Januarsession 2013 2012.0710 1
CONVERT_bee54eadaf944c339f7e566a1ab25d6a 04.02.2013
Der Grosse Rat des Kantons Bern
Le Grand Conseil
du canton de Berne
Wortlautdokument
Mittwoch (Abend), 23. Januar 2013
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion
Vorstoss-Nr: 105-2012
Vorstossart: Interpellation Eingereicht am: 30.05.2012
Eingereicht von: Kohler (Steffisburg, BDP) (Sprecher/ -in)
Weitere Unterschriften: 0
Dringlichkeit:
Datum Beantwortung: 21.11.2012
RRB-Nr: 1659/2012
Direktion: BVE
Mehreinnahmen im Kanton Bern
Es gibt in der Schweiz verschiedene Arten, wie Kraftwerke besteuert werden. Die Partnerwerksbesteuerung, die z. B. im Kanton Wallis angewendet wird, ist eine Möglichkeit. Bei der Partnerwerksbesteuerung wird ein grosser Teil des Gewinns am Herstellungs-, Produktionsort versteuert. Ich könnte mir vorstellen, dass der Kanton Bern mit einer Partnerwerksbesteuerung in Zukunft mehr Steuergelder erhalten würde als mit dem heutigen Modell. Wenn ich sehe, dass zum Beispiel die Gestehungskosten bei der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) möglichst tief gehalten werden, um den Gewinn in den Konzernen zu verteilen, muss ich davon ausgehen, dass rund 1/3 ausserkantonal (Basel, Zürich) versteuert wird.
Weiter haben wir in der Märzsession 2012 über die Konzession am Sousbach debattiert. Hier standen sich zwei Projekte gegenüber, die wohl auch zu unterschiedlichen Steuereinnahmen für den Kanton Bern geführt hätten.
Daher möchte ich gerne die nachstehenden Fragen von der Regierung beantwortet haben:
1. Wie hoch wären die Mehreinnahmen für den Kanton Bern beim System einer Partnerwerksbesteuerung am Beispiel der KWO?
2. Wie hoch wären die Mehreinnahmen für den Kanton Bern beim System einer Partnerwerksbesteuerung insgesamt?
3. Welchen Einfluss hätte eine Partnerwerksbesteuerung im Kanton Bern auf den FILAG?
4. Wie hoch wären die Steuereinnahmen für den Kanton Bern nach dem heutigen System bei einer identischen Ausführung des Projekts am Sousbach mit realistischen Zahlen bei einer Vergabe an die BKW (kantonal) oder einen ausserkantonalen Betreiber?
5. Wie hoch waren die Steuerausfälle für den Kanton Bern, die auf den Systemwechsel zur Partnerwerksbesteuerung in den anderen Kantonen zurückzuführen waren?
6. Gibt es Gründe, weshalb sich eine Partnerwerksbesteuerung im Kanton Bern nachteilig auf den Kanton oder gewisse Gemeinden auswirken könnte?
Antwort des Regierungsrats
Geschäfts-Nr.: 2012.0710 Seite 2/3
Die Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) ist ein Partnerwerk der BKW (Anteil 3/6), der Industriellen Werke Basel (Anteil 1/6), der Energie Wasser Bern (Anteil 1/6) und der Stadt Zürich (Anteil 1/6). Sie liefert ihren Strom ausschliesslich an diese Aktionäre (Partner). Der Strompreis wird so festgesetzt, dass die Selbstkosten gedeckt sind und beim Partnerwerk ausserdem eine angemessene Verzinsung des Aktienkapitals gewährleistet ist (sog. Cost-Plus-Methode). Die Kraftwerke Oberhasli AG erzielt und versteuert so einen angemessenen Gewinn. Aus steuerlicher Sicht ist diese Methode nicht zu beanstanden. Es liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung an die Aktionäre vor, indem der Strom zu günstig geliefert würde.
Die BKW ist Miteigentümerin von weiteren Partnerwerken in den Kantonen Tessin, Wallis und Graubünden. Die Entschädigungen für den Bezug von Strom werden bei diesen Partnerwerken nach der gleichen Methode festgelegt. Die Sitzkantone der Partnerwerke sind allerdings der Auffassung, dass die geleisteten Entschädigungen zu tief seien und der ausgewiesene Gewinn dadurch zu tief ausfalle. Bei der Bestimmung des steuerbaren Gewinns der Partnerwerke haben die Sitzkantone deshalb Aufrechnungen vorgenommen. Dabei wurden unterschiedliche Methoden zur Bemessung des steuerbaren Gewinns angewendet. Der Kanton Bern hat die in den Standortkantonen zusätzlich erhobenen Steuern in den Jahren 2006 bis 2008 an die Steuern der BKW angerechnet (Gegenberichtigungen). Die bernischen Gewinnsteuern sind dadurch entsprechend tiefer ausgefallen.
