A-1234 (10) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 19, 9. Mai 1997
S P E K T R U M LESERBRIEFE
desärztekammer untersuchter und dokumentierter einschlä- giger Fall präsentiert wird.
Abschließend würde mich interessieren, wohin der neu- rologisch tätige Arzt Bewußt- sein und Kognition lokalisie- ren möchte, wenn nicht in das Gehirn; was er über das Be- wußtsein eines starren und mit Leichenflecken übersäten menschlichen Körpers weiß und wie er die einzige in der gesamten westlichen Welt praktizierte und wohl auch billigerweise denkbare Alter- native zur Organentnahme bewertet, nämlich das unver- zügliche Abstellen der artifi- ziellen Respiration (Er- stickenlassen? Totschlag?).
Ich hoffe im Sinne vieler Leser des DÄ zu sprechen, wenn ich die Redaktion bitte, uns künftig mit derartigen haarsträubenden und ärgerli- chen Äußerungen zu verscho- nen.
Prof. Dr. med. C. Lang, Neu- rologische Klinik mit Polikli- nik der Universität Erlangen- Nürnberg, Schwabachanlage 6, 91054 Erlangen
Qualitätssicherung
Zu dem „Seite eins“-Beitrag „Ori- ginäre Aufgabe“ von Dr. Harald Clade in Heft 15/1997:
Zankapfel
Die Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle sind seit Jahren Zankapfel zwi- schen den Krankenkassen, der Krankenhausgesellschaft und den Ärztekammern.
Übersehen wird bei diesen Streitigkeiten, daß wirkliche Qualitätskontrolle natürlich nur die Resultatkontrolle me- dizinischer Leistungen sein kann.
Durch die flächendecken- de Zerschlagung der Chef- arztambulanzen fehlt für den wichtigen Bereich der im Krankenhaus durchgeführten Operationen jegliches Kon- trollinstrument für die Spät- resultate. Dieses Manko kann nur durch mühsame Meldere- gister, umständliche Befra- gungsaktionen und zweitklas-
sige Doktorarbeiten abgefe- dert werden.
Hinter den vollmundigen Begriffen der Qualitätssiche- rung verbirgt sich im Grunde nur die Standardisierung der Durchführungsbedingungen.
Genau diese Standardisie- rung war für die Ärzteschaft in den vergangenen Jahr- zehnten ohnehin immer selbstverständlich.
Prof. Dr. med. H.-W.
Springorum, Caritaskran- kenhaus Bad Mergentheim, Uhlandstraße 7, 97980 Bad Mergentheim
Embryonenschutz
Zu dem Beitrag „Dolly und das Em- bryonenschutzgesetz“ von Detlev von Bülow in Heft 12/1997:
Wissenschaftsfeindlich
. . . Die Natur klont seit ihrem Bestehen (eineiige Zwillinge), und dennoch ent- wickeln sich zwei eigenständi- ge Individuen. Mir ist es ziem- lich einerlei, wieviel Klone es von mir gibt, da das eigentli- che Individuum erst durch die geistige Entwicklung ent- steht. Wenn durch diese Gen- forschung Erbkrankheiten verhindert werden können, sollte sie unbedingt fortge- setzt werden. Wer steht denn hinter der scheinheiligen und wissenschaftsfeindlichen Ak- tion? Die Institution Kirche, die durch Kreuzzüge, Hexen- verbrennung und heute noch aktiven religiösen Fanatismus für den Tod von Millionen Menschen verantwortlich ist, sie erhebt sich zum morali- schen Richter und Anwalt (siehe Bischof-Zitat) des Le- bens! Ein hirntoter, an Ma- schinen hängender Mensch hat die wesentlichste indivi- duelle Eigenschaft verloren, nämlich den Geist bezie- hungsweise die Seele, ein in- trauterines Leben hat den Geist noch nicht. Eine Tren- nung von Körper und Geist, wie es die Kirche im Zusam- menhang mit Abtreibung und Transplantationsgesetz ver- sucht, ist wissenschaftlich nicht vertretbar und in den
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S P E K T R U M LESERBRIEFE
Konsequenzen sogar inhu- man . . .
