispiel: Die Mutationsdiagnostik kann durch Nachweis einer FBN1-Mutation ein Loeys-Dietz- Syndrom Typ 1 und Typ 2 ausschließen. Zur Diagnose eines Marfan-Syndroms Typ 1 müssen jedoch weiter- hin die klinischen Kriterien der Genter Nosologie er- füllt sein. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, kommt immer noch ein MASS-Phänotyp, ein Shprintzen- Goldberg-Syndrom, ein Weill-Marchesani-Syndrom, ein familiäres thorakales Aortenaneurysma oder eine familiäre thorakale Aortendissektion in Betracht. Hier muss die weitere Differenzialdiagnostik dann auf- grund klinischer Kriterien erfolgen. Zeigt die Mutati- onsdiagnostik jedoch, dass keine Mutation des FBN1- Gens besteht, sondern stattdessen eine Mutation im TGFBR1-Gen, so könnte es sich sowohl um ein Mar- fan-Syndrom Typ 2 als auch um ein Loeys-Dietz- Syndrom Typ 1 oder Typ 2 handeln. Die Entschei- dung, ob es sich um ein Marfan-Syndrom Typ 2 oder eines der Loeys-Dietz-Syndrome handelt, ist wieder nur klinisch möglich. Die therapeutischen Konse- quenzen sind je nach Diagnose unterschiedlich (9).

Die Grafik illustriert den auf kombinierter molekula- rer und klinischer Information beruhenden Algorith- mus zur Differenzialdiagnose angeborener Aortener- krankungen.

Nur eine kombinierte klinische und molekulare Analyse ermöglicht die korrekte Diagnose und eine verbesserte prognostische Einschätzung mit entspre- chender Ausrichtung prophylaktischer Maßnahmen.

Aktuelle Daten weisen darauf hin, dass auch die Lo- kalisation und Art einer Mutation im FBN1-Gen mit bestimmten prognostischen Merkmalen assoziiert sein kann (22). Je nach Risiko für die Entwicklung ei- nes akuten Aortensyndroms werden individuelle Be- schränkungen der Sport- und Alltagsaktivitäten, Inter- valle für bildgebende Verlaufskontrollen, die Einnah- me aortenprotektiver Medikamente und die Indikation zum prophylaktischen Aortenersatz angepasst. Auf- grund der Seltenheit der verschiedenen Syndrome lie- gen noch keine umfangreichen kontrollierten Studien über das jeweilige medizinische Management vor. Ei- ne Übersicht über die Prinzipien der Behandlung bei Marfan-Syndrom bietet der Kasten 3.

Interdisziplinäre Versorgung

Erkrankungen mit Beteiligung mehrerer Organsyste- me verlangen eine koordinierte Betreuung durch ver- schiedene Fachdisziplinen. Optimal ist eine interdis- ziplinäre Versorgung der Patienten, wobei sämtliche Befunde und Berichte über Behandlungsstrategien an einer zentralen Stelle erfasst werden. Bisherige Erfah- rungen von Betroffenen zeigen, dass dies nur selten in Deutschland der Fall ist (www.marfanhilfe.de).

Unkenntnis des Marfan-Syndroms bis zum einge- schränkten, ausschließlichen Blick auf das eigene Fachgebiet des Spezialisten wird beklagt (Kasten 1 und 2). Die Patienten sollten immer einen Notfallaus- weis mit sich führen. Bei einer Notfallaufnahme nach einer akuten Aortendissektion wird der starke, plötzli- che Schmerz im Brustbereich nicht als Herzinfarkt

verkannt, wenn ein Marfan-Notfallausweis vorliegt.

Bei zahnärztlichen Eingriffen wird die antibiotische Endokarditisprophylaxe nicht vergessen und bei einer Schwangeren mit Marfan-Syndrom kann der Geburts- helfer den geeigneten Entbindungsmodus rechtzeitig planen. Das Ziel sollte die frühzeitige Diagnose sein, um präventive Maßnahmen und regelmäßige Kon- trolluntersuchungen zeitgerecht einleiten zu können.

Die medizinische Behandlung kann durch Vermei- dung von Komplikationen und Notfalloperationen op- timiert werden, und somit kann eine Verbesserung des Krankheitsverlaufs und der Lebenserwartung erreicht werden.

Herrn Professor Hans Georg Borst zum 80. Geburtstag gewidmet.