In den vergangenen Jahren haben die Sitzkantone den steuerbaren Gewinn der Partnerwerke zu Lasten des Kantons Bern weiter erhöht, was aus Sicht des Kantons Bern (und auch anderer betroffener Kantone) zukünftig nicht mehr hingenommen werden kann. Deshalb ist zu prüfen, wie bei Partnerwerken im interkantonalen Verhältnis der Gewinn korrekt bemessen werden soll.
Entsprechende Abklärungen laufen. Im Herbst 2012 werden sich die Mittellandkantone treffen, um ein gemeinsames Vorgehen zu besprechen.
Sobald die Besteuerung im interkantonalen Verhältnis geklärt ist, kann auch die Partnerwerkbesteuerung im innerkantonalen Verhältnis überprüft werden. Bis dahin macht eine Änderung des Systems der Besteuerung beim Kraftwerk Oberhasli AG keinen Sinn.
Vor diesem Hintergrund können die gestellten Fragen wie folgt beantwortet werden:
Zu Frage 1:
Würde für die Kraftwerke Oberhasli AG die Partnerwerkbesteuerung nach dem Modell des Kantons Wallis vorgenommen, würden bei den Kantons- und Gemeindesteuern Mehreinnahmen in einem tiefen einstelligen Millionenbereich resultieren.
Zu Frage 2:
Aus der Partnerwerkbesteuerung nach dem Modell des Kantons Wallis würden im Kanton Bern Mindereinnahmen resultieren, da im Kanton Bern vermehrt Gegenberichtigungen vorgenommen werden müssten. Das heisst, die Mindereinnahmen an Steuern aus Kraftwerken von Berner Betreibern mit Standort in einem anderen Kanton wären grösser als die Mehreinnahmen an Steuern aus Kraftwerken von ausserkantonalen Betreibern im Kanton Bern.
Zu Frage 3:
Innerkantonal würde die Partnerwerkbesteuerung nach dem Modell des Kantons Wallis dazu führen, dass die Standortgemeinden von Partnerwerken im Oberland (z.B. KWO) mehr Steuereinnahmen erzielen würden, während in den Standortgemeinden der Partner (z.B. BKW) die Steuereinnahmen sinken würden.
Zu Frage 4:
Die Berechnung der absoluten Steuereinnahmen ist in einem so frühen Projektstadium nicht möglich, weil die Steuern im Gegensatz zu den Wasserzinsen nicht nur produktionsabhängig sind, sondern insbesondere auch von den Gestehungskosten abhängen.
Generell lässt sich zum Projekt Sousbach feststellen, dass beide Bewerber, die BKW und die Betreibergesellschaft Axpo / EW Lauterbrunnen, im Kanton Bern steuerpflichtig wären.
Geschäfts-Nr.: 2012.0710 Seite 3/3
Würde die Konzession an einen ausserkantonaler Betreiber vergeben, wären nach heutiger Praxis im Kanton Bern die Steuern am Steuersitz des Betreibers zu bezahlen. Dies könnte sich allerdings in naher Zukunft ändern.
Zu Frage 5:
Der Systemwechsel bei der Partnerwerkbesteuerung hat in den Jahren 2006 bis 2008 zu Mindereinnahmen bei den Kantons- und Gemeindesteuern von rund 7 Mio. Franken geführt.
Zu Frage 6:
Wie unter Punkt 2 erläutert, nimmt der Kanton Bern durch die Partnerwerkbesteuerung insgesamt weniger Steuern ein. Das unternehmerische Risiko des Kantons (52 % Anteil des Kantons an der BKW) bleibt indessen gleich.
Innerkantonal wären mehr Steuern im Oberland geschuldet, während die Standortgemeinden der Betreibergesellschaften weniger Steuereinnahmen erheben dürften.
27 2012.0710 Interpellation 105-2012 Kohler (Steffisburg, BDP) Mehreinnahmen im Kanton Bern
Präsidentin. Der Interpellant ist von der Antwort befriedigt; er gibt eine Erklärung ab. Die Redezeit beträgt 2 Minuten.
Mathias Kohler, Steffisburg (BDP). Besten Dank für die Beantwortung der Fragen. Es ist bedauerlich, dass noch nicht alle Fragen beantwortet werden konnten. Eine Antwort habe ich nicht ganz verstanden; das liegt vermutlich aber an mir. Ich werde dort noch nachfragen und werde es mir erklären lassen. Man hat gesehen, dass die Landregionen von einer Partnerwerkbesteuerung wahrscheinlich profitieren würden. Da die Regierung nun mit den andern Kantonen Gespräche führt und versucht, Massnahmen zu ergreifen, werde ich keine weiteren Schritte unternehmen, bis man sieht, was sich daraus ergibt.