Dr. med. Heiner Loos, Ul- menallee 30, 16356 Ahrens- felde
Realität verdrängt
Wir schreiten eben mun- ter fort von der Wurzel der Humanmedizin: der humani- tas. Daher verwundert mich, daß der Autor bloß wie ein Visionär mahnt: „Und damit laufen wir zwangsläufig auch Gefahr, die Ehrfurcht vor dem Leben und insbesondere auch die Achtung vor der Würde des Menschen zu ver- lieren.“
Ist doch längst passiert!
Betrachten wir nur den Um- gang mit der Abtreibung:
Schätzungsweise 50 Millio- nen Abtreibungen weltweit pro Jahr . . . Pervers, wie die Gesellschaft (inklusive Poli- tik und Kirche) perfideste Realität der Gegenwart har- monisch-heuchlerisch ver- drängt und zum Watschen- mann der Zukunft ein dum- mes Schaf ausstaffiert.
Prof. Dr. med. Gynter Möd- der, Sommerhaus 41, 50129 Bergheim
Arzneimittel
Zu der Meldung in Heft 15/1997
„Für nicht zugelassene Medikamente keine Kostenerstattung“:
Fehlurteil
Das Urteil des Bundesver- fassungsgerichtes, daß Medi- kamente zur Krebsbehand- lung, die in Deutschland noch keine Zulassung haben, nicht von den gesetzlichen Kran- kenversicherungen erstattet werden müssen, stößt auf mein völliges Unverständnis.
Bei der sattsam bekannten Langsamkeit der zuständigen Behörden, die für die Zulas- sung eines Arzneimittels zu- ständig sind, kann es durch- aus passieren, daß in anderen Ländern zugelassene und als wirksam befundene Medika- mente einem Patienten in Deutschland vorenthalten werden müssen. Ganz unver-
ständlich ist mir dieses Urteil vor allem deshalb, da ein BKK-Landesverband mit ei- ner KV einen Vertrag abge- schlossen hat, nach der eine „Regulationsthermogra- phie“, eine undulierende Durchspülung des Colons als „Colon-Hydro-Therapie“, eine „große Ozoneigenblut- behandlung“, eine „Eigen- urinbehandlung“ u. ä. erstat- tungswürdig sind.
Bei dem Urteil handelt es sich meines Erachtens um ein „Fehlurteil“ zu Lasten krebskranker Patienten. Es dürfte wohl von den gesetzli- chen Krankenkassen erstrit- ten worden sein.
Dr. med. D. Bauer, Jakobi- Krankenhaus, Hörstkamp 12, 48431 Rheine
Praxisbudget
Zu der Mitteilung der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung „Die Ein- führung von Praxisbudgets zum 1. Ju- li 1997“ in Heft 13/1997:
Warum diese Unterschiede?
. . . Was bedeutet eigent- lich die folgende Passage un- ter Punkt 5.5: „Bei der Be- rechnung der Praxisbudgets ist davon ausgegangen wor- den, daß in der Kostensituati- on der Vertragsärzte zwi- schen den alten und den neu- en Bundesländern keine Un- terschiede mehr bestehen. In die Berechnungsformel für die neuen Bundesländer sind deswegen die tatsächlichen Kosten der alten Bundeslän- der als Ausgangswert einge- gangen, wobei wegen des unterschiedlichen Umsatzni- veaus ein Abschlag von 12,5 Prozent vorgenommen wer- den mußte“?
Was heißt eigentlich unter- schiedliches Umsatzniveau und Abschlag von 12,5 Pro- zent? Arbeiten wir weniger oder anders als unsere Kolle- gen in den alten Bundeslän- dern? Sollte der Grund die ge- ringeren Einnahmen der Kas- sen infolge niedrigerer Ver- dienste unserer Beitragszah- ler der neuen Bundesländer