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 5. 10. 2007, revidierte Fassung angenommen: 21. 2. 2008

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Jörg Schmidtke Institut für Humangenetik Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover E-Mail: schmidtke.joerg@mh-hannover.de

SUMMARY

TThhee IImmppoorrttaannccee ooff GGeenneettiicc TTeessttiinngg iinn tthhee CClliinniiccaall MMaannaaggeemmeenntt ooff PPaattiieennttss WWiitthh MMaarrffaann SSyynnddrroommee aanndd RReellaatteedd DDiissoorrddeerrss Introduction: Marfan syndrome and Marfan-related syndromes are part of a broad and overlapping spectrum of diseases that were ori- ginally defined on clinical grounds alone. They have in common a dra- matically increased risk of life-threatening dissecting aortic aneurysms, which must be prevented by elective aortic replacement.

Methods: Selective review of the literature supplemented by own cli- nical experience. Results: Marfan syndrome and Marfan-related syn- dromes are phenotypically highly variable. The full-blown clinical pic- ture is not always present, and particular symptoms can be missing altogether. Accordingly, it is often very difficult to diagnose a specific syndrome in the individual patient. In many cases, only a combination of genetic tests and clinical assessment can settle the differential diagnosis, thus enabling better prognostication and better planning of preventive measures. Discussion: The diagnosis and treatment of in- dividual patients with Marfan syndrome and Marfan-related syndromes requires an interdisciplinary approach. This can only be achieved through a coordination of medical care with centralized record- keeping of all diagnostic findings.

Dtsch Arztebl 2008; 105(27): 483–91 DOI: 10.3238/arztebl.2008.0483 Key words: Marfan syndrome, molecular medicine, genetic testing, aneurysm, aortic syndrome, mitral valve prolaps

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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REFERIERT

D- Kombination zum Einsatz, in den restlichen Studien wurde nur Calci- um gegeben. Durch die Supplementierung konnte das relative Frakturri- siko signifikant um 12 % gesenkt werden ( RR 0,88; 95-%-KI:

0,83–0,95; p = 0,0004). Auch der Knochenmassenverlust konnte durch die Substitutionstherapie signifikant reduziert werden. So betrug die prozentuale Differenz des Knochenmassenverlusts im Hüftbereich 46 % (RR 0,54; 95-%-KI: 0,33–0,37; p = 0,0001 ), im Bereich der Wir- belsäule 19 % (RR 1.19; 95-%-KI: 0,76–1,01; p = 0,0001).

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Gabe von Calcium beziehungsweise einer Kombination von Calcium und Vitamin D bei Menschen jenseits des 50. Lebensjahres das Frakturrisiko senken kann.

Empfehlenswert sind dabei Tagesdosen von 1 200 mg Calcium und 800 IU Vitamin D. 221 Menschen müssen ein Jahr lang behandelt werden, um eine Fraktur zu verhindern (NNT 221). Besonders empfehlenswert scheint eine Supplementierung alter Heimbewohner mit eingeschränkter körperlicher Aktivität und niedrigem Nahrungscalcium. w

Calcium und Vitamin D zur Osteoporoseprophylaxe

Die Primärprävention osteoporotischer Frakturen gewinnt angesichts der weiter alternden Bevölkerung zunehmend an Bedeutung. Ziel der vorlie- genden Metaanalyse war eine Auswertung aller verfügbaren Studien zum Einsatz von Calcium und Vitamin D zur Beeinflussung der Knochendichte und zur Frakturreduktion bei über 50-Jährigen.

Die Daten wurden aus Medline Embase, Current Content, CINAHL, der Database of Abstracts of Reviews of Effects( DARE) und dem Cochrane Central Register of Controlled Trials ( CENTRAL ) gewonnen. In allen Stu- dien war eine Supplementierung mit Calcium oder Calcium und Vitamin D gegen Placebo getestet worden.

In die Metaanalyse eingeschlossen wurden 29 Studien, 17 davon be- richteten über Frakturraten, 24 über die Knochendichte. Erfasst wurden die Daten von 63 897 Patienten, zu 92 % Frauen mit einem Durch- schnittsalter von 67,8 Jahren. In 13 Studien kam eine Calcium/Vitamin-

Tang BM et al.: Use of calcium or calcium in combination with vitamin D supplementation to prevent fractures and bone loss in people aged 50 years and older: a meta-analysis. Lancet 2007; 370: 657–66. E-Mail: benjamin@clubsalsa.com.au

Referenzen

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