Die Information:
Bericht und Meinung
AUS DEN BUNDESLÄNDERN
Ärztliche Untersuchungen im Jugendarbeitsschutz:
Rückgang alarmierend
Einen „alarmierenden" (Sozialmi- nister Clauss) Rückgang der nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz vorgeschriebenen ärztlichen Un- tersuchungen für Berufsanfänger haben die hessischen Gewerbe- aufsichtsämter bei ihren Kontrol- len im vergangenen Jahr festge- stellt.. Die Einstellungsuntersu- chung wurde nur noch von 92,2 Prozent der betroffenen Jugend- lichen in Anspruch genommen;
1976 waren es noch 98,4 Profent gewesen.
An der ebenfalls zwingend vorge- schriebenen ersten Nachuntersu- chung nach einem Jahr hatten sich 1976 noch 90 Prozent der be- troffenen Jugendlichen beteiligt, während es 1978 nur noch 63,7 Prozent gewesen sind.
Sozialminister Armin Clauss hat in diesem Zusammenhang eindring- lich an Betriebe, Jugendliche und Erziehungsberechtigte appelliert, diese ärztlichen Untersuchungen unbedingt wahrzunehmen. Nur so könne man eventuelle gesundheit- liche Schäden, die mit der Be- rufsausübung zusammenhängen, frühzeitig erkennen und behan- deln oder notfalls einen Berufs- wechsel rechtzeitig in die Wege leiten. Der Sozialminister hat auch die Gewerbeaufsicht angewiesen, alle gesetzlichen Möglichkeiten zur Einhaltung dieser Vorschriften auszuschöpfen.
Im ganzen ermittelten die Gewer- beaufsichtsämter im vergangenen Jahr fast 21 000 Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz.
Hiervon entfielen 13 000 Verstöße auf die Nichtbeachtung von Form- vorschriften, 1194 Fälle auf diö Beschäftigung von Jugendlichen während der nach dem Gesetz als arbeitsfrei deklarierten Zeiten und 1144 Fälle auf Überschreitungen der Arbeitszeit. Gegen das Verbot der Kinderarbeit wurden 92 Ver- stöße ermittelt. WZ
AUS EUROPA
ITALIEN
Wechsel im Gesundheits- ministerium
Frau Tina Anselmi (Democrazia Cristiana) hat, wie bereits vor- ausgesagt worden war, die mona- telange Regierungskrise in Ita- lien nicht „überstanden": Fran- cesco Cossiga, der im fünften An- lauf endlich erfolgreiche neue Ministerpräsident, hat auch einen neuen Gesundheitsminister er- nannt.
Und so kommt es, daß die inzwi- schen mit einer gewissen Automa- tik weiterlaufende, von dem links- sozialistischen Gesundheitsmini- ster Mariotti entworfene und ge- startete Verstaatlichung des Ge- sundheitswesens nunmehr von ei- nem Liberalen verwaltet wird: Ge- sundheitsminister wurde der Ab- geordnete Renato Altissimo.
Der knapp vierzigjährige Veneter hat zum erstenmal etwas mit Ge- sundheit zu tun. Studiert und pro- moviert hat er in politischen Wis- senschaften, er war dann Indu- striemanager in der Fiat-Haupt- stadt Turin und Vizepräsident des Industriellenverbandes. Im Parla- ment gehörte er dem Haushalts- ausschuß an, und in der liberalen Partei ist er Sprecher für Wirt- schaftsfragen.
Eine seiner ersten Amtstätigkeiten wird es sein, sich mit einem Skan- dal zu befassen, der in Rom große Aufregung hervorgerufen hat: Ei- nes Morgens entdeckten die Pfle- gekräfte im größten römischen Krankenhaus, dem Policlinico, ei- nen Patienten namens Pasquale Curci im Koma — über und über von Ameisen bedeckt. Zwar be- hauptete die Krankenhausverwal- tung, sie könne nichts dafür, weil der Patient bei offenem Fenster in einem Erdgeschoßzimmer unter seinem Bett Speisereste stehen gehabt hätte, die die im Garten lebenden Ameisen unwidersteh- lich angelockt hätten. Daß jedoch
die Ameisen eine willkommene Gelegenheit bieten, die ohnehin dringend erforderliche Diskussion über den recht erbärmlichen Zu- stand der römischen öffentlichen Krankenhäuser erneut in Gang zu bringen; das kann die Verwaltung nicht verhindern. bt
BELGIEN
Ein
nationaler Ärztestand
In einer ungewöhnlichen Form hat der größte belgische Ärztever- band, die Föderation der Ärztesyn- dikate, unter dem Vorsitz von Dr.
Andrö Wynen, zu einer aktuellen allgemeinpolitischen Frage des Landes Stellung genommen. Die Hauptversammlung des Verban- des verabschiedete einstimmig ei- ne Entschließung, die nach dem Ort der Hauptversammlung „De- klaration von Antwerpen" genannt wurde. Anlaß dazu war die mona- telange Regierungskrise, die vor- nehmlich dadurch ausgelöst ist, daß die verschiedenen Sprach- gruppen Belgiens große Schwie- rigkeiten haben, das Zusammenle- ben in einem Staat zu organisie- ren. Der Ärzteverband erklärte da- zu wörtlich: „Zu einem Zeitpunkt, wo das Land eine ernste Krise sei- ner Institutionen erlebt, und weil wir uns gegenüber unseren Pa- tienten der Verantwortlichkeit be- wußt sind, die den gleichen mora- lischen und beruflichen Geboten unterliegen, verpflichten wir flämi- schen, wallonischen und Brüsse- ler französisch, flämisch und deutsch sprechenden Ärzte uns feierlich, unter welcher Bezeich- nung wir auch tätig sind und was auch immer kommen mag, uns als Angehörige der einen und selben Gemeinschaft, nämlich der der belgischen Ärzte, zu betrachten."
Die Zitierung der „deutsch spre- chenden Ärzte" bezieht sich auf das Gebiet von Eupen-Malmedy, in dem seit einigen Jahren Deutsch als offizielle Sprache zu- gelassen ist. gn
2120 Heft 34 vom 23. August 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT